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Tony Finau, Riviera Country Club, Pacific Palisades, 17. Februar 2016

Tony Finau – Teil 2

Der Matratzenkönig

Von Jan Langenbein, Fotos: Getty Images, Nike

Tony schaffte es in Las Vegas ins Finale der letzten zwölf und ihm blieben, nachdem er seinen Sponsor ausbezahlt hatte, noch 100.000 Dollar, um seine gerade begonnene Profikarriere anzuschieben.

STARK ANGEFANGEN - STARK NACHGELASSEN


Einen Monat nach Las Vegas schaffte Tony die Montagsqualifikation für die US Bank Championship 2007 in Milwaukee. Während einer Übungsrunde mit Jesper Parnevik und Kenny Perry erzählten die beiden, als sie den 16. Abschlag erreichten, davon, wie John Daly stets versuchte, das Grün des 350 Meter langen, abschüssigen Par 4 mit Wasser vor dem Grün zu driven, es jedoch nie schaffte. Tony trat an den Abschlag, drosch den Ball aufs Grün und ließ die beiden schockstarren Veteranen mit offenen Mündern an der Teebox zurück. Drei Jahre nachdem er mit seiner Mutter an gleicher Stelle im Auto übernachtet hatte, spielte er sein Debütturnier auf der PGA Tour in genau dieser Stadt. Er schaffte den Cut und nahm 7.960 Dollar mit nach Hause.

Die Grenzen seines vom Vater in Heimarbeit beigebrachten Schwungs wurden jedoch immer deutlicher sichtbar und auch eine Zusammenarbeit mit der Leadbetter Academy in Florida brachte nicht den ersehnten Durchbruch. Zusammen mit seinem Bruder trat Tony 2009 in der Golf-Channel-Reality-TV-Show "The Big Break" an und wurde dort Zweiter, doch die zweite Runde der Qualifying School sollte sich fünfmal in Folge als zu hohe Hürde erweisen und der Traum vom ersten Sieg auf der PGA Tour schien ausgeträumt.

Tony Finau: Muttertag vergessen: schnell noch ein Facetime-Gespräch einschieben (r.)Tony Finau: Muttertag vergessen: schnell noch ein Facetime-Gespräch einschieben (r.)
Muttertag vergessen: schnell noch ein Facetime-Gespräch einschieben (r.)

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DAS LEBEN AUF DEN MINI-TOUREN IST STRESSIG, DENN MAN MUSS GELD MITBRINGEN FÜR DIE CHANCE, EINEN SCHECK MIT NACH HAUSE ZU NEHMEN.
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Im November 2011 schlug dann das Schicksal zu, als Tonys Mutter im Alter von 47 Jahren während eines Autounfalls, bei dem eine seiner Schwestern am Steuer sass, ums Leben kam. "Sie war der Mittelpunkt und das Fundament unserer Familie", erzählt er und man spürt, dass dieser Verlust auch heute noch schwer wiegt. Tonys Bruder Gipper traf der Tod seiner Mutter allerdings noch härter. Obwohl er lange Zeit im Brudervergleich der bessere Golfer war und bereits mit 16 auf der Web.com Tour einen Cut schaffte und damit einen Rekord aufstellte, fand er bis heute nicht in die golferische Spur zurück.

Für Tony folgten Jahren in der Golf-Diaspora namens Mini-Touren. "Das Leben auf den Mini-Touren ist wirklich stressig, denn man muss zunächst einmal Geld mitbringen für die Chance, einen Scheck mit nach Hause zu nehmen. Der Einsatz auf den Mini-Touren ist also sehr hoch und der Druck immens." Er verzichtete während dieser Zeit vollständig auf einen Schwung-Coach, ließ sich jedoch nicht von der langen Phase der Stagnation entmutigen. Tony heiratete und bekam das erste seiner mittlerweile drei Kinder.

NEW BALLS PLEASE!


2013 brach er dann endlich den Fluch der Q-School und erspielte sich die Tourkarte für die Web.com Tour, auf der er 2014 mit der Stonebrae Classic nicht nur sein erstes Profiturnier gewann, sondern sich damit auch gleichzeitig zum ersten Mal die Karte für eine Saison auf der PGA Tour sicherte. Bei der US Open 2015 konnte er das erste Mal Major-Luft schnuppern und bewies mit einem geteilten 14. Platz in Chambers Bay, dass er gekommen war, um zu bleiben. Zwei Monate später bei der PGA Championship in Whistling Straits folgte mit einem geteilten zehnten Rang das erste Top-Ten-Ergebnis bei einem Major. "Nach zwei guten Ergebnissen hatte ich das Gefühle, dass mein Spiel sehr gut zu den Majors passt", lautete sein Fazit nach einer äußerst erfolgreichen Saison, an deren Ende auch ein Sponsorenwechsel anstand.

Längst hatte Nike nicht nur das spielerische, sondern auch das Marketing-Potenzial des Tony Finau entdeckt und arbeitet seither hart daran, den neuen Star im Team als "The Modern Look of Golf" zu branden. "Die grösste Umstellung bei einem Markenwechsel ist der Ball. Man muss sich auf das neue Gefühl einstellen und neu lernen, wie sich der Ball rund ums Grün verhält. Mit meinem neuen Driver bin ich sofort zurechtgekommen. Er kam zu Saisonbeginn 2016 umgehend ins Bag." Spätestens in Puerto Rico zeigte sich, dass diese Liebesbekundung kein hohler Marketingspruch war.

Sowohl auf dem Platz, wo Tony momentan die Driving-Distance-Statistik vor Prügelprinzen wie Gary Woodland, J.B. Holmes, Dustin Johnson und Bubba Watson anführt, als auch abseits der Fairways, wo Finaus bescheidenes Auftreten niemanden kalt lässt, der jemals das Glück hatte, ihn treffen zu dürfen, scheinen die Möglichkeiten endlos. Major-Siege? Ryder Cups? Fed Ex Cups? All das scheint möglich für den Mann, der immer noch aus dem Stand einen Basketball dunken kann. Er ist sich seiner körperlichen Vorteile nicht nur vom Tee durchaus bewusst: "Es gibt schon ein paar Jungs auf der Tour, die einen Dunk hinbekommen, aber es liegt ein großer Unterschied darin, den Ball mit einer Hand geradeso über den Ring zu bekommen oder einen kleinen Trick mit einzubauen. Einen Dunk-Contest unter PGA-Tour-Spielern würde ich unter Garantie gewinnen und auch bei einem Basketballduell Mann gegen Mann würde ich es mit jedem hier aufnehmen", grinst er. Noch etwas steht fest: Tony Finau wird nie wieder Bälle in Matratzen schlagen müssen und auch an der Kasse im Supermarkt werden weder er noch seine Kinder jemals wieder Probleme haben.

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