Featured StoriesFeatured Stories

Golfpunks dieser Welt

Bert Yancey

Von Gavin Newsham, Fotos: Getty Images

Sein Schwung war absolut traumhaft und er puttete wie ein Champion. Trotzdem ist die Lebensgeschichte des Bert Yancey eine der tragischsten der Golfgeschichte.

Für jemanden, der in den 1940er-Jahren in Tallahassee aufgewachsen ist, war der grösste Wunsch von Albert Yancey nicht allzu außergewöhnlich: Seit er denken konnte, wollte er beim Masters an den Start gehen. Seine Jugendtage vertrödelte er damit, sich vorzustellen, wie er durch Amen Corner wandelte und wie es sich wohl anfühlte, wenn das Grüne Jackett endlich über seine Schultern gelegt würde. Er konnte sich jedes kleinste Detail des Platzes einprägen. Er wusste, wie viele Räume das Clubhaus hatte. Er kannte das Muster auf dem Besteck im Dining Room und er wusste sogar, wer die Fahnen angefertigt hatte.

Seine selbst auferlegten Regeln waren jedoch rigide: Er wollte sich das Masters niemals aus der Sicht eines Zuschauers ansehen und den Platz auch nur dann spielen, wenn er sich endlich für das Turnier qualifiziert hätte.

Der Golfschwung, den er sich bereits als Youngster antrainiert hatte, ließ wenig Zweifel, dass er diese hohen Ziele bald erreichen würde. Seine Bewegungen waren flüssig, die langen Eisen präzise und - entscheidend für jemanden, der sich bei den Masters einen Namen machen wollte - sein Putting war nahezu fehlerfrei. Später, als Yancey bereits Pro war, sagte die amerikanische Golflegende Jackie Burke über ihn: "Ich hätte lieber Yanceys Putt-Quote als eine Lizenz zum Stehlen."

Als Yancey 1960 zur Army ging, übernahm er die Leitung des dortigen Golf-Teams. Seine Kameraden beschrieben ihn später als einen fröhlichen und geselligen jungen Mann, der sich aber zeitweise reichlich merkwürdig verhielt. Gelegentlich stellte er Rekruten an die Wand und bombardierte sie mit philosophischen Fragen wie "Was ist die Bedeutung von Wahrheit?" oder anderen Fangfragen, die 18-jährige Heißsporne völlig überforderten. Tagelang schlief er nicht und zerbrach sich über Dinge den Kopf, die nur für ihn Sinn ergaben. "Wer ist Gott?" oder "Was ist Liebe?" waren Fragen, die ihn um den gesunden Menschenverstand brachten. In Sorge um seine Gesundheit alarmierten seine Kameraden Ärzte, die Yancey zunächst ins West-Point-Krankenhaus brachten und danach ins Army-Krankenhaus in Valley Forge. Nach neun Monaten Behandlung (inklusive Elektroschock-Therapie) wurde er schließlich ehrenhaft aus der Armee entlassen. Innerhalb der nächsten zwei Jahre kehrte Yancey zurück auf die PGA Tour und ergriff die Gelegenheit beim Schopfe - insgesamt siebenmal konnte er während seiner Profikarriere auf der Tour gewinnen. 1967 ging dann sein lang gehegter Traum in Erfüllung, als er sich für das Masters qualifizierte und Dritter in Augusta wurde. Ein Jahr später gelang ihm das gleiche Ergebnis noch einmal.

Aber das Unglück verfolgte Bert Yancey sprichwörtlich auf Schritt und Tritt. Bei den US Open 1964 zog er seinen Schuh und seine Socke aus, als er versuchte, einen Ball aus dem Wasser zu schlagen, und trat in eine Scherbe. Eine mehrwöchige Verletzungspause war die Folge. Später, im Jahr 1967, wurde er bei den Buick Open vom Blitz getroffen. "Ich hatte Glück, dass ich nicht getötet wurde", zuckte er mit den Achseln und beendete die Runde als geteilter Zweiter.

Golfpunks dieser Welt: Schmale Lippen: zu wenig Zucker in der Zitronenlimonade?Golfpunks dieser Welt: Schmale Lippen: zu wenig Zucker in der Zitronenlimonade?
Schmale Lippen: zu wenig Zucker in der Zitronenlimonade?

»
"ICH HATTE GLÜCK, DASS ICH NICHT GETÖTET WURDE", SAGTE ER, ZUCKTE MIT DEN ACHSELN UND BEENDETE DIE RUNDE ALS GETEILTER ZWEITER.
«

Diese Zwischenfälle waren aber harmlos im Vergleich zu der Katastrophe, die Mitte der 1970er über ihn hereinbrach. Seit elf Jahren hatte er bereits die Putt-Statistik angeführt und sich als Top-Ten-Spieler auf der Tour etabliert, als Bert Yancey erneut begann, sich merkwürdig zu verhalten. Er war nicht länger lustig und zurückhaltend und auch nicht mehr Mr. Nice Guy. Yancey fing an, sämtliche Anzeichen seiner Zwangsneurosen zu zeigen, die ihn während seiner Zeit bei der Army befallen hatten. Dieses ständig wechselnde Verhalten brachte einen Mann hervor, der sich auf einer permanenten Gratwanderung befand und keine Kontrolle über seine Handlungen hatte, geschweige denn über deren Konsequenzen nachdachte.

Während einer Golf-Clinic in Japan im Dezember 1974 beschloss Yancey gegen drei Uhr nachts plötzlich, dass es Zeit wäre, nun den Orient eigenhändig vom Schrecken des Kommunismus zu befreien. Er verließ den Raum und irrte durch die Strassen von Tokio, als er zufälligerweise auf die Soul-Band The Temptations stieß, die gerade im Land der aufgehenden Sonne auf Tour war. Yancey interpretierte den Bandnamen als den leibhaftigen Teufel und forderte die gesamte Band zum Kampf auf, wurde aber sofort von Bandmitgliedern mit einem Karatehieb niedergestreckt. Als er zurück ins Hotel wankte, stolperte er in die Lobby und warf dabei den riesigen Weihnachtsbaum um, der ihn nach eigenen Angaben zu sehr an die Pleite erinnerte, die er gerade gegen den Teufel hatte verkraften müssen. Er wurde verhaftet, wenig später jedoch wieder ohne Kautionszahlung freigelassen.

Im Jahr darauf, als er von einem Turnier in Westchester, New York, zurückkehrte, stieg er in der Ankunftshalle im La-Guardia-Flughafen auf eine Leiter und fing an, alle weißen und farbigen Menschen auf die jeweils andere Seite des Raums zu dirigieren. Später erklärte er, dass er nur versucht hatte zu demonstrieren, wie sinnlos rassistische Vorurteile wären. Erneut in Polizeigewahrsam erklärte er der Polizei in einem Befragungsraum, dass der Milliardär, Finanzier und Filmmogul Howard Hughes ihn für medizinische Forschung bezahlen würde. Nur leider wusste Howard Hughes selbst davon nichts. "Ich habe auf eine Glühbirne gespuckt, weil ich dachte, dass, wenn ich die Spucke in den verschiedenen Formen und Farben brennen sehen würde, ich die Heilmethode für Krebs herausfinden könnte", beschrieb er die Methoden seiner "medizinischen Forschung".

Während Yanceys Psychose weiter andauerte - Ärzte hatten ihn längst als manisch-depressiv diagnostiziert - litt selbstverständlich auch sein Golfspiel. Bei einer Runde mit Jack Nicklaus fragte ein Zuschauer hörbar für alle Beteiligten nach Yanceys Recht, mit einer Legende wie Nicklaus zu spielen, als der Flight vorbeilief. Das war zu viel für Yanceys elfjährigen Sohn Charles, der die Runde seines Vaters mitverfolgte. Er griff sich einen Stock, schlug den Fan auf den Kopf und jagte ihn über den Platz, bis dieser schließlich Zuflucht in einem Toilettenhäuschen fand.

Im Jahr 1976 hatte sich Bert Yanceys Gesundheitszustand so weit verschlechtert, dass ihm keine andere Wahl blieb, als der PGA Tour den Rücken zuzukehren. Er eröffnete eine eigene Golfschule, doch auch dort konnte er sich nicht vor seiner Krankheit verstecken. Im Jahr 1983, nach neun Jahren Lithiumtherapie und 16 dokumentierten manisch-depressiven Anfällen, wurde Yancey erneut ins Krankenhaus eingeliefert. Das Lithium schlug nicht mehr an und er war überzeugt davon, von Dämonen besessen zu sein. Yanceys Psychiater schlug ein neues Medikament vor, Tegretol. Nach dem letzten Strohhalm greifend, stimmte Yancey zu. Obwohl die neue Medikation für Yancey viele gesundheitliche Risiken barg, entfaltete sie schnell ihre Wirkung. Das Zittern und die Zwangsneurosen verschwanden und langsam kam auch sein konstanter Schwung zurück. Nach zwei Jahren auf Tegretol - seit 1975 hatte Yancey keinen einzigen Cut geschafft - war er bereit für das wohl untypischste Comeback auf der Tour, fünf Jahre nach seinem letzten Turnier. Beim Byron Nelson Golf Classic in Dallas konnte er endlich wieder gegen die Männer antreten, mit denen er früher bereits um Titel gerungen hatte. "Das Wichtigste ist, dass du nicht aufgeben musst, nur weil du psychisch krank bist", sagte er einst zu Journalisten. "Das Stigma, das psychisch Kranken anhaftet, muss verdrängt werden, weil es immer wieder von selbst wächst."

Im Jahr 1988 wechselte Yancey auf die Champions Tour. Er fühlte sich entschlossen und wettbewerbsfähig und glaubte wieder an seine eigenen Fähigkeiten. Obwohl er wusste, dass er auf der Champions Tour nie gewinnen würde, war für ihn die Tatsache, dass er überhaupt spielen konnte, genauso wertvoll wie ein Sieg. Mit Golfspielen und Büchern über psychische Krankheiten verbrachte er dieser Tage seine Zeit. Er gründete eine Selbsthilfegruppe, die ihn dabei unterstützte, das Stigma der Krankheit zu bekämpfen. Doch gerade als es den Anschein hatte, dass Yancey endlich die Kontrolle über seine Probleme hätte, schlug das Schicksal erneut erbarmungslos zu. Am 26. August 1994 traf er im Park Meadows Golf Club in Utah ein, um die Franklin Quest Championship in Angriff zu nehmen. Schon bevor er auf die Driving Range ging, klagte er über stechende Schmerzen in der Brust. Am Abend zuvor war er bereits früher zu Bett gegangen, da er sich nicht wohlfühlte. Yancey schlug nur einige wenige Bälle auf der Driving Range, bevor er sich ins Erste-Hilfe-Zelt begab, wo er schließlich kollabierte. Man gab ihm Sauerstoff und die Sanitäter versuchten, ihn wiederzubeleben. Ein Krankenwagen brachte ihn in die Notaufnahme, wo Ärzte und Schwestern die Wiederbelebungsversuche fortsetzten. Vergeblich. Eine halbe Stunde nach Eintreffen im Krankenhaus wurde sein Tod festgestellt.

Als Yanceys engster Freund Tom Weiskopf von dieser Tragödie erfuhr, wollte er das Turnier sofort abbrechen, ließ sich dann jedoch von seinem Caddie überzeugen, dass Bert Yancey nichts anderes gewollt hätte, als dass er weiterspielte. In dieser Woche rollte Weiskopf das Feld von hinten auf, machte auf der 16, 17 und 18 in der Finalrunde Birdie und war somit auf dem geteilten ersten Platz. Auf dem ersten Play-off-Loch entschied er das Turnier dann für sich. "Ich habe das Ding nicht gewonnen", sagte er danach "Bert hat das gemacht. Ich liebte ihn. Ich habe dieses Turnier nur für ihn gewonnen."

Bert Yancey hatte nie ein Major gewonnen, doch er kam diesem ultimativen Ziel einige Male verdammt nah. Während seiner Karriere gewann er insgesamt sieben Titel und strich dabei über 690.000 Dollar Preisgeld ein. Auf der Champions Tour gewann er weitere 40.000 Dollar.

Auf dem Oakland Cemetery in Tallahassee liegt Bert Yancey heute begraben. Seine Grabinschrift lautet: "Bert Yancey war ein beharrlicher Champion mit außergewöhnlichem Mut, Entschlossenheit, Verstand und Klugheit. Er war ein Beispiel für einen Pro, der in der grössten Notlage Ausdauer bewies. Seine Leidenschaft, die Geschichte und Rechtschaffenheit von Golf zu bewahren, war unendlich groß. Sein Streben nach Exzellenz bleibt von bemerkenswerter Intensität und bündelt sich in seinem letzten Schlag von dieser Welt."

Featured Stories