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Die angenehmsten Orte der Welt

Stoke Park London

Von Jan Langenbein

Diese 27 Löcher vor den Toren Londons dienten nicht nur als Vorlage für das berühmteste Par 3 in Augusta, sondern auch als Schauplatz für das größte Golf-Match der Filmgeschichte. Sonst noch was?

Natürlich steht ein dunkelgrüner Aston Martin DB9 vor dem Eingangsportal von Stoke Park und wartet ungeduldig röhrend und gurgelnd auf den Valet-Parkservice. Jedes andere Auto wäre in dieser Kulisse fehl am Platz und uns fällt auf, dass wir vollkommen ohne Absicht in den vergangenen sechs Wochen eine ungeplante "Goldfinger"- Memorial-Tour unternommen haben. Denn nach Andermatt in der Schweiz, wo sich James Bond einst als Reifenschlitzer hervortat, sind wir nun wenig später im Westen der englischen Hauptstadt gelandet. Hier in Stoke Park wurde einst das großartigste Golf-Match der Filmgeschichte auf Zelluloid gebannt, als James Bond gegen Gert Fröbe alias Auric Goldfinger in einem Duell um Nazi-Gold im Wert von 5.000 Pfund Sterling aufteete - 1964 wie heute eine extraordinär hohe Summe für ein Matchplay unter Wochenendhackern. Für Fröbe wäre diese Bezeichnung damals aber noch geschmeichelt gewesen, denn der Sachse Jahrgang 1913 hatte während der Dreharbeiten zu "Goldfinger" tatsächlich zum ersten Mal einen Golfschläger in der Hand. Ein Clubmitglied aus Stoke Park, dessen massiger Körperbau dem des deutschen Schauspielers erstaunlich nahekam, lieh dem Bösewicht mit Weltherrschaftsfantasien damals seinen Golfschwung und stand als Action-Double bereit.

Die angenehmsten Orte der Welt: 58 Jahre später: Goldpreis gestiegen, Style gesunken
58 Jahre später: Goldpreis gestiegen, Style gesunken

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1908 MACHTE SICH ARCHITEKTENLEGENDE HARRY COLT DARAN, 27 SPIELBAHNEN RUND UM DAS GEBÄUDE MIT DER AN DAS CAPITOL ERINNERNDEN KUPPEL ZU ENTWERFEN.
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Kein Wunder, dass sich die Produzenten des dritten James-Bond-Abenteuers Anfang der 60er-Jahre für Stoke Park entschieden, schließlich liegt das Anwesen samt seinen 27 Golflöchern nur wenige Kilometer von den Pinewood Studios entfernt, in denen ein Großteil der Innenaufnahmen des Films entstanden. Weit wichtiger als die räumliche Nähe war jedoch die sagenhafte Kulisse von Stoke Park, dessen pompöses Clubhaus seit dem Erscheinen des Films zu den berühmtesten Clubhäusern des gesamten Planeten zählt. Seit 900 Jahren existiert dieses Anwesen bereits; das erste Herrenhaus, aus dem sich später das heutige Clubhaus entwickelte, wurde zwischen 1790 und 1813 errichtet und als feudaler Privatwohnsitz genutzt. 1908 machte sich dann Architektenlegende Harry Colt daran, 27 Spielbahnen rund um das Gebäude mit seiner an das Washingtoner Kapitol erinnernden Kuppel zu entwerfen. An diesem klassischen Design hat sich bis heute nicht allzu viel geändert, und wer am Vorabend einer hier gebuchten Startzeit noch einmal - wie es sich gehört - die "Goldfinger"-Blu-ray in den Player schiebt, wird auf den Löchern 17 und 18 ein Déjà-vu erleben, denn hier scheint tatsächlich die Zeit stehen geblieben zu sein.

Die angenehmsten Orte der Welt:
Die meisten Zimmer der Mansion von Stoke Park werden genau so wie ein großer Neubau als Hotel genutzt. Doch auch die Umkleiden und alle weiteren Clubräumlichkeiten befinden sich nach wie vor im Keller des riesigen Gebäudes. Die Umkleiden selbst könnten als veritables James-Bond-Museum durchgehen, denn überall hängen rare Bilder und Memorabilien von den Dreharbeiten an den Wänden und stimmen die Golfer auf die Runde auf historischem Boden ein.

Wie oft auf dem 17. Abschlag bereits in Anlehnung an Auric Goldfinger die Frage "Strict Rules of Golf?" gestellt wurde, lässt sich nur schätzen, Stoke Park ist aber auch im Jahr 2018 - mehr als 100 Jahre nach seinem Bau - alles andere als eine reine Fototapete. Harry Colts Design ist immer noch lang und schwierig genug, um von den Back Tees selbst Profis ins Schwitzen zu bringen - und das auch, wenn nur die Drinks nach der Runde auf dem Spiel stehen und keine 1944 in Essen eingeschmolzenen Goldbarren.

James Bond, dieses Mal in Gestalt von Pierce Brosnan, kehrte 1997 für die Dreharbeiten zu "Tomorrow Never Dies" nach Stoke Park zurück, um einige Szenen des Films in einer Suite des Hotels zu drehen. Golfschläger hatte der Agent mit der Lizenz zum Töten dieses Mal allerdings nicht dabei. Wahrscheinlich lagen die im Kofferraum des BMW 750iL, den er kurz zuvor ferngesteuert in einem Hamburger Parkhaus in seine Einzelteile zerlegte.

Wer heute nach Stoke Park kommt, der darf sich auf die britischste Erfahrung seines Lebens freuen, denn nicht nur der Golfplatz ist hier von nahezu aristokratischer Qualität. Neben Sand- und Hartplätzen stehen den Gästen of course auch sechs Grasplätze, die nach Wimbledon-Spezifikationen gebaut wurden und zu den besten des Landes zählen, zur Verfügung. Der Fünfuhrtee im Salon des Clubhauses ist eine gesellschaftliche Institution, auf der Speisekarte des Restaurants steht frisch geschossene Taube - und darunter der räuspernde Hinweis, dass diese erst vor wenigen Stunden auf dem Anwesen selbst geschossen wurde und daher noch Rückstände von Schrotkugeln enthalten kann. Roger Moore würde dazu wohl sagen: "Such good sport."

Golfplätze in der Region

COLT & ALISON COURSE

COLT & ALISON COURSE

18 Löcher, Par 70, 6.260 Meter

Adresse:
Park Road, Stoke Poges
Buckinghamshire SL2 4PG
Tel. +44 1753.717171
www.stokepark.com

Greenfee:
96 bis 164 Euro (November bis März), 180 bis 260 Euro (Mai bis Oktober)

Drei Schleifen mit jeweils neun Löchern wurden 1909 von Harry Colt rund um das herrschaftliche Anwesen von Stoke Park gebaut. Wer heute den ursprünglichen Championship Course spielen möchte, bucht eine Startzeit auf den Plätzen Colt & Alison (in dieser Reihenfolge) und darf sich auf englisches Parkland-Golf von absoluter Weltklasse freuen. Die strategisch perfekt platzierten und mit blütenweißem Sand
gefüllten Bunker und Colts knifflige Grünkomplexe haben auch mehr als 100 Jahre nach ihrer Entstehung nichts von ihrer Brillanz verloren.

Killerloch:
Loch 7 des Championship-Platzes ist mit seinen 157 Metern von den Back Tees bei Weitem nicht das schwierigste Par 3 in Stoke Park, aber mit Abstand das schönste. Alister MacKenzie ließ sich von diesem Par 3 inspirieren, als er zusammen mit Bobby Jones die 16 in Augusta entwarf. Die Ähnlichkeiten sind offensichtlich.
www.stokepark.com

LANE JACKSON COURSE

9 Löcher, Par 36, 2.807 Meter

Adresse:
Park Road, Stoke Poges
Buckinghamshire SL2 4PG
Tel. +44 1753.717171
www.stokepark.com

Greenfee:
ca. 60 Euro (November bis März), ca. 95 Euro (Mai bis Oktober)

Zwar sind die neun Löcher des Lane-Jackson-Platzes spürbar kürzer als der direkt nebenan liegende Championship-Platz, gepflegt werden sie allerdings mit exakt derselben Akribie und auch ihr Design steht dem großen Bruder in nichts nach. Ganz im Gegenteil: Diese Schleife bietet mit die besten Ausblicke auf die Ikone eines Clubhauses in Stoke Park und sollte schon allein deswegen auf keinen Fall links liegen gelassen werden. 18 Löcher sind bei einem Besuch auf dieser Anlage schließlich niemals genug. 27 allerdings klingen nach einem deutlich angemesseneren Golftag.

Killerloch:
Rund um die Drive-Landezone von Loch 8 des Lane-Jackson-Platzes findet sich das wohl dichteste Rough des gesamten Anwesens. Wer dieses Dogleg-Par also abkürzen möchte, sollte Vertrauen in seine Abschläge und eine ausgeprägte Verträglichkeit für hohe Scores haben.
www.stokepark.com

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