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Nervtötendes Warten: Jespers Golfcart hatte ohne Zweifel zu wenig PS

Johan Lindeberg

Papa ist zurück!

Von Jan Langenbein, Fotos: Kjell Ruden, Getty Images

Zusammen mit Jesper Parnevik revolutionierte Johan Lindeberg um die Jahrtausendwende die Golfmode und war damit auch so etwas wie ein Vordenker für uns GolfPunks. Nach neun Jahren Abstinenz ist der Schwede nun wieder zurück bei der Marke, die seinen Namen trägt.

GP: Wie muss man sich solch eine Rückkehr emotional vorstellen? Wir haben gehört, dass du bis vor Kurzem noch kein bisschen damit gerechnet hast, jemals wieder zurückzukommen.
JL: Es gab eine Menge Gründe, warum ich J.Lindeberg 2007 verlassen habe. Der Wichtigste war, dass ich das Gefühl hatte, kreativ gefangen zu sein. Wann immer sich dieses Gefühl einstellte, habe ich mich dieser Situation entzogen und das habe ich auch damals getan. Nach meinen Weggang sind mir viele Dinge widerfahren, die mich sehr inspiriert haben, und ich habe ehrlich gesagt nie über eine Rückkehr zu meiner alten Marke nachgedacht. Trotzdem gab es selbst in der Modewelt noch viele, die dachten, ich wäre immer noch an Bord. Diejenigen, die mich wirklich kennen, konnten an den Kollektionen allerdings ablesen, dass sich der Look verändert hatte und es nicht ich war, der dafür verantwortlich zeichnete. Eines Tages rief mich völlig unerwartet Stefan Engström an [CEO J.Lindeberg; Anm. d. Red.] und fragte, ob ich wieder einsteigen möchte. Ich dachte mir: "Wow!", und schrieb eine SMS an meine Tochter. Ich wollte ihre Meinung hören und sie sagte: "Mach das! Es ist schließlich unser Name." Nur weil die Marke meinen Namen trägt, wollte ich allerdings nicht zurückkommen. Ich muss Leidenschaft für die Marke empfinden und mir sicher sein, in diesem Fall J.Lindeberg auf ein neues Level bringen zu können. Stefan sagte mir: "Ich kann die Marke ohne dich bis zu einem gewissen Level bringen. Zusammen können wir jedoch etwas viel Größeres erreichen." Von da an haben wir sechs Monate lang verhandelt...

GP: Das klingt nach komplizierten Verhandlungen.
JL: Ja, es ist schwierig, zu einer alten Liebe zurückzukehren. Jeder, der das schon einmal mit einer Frau versucht hat, wird wissen, wovon ich spreche. Es ist harte Arbeit. Das Gleiche gilt auch für Geschäftsbeziehungen. Großartige Comeback-Geschichten gibt es allerdings eine Menge.

GP: Du hattest schon immer ein großes Interesse an der Sportszene. Wann hast du erstmals über eine Golfkollektion nachgedacht und wie kam es zu dem Gedanken?
JL: Das war 1994 oder '95. Ich hatte damals bereits sechs Jahre als rechte Hand von Renzo Rosso gearbeitet, dem Besitzer von Diesel. Wir hatten großartige Jahre zusammen und ich war mir meines Beitrags zum Erfolg der Marke bewusst. Ich wollte etwas Eigenes in Stockholm machen, denn das ist eine sehr kreative Stadt. Ich habe schon immer Golf gespielt und war damals in einer Phase des persönlichen Umbruchs. Ich habe mir mein Motorrad, ein Chopper, geschnappt und bin quer durch Europa gefahren mit dem Ziel, den Kopf freizubekommen und mir über meine Zukunft Gedanken zu machen. In Frankreich kam ich im "Hôtel Royal" in Evian vorbei, und als ich die Lobby betrat, haben die Angestellten einen Schock bekommen. Wegen meiner Boots und der Hirschfelljacke mit Fransen dachten die wohl, ein Hell's Angel wollte einchecken. Am nächsten Morgen kam ich frisch aus dem Spa in einem Argyle-Karo-Pullover und weißen Golfschuhen ins Clubhaus. Der Kontrast zwischen Rock 'n'Roll und Golf hätte nicht größer sein können. Kurze Zeit später sah ich Jesper Parnevik im TV, wie er bei der Trophée Lancôme in Paris spielte. Ich wollte unbedingt seinen Look ändern. Er hätte ein gut aussehender Typ sein können, doch er sah damals einfach furchtbar aus. Der Style, die Frisur... das war alles grausam. Damals entstand die Idee einer Golfkollektion. Ein Jahr später verließ ich Diesel und stellte die ersten Schecks aus, um eine eigene Marke ins Leben zu rufen.

Johan Lindeberg:

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NICHT JEDER GOLFER TRAUT SICH, IN EINEM PLAY-OFF GEGEN SPIELER WIE PHIL MICKELSON ANZUTRETEN UND DABEI PINKFARBENE HOSEN ZU TRAGEN.
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GP: Man kann also sagen, dass du deine erste Golfkollektion mit Jesper im Hinterkopf als den Träger der Klamotten entworfen hast?
JL: Ja, denn ich lernte ihn bereits im Sommer 1996, als ich J.Lindeberg gegründet habe, näher kennen. Damals zeigte ich ihm Vintage-Kleidung und alte Golfmagazine, die ich in Pebble Beach gekauft hatte, und habe ihm so verdeutlicht, in welche Richtung ich die Kollektion entwickeln wollte. Der Look war zunächst sehr klassisch und ich brauchte ein wenig Zeit, den richtigen Stil zu finden. So funktioniert mein Kopf: Ich brauche einen Ausgangspunkt, mit dem ich arbeiten kann. Je weiter dieser Arbeitsprozess voranschreitet, umso mehr fließen die Ideen.

GP: Irgendwann in diesem Prozess muss dann auch die Idee zum mittlerweile zur Ikone gewordenen Logogürtels gekommen sein. Wann war das?
JL: Das muss 1999 gewesen sein. Heute hat jede Golfmarke diese Logogürtel. Ich habe ihn damals erfunden, da ich es mir nicht leisten konnte, mein Logo auf die Brust oder die Kappe eines Topstars zu bekommen. IMG verlangte einfach zu viel Geld dafür. Der Gürtel war folglich so etwas wie eine Guerilla-Marketingmaßnahme. Aber der Gürtel war nicht alles. Ich habe die Schnitte, die Farben und das Material geändert. Im Golf waren damals noch Bundfaltenhosen Standard. Der Wechsel zu Hosen ohne Bundfalte war ein wichtiger Schritt für unseren Look. Die Nachfrage nach unseren Hosen wuchs sehr schnell, da wir einen vollkommen neuen Style repräsentierten.

GP: Als Jesper 2000 in seinen pinkfarbenen Hosen das Byron Nelson gewann...
JL: Im Play-off! Gegen Davis Love III und Phil Mickelson. Er schlug ein unglaubliches Eisen 8 am zweiten Extraloch. Das war ein Meilenstein für die Marke.

GP: Das Turnier fand in Dallas statt, nicht gerade ein Mode- Hotspot und auch nicht liberal. Jespers Hose war ein Thema während der Fernsehübertragung. Wie weit reichten die Reaktionen, die bis zu dir drangen?
JL: Jesper war meine Muse und er war sehr mutig. Nicht jeder Golfer traut sich, gegen Spieler wie Phil Mickelson in einem Play-off anzutreten und pinkfarbene Hosen zu tragen. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich vor dem Fernseher saß und mir wenig schmeichelhafte Sachen über Jespers Kleidung von den Kommentatoren anhören musste. Das war allerdings nicht nur bei Jesper so. Wenig später hatten wir Young Guns wie Camilo Villegas, Adam Scott und Charles Howell unter Vertrag und auch ihr Style wurde in Amerika oft kritisiert.

Johan Lindeberg:
GP: Wie kam dein Team damals zustande? Hast du diese Spieler ausgesucht oder kamen sie des Styles wegen von selbst zu dir?
JL: In den meisten Fällen hatte ich bestimmte Spieler schon länger auf dem Radar, da ich überzeugt war, sie würden gut in meiner Kollektion aussehen. Ich bin ein sehr leidenschaftlicher Mensch. Während meiner Zeit bei Diesel verkörperte ich die Marke Diesel mehr als jeder andere, später bei J.Lindeberg war es das Gleiche. Ich hatte zwar schon immer leidenschaftlich gerne Golf gespielt, aber nun spielte ich auch all die berühmten Plätze dieser Welt, ging zu den großen Turnieren und machte für Jesper sogar den Caddie, als er im Matchplay gegen Tiger Woods spielte. Ich tauchte komplett in die Golfwelt ein und baute schnell eine gute Beziehung zu IMG und vielen Spielern auf. Bei IMG hat man schnell gesehen, zu wie viel Aufmerksamkeit ich ihren Spielern verhelfen konnte. Ich habe IMG damals gesagt: "Ihr müsst mich bezahlen, nicht umgekehrt. Ich vermarkte schließlich eure Athleten. Spieler, die vor Kurzem noch nach gar nichts aussahen, bekommen plötzlich dicke Werbeverträge aufgrund ihres Looks." Das wurde verstanden und wir hatten eine gute Zusammenarbeit. Manche Spieler kamen also von allein ins Team. Camilo Villegas dagegen entdeckte ich schon, als er noch Golf am College spielte, und ich habe ihn damals für seine ersten US Open eingekleidet. Das hat für eine Menge Aufmerksamkeit gesorgt und ich habe ihn danach bei J.Lindeberg unter Vertrag genommen.

GP: Du warst einige Jahre nicht als Designer im Golfgeschäft aktiv. Was ist deine Meinung über den Stand der Golfmode 2016?
JL: Um ehrlich zu sein, entdecke ich in der Golfwelt zur Zeit nicht vieles, was wirklich inspirierend wirken würde. Ich beziehe meine Inspiration aus der Mode, denn ich bin Modedesigner. Es war immer die Stärke von J.Lindeberg, Einflüsse und Inspirationen von außerhalb der Golfwelt in den Sport zu bringen. Ich habe das Gefühl, alles sieht noch so aus wie zu der Zeit, als ich den Golfzirkus verlassen habe. Meinen Einfluss kann ich aber immer noch sehen. Heute Morgen im Hotel ist mir eine Gruppe Golfer entgegengekommen und alle von ihnen trugen weiße Logogürtel und bunte Hosen. Es war nicht leicht für uns, als wir J.Lindeberg starteten, den Vorsprung an Style auch zu kapitalisieren. Für ein Unternehmen wie beispielsweise Apple ist das einfacher, da es sich um einen technischen und einen Forschungsvorsprung handelt. In der Mode ist ein gewisser Stil schnell kopiert und die Golfer wussten, dass wir die Pioniere waren, die diesen Stil geprägt hatten. Wenn dann aber die großen Marken wie Nike, Adidas und Puma anfangen, einen ähnlichen Stil zu produzieren, kann man wenig dagegen machen. Wir haben eine Menge Marken inspiriert. Ich habe gerade erst wieder angefangen, mich mit dem Modeaspekt im Golf zu beschäftigen, und muss sehen, wohin die Reise geht. Vielleicht wird es wieder ein bisschen spiritueller. Ich bin schließlich nicht mehr so athletisch. Golf ist ein sehr intensiver und letztlich auch spiritueller Prozess, will man die richtige Balance finden. Am Golfschwung kann man eine Menge über das eigene Leben ablesen.

GP: Du lebst in New York. Was inspiriert dich dort im täglichen Leben? Fährst du immer noch Motorrad?
JL: Ja, das Motorrad, eine Triumph, habe ich immer noch. Ich bin nach vielen Jahren in Soho kürzlich nach Williamsburg gezogen. Die Sache mit der Inspiration ist schwer zu beschreiben. Ich bin kein junger Mann mehr, aber ich denke, dass meine Gedanken und Vorstellungen immer noch sehr modern sind. Ich habe eine Menge junge und progressive Freunde um mich herum und war immer gut darin, mich mit der richtigen Energie zu umgeben. New York ist einfach ein guter Platz. Jede Minute und jeder Ort, an den man geht, können einen inspirieren. Seit fünf Jahren bin ich zum Beispiel Fotograf und werde auch alle Bilder für J.Lindeberg von nun an selbst shooten. Die Arbeit als Fotograf ist in jedem Fall eine große Inspiration für mich, ebenso wie die richtigen Leute auf Instagram. Ich war schon immer mit einer guten Intuition ausgestattet. Ich habe hart daran gearbeitet, dieser Intuition zu folgen. Man wird vollkommen rein und unverfälscht geboren und im Laufe des Lebens lagern Schichten um Schichten um Schichten von Eindrücken auf einem ab. Die letzten 40 Jahre des Lebens versucht man dann, diese Schichten abzuschütteln und wieder rein und unverfälscht zu werden. Dieser Form der Unverfälschtheit komme ich jedes Jahr ein bisschen näher, denn ich arbeite wirklich hart an mir. Ich habe einen Hypnotiseur und lese eine Menge. Ich reise auch an Orte, um mich bewusst neuen Erfahrungen auszusetzen. Zum Beispiel war ich gerade in Südschweden in einen Erstaufnahmelager für Flüchtlinge, um dort mit diesen Menschen zu sprechen und zu fotografieren. Nach dem Erdbeben war ich in Nepal.

Das gesamte Interview lest ihr in der aktuellen GolfPunk.

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