Das alles mag nach langweiliger Statistikwälzerei klingen, doch Lee Westwood bedeuten diese Zahlen etwas. "Das wird mein zehnter Ryder Cup sein. Ich habe mich siebenmal direkt qualifiziert und wurde dreimal vom Captain ausgewählt. Von den neun Matches, die ich als Wild-Card-Spieler bestritten habe, konnte ich sechs gewinnen. Das ist ziemlich gut", erzählt er merklich stolz und über das Kopfzerbrechen, das er seinem Kumpel Darren mit dieser Entscheidung möglicherweise verursacht hat, kann er nur lachen. "Mitleid mit Darren habe ich nicht, denn wenn man Ryder-Cup-Kapitän ist, dann gehören solche Situationen einfach dazu und man muss darauf vorbereitet sein, auch schwierige Entscheidungen treffen zu können. Im Gegenteil, ich denke, dass es auch spannend und aufregend ist, als Kapitän über die Wild Cards, die man zu vergeben hat, nachzudenken und all die verschiedenen Möglichkeiten der Paarungen für die Vierer durchzuspielen." Es besteht kein Zweifel, dass sich auch Lee Westwood in nicht allzu ferner Zukunft über diese Aufgaben hermachen kann, denn dass der Engländer irgendwann auch selbst das Amt des Kapitäns übernehmen wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
»WANN IMMER ER ETWAS SAGT, SITZEN DIE ANDEREN SPIELER IM TEAMRAUM AUFRECHT UND HÖREN ZU.«
Sechs Ryder-Cup-Neulinge werden für Europa in diesem Jahr an den Start gehen und wie wichtig es für Rookies ist, dass beim ersten Auftritt auf einer der allergrößten Bühnen des Golfsports ein erfahrener General an ihrer Seite steht, zeigte sich diesen April beim Masters, als Danny Willett die Finalrunde seines Lebens spielte und völlig verdient das Grüne Jackett überstreifte. Zusammen mit Willett in der letzten Paarung des Tages spielte Lee Westwood und der spätere Sieger wusste in der anschließenden Pressekonferenz ganz genau, wer einen großen Anteil an seinem Sieg hatte. "Ich hätte mir keinen besseren Mitspieler als Lee für einen Sonntag bei einem Major, bei dem wir beide um den Sieg spielen, wünschen können", schwärmte Willett damals. "Wir spielten beide großartiges Golf und haben uns gegenseitig angestachelt, alles zu geben." Man muss also kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass Lee Westwood und Danny Willett höchstwahrscheinlich auch in Hazeltine gemeinsam auf die Runde gehen werden. Dann allerdings nicht als Kontrahenten um einen Major-Sieg, sondern als Partner, deren Chemie, wen auch immer Davis Love dagegensetzen wird, nur äußerst schwer zu knacken sein dürfte.
Seiner Rolle als Veteran im Team ist sich Lee Westwood durchaus bewusst, eine Schwäche kann er in der Tatsache, dass die Hälfte von Team Europa noch nie bei einem Ryder Cup angetreten ist, jedoch nicht erkennen. Die durch viel zu viele Niederlagen in den vergangenen Jahren angestachelten amerikanischen Fans sollten seiner Meinung nach für keinen Neuling im Team ein Problem darstellen: "Ich denke, alle unsere Rookies gehen keinem Kampf aus dem Weg und sind auch in der Lage, einiges einzustecken. Wir haben aber auch jede Menge Erfahrung im Team. Ich bin guter Dinge, denn wir haben wirklich Weltklassespieler."
Und um sicherzustellen, dass sich niemand in Golf- Europa Sorgen um die Richtigkeit der Captain's Picks machen muss, erzählt Lee uns dann noch die Geschichte vom Ryder Cup 2006, als während der Vierball-Matches am Freitagvormittag im K-Club zwei Europäer, die eine Wild Card erhalten hatten, gemeinsam gegen Phil Mickelson und Chris DiMarco auf die Runde gingen. Sie gewannen ihr Match und zwei Tage später auch den Ryder Cup. Die Namen dieser beiden Wild-Card-Spieler waren Darren Clarke und Lee Westwood. Ganz klar: Der General ist bereit für die Schlacht.