Wentworth Club - Ärger im Paradies

Wentworth Club

Ärger im Paradies

07.07.2017 | Von Fritz Lüders, Foto(s): Getty Images

In Wentworth hängt der Haussegen schief: zuerst 100.000 Pfund Sonderzahlung und nun auch noch ein Maulkorb von den Clubbesitzern. Da verliert selbst der vornehmste englische Lord die Fassung.

Der Wentworth Club im Westen Londons ist immer für Schlagzeilen gut. Im Positiven wie im Negativen, schließlich ist der Nobelclub nicht nur Sitz der European Tour, Geburtsort des Ryder Cup und Austragungsort der BMW Championship - immerhin das Flaggschiff-Event des europäischen Profigolf -, sondern hielt auch jahrelang den fragwürdigen Rekord des höchsten Greenfees der Welt. Man ist eben gerne unter sich in Wentworth, wo sich die gesellschaftliche Elite der britischen Hauptstadt zum Tee und zur gepflegten sportlichen Aktivität trifft.

Mit der vornehmen Ruhe ist es in Wentworth jedoch schon seit Jahren vorbei, denn nachdem die chinesische Reignwood Group, sonst auf den Vertrieb süßer Brause spezialisiert, den britischen Golfclub übernahm, hatten die neuen Eigentümer den sonderbaren Einfall, den ohnehin schon äußerst exklusiven Club noch exklusiver zu gestalten. Die Zahl der Mitglieder sollte deshalb radikal gekürzt werden - von 4.000 auf 800. Dafür hatte sich die neue Clubspitze um Reignwood-Chef Chanchai Ruayrungruan, einer der reichsten Männer Chinas, einen drastischen Plan zurechtgelegt: Alle Mitglieder sollten eine Zahlung von 100.000 Britischen Pfund leisten, um im Club bleiben zu dürfen - zuzüglich der jährlichen Clubbeiträge, versteht sich. Nach großem Widerstand der Mitglieder platzte der Plan jedoch. Stattdessen stiegen kurzerhand die Beiträge von 8.000 auf 13.500 Pfund. Mit "Erfolg": Die Zahl der Mitglieder sank in den vergangenen Monaten um fast 40 Prozent.

Der englische Journalist und Autor Sir Michael Parkinson kritisiert im "Telegraph" das "unsensible Vorgehen der Besitzer". Weiter sorge er sich um seinen Club, da Reignwood "ohne Rücksicht auf Tradition oder die Gefühle der Mitglieder" walte. "Früher oder später werden Tränen fließen", so Parkinson, der um seinen Spielplatz für die oberen 10.000 fürchtet.

Neben dem Einfluss der Mitglieder machte sich Reignwood auch daran, das Stimmrecht der PGA European Tour zu entkräften. Bisher wählte diese einen Ausschuss, der sich um Angelegenheiten bei Clubwettbewerben kümmerte. Die Besitzer, die den Club für 135 Millionen Pfund vor drei Jahren kauften, ersetzten den Ausschuss nun durch ein von ihnen bestimmtes Gremium, um das "Potenzial für internen Dissens zu reduzieren" ("Financial Times"). "Sie haben es nicht hinbekommen, uns alle rauszuschmeißen", sagt ein Clubmitglied, das namentlich nicht genannt werden möchte, über die neue Führung. "Jetzt wollen sie uns den Mund verbieten." Vergangenen November verabschiedete die Mitgliederversammlung bei der Jahrestagung einen Antrag, in dem Reignwood aufgefordert wurde, die Regeländerungen sowie die Unterdrückung freier Meinung aufzuheben. Der Antrag wurde von der Clubführung abgelehnt.

Ganz im Gegenteil: Der chinesische-thailändische Red-Bull-Vertrieb droht Wentworth-Clubmitgliedern mit Entzug der Mitgliedschaft, sollten sich diese "in sozialen Netzwerken, im Internet, in jeglicher Zeitung oder Magazinen schädlich für den Charakter oder die Interessen des Clubs" über diesen äußern. Damit hat Reignwood eine Lösung für die internen Club-Probleme präsentiert, die eher an Monarchen als an England erinnert. Britische Medien vermuten, dass Kritik an den Besitzern mit ihrem Unternehmen gleichgesetzt wird. Statt an Wentworth wird gerade Schaden an Reignwood befürchtet. Zuletzt erregte das asiatische Unternehmen den Unmut der Mitglieder bei den Paris-Anschlägen, weil die Fahnen am Clubhaus nicht wie üblich auf Halbmast gehisst wurden. Mit dem Social-Media-Maulkorb wollen die Club-Oberen nun weitere kritische Stimmen mit aller Macht verhindern. Ruhe wird aber noch lange nicht einkehren in Wentworth. Der Kampf der Kulturen hat eben erst begonnen.