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Jack Nicklaus, Florida Februar 1967

Walter Iooss

Mein Gott, Walter

Von Iestyn George, Fotos: Walter Iooss, Getty Images

Seine Bilder sind Golfgeschichte und seine Schlachten mit der US PGA und Tigers Caddie legendär. Wenn Fotografenlegende Walter Iooss auf den Auslöser drückt, geschieht garantiert etwas Unvergessliches.

Die meisten Golffotografen erkennen früh, dass das Patentrezept, es in diesem Sport zu etwas zu bringen, darin liegt, sich eine Tarnkappe zuzulegen. Die goldenen Regeln in diesem Business leuchten ein: kein irritierendes Klicken während des Rückschwungs eines Golfers und auch aus der Spiellinie eines Pros sollte man sich gütigst fernhalten.

Das alles war eine neue Welt für den hinter den Ohren noch mächtig grünen Sportfotografen Walter Iooss, als er 1964 in Miami aufkreuzte, um seinen ersten Job für die amerikanische Sportbibel "Sports Illustrated" anzutreten. Dieser Auftrag sollte der Beginn einer Hassliebe zum Golfsport sein.

Die goldene Regel ignorierend platzierte sich Iooss vor "Champagne Tony" Lema mitten auf dem Fairway und knipste wild drauflos. Lema war außer sich vor Wut und auch die Zuschauer waren von dem Störenfried nicht begeistert und ließen es Iooss die dieser Episode folgenden 17 Löcher wissen, was sie von ihm hielten. Später am Abend gelang es dem Golfneuling, das Hotel ausfindig zu machen, in dem Lema die Woche über wohnte, und entschuldigte sich in aller Form für die Störung an Tony Lemas Arbeitsplatz. Dieser akzeptierte und die beiden wurden im Laufe der folgenden Jahre gute Freunde.

Walter Iooss: Arnold Palmer, US Ppen, Olympic Club San Francisco 1966Walter Iooss: Arnold Palmer, US Ppen, Olympic Club San Francisco 1966
Arnold Palmer, US Ppen, Olympic Club San Francisco 1966

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ARNOLD IST DER CHARISMATISCHSTE GOLFER DER VERGANGENEN 50 JAHRE, EINSCHLIESSLICH TIGER WOODS.
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Im März 2000 reist Walter Iooss nach Kalifornien, um Tiger Woods für das Cover seines Bildbands "Classic Golf" abzulichten. Auf dem Golfplatz angekommen zog er eine alte 5x4-Großformatkamera aus der Tasche. Ein Modell, wie es in den 50ern verwendet wurde und voraussetzte, dass man nahe an die zu fotografierende Person herankommt. Sehr nahe.

Walter rückte Woods so nahe auf die Pelle, wie es gerade noch möglich war, ohne des Platzes verwiesen zu werden. Es dauerte nicht lange, bis nicht nur Steve Williams, sondern auch Tiger Woods den Fotografen im Publikum mit ihren Blicken fixierten - selten ein gutes Zeichen. Als er dann noch während Tigers Rückschwung auf den Auslöser drückte, war der Bogen überspannt und Williams zischte bedrohlich in Walters Richtung: "Sag mal, Kumpel, hast du jemals zuvor bei einem Golfturnier fotografiert?" - "Ja, Sir, das habe ich", lautete seine knappe Antwort, ohne die Arbeit zu unterbrechen. Es bleibt dem Leser dieser Anekdote überlassen, wer sich in dieser Situation mehr die Blöße gab: Iooss, der auf der Jagd nach dem perfekten Bild auf die Etikette pfiff, oder Williams, der einen der grössten Golffotografen aller Zeiten nicht erkannte, denn Iooss ist für viele der bekanntesten Golfbilder aller Zeiten verantwortlich. Er bannte die Leidenschaft Palmers, die Eleganz Crenshaws und den draufgängerischen Mut Gary Players für alle Ewigkeit auf Bilder und er dokumentierte auch die Hintergründe des Sports, als er beispielsweise Lee Trevino - den ultimativen Showman - dabei porträtierte, wie er einsam und allein im Hotelzimmer an seinem kriselnden Putten arbeitete.

"Ich habe gelernt, dass Golf im Grunde ein recht langweiliger Sport für einen Fotografen ist", stellt er klar, "verglichen mit, sagen wir Basketball oder Leichtathletik. Es passiert recht wenig. Ein Event steigert sich immer mehr bis zum Samstag und Sonntag, wenn man darauf hofft, dass irgendjemand Spannendes irgendetwas Aufregendes macht."

Walter Iooss: Lee Trevino, Dallas Motel, Texas Mai 1981
Lee Trevino, Dallas Motel, Texas Mai 1981
Die unwiderstehlichen Auftritte von Arnold Palmer zogen Walter Iooss sofort in ihren Bann. Nicht nur war Arnie mit weitem Abstand der beste Golfer der Welt, als Iooss zum ersten Mal mit Golf in Berührung kam, er lieferte auch ganz natürlich das Material, nach dem sich jeder Fotograf die Finger leckte.

"Bei niemandem lohnte sich das Folgen so sehr wie bei Arnold - Punkt." Das denkt Walter Iooss noch heute. "Arnold ist der charismatischste Golfer der vergangenen 50 Jahre einschließlich Tiger Woods. Im Verlauf einer 18-Loch-Runde reizte niemand die Skala der Emotionen derart aus wie Arnie. Und er sorgte dafür, dass die Fans mit auf diese Achterbahnfahrt genommen wurden. Er stolzierte förmlich über den Golfplatz. Fans kletterten auf Bäume, um ihn sehen zu können."

Jack Nicklaus trat Arnolds Nachfolge als bester Golfer aller Zeiten an, doch nach Walters Meinung schaffte er es nie, Arnold auch den Titel des populärsten Golfers aller Zeiten abzujagen: "Auf mich wirkte Jack immer sehr ernsthaft. Er war immer pünktlich, immer bestens vorbereitet und stets bereit, alles gewissenhaft zu erledigen."

Walter Iooss: Arnold Palmer, US Ppen, Olympic Club San Francisco 1966Walter Iooss: Arnold Palmer, US Ppen, Olympic Club San Francisco 1966
Arnold Palmer, US Ppen, Olympic Club San Francisco 1966
Zu Walters bekanntesten Bildern von Jack Nicklaus gehört der Schnappschuss eines noch pummeligen Aufsteigers, der 1965 eine Audienz beim noch regierenden König erhielt, und der Fotograf schaffte es später sogar, Jack mit einer Zigarette zwischen den Lippen und einer Ray Ban einen Hauch Coolness zu verleihen.

Walter folgte stets den Golfern, die ihm die Möglichkeit für die besten Bilder gaben, Charakteren wie Tommy Bolt oder Doug Sanders beispielsweise. "Ich mag es nicht besonders, zu Golfturnieren zu fahren", gesteht er. "Ich mag das Golf-Establishment nicht. Diese Typen würden doch einen Herzinfarkt erleiden, wenn sie ein Bunker Babe sehen würden. Früher marschierten sie mitten im Juli in Wolljacketts herum. Sie waren immer sehr old school und ich war immer sehr rebellisch. Sie warteten immer förmlich darauf, dass ich etwas Ungebührliches tat. Bei der US Open in Rochester flog ich einmal vom Platz. Ich wurde regelrecht exkommuniziert und mein Badge wurde mir entrissen. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern warum, wahrscheinlich weil ich mich in ihren Augen wie ein Arschloch verhalten hatte. Vielleicht bin ich durch einen Bunker gelaufen oder ich habe ein bisschen zu früh abgedrückt - was ich übrigens immer versucht habe. Natürlich brauchte mich ,Sports Illustrated' dort am letzten Tag des Turniers. Schließlich benötigten sie Bilder von den entscheidenden Schlägen und drohten deshalb: 'Du gehst besser zurück und holst dir deine Akkreditierung zurück oder du bekommst eine Menge Ärger.' Ich fuhr also zurück zum Golfplatz und bat um Vergebung. Meine Akkreditierung habe ich zwar wiederbekommen, die Beziehungen zwischen mir und den Veranstaltern sind seither aber bestenfalls frostig. Sie trieben mich zur Weißglut und ich trieb sie in den Wahnsinn."

 
STECKBRIEF

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Walter Iooss wurde am 15. September 1953 in Temple (Texas) geboren und besuchte im Alter von 16 Jahren die German School of Photography in New York City. Bereits im darauf folgenden Jahr - er machte gerade seinen High-School-Abschluss - bekam Iooss seinen ers ten Auftrag von "Sports Illustrated" und weitere zwei Jahre später kam eines seiner Bilder zum ersten Mal auf das Cover. Seine beiden Golfbildbände "The Classic Palmer" und "Classic Golf" sollten in keiner Sammlung fehlen.

Lee Trevino war in dieser Hinsicht auch alles andere als eine Hilfe. Seine Vorliebe, nahezu jeden Anwesenden in seine gnadenlosen Scherze miteinzubeziehen, hatten zur Folge, dass Fotografen irgendwann im Laufe einer Runde Teil des Geschehens wurden. "Als ich ihn das erste Mal traf, fiel er bierselig und kopfüber aus einem Golfcart und lachte sich dabei halb tot", erinnert sich Walter. "Er hatte die Angewohnheit, mich zum Amüsement der Zuschauer vor aller Augen bloßzustellen. Wir hatten großen Spaß. Der PGA schmeckte das allerdings überhaupt nicht. Sie hassten Fotografen und konnten es nicht leiden, dass wir plötzlich zu einem Teil der Unterhaltung wurden. Manchmal wollte Trevino aber auch nur, dass ich während eines Turniers ein paar Löcher mit ihm gemeinsam lief, und er suchte ein Gespräch. Angeblich hatte er auch eine dunkle Seite, doch die ist mir nie wirklich aufgefallen. Für mich war Lee Trevino einer der einnehmendsten und lustigsten Charaktere, die mir in der gesamten Sportwelt jemals untergekommen sind. Wann immer er einen Golfplatz betrat, war er ein echter Stand-up-Comedian. Sein ständiges Gebrabbel muss seine Gegner in den Wahnsinn getrieben haben. Er war der geborene Schnacker und ein echter Gauner. Ich bin mir sicher, dass er stets versuchte, seine Gegner bereits verbal in die Knie zu zwingen."

Walter ist nicht der Einzige, dem es zu schaffen macht, dass die echten Charaktere des Golfsports mittlerweile auf der Champions Tour zu finden sind. Seiner Meinung nach wird es immer schwieriger, echte Persönlichkeiten auf dem Golfplatz in packenden Momenten zu porträtieren. Von Zeit zu Zeit fährt er immer noch zu Golfturnieren und bringt auch ab und zu noch Marshalls auf die Palme. Doch meist versucht er, so wenig wie möglich aufzufallen. Ein Kinderspiel: "Tiger weiß, wer ich bin, und Michelle Wie auch. Für die anderen bin ich einfach nur ein Fremder."

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