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Savoir-vivre: Wenn doch nur die Doppelbogeys nicht wären

Frankreich

Oh la la!

Von Rudi Schaarschmidt, Fotos: Frank Reichert

Um diese Ausgabe von GolfPunk zur vielleicht frankophilsten aller Zeiten zu machen, verschlägt es unseren Experten für Geheimtipps in die Auvergne, wo die Golfplätze exquisit sind, der Wein reichlich fließt und der Fußball schnell vergessen ist.

Hand aufs Herz: Wer hat schon mal von der Auvergne gehört? Oder weiß, wo sich diese Region befindet? Vereinfacht gesagt ist die Auvergne ein Mittelgebirge im Herzen Frankreichs. Im Norden flacher, gen Süden bergig. So ein bisschen vergleichbar mit dem Schwarzwald. Nur anders. Auf unserer immerwährenden Jagd nach Geheimtipps sind wir 1.189 Kilometer durch diese wunderschöne Region gefahren, haben sie vor allem golferisch unter die Lupe genommen und waren vom Ergebnis begeistert.

Zugegeben, es war vielleicht nicht die beste Idee, einen Tag nach dem verlorenen EM-Halbfinale gegen die Équipe Tricolore nach Frankreich zu reisen. Wo auch immer man uns als Deutsche identifiziert, ereilen uns Beileidsbekundungen, die so aufrichtig sind wie Treueschwüre von Zsa Zsa Gabor. Sei's drum. Unsere erste Station ChambonsurLignon liegt nach einer kurvigen Fahrt über kleine Sträßchen auf 1.000 Meter Höhe und führt zum ersten typisch französischen Moment. Auf der Terrasse des neu erbauten Clubhauses gesellt sich der Präsident zu uns und lädt uns zum Mittagessen ein. Mit allem Zipp und Zapp: Vorspeise, Hauptspeise, Nachspeise. Und Wein. Das Wort "Gourmet" ist unzweifelhaft französischen Ursprungs. Kulinarische Momente werden in Frankreich eindeutig länger zelebriert und bewusster genossen als in Deutschland. In der Auvergne sowieso, denn in dieser dünn besiedelten Gegend ist man weit weg vom hektischen Treiben einer Großstadt. "Stress" und "Druck" scheinen Fremdwörter.

Frankreich: Frankreich:

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UND DER GESAMTE ABEND ENTWICKELT SICH GETREU DEM MOTTO ,WAS DU HEUTE KANNST ENTKORKEN...'
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In dieser Atmosphäre lässt sich gut golfen. Vor uns liegt ein ebenso abwechslungsreicher wie anspruchsvoller alpiner Parkland-Kurs mit hubbeligen Fairways und kniffligen Grüns, den man unbedingt von den hintersten Tees spielen sollte. Auch ohne die Wirkung des Weins wäre der Golfplatz wunderschön und wären die Pilze als Abschlagsmarkierungen Pilze. An der 13, einem 199 Meter langen Par 3, dessen Grün sich vor einem in die Tiefe gestürzt hat (ein sattes 8er-Eisen reicht), genießt man einen fantastischen Ausblick.

Am Abend hagelt es im 2.500-Seelen-Örtchen förmlich französische Momente. Auf dem zentralen Platz sitzt eine junge Dame vor einem Bistro mit einer Gitarre und singt Chansons, während die Gäste bei Vin Rouge lebhaft plaudern. So stellt man sich Frankreich vor. Meine Überraschung würde sich in engen Grenzen halten, sollte gleich Louis de Funès in einem alten Citroën Méhari um die Ecke kacheln. In unserem Hotel halten zeitgleich die äußerst populäre Erstliga-Rugbymannschaft aus Lyon und das Fußballteam aus Toulon ein Trainingslager zur Saisonvorbereitung ab und liefern sich in der Abendsonne heiße Duelle im Pétanque, das bei uns besser bekannt ist als Boule oder Boccia. Und am nächsten Morgen gibt es zum Kaffee ein Baguette und ein Croissant, wie man es in Deutschland nicht bekommt.

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In die Strecke zum nächsten Golfplatz bauen wir einen kleinen Umweg ein. In der Auvergne liegen elf Dörfer, die aufgrund ihrer Schönheit das Prädikat "plus beaux villages de France" ("schönste Dörfer Frankreichs") tragen. Lavaudieu gehört dazu. Das 230-Einwohner-Örtchen ist autofrei und mit seinem mittelalterlichen Charakter einen Abstecher wert. Wenig später aber schlagen wir im Golfclub Haute-Auvergne auf, dem besten Platz auf unserer Reise. Mit nur 100 Mitgliedern bietet die Anlage Greenfee-Spielern selbst an Wochenenden jede Menge Freiraum für absolut entspannte Runden. Ein spektakulär schöner, gepflegter, vielseitiger und leicht hügeliger, keineswegs einfacher Parkland-Kurs aus der Feder des kürzlich verstorbenen Lucien Roux, der vergleichsweise unkomplizierte Grüns angelegt hat. Im Anschluss offeriert uns Clubdirektor Nicolas Matiere ein besonderes Abenteuer. Der 24-Jährige (!) kutschiert uns in einem alten VW Kübelwagen querfeldein über eine Teststrecke für Allradfahrzeuge und SUVs, die über das Gelände des Golfplatzes und rund um einen großen See führt und dem Club großartige Event-Möglichkeiten für Automobilfirmen und deren Kunden bietet.

Wir nächtigen in Salers, das ebenfalls zur Kategorie der schönsten Dörfer des Landes zählt, durch das drei Tage zuvor noch die Tour de France gerauscht ist, weshalb in der ganzen Region bunte Fahrräder als eine Art Wanderausstellung herumstehen und Episoden und Geschichten vom berühmtesten Radrennen der Welt erzählen. Dieses malerisch-romantische Nest mit seinen verträumten Gässchen, idyllischen Plätzen und den genialen Rundum-Ausblicken ist ein absolutes Muss, das "Hôtel Saluces" ein Geheimtipp, und der gesamte Abend entwickelt sich getreu dem Motto "Was du heute kannst entkorken..." zu einem einzigen großartigen französischen Moment.

Frankreich: Pilzsucher: 'Fear and Loathing' in Frankreich (l.) Lesestoff: besser als jede KreditkarteFrankreich: Pilzsucher: 'Fear and Loathing' in Frankreich (l.) Lesestoff: besser als jede Kreditkarte
Pilzsucher: 'Fear and Loathing' in Frankreich (l.) Lesestoff: besser als jede Kreditkarte
Am nächsten Morgen geht es hoch hinaus. In der Auvergne entspringen über 100 Mineral- und Quellwasser, das bekannteste sicher in Volvic. Fünf Jahre braucht das Regenwasser, bis es durch das 100 Meter dicke Vulkangestein bis zur Quelle gesickert ist. Erst beim Abfüllen in die Flaschen kommt das Wasser in Kontakt mit der Luft. Der Plomb du Cantal ist 1.855 Meter hoch, übertrifft in seinem Durchmesser sogar den Ätna und ist damit der ausgedehnteste Schichtvulkan Europas. 2002 hat in Saint-Ours mit "Vulcania" ein Themen- und Freizeitpark eröffnet, der eine spannende Reise durch die Geschichte der Feuerberge bietet. An ihren Berghängen sieht man urtümliche Dörfer und nicht selten Wegweiser zu Skiliften. Der bekannteste der 80 Vulkangipfel ist der 1.465 Meter hohe Puy de Dôme. Was haben sich hier für Dramen abgespielt, ein 14 Kilometer langer Anstieg mit 1.000 Metern Höhenunterschied! Jacques Anquetil, Raymond Poulidor, Eddy Merckx oder Bernard Hinault - sie alle haben hier Radsportgeschichte geschrieben. Seit 1988 wird der Puy de Dôme nicht mehr ins Streckenprofil der Tour gepackt. Heute führt eine Zahnradbahn auf den Gipfel, von dem aus man einen sagenhaften Blick genießt. Wer einfach nur nach unten schaut, sieht den Golf Club des Volcans. Ein grandioser Parkland-Kurs, auf dessen diabolischen Grüns sich unsere persönlichen Dramen abspielen, die allerdings keine Geschichte schreiben. Das haben vor uns bereits zwei andere Deutsche getan: Thomas Gögele (1995) und Martin Kaymer (2006) haben sich in die Siegerliste des Challenger-Turniers Open des Volcans eingetragen.

Die Fahrt durch die Auvergne führt uns weiter gen Norden durch Täler und Wälder, vorbei an malerischen Dörfern, verträumten Flüsschen und Seen, geschichtsträchtigen Schlössern und Burgen. Ein Paradies für Wanderer, Rafter, Paraglider oder Radfahrer. Und für Golfer. Vichy ist ein berühmtes Kur- und Thermalbad. Und Heimat eines der ältesten Golfclubs Frankreichs. Im 1908 eröffneten Sporting Club Vichy fühlt man sich wie in Marienburg, Falkenstein oder Refrath. Ein gediegener, schöner Park aus dem golferischen Gestern samt entsprechendem Establishment. Mit 5.366 Metern von den hintersten Tees ist der Platz nach heutigen Normen nicht besonders lang und einige dicht aneinanderliegende Bahnen ließen ein verlässliches Arrangement mit Schutzengeln durchaus sinnvoll erscheinen. Am zweiten Abschlag muss ich meine Pre-Shot-Routine unterbrechen, weil direkt neben mir - nur durch einen Zaun getrennt - eine Horde Trabrennpferde vorbeidonnert. Würde ich jetzt zügig einen Slice hinterherschicken, könnten nebst einem Gaul einige Wetten schnell mal perdu sein.

Golfplätze in der Region

GOLF DES VOLCANS

GOLF DES VOLCANS

18 Löcher, Par 72, 6.495 Meter

Adresse
Bruyères des Moines
F-63870 Orcines
Tel. +33 473.62.15.51
www.golfdevolcans.fr

Greenfee
November bis März: 43 Euro (Mo.- Fr.) & 49 Euro (Sa. & So.) April bis Oktober: 50 Euro (Mo.- Fr.) & 57 Euro (Sa. & So.)

Eine tolle Anlage unweit von Clermont-Ferrand, der Hauptstadt der Auvergne. Daher sorgen hier auch die knapp 700 Mitglieder für regeren Betrieb, als er auf den deutlich mitgliederschwächeren Clubs der Region herrscht. Der Blick von der schönen Clubterrasse ist einmalig. Neben dem 18-Loch-Championship-Kurs gibt es einen weiteren Sechsloch-Platz, der noch erweitert werden soll, sowie einen Neunloch-Par-3-Platz.

Killerloch
Kein Loch, sondern die riesengroßen, dramatisch ondulierten und meist stark fallenden Grüns können dich problemlos in den Wahnsinn treiben. Wer diesen Platz ohne Drei-Putt absolviert, heißt entweder Harry Potter oder ist der grösste Glückspilz auf diesem Planeten.
www.golfdevolcans.fr

GOLF DU CHAMBON SUR LIGNON

GOLF DU CHAMBON SUR LIGNON

18 Löcher, Par 72, 5.926 Meter

Adresse
Riondet - La Pierre de la Lune
F-43400 Chambon-sur-Lignon
Tel. +33 471.59.28.10
www.golf-chambon.com

Greenfee
November bis März: 42 Euro (Mo.- Fr.) & 47 Euro (Sa. & So.) April bis Oktober: 53 Euro

Eine Autostunde südlich von Sainte Étienne hat Michel Gayon in einem entlegenen Winkel des französischen Zentralmassivs am Fusse des Mont Mézenc in 1.000 Metern Höhe einen Hochgenuss im wahrsten Sinne des Wortes geschaffen. Auch wenn der 1994 eröffnete Platz nicht unbedingt einfach ist - der angegebene Slope von 152 erscheint uns übertrieben. Das neu erbaute Clubhaus beweist, wie modern Holz sein kann. Der nächste 18-Loch-Golfplatz ist 60 Kilometer entfernt.

Killerloch
Der Abschlag auf der 9 (Par 4, 399 Meter) braucht Länge und sollte auf der linken Fairwayhälfte platziert werden, um auf diesem zarten Dogleg den optimalen Winkel für den zweiten Schlag zu haben. Es bleibt eine amtliche Distanz auf der von rechts nach links hängenden, beidseitig von Bäumen gesäumten Spielbahn, um das von Bunkern verteidigte Grün zu erreichen.
www.golf-chambon.com

GOLF DE SAINTE AGATHE

GOLF DE SAINTE AGATHE

18 Löcher, Par 72, 5.686 Meter

Adresse
Plaine de Sainte Agathe
F-03310 Néris-les-Bains
Tel. +33 470.08.91.54
www.golf-sainte-agathe.fr

Greenfee
November bis März: 36 Euro April bis Oktober: 45 Euro

Nette Atmosphäre im unprätentiösen Clubhaus direkt an einem kleinen Flüsschen. Ein abwechslungsreicher Platz mit einigen spektakulären Löchern, die man so noch nirgends sonst gespielt hat. Ohne Platzkenntnis erlebt man an manchen Bahnen ein Desaster. Daher der Geheimtipp: Fragt nach dem Original Douglas und versucht, mit ihm zu spielen. Keiner kennt den Platz besser und mehr Spass geht auf einem Golfplatz nicht.

Killerloch
Die Schlussbahn ist ein echter Hammer. Der Teeshot muss rechts an einer Baumgrenze entlang blind in einen Abhang geschossen werden, der den Ball zwangsläufig nach links unten rollen lässt. Spannend, ob man dann für den zweiten Schlag ins gut bewachte Grün bergauf einen Baum im Weg hat oder nicht.
www.golf-sainte-agathe.fr

GOLF DE SAINTE AGATHE

GOLF VICHY FORÊT DE MONTPENSIER

18 Löcher, Par 72, 5.893 Meter

Adresse
Domain de Rilhat
F-03700 Serbannes
Tel. +33 689.28.45.29
www.golf-vichy-montpensier.com

Greenfee
November bis März: 35 Euro (Mo.- Fr.) & 40 Euro (Sa. & So.) April bis Oktober: 50 Euro (Mo.- Fr.) & 55 Euro (Sa. & So.)

Dass Abschläge und Bunker aktuell noch etwas verwahrlost erscheinen, ist schade, denn architektonisch ist es einer der besten Plätze der Auverne. Und da die Grüns in gutem Zustand sind, macht die Runde auf jeden Fall Spaß.

Killerloch
Die Drive-Landezone der 7 erscheint zwar nicht schmal, fällt aber von rechts nach links. Zum Grün hin geht es auf den 394 Metern mit einem Wasserhindernis zur Linken und hohen Bäumen zur Rechten leicht bergauf zu einem Grün, das einem nichts schenkt.
www.golf-vichy-montpensier.com

GOLF DU VAL DE CHER

GOLF DU VAL DE CHER

18 Löcher, Par 72, 5.291 Meter

Adresse
F-031900 Nassigny
Tel. +33 470.06.71.15
www.golfclub.valdecher.free.fr

Greenfee
40 Euro

Eine Autostunde nördlich von Clermont-Ferrand liegt dieser rustikale Platz, der um das Château de Nassigny herumführt. Keine Edelwiese mit entsprechenden Pflegemaßnahmen, dafür aber versprüht der Club um das kleine, pittoreske Clubhaus im Stile einer schweizerischen Bergalm unglaublichen Charme durch seine sympathischen Mitglieder und die vielen über 200 Jahre alten Eichen.

Killerloch
Der Abschlag an der 4 (Par 4, 356 Meter) ist knifflig. Er sollte auf diesem Dogleg rechts platziert werden. Gelingt das nicht, könnte beim zweiten Schlag ein großer Baum im Weg stehen. Zu weit rechts droht jedoch das Aus. Das von Bunkern bewachte Grün ist nicht unbedingt groß, dafür aber abschüssig.
www.golfclub.valdecher.free.fr

GOLF DE HAUTE-AUVERGNE

GOLF DE HAUTE-AUVERGNE

18 Löcher, Par 72, 6.208 Meter

Adresse
2 Route du Golf
F-15130 Sansac-de-Marmiesse
Tel. +33 471.47.73.75
www.golfdehauteauvergne.com

Greenfee
November bis März: 40 Euro (Mo.- Fr.) & 48 Euro (Sa. & So.) April bis Oktober: 54 Euro (Mo.- Fr.) & 59 Euro (Sa. & So.)

Der schönste Platz der Auvergne. Alles da: gerade Bahnen, Doglegs links herum, Doglegs rechts herum, leicht bergauf, leicht bergab, Wasserhindernisse - ein wunderschöner Parkland-Kurs in einem herrlichen Wald, auf dem die gut 100 Mitglieder auch nur selten Hochbetrieb entfachen. Top Pflegezustand von den Abschlägen bis zu den Grüns, die nicht allzu knifflig sind.

Killerloch
Schon der Abschlag auf der 8 setzt dich unter Druck, den optimalen Punkt des Doglegs zu treffen, dessen seitliche Baumreihen jeden Slice oder Hook freudig begrüssen. Wenn eine Bahn 406 Meter lang ist, muss man die Fahne in einem 30 Meter tiefen und von Bunkern bestens verteidigten Grün nicht auch noch unbedingt ganz hinten stecken. Kann man aber.
www.golfdehauteauvergne.com

GOLF SPORTING CLUB DE VICHY

GOLF SPORTING CLUB DE VICHY

18 Löcher, Par 70, 5.366 Meter

Adresse
5 Allée Georges Baugnies
F-03700 Bellerive sur Allier
Tel. +33 470.32.39.11
www.golf-vichy.fr

Greenfee
November bis März: 49 Euro, April bis Oktober: 59 Euro

Im Gegensatz zu den anderen Plätzen ein Stadtkurs direkt neben der Pferderennbahn mit manchmal eng aneinandergrenzenden Spielbahnen. 1908 gegründet und damit einer der ältesten Clubs Frankreichs. Und weil die Ururgroßeltern von Bubba Watson & Co. noch keine 300 Meter gedrivt haben, hat der perfekt gepflegte Kurs einige Bahnen mit entsprechend anfängerfreundlichen Längen.

Killerloch
Die 11 (Par 4) ist extrem schwierig, ein Par eine Heldentat. Der Drive sollte extrem lang und auf der linken Fairwayseite platziert sein. Selbst dann wird der Schlag ins Grün an diesem 398 Meter langen Dogleg über hohe Bäume zur echten Prüfung. In der Regel hilft nur vorlegen, bevor die Fahne mit dem dritten Schlag attackiert werden kann.
www.golf-vichy.fr

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