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Selbsttest

Besser werden in zwei Tagen?

Von Fritz Lüders, Fotos: Sonnenhof Lam

Deutsche Golfhotels locken Gäste mit Handicap-Verbesserungskursen. Doch wie schnell geht es wirklich aufwärts? GolfPunk machte den Selbsttest.

Ob das Absicht sei, fragt Anthony Verbunt und zeigt auf meine Hände. Eine Antwort wartet er nicht ab. Stattdessen folgt die nächste Frage: "Wer hat dir das denn beigebracht?" Danach zieht er an meinen Fingern, dreht meine Arme, meine Hände, den Schläger, drückt gegen meinen Rücken und meine Hüfte: "So, jetzt noch mal."

Jan Anthony Verbunt ist Golftrainer des Hotelplatzes Sonnenhof Lam im Bayerischen Wald. Er ist groß, kräftig, trägt blaue Regenklamotten und spricht mit holländischem Akzent. Seine Schüler sind meist Gäste, die in kurzer Zeit ihr Spiel verbessern wollen. Auch ich will herausfinden, wie schnell meine Scorekarte schöner wird. Dafür spiele ich den hoteleigenen Platz zwei Tage lang von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang und nehme mehrmals Unterricht bei Anthony. Zwischen Bett und erstem Abschlag sind es nur wenige Meter. Außer Bergen (zumindest würde ein Norddeutscher diese Hügel so nennen) und Wäldern gibt es nicht viel in Lam nahe der tschechischen Grenze. 2641 Einwohner, ein paar Gaststätten, ein Café. Einige Felder und viel frische Luft. Die perfekten Voraussetzungen also, um sich voll und ganz auf Golf zu konzentrieren.

Selbsttest:
Dass Golfhotels wie der Sonnenhof gerade Kunden wie mich, die mehr schlecht als recht spielen, suchen, ist nicht überraschend. Schließlich haben 28,7 Prozent der deutschen Golferinnen und Golfer ein Handicap zwischen -37 und -54. Fast ein Drittel spielt somit in der Vorgabeklasse sechs. Das reicht bei manchen Clubs nicht für eine Spielberechtigung. Beim Gut Lärchenhof zum Beispiel. Oder in Falkenstein. Und dann gibt es Anlagen, die exakt für diese Gruppe Golfer konzipiert wurden. Willkommen in Lam.
Die Adresse: Himmelreich 13. Fährt man die steile Straße hinauf an den Bahnen 4, 5 und 9 vorbei, wirkt dieser Name etwas hochgegriffen. Zumindest aus Golfersicht. Der Platz ist schön, aber unspektakulär. Frauen würden sagen: niedlich. Eine Mischung aus anziehend und zum in die Wange kneifen. Doch wegen eines spektakulären Platzes bin ich auch nicht gekommen.

Die erste Runde ist ernüchternd. Bahn eins geht eine Waldschneise hinab, bevor ein Dogleg nach rechts abbiegt. Erster Schlag, erster Ball weg. Daraufhin folgt ein typisches Auf und Ab - auch von der Landschaft her. Ebenerdige Bahnen gibt es nicht. Für die Premierenrunde brauche ich 96 Schläge (Par 62). Das ist ungefähr Handicap. Anschließend geht es das erste Mal zu Anthony, dem Trainer. Mit zwei Eimern voller Bälle laufen wir zur Driving Range. Seit der Platzeröffnung 2007 wurde hier schon über 4500 Schülern geholfen. Da will ich keine unrühmliche Ausnahme darstellen. Nachdem Anthony meinen Griff ändert, verbessern sich die Schläge tatsächlich. Meine Bälle streuen weniger. Nach dem Training geht es wieder auf die Bahnen. 94 Schläge. Noch einmal Loch eins bis vier, dann ist es stockfinster. Der Platz misst nur 3356 Meter, trotzdem sind die Beine abends so schwer wie nach einem Ironman.

Selbsttest: Selbsttest:
Am nächsten Morgen besuche ich zuerst die Driving Range. Diese ist so kurz, dass man ein Eisen 7 über den hinteren Zaun schlägt. Wer Hölzer auspackt, bekommt Angst, die Menschen im Dorf zu verletzten. "Keine Sorge, hinter der Kuppe ist ein leeres Feld", sagt Anthony. Jährlich gehen trotzdem viele Hundert Bälle auf diese Art und Weise verloren. Doch Nachteile gibt es auch für die Kunden: schließlich sieht man nie, wo und wie der Ball landet. Trotzdem haue ich mit dem Driver zahlreiche Bälle ins Nirwana von Lam. Macht schließlich am meisten Spaß.

Für den zweiten Tag steht eine weitere 18-Loch-Runde an, dann noch mal Training. Anthony ist unzufrieden. Vieles vom Vortag habe ich mir wohl nicht richtig gemerkt. Möglicherweise soll die Kritik aber auch zum Antrieb dienen. Die letzte Runde wird die mit Abstand beste. 89 Schläge!

Selbsttest:
Aber habe ich mich jetzt wirklich wegen ein paar Trainerstunden und dem Konzept des Golfhotels verbessert? Oder liegt es daran, dass man den Platz von mal zu mal besser kennenlernt und durch Non-stop-Golf in Form kommt? Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beidem. Der kurzfristige Erfolg ist dennoch bemerkenswert. Mit diesem steigt auch das dazugehörige Selbstbewusstsein auf dem Platz. Eine Erfolgsformel.
Langfristig hält der Positivtrend natürlich nicht an, wenn man nur zwei Tage so intensiv übt. Aber, wer nach einer langen Pause wieder an Gefühl gewinnen möchte, oder wer seit Wochen stagniert, der ist bei einem Golfhotel wie dem Sonnenhof tatsächlich im Himmelreich. Das Angebot besteht nicht nur aus großen, leeren Worten. Für die richtige Zielgruppe ist ein solch leerer, kleiner, simpler, aber auch teilweise anspruchsvoller Platz die perfekte Übungswiese. Möchte man sich kurzzeitig nur auf Golf konzentrieren, kann man sich in Lam hervorragend "einschließen". Alle besseren Spieler sollten dafür nicht extra bis an die tschechische Grenze reisen. Denn ein besonders außergewöhnliches Golferlebnis gibt es hier nun wahrlich nicht.

9 Löcher, Par 62, 3356 Meter
Adresse:
Hotel Sonnenhof
Himmelreich 13
93462 Lam
Tel. +49 (0) 9943 370
www.hotel-sonnenhof-lam.de

Preise:
1 Stunde Privatunterricht: 55 Euro, fünf Tage Platzreifekurs: 350 Euro (Hotelgäste), Handicap-Verbesserungskurs inklusive 3 Stablefordturniere: 350 Euro (Hotelgäste)

Der 2007 erbaute Platz verfügt über kurze, aber teils kniffelige Löcher. Gerade der dichte Wald kommt öfters als Hindernis ins Spiel. Zwar sind die Bahnen nicht sehr spektakulär, der gute Blick und die ruhige, erholsame Atmosphäre machen das jedoch wieder wett. Wer im dazugehörigen Hotel wohnt, hat mit Driving Range, kurzen Wegen zum Abschlag, Restaurants und einem riesigen Spa-Bereich tatsächlich sein Himmelreich gefunden.

Killerloch:
Die 1 (Par 4) führt durch eine dichte Waldschneise den Berg hinab. Hier muss man nicht nur gerade vorlegen, sondern auch das steile Gefälle mit einberechnen - sonst landet der Ball schon wieder im Gehölz.

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