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Kaum zu glauben: 'Ich sag's dir doch, das ist ein Putter!'

Pro AM für VIPs – Teil 2

The Kelly Family

Von Taylor Massey, Fotos: Henry Hunt

FREIBIER!
Als uns am Freitag um sieben Uhr der Shuttlebus ins 30 Minuten entfernte Carnoustie fährt, schmieden wir einen idiotensicheren Schlachtplan: 17 Löcher lang soll Kelly wie Jean Van de Velde 1999 und auf der 18 dann wie Kelly Slater spielen. Das sollte doch zu machen sein. Es ist immer wieder unglaublich, wie auch heute noch jeder Golfer, der diese Anlage betritt, an ein und denselben Vorfall denken muss. Dieser Platz ist der härteste aller Open-Austragungsorte. Jean Van de Velde spielte an jenem Sonntag 1999 brillantes Golf und lag nach 17 Löchern mit drei Schlägen in Front. Dann geschah das Unfassbare. Wahrscheinlich wird in 100 Jahren noch darüber gesprochen, selbst dann wird der Geist des armen Franzosen noch über dem 18. Loch schweben.

Die Greenkeeper haben den Platz in einen fantastischen Zustand gebracht und wir danken ihnen nach jedem Putt, der über die makellosen Grüns rollt und ins Loch fällt. Hierher hat es noch mehr Zuschauer verschlagen als gestern auf den Old Course. Kelly spielt hervorragend, unser Team bringt denselben Score wie am Vortag ins Clubhaus und klettert damit auf dem Leaderboard nach oben. Keinem einzigen der zahllosen Bunker stattet Kelly heute einen Besuch ab, was äußerst beeindruckend ist. Heute haben wir eine zahme Version von "Carnasty" erlebt und wir beschließen, schnell das Weite zu suchen, bevor der Platz seine Meinung noch einmal ändert.

Pro AM für VIPs: Sonntagsspaziergang: keine große SachePro AM für VIPs: Sonntagsspaziergang: keine große Sache
Sonntagsspaziergang: keine große Sache

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KELLY SLATER GEGEN KELLY ROHRBACH. BEIDE WAREN IN ,BAYWATCH' ZU SEHEN, BEIDE LIEBEN GOLF UND BEIDE SIND NACH ST. ANDREWS GEKOMMEN, UM DEN ANDEREN ZU SCHLAGEN.
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Außerdem haben wir heute Abend ein Date in der St. Andrews Brewing Company, in der das neueste Bier der Brauerei der Öffentlichkeit vorgestellt wird: ein IPA, das zusammen mit der GolfPunk-Crew entwickelt wurde mit dem Ziel, ein Indian Pale Ale zu kreieren, das nicht wie zimmerwarme Knabenpisse schmeckt.

21 Uhr am Freitagabend und nach dem ersten Pint ist klar: Erfolg! Unser Bier schmeckt astrein. Kelly und ich treffen Tim Southwell, den Chefredakteur von GolfPunk im Vereinigten Königreich und lauschen der Musik von "The New Ed Sheeran", einer amüsanten Ein-Mann-Kapelle, die der St. Andrews Brewing Company mächtig einheizt.

Nach einigen weiteren Pints steuert ein Mädchen schnurstracks auf uns zu und fragt: "Bist du Kelly Slater?" - "Ja, bin ich", erwidert er und sie kneift die Augen zusammen. "Fuck off! Bist du nicht!", zweifelt sie in breitestem Schottisch und zückt ihr Smartphone. Keine zehn Minuten später stürzen mehr als ein Dutzend Kids in die Brauerei und bitten japsend um Autogramme und Selfies. Wir lernen an diesem Abend, dass es in St. Andrews nicht nur jede Menge Golfclubs, sondern auch einen Surf Club gibt, der hier gerade in Vollbesetzung angetreten ist. Begeistert von so viel Enthusiasmus fachsimpelt er mit den Mitgliedern des St. Andrews Surf Club über die Wellen vor der Stadt, teilt Insider-Wissen zur Richtung des Swells und behandelt die Jungs und Mädels, als wären sie alte Kumpels. Doch dann macht der neue Ed Sheeran eine Pause und es wird Zeit, dass Kelly Mikrofon und Gitarre übernimmt, denn abseits von Wellen und Golfplatz ist dieser Typ auch ein äußerst passabler Musiker. Stunden später - er singt immer noch für den Surf Club und uns - fällt mir auf, dass bereits Geisterstunde ist. Oh verdammt, wir haben morgen eine Verabredung in Kingsbarns! Ich muss Kelly von der Bühne holen und versage dabei kläglich.

The Kelly Family: Fassungslos: '70 Zentimeter Birdie-Putt? Och Mensch...'The Kelly Family: Fassungslos: '70 Zentimeter Birdie-Putt? Och Mensch...'
Fassungslos: '70 Zentimeter Birdie-Putt? Och Mensch...'
KELLY VS. KELLY
Am Samstag findet nach Runde drei der Cut bei der Dunhill Links statt. Ich bin aus einem anderen Grund aufgeregt, denn heute findet das Match statt, auf das ich so lange gewartet habe: Kelly Slater gegen Kelly Rohrbach. Beide waren in "Baywatch" zu sehen, beide lieben Golf und beide sind nach St. Andrews gekommen, um den anderen zu schlagen. Wahrscheinlich war unsere Vorbereitung etwas unprofessioneller, aber das muss ja nichts heißen. Kingsbarns ist der neueste Platz des Trios der Dunhill-Links-Golfplätze und ohne Zweifel der optisch reizvollste. Wer hierher kommt, wird sich sofort in Golf verlieben, auch wenn er noch nie einen Schläger in der Hand hatte.

Um neun Uhr treffe ich auf der Driving Range ein. Kelly Rohrbach ist da, der Surf Club ist da mit einem Board, das Kelly unterschreiben soll, nur von dem fehlt jede Spur. Hoffentlich ist er gestern nicht versackt und liegt nun schnarchend im Hotelbett!

Kelly Rohrbach wirft mir einen zugleich mitleidigen wie hämischen Blick zu, denn sie hat gestern unter Garantie meditiert und den Golfplatz studiert, während wir getrunken und gesungen haben. Um 9:15 Uhr werde ich panisch und spurte ins Clubhaus, um eine Polizeieskorte oder einen Helikopter oder irgendetwas zu organisieren, der Kelly aus dem Bett holt und auf der Stelle hierher bringt. Doch da sehe ich ihn in aller Ruhe an der Bar vor einem Full English Breakfast sitzen und mit den Angestellten über die schottischen Frühstückseier plaudern. "Ah, der feine Herr ist auch schon aufgestanden? Denkst du nicht, wir sollten auf der Range ein paar Bälle schlagen?", kann ich meinen Ärger nicht komplett unterdrücken. "Nicht nötig. Ich fühle mich gut. Das war lustig gestern Abend, oder?"

Pro AM für VIPs: Erwachsenenspielplatz: glücklich wie Kinder im Legoland
Erwachsenenspielplatz: glücklich wie Kinder im Legoland
Auf dem Weg zum ersten Abschlag zeigen die Kids vom Surf Club ihre selbst geshapten Boards und Kelly signiert jedes einzelne von ihnen. Zum Glück hat keiner der Bengel einen Neoprenanzug mitgebracht, denn ich fürchte, Kelly würde ihn auf der Stelle überstreifen und ins Meer springen.

Fünf Minuten bis zur Startzeit und ich lotse ihn behutsam auf die Teebox. Nun ist es Zeit, sich zu konzentrieren, doch das fällt schwer, denn dort wartet Kelly Rohrbach auf uns und sieht einfach nur unglaublich gut aus. "Spät geworden gestern Abend?", möchte sie von ihrem Mitspieler wissen, doch der ist bereits im Tunnel, stellt sich an den Ball und holt aus. Slaters Drive ist ein wenig gepusht, aber gut spielbar.

Die hübschere Kelly macht sich währenddessen auf den Weg zu den roten Tees, was einer eklatanten Wettbewerbsverzerrung gleichkommt, denn ihr Schwung ist absolut makellos und ihr Ball landet nach 240 Metern mitten auf dem Fairway.

Die Stimmung im Flight ist blendend und der fantastische Golfplatz trägt seinen Teil dazu bei. Einige Putts fallen, ein paar andere gehen daneben, doch das spielt keine Rolle, denn wir sind gerade dabei, beste Freunde zu werden. Beide Teams liegen weit außerhalb der Cut-Linie, ein tatsächlicher Wettkampf kommt also nicht auf. Zurück im Clubhaus verrät das Leaderboard, dass alle den Cut verpasst haben mit Ausnahme von Dylan, der mit 5 unter Par morgen noch einmal auf dem Old Course antreten und um den riesigen Preisgeldtopf spielen darf. Wir dagegen, die beiden Kellys und ich, werden uns heute Abend auf der Gala vergnügen, tanzen und trinken und dabei das Feuerwerk über dem 17. Loch bestaunen.

Es wird ein unvergesslicher Abend zusammen mit Luis Figo, Vladimir Klitschko und Jamie Dornan aus "50 Shades of Grey". Kelly Slater wird noch einmal zur Gitarre greifen und ich werde Kelly Rohrbach zum Tanz bitten und in Erfahrung bringen, welches das nächste Pro-Am auf ihrem Turnierplan sein wird. Japan, Südafrika oder Australien? All die anderen Turniere können nicht so unglaublich sein wie die Dunhill Links in St. Andrews. Aber wovon rede ich? Ich muss es herausfinden.

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