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Kolumne: Im Hirn des Architekten

Zwischen Design und Technik

Von Tony Ristola

Wassermanagement, Verkehrsaufkommen und Pflege sind alles andere als sexy, aber gleichzeitig sehr wichtige Themen beim Bau einer anspruchsvollen Golfbahn, wie unser Mann auf dem Bulldozer Tony Ristola nun erklärt.

Bei der Entstehung eines für alle Spielstärken anspruchsvollen Par 3 gilt es, eine Menge Faktoren zu bedenken, die dem normalen Golfer während seines Spiels verborgen bleiben. Unser Ausgangspunkt war eine ebene, offene und sandige Fläche mit einem etwa 1,20 Meter tiefen Drainagegraben ungefähr 40 Meter vor dem späteren Grün. Links von dieser Stelle befindet sich ein Wald und dahinter tiefes Buschwerk.

WOHIN MIT DEM GRÜN?


Aus Sicht des Architekten stellt der Wald das wichtigste Merkmal dieses bisher unkultivierten Stückchen Lands dar. Nicht wegen seiner optischen Reize, sondern aufgrund der Probleme, die er verursacht. Bäume und Rasen vertragen sich nämlich nicht. Für Architekten und Greenkeeper ist ein Wald nichts weiter als eine grüne Mauer, die Morgensonne aussperrt und Luftzirkulation verhindert, zwei wichtige Elemente für einen gesunden Rasen auf einem kurz gemähten Putting-Grün. Die erste Aufgabe besteht also darin, das Grün so weit wie möglich von den Bäumen zu entfernen, um Sonne und Wind zu ermöglichen, ihren positiven Einfluss auf das Gras zu entfalten.

Seit dieses Grün nun existiert, gab es hier niemals Probleme mit Pilzbefall oder anderen Krankheiten. Wäre es jedoch in direkter Nachbarschaft der hohen Bäume gebaut worden, wäre ein großer Pflegeaufwand aufgrund des schattigen, feuchten und windstillen Mikroklimas garantiert gewesen.

PSYCHOLOGIE UND STRATEGIE


Das erste Ziel jedes Golfplatzarchitekten ist es, Designs zu entwerfen, die gute Spieler sowohl physisch als auch psychologisch fordern, gleichzeitig Freizeitgolfern Wege aufzuzeigen, wie sie die gestellten Aufgaben meistern und genießen können.

Es mag unlogisch klingen, doch oft sind es gerade die Elemente, die eine Spielbahn für die Massen spielbar machen, die für Scratch-Golfer und Profis die gewünschte Herausforderung ausmachen. Diese Kuriosität kann mit einem Wort beschrieben werden: Optionen. Das Nachdenken über die verschiedenen Möglichkeiten, eine Spielbahn zu meistern, ist der Nährboden für Verwirrung und Ungewissheit und somit wahres Gift für die Psyche guter Spieler. Es ist die Aufgabe des Architekten, diese vergifteten Samen in die Köpfe guter Golfer zu pflanzen, wann immer er die Möglichkeit dazu hat.

Kolumne: Im Hirn des Architekten: Konturen sorgen für interessante Strategieentscheidungen, genauso wichtig ist ihre Funktion beim Ableiten des Wassers
Konturen sorgen für interessante Strategieentscheidungen, genauso wichtig ist ihre Funktion beim Ableiten des Wassers

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ES IST DIE AUFGABE DES ARCHITEKTEN, DIESE VERGIFTETEN SAMEN IN DIE KÖPFE GUTER GOLFER ZU PFLANZEN, WANN IMMER ER DIE MÖGLICHKEIT DAZU HAT.
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Gelingt es ihnen, all die Sandhindernisse zu umgehen und mit Schlag zwei das Grün zu treffen, wird ein Großteil aller Golfer das befriedigende Gefühl verspüren, gute Arbeit abgeliefert zu haben. Findet sich ein Golfer trotzdem in einem der Hindernisse oder produziert einen astronomisch hohen Score, muss er sich an die eigene Nase fassen, denn der Architekt hat für reichlich Raum auf der sicheren Seite gesorgt. Für bessere Spieler stellt sich die gleiche psychologische Frage, jedoch auf einer deutlich feineren Skala. Ihr Instinkt besteht darin, die Fahne zu attackieren, um Birdies zu spielen. Die Absicht des Architekten besteht deshalb darin, gute Spieler hart für diese Birdies arbeiten zu lassen. Aus ladende Bunker-Landschaften auf einer Seite des Grüns, während die gegenüberliegende Seite einladend ungefährlich wirkt, kann bei Single-Handicappern einerseits dazu führen, dass sie etwas weiter links der Fahne anhalten, was automatisch einen längeren Birdie-Putt zur Folge hat. Oder andererseits den bereits angesprochenen vergifteten Gedanken in ihr Gehirn einpflanzen und Zweifel an der Schlägerauswahl oder der gewünschten Flugkurve säen. Gelingt dem Architekten dies, steigen die Chancen eines weniger optimalen Schlags.

Diese Denkprozesse in den Köpfen der Spieler, die durch unterschiedliche Optionen auf jedem Loch angefeuert werden, in Verbindung mit wechselnden Wind-, Wetter- und Bodenbedingungen sorgen dafür, dass ein Golfplatz ständig wechselnde Aufgaben an die Golfer stellen kann und auch nach unzähligen Runden noch gerne gespielt wird. Exzellente Golfplätze testen daher nicht nur den Golfschwung eines Spielers, sondern fordern gleichzeitig auch seine psychologische und emotionale Stärke.

Stellt man sich dieses Grün umringt von dichtem Rough und Wasserhindernissen vor, wäre diese Spielbahn nicht nur deutlich schwerer, sondern für den durchschnittlichen Golfer auch unendlich viel frustrierender, denn die Wahl zwischen Abteilung Attacke und Sicherheitsschlag existiert nicht mehr. Jeder Schlag ins Grün entscheidet über Leben und Tod. Für starke Spieler wird ein solches Loch dagegen einfacher, da die Aufgaben klar definiert sind und kein Raum für Zweifel besteht. Aus solch einer Situation können Scratch-Golfer und Profis eine Menge Selbstvertrauen ziehen, weil sie sich lediglich auf die Entfernung konzentrieren und den Schlag ausführen müssen.

GRÜNDESIGN


Viele Golfer sind der Ansicht, die Grüns sollten ihren Schlägen gegenüber offen sein, was nichts anderes bedeutet, als dass ein Grün in Spielrichtung von hinten nach vorne geneigt sein sollte. Das ist eine mögliche Designphilosophie, jedoch längst nicht immer die beste. Das Problem mit von hinten nach vorne abfallenden Grüns - es sei denn, sie wurden mit cleveren Konturen versehen - besteht darin, dass Regenwasser stets in den tiefer liegen den Bereich vor dem Grün abläuft und dort ungewünscht feuchte Stellen entstehen. Zu kurz geratene Schläge laufen dann Gefahr, zum Steckschuss zu werden oder aufgrund der weichen Bodenverhältnisse kein bisschen zu rollen. Besonders Spieler mit höheren Handicaps leiden unter diesem Design, da sie oft darauf angewiesen sind, ihre Bälle aufs Grün rollen lassen zu können. Obendrein herrscht in der Gegend vor dem Grün nicht nur erhöhter Fußverkehr, sondern auch Fairway- und Grünmähmaschinen kreuzen hier ihre Wege, was zu einer absolut tödlichen Kombination führt: eine zu feuchte Stelle auf dem Golfplatz mit gleichzeitig hoher Belastung. Spurrillen, aufgerissener oder zu stark verdichteter Boden sind die üblen Folgen, wenn beim Design eines Grünkomplexes nicht das gebotene Maß an Sorgfalt herrschte.

Dafür zu sorgen, dass Oberflächenwasser schnell von Fairways und Grüns verschwindet, ist einer der wichtigsten Aspekte im Golfplatzdesign. Konturen im und um ein Grün dienen nicht nur dazu, das Spiel interessanter zu machen, sondern auch dazu, das Abfließen des Regenwassers zu kontrollieren. Idealerweise kann Wasser von einem Grün in mehrere Richtungen abfließen. So wird die Menge an Wasser, die in stark beanspruchte Zonen fließt, verringert und ein vollgesogenes oder verdichtetes Erdreich und daraus folgende Rasenschäden werden verhindert. Die Hälfte dieses Grüns ist nach links geneigt, während der Rest nach hinten rechts abfällt. Da links keinerlei Hindernisse auf die Golfer lauern, wird der Fußverkehr zum Grün und zur nächsten Teebox großflächig verteilt. Ebenso müssen die Maschinen der Greenkeeper nicht ständig über dieselbe Zufahrt in Richtung Grün fahren. All dies zeigt, wie Strategie und Konstruktion gemeinsam dafür Sorge tragen, ein spielerisch anspruchsvolles und landwirtschaftlich vernünftiges Golfloch zu entwickeln. Obwohl es dramatisch für das Auge des Golfers ist, war es kosteneffizient im Bau und aufgrund der Platzierung des Grüns drohen keinem Greenkeeper schlaflose Nächte.

 
DER AUTOR

DER AUTOR

Tony Ristola, ein Amerikaner mit finnischen Wurzeln, kann nicht nur Golf spielen - er war als Teaching- sowie als Playing-Pro aktiv -, sondern fand in der Golfplatzarchitektur seine wahre Bestimmung. Zusammen mit Arbeitern, von denen die meisten noch nie einen Golfplatz gesehen hatten, schuf er mit Sand Valley in Polen sein erstes, international gefeiertes 18-Loch-Layout. Als einziger Golfplatzarchitekt garantiert er, jeden einzelnen Tag der Planungs- und Bauphase einer neuen Anlage vor Ort zu sein. www.tonyristola.com

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