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U.S. Open 2016

Stehauf-Männchen

Von Jan Langenbein, Fotos: Getty Images

Kaum ein Profi in der Geschichte des Golfsports musste für seinen ersten Major-Sieg so viel leiden wie Dustin Johnson. Sein Sieg in Oakmont war ein Kreuzzug der Genugtuung.

Die Verschwörungstheoretiker twitterten sich die Finger wund, während Dustin Johnson die letzten 120 Minuten der 116. US Open gegen das Starterfeld, gegen einen knüppelharten Golfplatz und - das wog wahrscheinlich am schwersten - gegen eine drohende Strafe anspielte für ein "Vergehen", das sich Stunden zuvor auf dem fünften Grün zugetragen hatte. Drei TV-Kanäle weiter trugen derweil LeBron James und Steph Curry ein legendäres und alles entscheidendes siebtes Spiel der NBA Finals aus und so waren sich diejenigen, die an Chemtrails und die Illuminaten glauben, sicher, dass diese ganze Farce um eine mögliche Strafe für den Führenden nichts weiter sei als ein verzweifelter Versuch, die Einschaltquoten nach oben zu treiben. Eine krude These, denn wenn diese US Open zu diesem Zeitpunkt eines nicht benötigte, dann von außen injizierte Spannung: Dustin Johnson hatte bereits einen Rückstand von vier Schlägen auf Shane Lowry aufgeholt und befand sich nun auf den Back Nine in einem Nahkampf mit dem Iren um den ersten Major-Sieg zweier völlig unterschiedlicher Karrieren.

Doch dann griffen sich USGA-Offizielle auf dem zwölften Abschlag den bis dahin beinahe makellos spielenden Dustin Johnson und eröffneten ihm, dass sein Zwischenfall auf Grün fünf, wo sich Johnsons Ball beim Ansprechen des Putts wenige Millimeter bewegt hatte, untersucht und eine Entscheidung erst nach der Runde fallen werde. Dustin hatte auf dem fünften Grün zwar sofort einen Platzrichter zu Hilfe geholt und dieser war der Meinung: "Alles okay. Weiterspielen!", doch das reichte den Herren im Clubhaus nicht und nun schalteten sich nicht nur Figuren mit Aluminiumhüten auf dem Kopf, sondern auch Johnsons Kollegen, die ihre Arbeitswoche bereits beendet hatten, in die Diskussion ein. Neben Rory McIlroy und Luke Donald sprang auch Ernie Els Dustin Johnson bei: "Es ist schockierend, wie die USGA Dustin behandelt. Niemals war es seine Schuld, dass sich der Ball bewegte." Und sogar Tiger Woods bezeichnete die Schmierenkomödie um eine mögliche Strafe als "Farce".

Johnson hatte zum Zeitpunkt, als die USGA so freundlich war, ihm mitzuteilen, dass im Clubhaus unter Umständen noch eine dicke Überraschung auf ihn wartete, noch sieben Löcher zu spielen - in Oakmont schon ohne dieses Damoklesschwert über dem Kopf eine Mammutaufgabe und angesichts seiner Leidensgeschichte bei Major-Turnieren beinahe unmenschlich. 2010 verballerte er am Sonntag bei der US Open in Pebble Beach mit einer desaströsen 82 am Finaltag eine Führung von drei Schlägen, wenige Monate später vereitelte ihm "Bunkergate" einen Platz im Play-off der PGA Championship und auch letztes Jahr bei der US Open in Chambers Bay war die finale Spielbahn ein Schuss ins Knie.

Doch in Oakmont blieb D.J. cool, schaltete den Kopf ab und kommentierte das Chaos nach der Runde lapidar: "Ich konnte ohnehin nichts dagegen tun und habe versucht, mich nur auf den nächsten Schlag zu konzentrieren." Auch sein Bruder und Caddie Austin tat sein Bestes, um für Ablenkung zu sorgen: "Ich sagte ihm, er solle nicht darüber nachdenken, und ich finde, er hat einen echt guten Job gemacht. Aber ich konnte an nichts anderes mehr denken, keine Chance."

Ein Bogey auf der 14, erst sein zweites am Schlusstag, schien dann zu beweisen, dass nicht einmal ein Eisblock wie Dustin Johnson cool genug ist, eine solche Posse wegzustecken. Doch der Rhythmus war schnell wiedergefunden und einem krachenden Baby-Fade, seinem Brot-und-Butter-Schlag bei dieser US Open, das 18. Fairway hinunter folgte ein perfektes Eisen 6 an die 177 Meter entfernte Fahne des Schlusslochs. Dustin Johnson war es den Fans und vor allem sich selbst schuldig, nicht nur die letzten beiden Stunden, sondern die vergangenen sechs Jahre an angesammelten Major-Dämonen mit einem Birdie zu vertreiben, und der letzte Putt aus zwei Metern war dazu nur noch Formsache.

"Nach allem, was passiert ist, hat man hat diese kleine Stimme im Kopf, die einem einflüstert: ,Wird es jemals passieren?'", resümierte Johnson nach der Runde sichtlich ausgelaugt, aber überglücklich. Jack Nicklaus, der hier in Oakmont bei der US Open 1962 sein erstes Major gewann, musste sich dieser Stimme im Kopf niemals stellen: "Ich war damals 22 Jahre alt und noch grün hinter den Ohren und gewann drei Major in meinen ersten beiden Jahren. Diesen Zweifeln musste ich mich nie stellen. Dustin hat in den letzten Jahren oft grandioses Golf gespielt und hatte mehrmals die Möglichkeit zu gewinnen, ist jedoch immer knapp gescheitert. Das macht einen Sieg wie hier und heute um einiges schwieriger. Die drohende Strafe hat es noch viel komplizierter gemacht. Ich bin stolz auf ihn."

Johnson ist noch keine 30 Jahre alt und die Art und Weise, wie er diesen Sieg zu Ende gespielt hat, legt die Vermutung nahe, dass diese Major-Trophäe nicht die einzige in seiner Pokalvitrine bleiben wird. Selbst der "Golden Bear" ist sich sicher, dass Dustin noch einige Pötte vor sich hat:"Die Schleusen wurden geöffnet. Nach meinem ersten Major-Sieg meinte Arnold: ,Oh, oh, das Monster wurde aus dem Käfig gelassen.' Also passt auf Dustin Johnson auf. Er weiß nun, wie man Majors gewinnt." Aus den "Big Three" Jordan, Jason und Rory sind in Oakmont die großen vier Major-Sieger auf dem Höhepunkt ihrer Karrieren geworden. Schafft es nun auch Rickie demnächst, endlich ein Major zu gewinnen, haben wir die Top Five und eine großartige Epoche des Profigolfs vor uns - jedem Videobeweis zum Trotz.

 

US Open Championship

PosNameLandR1R2R3R4TotalPar
1JOHNSON, DustinUSA67697169276-4
T2FURYK, JimUSA71687466279-1
T2PIERCY, ScottUSA68707269279-1
T2LOWRY, ShaneIRL68706576279-1
T5GARCIA, SergioSPA68707270280E
T5GRACE, BrandenRSA73706671280E
7NA, KevinUSA75686969281+1
T8DUFNER, JasonUSA73716870282+2
T8JOHNSON, ZachUSA71697171282+2
T8DAY, JasonAUS76696671282+2
T8SUMMRHAYS, D.USA74656974282+2

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