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Golfpunks dieser Welt

Jan Stephenson

Von Tim Southwell, Fotos: Getty Images

Was für ein Leben! Donald Trump den Laufpass gegeben, 25 Profiturniere und drei Majors gewonnen und beinahe in der Klapsmühle gelandet. Seit Jan Stephenson 1975 damit begann, die LPGA Tour zu revolutionieren, scheiden sich an der Australierin die Geister. Nun hat sie es endlich in die Hall of Fame geschafft.

Es gibt nicht viele Athleten, die ihre Sportart nicht nur dominiert, sondern maßgeblich geprägt haben. Muhammad Ali, Pele, Michael Jordan und natürlich Tiger Woods sind allesamt überlebensgroße Idole, deren schiere Präsenz ihre jeweilige Disziplin aus den Grenzen der Sportwelt sprengte und in den Mainstream katapultierte. Der Name Jan Stephenson wird nicht oft genannt, wenn Listen solcher Superstars der Sportwelt erstellt werden, eben der Charaktere, die einen bleibenden Unterschied ausmachen, was ein Fehler ist! Ohne die Australierin würde die LPGA Tour wahrscheinlich immer noch in der Sackgasse der Bedeutungslosigkeit stecken, in der sie sich seit ihrer Gründung 1950 bis 1977 befand. Stephenson Einfluss auf die LPGA reichte sogar so weit, dass sich seit Monaten hartnäckige Gerüchte halten, ihr Leben solle verfilmt werden - mit keiner Geringeren als Superstar Margot Robbie in der Hauptrolle.

Was also geschah 1977, das nicht nur die LPGA Tour, sondern auch Jan Stephensons Leben für immer veränderte? Einfach gesprochen: Sie erschien auf dem Cover des "Sport"-Magazins. Die Australierin war zu jenem Zeitpunkt dank zweier Siege bereits ein etablierter Teil der amerikanischen Damentour, als LPGA-Tour-Commissioner Ray Volpe an sie mit der Bitte herantrat, das Gesicht einer Kampagne zu werden, die der Tour ein neues Image verpassen sollte. Stephenson nahm dieses Angebot dankend an und das Cover-Shooting für das "Sport"-Magazin sollte die erste Phase des ambitionierten Plans sein.

Bis zu diesem Zeitpunkt war die LPGA Tour nicht viel mehr als eine lose Abfolge von besseren Clubturnieren, bei denen die Teilnehmerinnen praktisch um das Startgeld spielten, das jede von ihnen eingezahlt hatte, und wurde folgerichtig sowohl von der Presse als auch von der Öffentlichkeit weitgehend ignoriert. Die Preisgelder waren entsprechend mickrig. Die Gewinnerin der US Open 1976 bekam einen 9.054-Dollar-Scheck überreicht. Bei den Männern kassierte Jerry Pate im gleichen Jahr 42.000 Dollar.

Wie ihre 16 LPGA-Siege und drei Major-Titel beweisen, war Jan Stephenson eine enorm talentierte Golferin. Doch damit nicht genug, sie war auch sexy und hatte kein Problem damit, dieses Attribut zu nutzen, um sich selbst und die LPGA Tour ins rechte Publicity-Licht zu rücken. "Vieles, was ich getan habe, war seiner Zeit voraus", verrät sie heute. "Das Publikum hat es einfach nicht verstanden, dass Sex-Appeal zum Golf gehört, aber oft kategorisch abgelehnt." Doch am Ende war es nicht nur Stephensons Golfschwung, sondern vor allem auch ihr Sex-Appeal, der den Unterschied ausmachte.

Jan Stephenson wurde am 22. Dezember 1955 in Sydney geboren und verfiel dem Golfvirus bereits in jungen Jahren. Als Teenager gewann sie fünfmal in Folge die australische New South Wales Schoolgirl Championship gefolgt von drei Siegen bei der New South Wales Junior Championship.

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VIELES, WAS ICH GETAN HABE, WAR SEINER ZEIT VORAUS. DAS PUBLIKUM HAT ES EINFACH NICHT VERSTANDEN, DASS SEX-APPEAL ZUM GOLF GEHÖRT, UND OFT KATEGORISCH ABGELEHNT.
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Bereits früh zeichnete sich ab, dass Jan eine große Zukunft im Profigolf haben könnte. Ihre Eltern schufteten beide in zwei Jobs, um nicht nur die Familie über die Runden zu bringen, sondern auch ihrer Tochter optimale Trainingsbedingungen bieten zu können. Im Jahr 1973 wechselte Jan ins Profilager und gewann umgehend die Australian Ladies Open. Der Wechsel auf die LPGA Tour war reine Formsache, auf der sie 1974 als Rookie of the Year ausgezeichnet wurde. Ihre zwei Siege 1976 sorgten dafür, dass Jan Stephenson nicht nur bei ihren LPGATour-Kolleginnen schnell an Bekanntheit gewann, auch die amerikanische Öffentlichkeit nahm von der attraktiven Australiern Notiz. Darunter auch ein gewisser Donald Trump, der sich bei einem zufälligen Treffen mit der Profi-Golferin schwer verknallte. Es folgten zahlreiche Dates sowie Trumps Wunsch, die Beziehung auf das nächste Level zu hieven. "Donald sah gut aus, war charmant, extrem erfolgreich und wohlhabend", erinnert sich Stephenson. "Es schwirrten immer eine Menge schöner Frauen um ihn herum, die liebend gerne mit ihm ausgegangen wären. Er war nicht der Donald, den wir heute kennen.

Es begann rein geschäftlich, er bat mich, eines seiner Kasinos als Werbegesicht zu repräsentieren, und irgendwann begann er, mich in all diese großartigen Restaurants auszuführen, und wir unternahmen das ganze Disco-Ding - es waren schließlich die 70er." Als die Sache immer ernster wurde, stellte Trump Stephenson vor ein Ultimatum: Sie sollte sich zwischen ihm und ihrer Golfkarriere entscheiden. "Ich hatte so viel aufgegeben, um Tour-Profi zu werden", erinnert sich Jan heute, "und auch meine Familie hatte immense Opfer gebracht, um mir meine Karriere zu ermöglichen. Ich konnte damals einfach keine Beziehung mit Donald Trump eingehen. Ich wollte Golf spielen."

Mit einer letzten Verzweiflungstat versuchte Trump, die Beziehung zu Stephenson zu retten, und flog im Privatjet von New York nach Atlanta, wo Jan am nächsten Tag ein Turnier spielen sollte, um sie zum Dinner abzuholen. "Ich fuhr zum Flugplatz und die Tür des Flugzeugs öffnete sich; doch Donald stieg nicht aus. Der Pilot bat mich einzusteigen, und als ich die Stufen hinaufstieg, sah ich, dass der gesamte Jet mit Hunderten roter Rosen dekoriert war - traumhaft schön. Auf dem Sitz lagen eine Rose und ein Umschlag. Ich öffnete ihn und las den Namen eines Restaurants, von dem ich noch nie gehört hatte. Ich schaute den Piloten fragend an und er meinte lächelnd: 'Das Restaurant ist in Paris.' Mir schoss nur ein Gedanke durch den Kopf: 'Das kann ich nicht tun, ich muss morgen ein Turnier spielen.' Also sagte ich: 'Danke, aber nein danke', und fuhr zurück ins Hotel. Danach habe ich eine ganze Weile nichts mehr von ihm gehört."

Alles noch mal gut gegangen, und während Trump sich auf zu neuen Ufern machte, widmete sich Stephenson ganz ihrem Golfspiel. Zwar konnte sie 1977 kein Turnier auf der Tour gewinnen, die LPGA beendete die Saison dank des Stephenson-Effekts jedoch in aller Munde.

Was passierte also genau bei diesem berühmten Fotoshooting 1977? Das Shooting zur Ausgabe des "Sport"- Magazins, die unter dem Titel "Sex in Sports" produziert wurde, war bereits in vollem Gange, als Stephenson ihr Outfit wechselte und dabei nicht nur ihr Shirt auszog, sondern sich auch ihres BHs entledigte. Um nicht oben ohne nach dem nächsten Outfit zu suchen, warf sie sich ein pinkfarbenes Leinenhemd über und band es an der Taille zusammen. Der Fotograf schlug vor, in diesem Aufzug einige spontane Fotos zu knipsen, und Stephenson - leicht überrumpelt - stimmte zu. Wären das Internet und Social Media schon erfunden gewesen, hätten diese Bilder sie garantiert gesprengt. Selbst Stephenson hatte Bedenken: "Als sie mir später sagten, sie wollten das Bild im pinkfarbenen Hemd für das Cover verwenden, dachte ich zunächst: 'Welches Bild im pinkfarbenen Hemd!?' Dann dämmerte es mir, was sie meinten, und ich dachte nur: 'Oh nein, bitte nicht!'"

Jan schrieb einen Brief, in dem sie Chefredakteur Berry Stainback bat, ein anderes Motiv zu wählen, doch es half nichts. Die Druckerpressen rotierten bereits. In Erwartung eines monumentalen Shitstorms kaute Stephenson nervös an ihren Fingernägeln, während das Magazin weltweit an die Kioske kam. Doch der Shitstorm blieb aus und auf der LPGA Tour sollte nichts mehr so sein wie früher. Innerhalb einer Woche nach Erscheinen des "Sport"-Magazins war aus Jan Stephenson eine der berühmtesten Sportlerinnen der Welt und der erste Pinup- Superstar der Golfszene geworden.

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Doch dieser plötzliche Ruhm hatte auch Schattenseiten, wie sich nach der Hochzeit mit ihrem Manager Larry Kolb 1978 zeigte. Kolb hatte sich Stephensons Vertrauen erschlichen, indem er ihr über Monate hinweg einredete, dass ihr bisheriger Ehemann Eddie Vossler, ein Golfprofi aus Fort Worth, sie betrogen hätte. Stephenson realisierte allerdings erst nach der Hochzeit mit Kolb, dass es sich dabei um Lügengeschichten handelte, und wollte die Ehe daraufhin umgehend beenden, was eine Lawine hässlicher Rechtsstreitigkeiten zwischen Vossler und Kolb lostrat. Diese Streitigkeiten führten bei Stephenson zu derartigem seelischen Stress, dass Kolb sie 1982 in eine Nervenklinik einweisen ließ, indem er behauptete, sie wäre geisteskrank und einer Gehirnwäsche unterzogen worden, nur um sich von ihm scheiden zu lassen. Stephenson kämpfte fortan darum, die Ehe mit Kolb zu annullieren, da er sie mit betrügerischen Mitteln und Nötigung in die Ehe gezwungen hatte. Ein Richter ordnete die sofortige Entlassung aus der Nervenklinik an und noch im gleichen Jahr gewann Jan Stephenson ihren zweiten Major-Titel bei der Women's PGA Championship.

Die Tatsache, dass keines dieser privaten Dramen ihre Dominanz auf dem Golfplatz beenden konnte, spricht Bände über das immense Talent der Jan Stephenson. Nach ihrem Major-Sieg 1982 gewann Stephenson noch acht weitere Titel auf der LPGA Tour, darunter die US Women's Open 1983, und war damit eine der erfolgreichsten Spielerinnen im Frauengolf während der Boomzeit auf der LPGA Tour in den späten 70ern und frühen 80er-Jahren.

Die kritischen Stimmen, die für ihren liberalen Umgang mit ihrem Sex-Appeal und dem klaren Bekenntnis zur Maxime "Sex sells!" keinen Platz auf den amerikanischen Fairways und Country Clubs sahen, wollen bis heute nicht verstummen. Provokante Fotoshootings gab es trotzdem noch eine ganze Menge von Jan Stephenson. Zahlreiche Angebote des "Playboy" oder von "Hustler" lehnte sie allerdings stets ab.

2003 kehrte Stephenson für wenige Wochen ins öffentliche Interesse der Golfwelt zurück, als sie in einem Interview anmerkte, dass "die vielen Asiatinnen der Tod der LPGA Tour" seien, und eine Quote für Spielerinnen aus Übersee forderte, was einer gewissen Ironie nicht entbehrte, schließlich stammt Jan Stephenson ebenfalls aus Übersee. Nur Tage nach ihren unglücklichen Bemerkungen und dem immensen Medieninteresse entschuldigte sich Stephenson öffentlich.

Es ist daher keine Überraschung, dass es bis 2018 dauerte, ehe die World Golf Hall of Fame ihre heiligen Hallen für Jan Stephenson öffnete. Doch als die Nachricht im vergangenen Oktober verkündet wurde, war die Freude bei Stephenson umso größer. "Ich bin überwältigt und musste weinen, als ich davon erfahren habe. Geschlafen habe ich heute Nacht kaum. Es fühlt sich an, als würde ich die US Women's Open von 1983 noch einmal gewinnen", erzählte sie im amerikanischen Fernsehen. "Ich hoffe, es ist mir mit meiner Karriere wirklich gelungen, Frauengolf zu promoten, und ich hoffe auch, dass junge Frauen in Australien durch diese Ehrung inspiriert werden, mehr Golf zu spielen. Selbst wenn man es nicht auf die Tour schafft, Golf ist ein wunderbarer Sport."

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