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Polen

Krakauer & Vegetarier

Von Jan Langenbein

Spitzen-Golfplatzarchitektur, Weltliteratur und extraordinärer Fussballschmerz - willkommen bei GolfPunks erstem Ausflug nach Polen!

Das Geld meines Stiefvaters brachte uns auf die Idee und gab uns die Möglichkeit, idiotische Projekte wie dieses hier zu realisieren", grinst Antti Pohjonen, nippt an seinem Gin Tonic und hat dadurch schlagartig meine Aufmerksamkeit. Normalerweise werden bei Treffen mit Golfanlagenbesitzern, Betreibern oder deren PR-Beauftragten immer die gleichen Phrasen von schnellen Grüns, einem Platz im Topzustand oder dem Stolz, hier in der Region tätig zu sein, gedroschen. Antti, ein Finne in den 30ern, ist anders. Das wird bereits klar, als wir zum ersten Mal Hände schütteln. Vor gerade mal fünf Minuten sind wir in seinem Sand Valley Golf Resort im Norden Polens etwa eine Autostunde östlich von Danzig angekommen, da setzt er schon zu einer viertelstündigen Brandrede an. "Eine Golfanlage in Polen zu betreiben kann niemals rentabel sein. Das ist immer ein Hobby eines reichen Platzbesitzers. Darum sind Golfplätze in Polen immer noch beinahe ausschließlich Refugien für Maserati-Fahrer. Ich möchte das ändern. Aber die Steuern bringen uns um. Die Grundsteuer auf einen Golfplatz in Polen ist dieselbe wie auf eine Chemiefabrik. Wusstet ihr das? Wie, verdammt noch mal, soll man das mit ein paar Mitgliedern und Greenfee erwirtschaften?" Neben der Abhandlung über die Querelen der Lokalpolitik und der aufgrund von Jahrzehnten des Sozialismus fehlenden Golfkultur in Polen kann aus diesen 15 erhellenden Minuten auch herausgefiltert werden, dass Anttis Stiefvater offenbar Unsummen mit dem Verkauf seiner Software-Firma verdiente und sein Stiefbruder einen Teil davon hier in die Landschaft Pommerns verbuddelte. Antti lebte zu dieser Zeit noch sein Playboy-Leben in Helsinki, doch irgendwann rief sein Stiefbruder an und erzählte ihm vom beinahe fertiggestellten Golfplatz in Polen. "Er meinte zu mir: 'Komm her und baue ein paar fucking Häuser, damit Golfer hier wohnen können!' Also kam ich nach Polen und baute die fucking Häuser", erinnert sich Antti. "Herrgott, ich habe noch nicht einmal Golf gespielt, als ich hierher kam."

Polen: Spurensuche: Offenbar hat Klaus Kinsiki in seiner Heimatstadt einige Pubs getauftPolen: Spurensuche: Offenbar hat Klaus Kinsiki in seiner Heimatstadt einige Pubs getauft
Spurensuche: Offenbar hat Klaus Kinsiki in seiner Heimatstadt einige Pubs getauft

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SIERRA IST EIN GUTER GOLFPLATZ, DAS GRILLBUFFET AUF DER CLUB-HAUSTERRASSE IST JEDOCH WELTKLASSE.
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Doch dann fängt er an, über seinen 2008 eröffneten Golfplatz zu sprechen, und schnell wird klar, wie viel Herzblut und Sachverstand in diese 18 Löcher geflossen sind. Architekt Lassi Tilander werkelte bereits zehn Monate an Sand Valley, als Probleme auftauchten und Kollege Tony Ristola das Projekt übernahm. Er behielt den angedachten Verlauf der Bahnen bei, verwarf jedoch das Konzept der Topfbunker und schlug stattdessen einen deutlich minimalistischeren Weg ein, wie man ihn von Gil Hanse oder Tom Doak kennt. Sage und schreibe 18 Monate Lebenszeit und insgesamt über 5.000 Arbeitsstunden investierte Ristola in die Konturen der Fairways und Grüns und diese Detailversessenheit wird bereits auf dem ersten Abschlag offensichtlich. Sand Valley ist ein architektonisches Meisterwerk des modernen Golfplatzbaus, und wenn auch die rohe Optik der Bunker und die oft uferlos auslaufenden Fairways nicht dem ästhetischen Empfinden des durchschnittlichen Genussgolfers entsprechen, so wird jeder Golfplatzdesign-Fetischist sofort erkennen, dass er hier eines der besten Designs Kontinentaleuropas vor sich hat. Wir haben unser Erweckungserlebnis auf der 13, einem 320 Meter kurzen Par 4, wo nach dem Drive lediglich noch ein Sand-Wedge ins Grün bleibt. Um dieses Grün herum gibt es keine Bunker, kein Wasser und noch nicht einmal Rough. Lediglich eine riesige Welle und 30 Meter auf Fairwaylänge gemähtes Gras in alle Richtungen. Trotzdem grübeln wir über diesen Wedge-Schlag volle fünf Minuten und nur zwei der vier Bälle halten tatsächlich auf dem Grün. Dieser Golfplatz ist mental so anstrengend wie eine ausgeglichene Partie Schach, denn Pete Dyes Mantra "Kurz gemähtes Gras ist das schwierigste Hindernis" wurde hier zur Perfektion umgesetzt.

Als wir glückselig zurück im Clubhaus angekommen sind, bleibt nur eine letzte Frage an Antti. "Wenn du ei- ne Zeitmaschine hättest und in die Vergangenheit reisen könntest, würdest du wieder hierher kommen und diese Anlage übernehmen?" Die Antwort überrascht: "Ja! Ich würde jedoch einiges anders machen. Ich kam hierher als ein Fucking Loser. Ein Rich Kid, das nichts anderes im Sinn hatte, als in Finnland Mädchen nachzujagen. Ich habe hier etwas aufgebaut und bin kein fucking Loser mehr."

Polen: Polen:
Das soll das letzte "Fuck" für diesen Tag gewesen sein und wir machen uns auf den Weg ins wenige Kilometer entfernte Elbląg (dt.: Elbing), wo sich unser Hotel befindet und an diesem Abend das DFB-Pokalfinale geschaut wird. Oh fuck!

WELTLITERATUR HAUTNAH


Dieser Trip durch Pommern und Masuren ist nicht nur meine erste Golfreise nach Polen, sondern meine erste Reise nach Polen überhaupt. Selbstverständlich steht auf solch einer Jungfernfahrt nicht nur Golf, sondern auch jede Menge Sightseeing auf dem Programm. Das Fußballspiel vom vergangenen Abend ist halbwegs verdaut, als wir gemeinsam mit einer ortskundigen Fremdenführerin durch die in den 90er-Jahren neu aufgebaute Altstadt Elblags schlendern. Was hier heute wieder in neuem Glanz erstrahlt, wurde im Zweiten Weltkrieg beinahe komplett zerstört, und nach 1945 galten die Wiederaufbaubestrebungen zunächst der Industrie und keinesfalls der Altstadt, deren Fachwerkhäuser und Giebel an die vor dem Krieg rund 100.000 Einwohner deutscher Nationalität erinnern. Es ist dieser mittlerweile abgeschlossene Neuaufbau, der Elblag an einigen Stellen wie eine Filmkulisse wirken lässt. "Wir spüren eine deutliche Veränderung unserer Besucher", erfahren wir, als wir am Elblag-Kanal angekommen sind. "Vor 15 Jahren noch waren die meisten deutschen Touristen, die hierher kamen, auf den Spuren ihrer Familiengeschichte. Heute kommen deutlich mehr jüngere Besucher, deren Wunsch es ist, Polen zu erkunden." Wir zählen uns zur zweiten Gruppe. Die eindeutig dem schwäbischen und sächsischen Raum zuzuordnenden Tischnachbarn beim Frühstück heute Morgen könnten allerdings tatsächlich auf den Spuren ihrer Eltern, die 1945 sahen, dass sie Land gewannen, hierher gekommen sein. Elblag hat heute etwa 120.000 Einwohner und im Vergleich dazu versprühen die 460.000 Menschen, die heute in Danzig leben, schon beinahe Großstadtflair. "Erinnert stark an Lübeck", geht es mir beim Spaziergang durch die Danziger Altstadt durch den Kopf, und genauso wie man in Lübeck an jeder Ecke an Thomas Manns "Buddenbrooks" erinnert wird, rechnet man hier in Danzig jede Sekunde damit, dass ein Zwerg mit Blechtrommel um die Ecke biegt und, wenn er heute schon keine Naziaufmärsche mehr zum Walzertanzen bringen kann, dann wenigstens Glas zersingt.

Polen:
Im monumentalen Europäischen Zentrum der Solidarität am Rande der Danziger Werft wird in einer beeindruckenden multimedialen Dauerausstellung die Geschichte der Solidarnosc-Bewegung und Polens langer und beschwerlicher Weg zur Demokratie erzählt. Wer den richtigen Tag erwischt, kann im riesigen Foyer des Zentrums auf den ehemaligen Streikführer und späteren Friedensnobelpreisträger und Staatspräsidenten Lech Wałesa treffen, der hier sein Büro hat und laut unserer Führung noch nie einen Wunsch nach einem gemeinsamen Foto ausgeschlagen hat. Nach dieser beeindruckenden Präsentation jüngerer Zeitgeschichte braucht es ein Stündchen, um in die richtige Stimmung für das Danziger Nachtleben zu kommen, doch der erste Wodka beschleunigt diesen Stimmungswechsel erheblich. Die Kneipen- und Barlandschaft in Danzigs Altstadt ist eine Wucht.

 

WOHNEN

HOTEL ELBLAG
Die 123.000-Einwohner-Stadt Elblag (dt.: Elbing) liegt nur wenige Autonimuten vom Sand Valley Golf Resort entfernt und das "Hotel Elblag" in der Altstadt ist somit das ideale Basislager für Ausflüge zu Anttis Sandkasten. Feinster Viersternestandard, ein schickes Spa und beste Küche im Restaurant "Königshaus" sorgen für ein Rundum-sorglos-Paket. Wer sich unter die Kleinstadtjugend mischen möchte, findet die ideale Bar für dieses Unternehmen genau gegenüber.
www.hotelelblag.eu

SIERRA APARTMENTS
Das nahe Danzig ist dir völlig egal, denn du willst einfach nur Golf spielen von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang? Dann ist eines der Apartments des Sierra Golf Club genau das Richtige. Brandneu liegen diese Behausungen nur ein Eisen 7 vom ersten Abschlag entfernt und vom Studio für zwei Personen über das Executive Apartment bis zur Villa für bis zu sechs Golfer sind alle erdenklichen Grössen vorhanden.
www.sierragolf.pl

STAY INN GDANSK
In der Piwna-Strasse mitten in der Altstadt gelegen ist dieses brandneue Dreisternehotel eine optimale Adresse, um das vielfältige Nachtleben von Danzig zu erkunden. Im Restaurant "Mono Kitchen" wird mehr trendiges Essen als deftige polnische Hausmannskost serviert, und wer für die nächste Golfrunde göttlichen Beistand sucht, findet diesen garantiert in der imposanten Marienkirche direkt gegenüber.
www.stayinngdansk.com

HOTEL MARINA CLUB
Mehr Ruhe und Entspannung als im Hotel "Marina Club" geht kaum. Jedes der riesigen Zimmer hat Seeblick, was kein Wunder ist, schließlich liegt dieses vorzügliche Wellness-Resort auf einer Landzunge eingekeilt zwischen zwei Gewässern der Masurischen Seenplatte. Egal ob Spa, Restaurant oder Golfsimulator - hier hat alles absolutes Fünfsterneniveau und der Mazury Golf & Country Club liegt nicht einmal drei Kilometer entfernt.
www.hotelmarinaclub.pl

Am nächsten Morgen geht es aus Danzig heraus vorbei an jenen kaschubischen Kartoffeläckern, auf denen Günter Grass einst Oskar Matzeraths Mutter zeugen ließ, bis wir am Sierra Golf Club ankommen. Diese Spielwiese eines mit der Herstellung von Klimaanlagen zu Vermögen gekommenen Unternehmers zählt zu den ersten Adressen Meterin Polens Golflandschaft und ist, was das Design anbelangt, zwar nicht so ausgeklügelt wie Sand Valley, dafür aber für Golfer aller Spielstärken gut zu bewerkstelligen. Sierra ist ein guter Golfplatz, das Grill-Buffet auf der Clubhausterrasse und besonders die Krakauer sind allerdings Weltklasse.

Golfplätze in der Region

SAND VALLEY GOLF RESORT

SAND VALLEY GOLF RESORT

18 Löcher, Par 73, 6.529 Meter

Adresse
14-400 Pastek
ul. Sand Valley 23
Tel. +48 ( 0)552.48.24.00
www.sandvalley.pl

Greenfee
ca. 45 Euro (Mo.-Fr.)
ca. 60 Euro (Sa. & So.)

Sand Valley ist so etwas wie das "Time out of Mind" der europäischen Golflandschaft: Auf einer Liste der besten Bob-Dylan-Alben wird "Time out of Mind" selten ganz oben geführt; doch wer Ahnung von Musik hat, weiß, dass er es hier mit einem absoluten Meisterwerk zu tun hat. Auch Sand Valley sucht man vergebens auf Listen der besten Golfplätze in Kontinentaleuropa; wer sich allerdings für modernes Golfplatzdesign interessiert und den Sportaspekt am Golfspiel liebt, der wird diese 18 Löcher nach dem ersten Besuch garantiert nie wieder vergessen.

Killerloch
Das Wasser links ist reine Zierde und von den Back Tees misst Loch Nummer 3 lediglich 130 Meter. Trotzdem ist das kurze Par 3 ein echter Teufel und beweist, dass kurzes Gras oft das schwierigste aller Hindernisse sein kann.
www.sandvalley.pl

SIERRA GOLF CLUB

SIERRA GOLF CLUB

18 Löcher, Par 72, 6.420 Meter

Adresse
Petkowice,
84-200 Wejherowo
Tel. +48 (0)663.66.66.20
www.sierragolf.pl

Greenfee
ca. 57 Euro (Mo.-Fr.)
ca. 68 Euro (Sa. & So.)

Auch wenn die Ostsee nur wenige Kilometer von diesen 2002 eröffneten 18 Löchern entfernt liegt, kommt im Sierra Golf Club mehr Schwarzwald- als Schweden-Feeling auf. Die Wiesen sind saftig grün und der umgebende Wald ist dichter als im Märchenbuch. Die Fairways im Sierra Golf Club sind breit und die Grüns groß, was die Runde zu einer entspannten Angelegenheit macht. Genauso gut wie der Platz, der mit seinen zahlreichen Wasserhindernissen auf den Back Nine deutlich die Schlagzahl erhöht, ist übrigens das Grill-Buffet auf der Clubhausterrasse.

Killerloch
Loch 18 ist eigentlich ein lockeres Par 4: langes Eisen vom Tee in die Senke und ein kurzes Eisen ins Grün, wäre da nicht dieser Bachlauf, der jedes Ego dazu provoziert, den Driver zu zücken. Wo das meist endet, ist eine bekannte Geschichte.
www.sierragolf.pl

TOKARY GOLF CLUB

TOKARY GOLF CLUB

18 Löcher, Par 72, 5.365 Meter

Adresse
Przodkowska 63
Tokary
Tel. +48 (0)586.94.01.82
www.tokarygolf.pl

Greenfee
ca. 34 Euro (Mo.-Fr.)
ca. 39 Euro (Sa. & So.)

Dieser recht simpel gehaltene Golfplatz sieht zwar auf den ersten Blick harmlos aus, spätestens wenn die ersten Bälle die teilweise sehr kleinen
Grüns verfehlen, weiß man allerdings, was die Stunde geschlagen hat. Tokary ist kein Championship-Platz, wie wir ihn hierzulande kennen, verfügt aber trotzdem über eine Handvoll coole Golflöcher und das Preis-Leistungs-Verhältnis ist extraordinär gut.

Killerloch
Bei 530 Metern Länge, von denen jeder einzelne stramm bergauf verläuft, ist man auf Loch Nummer 7 heilfroh, dass auf der Scorekarte an dieser Stelle "Par 6" vermerkt ist.
www.tokarygolf.pl

TOKARY GOLF CLUB

MAZURY GOLF COUNTRY CLUB

18 Löcher, Par 72, 6.507 Meter

Adresse
Golfowa 20a
Naterki
Tel. +48 (0)89.513.1540
www.mazurygolf.pl

Greenfee
ca. 37 Euro (Mo.-Fr.)
ca. 47 Euro (Sa. & So.)

Der Engländer Martin Hawtree hat diesen Platz 1994 entworfen, was aus deutscher Sicht etwas merkwürdig ist, denn dieser Platz mit englischem Flair mitten im polnischen Masuren erinnert doch stark an die Plätze in Fleesensee. Für alle, die noch nie in Fleesensee waren: Das ist ein Kompliment und bedeutet in etwa, dass dieser schicke Parkland-Platz durch saftige Wiesen und sanfte Hügel verläuft und dass gute Scores auch richtig gutes Golf erfordern.

Killerloch
Das Schlussloch hat schon mehr Scorekarten zerschossen als Jamie Fox alias Django weiße Plantagenbesitzer. Jede Menge Wasser und knietiefes Rough leeren hier die Balltasche.
www.mazurygolf.pl

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