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Planet Golf

The Italian Job

Von Jan Langenbein, Fotos: Fritz Lüders & Jan Langenbein

Mit zwei Golfbags im Kofferraum, 231 Pferden unter der Haube und ohne jeden Plan machen wir uns auf den Weg in Richtung Süden. Milano oder Marittima? Egal, Hauptsache Italien!

Normalerweise planen wir unsere Golf-Trips, ganz egal ob sie uns ans andere Ende der Welt führen oder nur wenige Autostunden Anreise erfordern, bevor du dann an dieser Stelle alles über unsere Erlebnisse und Doppelbogeys auf einigen der schönsten Plätzen der Welt erfährst. Eine gute Vorbereitung ist schließlich Voraussetzung für eine gelungene Golfreise. Dieses Mal sah die ganze Sache allerdings etwas anders aus, denn wenige Tage bevor wir uns auf diesen Road Trip über die Alpen machten, wussten wir noch nicht, dass diese Reise überhaupt stattfinden würde. Und der Auslöser waren - man möchte es kaum glauben - zu gutes Wetter und zu hohe Temperaturen in München.

Diese Einleitung bedarf wohl einer kurzen Erklärung. Wir schreiben Freitag, den 23. Juni, und Martin Kaymer kämpft während der zweiten Runde der BMW International Open gerade um den Cut, als Kollege Fritz und ich abgekämpft an einem schattigen Plätzchen unweit des 18 Fairways in uns zusammensacken. Die Temperaturen sind tropisch und es fällt schwer, annähernd so viel zu trinken, wie man schwitzen muss. "Ich sage das nicht oft, aber jetzt und hier Golf spielen zu müssen, klingt für mich wie Folter", meint Fritz und legt etwas Sonnencreme Faktor 50 nach.

Planet Golf: Der Schein trügt nicht: Die Nordsee ist weitPlanet Golf: Der Schein trügt nicht: Die Nordsee ist weit
Der Schein trügt nicht: Die Nordsee ist weit

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WIR HABEN EINEN VOLLEN TANK BENZIN, GENÜGEND ZU TRINKEN UND GOLFBAGS IM KOFFERRAUM. WIR FAHREN JETZT SO LANGE RICHTUNG SÜDEN, BIS DIE SONNE SCHEINT.
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"Er hat recht", denke ich und schäme mich gleichzeitig wahnsinnig vor mir selbst, dass ich hier und heute zum ersten Mal seit einem sintflutartigen Tag in Carnoustie vor mehr als acht Jahren tatsächlich keine Lust habe, Golf zu spielen. Was tatsächlich unpraktisch ist, denn wir haben bereits einige Startzeiten im Münchener Umland für die kommenden Tage reserviert.

Zurück im angenehm klimatisierten Pressezelt wird klar, dass dies eigentlich die Bedingungen sind, unter denen man Golf spielen müsste, und mir fällt ein, dass ich vor einigen Jahren einmal von "Hitzeflüchtlingen" geschrieben habe, die im Hochsommer in die luftig kühlen Höhen des Engadins in der Schweiz verdufteten, wo das Thermometer selten über 17 Grad steigt. Eine abwegige Idee ist geboren, die schnell konkret wird, als uns klar wird, dass wir uns hier auf dem Golfgroßereignis eines der größten deutschen Autokonzerne befinden, das Organisieren eines passenden fahrbaren Untersatzes also kein Problem sein sollte, und mir nichts, dir nichts sitzen wir zwei Tage später im Clubhaus des Engadin Golf Club in Zuoz und trinken, um das Klischee perfekt zu machen, Rivella mit Eis.

Hinter uns liegen 18 sagenhafte Löcher Golf auf einem Bergplatz wie aus dem Bilderbuch, die auch nicht dadurch getrübt werden können, dass wir zusammen eine gefühlte Jahresproduktion an Golfbällen in den Wäldern und Wiesen gelassen haben. "Alles richtig gemacht!", grinst Fritz zufrieden und ich kann jeden Daheimgebliebenen, der uns in diesem Moment für unsere Instagram-Postings dieses Postkartenidylls die Pest an den Hals wünscht, absolut verstehen.

Planet Golf: Raucherkneipe: nur für Mitglieder
Raucherkneipe: nur für Mitglieder
REGEN? NICHT IN ITALIEN

Einquartiert haben wir uns im Waldhaus von Sils Maria, wo bereits Thomas Mann und Friedrich Nietzsche den Müßiggang perfektionierten, treffen dort an der Bar allerdings lediglich Norbert Blüm auf Lesereise, dessen Rente tatsächlich sicher zu sein scheint.

Seit 1893 wird hier im Engadin Golf Club Golf gespielt und der zweite Platz des Clubs in Samedan, nur wenige Kilometer vom mondänen St. Moritz entfernt, ist deshalb, wenig verwunderlich, der älteste der Schweiz. Selbst James Bond in Gestalt von Sean Connery hat hier in den 80ern bereits den Schläger geschwungen. Damals mussten die Grüns des Platzes noch mit Elektrozäunen vor grasenden Kühen geschützt werden und die Fairways tagtäglich von dicken Fladen befreit werden. Die Kühe sind längst auf die andere Seite der Straße verbannt, seinen Charme hat dieser Platz allerdings nicht verloren. Das Wetter hingegen schon, und kaum sind unsere letzten Putts gefallen, öffnen sich die Himmelsschleusen. Zurück im altehrwürdigen Hotel zeigt sich, dass auch die nächsten Tage nichts Gutes verheißen, und so entsteht bei einigen abendlichen Gin-Tonic an der Bar ein idiotensicherer Plan: Lasst uns gen Italien ziehen! Schließlich sind es von St. Moritz nur 40 Kilometer bis an die italienische Grenze und es handelt sich dabei nicht um irgendwelche 40 Kilometer, sondern um den Berninapass. Ein Asphalt gewordener Traum bestehend aus unzähligen Kurven und beinahe 1.300 Höhenmetern. Mit anderen Worten: das ideale Terrain für unseren hervorragend motorisierten Mini.

Planet Golf: Zweckoptimismus: erst mal das Fairway runtergehen...
Zweckoptimismus: erst mal das Fairway runtergehen...
"Wir haben einen vollen Tank Benzin, genügend zu trinken und Golfbags samt Sonnencreme im Kofferraum. Wir fahren jetzt so lange in Richtung Süden, bis die Sonne scheint", sind meine letzten Worte zu Fritz, der zweifelnd aus dem Fenster schaut, bis wir fünf Stunden später und 400 Kilometer weiter südlich an der italienischen Adriaküste endlich wieder Sonne sehen.

Milano Marittima heißt dieser Partyort am Strand, an den es uns verschlagen hat, und die Wahl des Golfplatzes erweist sich am nächsten Tag bereits nach drei Löchern als goldrichtig. Zwar herrschen hier und heute mehr Windstärken, als man sie am Atlantik vermuten würde, aber die Grüns des Adriatic Golf Club sind auf eine Art und Weise perfekt, wie man sie auf einem solch unprätentiösen Golfclub nicht erwarten würde.

Dieser Ort wirkt mit seiner top gepflegten 70er-Jahre-Architektur und maritimer Grundentspanntheit der Anwesenden wie aus der Zeit gefallen, und als wir dann im Hotel erfahren, dass jeden Winter ein nahe liegender Kreisverkehr für das jährliche "Marittima on Ice"-Spektakel in eine donutförmige Eisbahn verwandelt wird, ist es um uns geschehen. Dieser Ort ist so herrlich skurril, man muss ihn einfach lieben.

Da wir mittlerweile aber enormen Spaß am Autofahren gefunden haben und uns der Lockruf zweier angeblich großartiger Golfplätze in der südlichen Toskana erreicht hat, gilt es schon nach einer Nacht, Abschied zu nehmen. Unser neues Ziel heißt Saturnia, ein mittelalterliches Örtchen etwa 90 Autominuten nördlich von Rom gelegen. In dem für seine Thermalquellen berühmten Ort machten bereits römische Legionäre auf ihrem Weg in den Norden halt. Somit ist der südlichste Punkt unserer Reise gefunden.

 
WOHNEN

WOHNEN

WALDHAUS SILS
Seit 1908 thront das Waldhaus über dem Silsersee und in der über 100-jährigen Geschichte hat sich zumindest äußerlich wenig an diesem altehrwürdigen Haus verändert. Große Teile des Originalmobiliars sind immer noch in Benutzung, und wer auf den Charme des vorletzten Jahrhundertwende steht, kann sich in Zimmern, die ganz im Stil von 1908 gehalten sind, einquartieren und den abendlichen Gin-Tonic an einer Bar genießen, an der schon Thomas Mann, Friedrich Dürrenmatt und Gerhard Richter ihre Drinks orderten. Kontrastprogramm bietet das neue Spa in einem Nebengebäude. Der extrem schlichte Stil dieser Wellness-Oase ist ebenso zeitlos wie großartig. www.waldhaus-sils.ch

MAREPINETA RESORT
Mitten in Milano Marittima gelegen ist dieses schicke Strand-Resort nicht nur erste Wahl für Badeurlauber - zum Strand sind es lediglich zwei Minuten zu Fuß -, sondern auch für Tennisspieler und Golfer, denn die Tennisplätze liegen direkt vor der Tür und der Adriatic Golf Club praktisch um die Ecke. Besonders die Zimmer im Hauptgebäude aus den 1920er-Jahren sind ein Highlight und absolut stilsicher. Wie es sich für ein Hotel dieser Güteklasse gehört, ist selbstverständlich auch ein Privatstrand mit Beach-Bar vorhanden, an der nicht nur vorzügliche Drinks, sondern auch jeden Morgen das Frühstück serviert werden. Wer also im Hotel frühstückt, ist selbst schuld. www.marepinetaresort.com

TERME DI SATURNIA SPA & GOLF RESORT
Seit 3000 Jahren sprudelt in Saturnia 150 Kilometer nördlich von Rom 37 Grad warmes Thermalwasser aus dem Boden. Kein Wunder, dass der
inoffizielle Dresscode hier "Bademantel" lautet, auch wenn die schnieke Architektur dieses feinen Hotels eigentlich nach italienischer Maßkonfektion verlangt. Aber keine Angst: Hierher kommt man, um zu entspannen, und darum geht es angenehm casual zu. 140 Zimmer stehen den Gästen zur Verfügung und in den beiden Restaurants (eines davon mit Michelin-Stern ausgezeichnet) bleibt kein kulinarischer Wunsch unbefriedigt. Das wahre Highlight ist jedoch die gutbürgerliche Küche im Clubhaus direkt am 18. Grün. Eine bessere Pasta zu finden dürfte schwierig werden. www.termedisaturnia.it

IMMER DER NASE NACH

200 Kilometer entfernt nervt es uns noch, dass sich unser Navi weigert, die exakte Straßenadresse des Terme di Saturnia Spa & Golf Resort zu akzeptieren, aber spätestens als wir an der Ortsgrenze ankommen, wird deutlich, dass es zum Auffinden der Thermalquellen und somit des Hotels und des Golfplatzes nichts weiter braucht als eine halbwegs funktionierende Nase. 800 Liter enorm schwefelhaltiges und 37 Grad warmes Wasser sprudeln hier pro Sekunde aus dem Boden und man kann es nicht charmanter ausdrücken: Dieses heilende Wasser riecht streng nach verfaulten Eiern.

Golfplätze in der Region

GOLF ENGADIN SAMEDAN

GOLF ENGADIN SAMEDAN

18 Löcher, Par 72, 6.217 Meter

Adresse
A l'En 14
7503 Samedan
Tel. +41 (0)81.8510466
www.engadin-golf.ch

Greenfee
ca. 100 Euro (Mo.- Fr)
ca. 110 Euro (Sa. & So.)

Blendet man das majestätische Bergpanorama, das diesen Golfplatz einrahmt, aus, könnte man fast meinen, man spiele Golf in Holland, so flach
ist das Terrain. Kaum zu glauben, dass man sich tatsächlich auf mehr als 1.700 Meter über dem Meer befindet. Die enorme Höhenlage wird klar, wenn der erste Annäherungsschlag meilenweit übers Grün segelt, denn 20 Prozent mehr Länge pro Schläger sind hier oben die Regel.

Killerloch
Da oben in den Bergen nahezu jeder zum Longhitter mutiert, ist dieser Golfplatz eine recht zahme Wiese. Killerloch? Fehlanzeige. Höchstens die 10, ein 216 Meter langes Par 3 mit recht kleinem Grün, macht regelmäßig Probleme.
www.engadin-golf.ch

GOLF ENGADIN ZUOZ-MADULAIN

GOLF ENGADIN ZUOZ-MADULAIN

18 Löcher, Par 71, 6.017 Meter

Adresse
Sur En
7524 Zuoz
Schweiz
Tel. +41 (0)81.8513580
www.engadin-golf.ch

Greenfee
ca. 92 Euro (Mo.- Fr)
ca. 100 Euro (Sa. & So.)

Auf diesem malerischen, virtuos an einen Berghang gequetschten 18-Loch-Platz sind die härtesten Höhenunter schie de zwischen Grüns und den folgen den Abschlägen zu überwinden. Beim Spielen fällt es oft überhaupt nicht auf, dass man sich in hochalpiner Umgebung befindet. Offensichtlich wird das erst, wenn man realisiert, dass 300 Meter lange Par-4-Löcher plötzlich drivebar sind.

Killerloch:
Die Landezone für den Abschlag auf Loch 17, einem 491 Meter kurzen Par 5, wirkt vom Tee schmaler als die Taille eines Supermodels. Hier den Driver zu zücken ist mindestens so mutig, wie Naomi Campbell um einen Fuffi zu bitten.
www.engadin-golf.ch

ADRIATIC GOLF CLUB CERVIA

ADRIATIC GOLF CLUB CERVIA

18 Löcher, Par 71, 6.041 Meter & 9 Löcher, Par 36, 3.234 Meter

Adresse
Via Jelenia Gora 6
48015 Cervia-Milano Marittima
Italien
Tel. +39 0544.992786
www.golfcervia.com

Greenfee
65 Euro (18 Löcher, Mo.- Fr.)
80 Euro (18 Löcher, Sa. & So.)

Nur einen Bubba-Watson-Drive vom Adriastrand in Milano Marittima liegen die 27 Löcher des Adriatic Golf Club. 1986 wurden die ersten neun Löcher (heute Kurs "Rot") eröffnet, der auch heute noch extreme Präzision erfordert, denn die Spielbahnen gleichen neun schmalen Schläuchen durch dichten Pinienwald. 1987 und 2004 kamen dann die Neunlochplätze "Blau" und "Gelb" dazu, die dank des vielen Wassers und der breiten Fairways ein wenig an Florida erinnern. Heute werden diese beiden Plätze gerne als 18-Loch-Runde gespielt.

Killerloch
Loch Nr. 7 der blauen Platzes bringt als Par 4 zwar "nur" 374 Meter auf die Waage, die Drive-Landezone wird allerdings von zwei Seen flankiert. Toleranz für ungenaue Abschläge? Null!
www.golfcervia.com

ADRIATIC GOLF CLUB CERVIA

TERME DI SATURNIA GOLF CLUB

18 Löcher, Par 72, 6.316 Meter

Adresse
Via Giuseppe Mazzini 4,
58014 Saturnia, Italien
Tel. +39 0564.600844
www.termedisaturnia.it

Greenfee
60 Euro (18 Löcher, Mo.- Fr.)
80 Euro (18 Löcher, Sa. & So.)

Die sanften Hügel der Südtoskana sind die perfekte Grundlage für richtig gute Golfplätze, und ist das Gelände derart malerisch wie rund um die historischen Thermalquellen von Saturnia, dann muss ein Golfplatzarchitekt lediglich Teeboxen und Grüns anlegen, Fairways zeichnen und fertig ist das Meisterwerk. Ein wenig mehr hat der Kalifornier Ronald Fream aber schon gemacht und einen waschechten Championship-Platz in die Toskana gebaut, der von den Back Tees selbst Profis in die Knie zwingen kann. Große Wasserhindernisse, fotogene Fairways und knifflige Grüns lassen hier keine Wünsche offen.

Killerloch
Auf Loch 13 wird es zum ersten und einzigen Mal eng auf diesem Golfplatz und die Folge ist, dass ein Par auf diesem 389 Meter langen Par 4 ein hervorragendes Ergebnis ist. Denn selbst nach einem perfekten Abschlag ist der Schlag ins Grün hart wie der Bizeps von Wladimir Klitschko.
www.termedisaturnia.it

ARGENTARIO GOLF CLUB

ARGENTARIO GOLF CLUB

18 Löcher, Par 71, 6.218 Meter

Adresse
Via Acquedotto Leopoldino
58018 Porto Ercole
Italien
Tel. +39 0564.810292
www.argentariogolfresortspa.it

Greenfee
90 Euro (Hochsaison)
70 Euro (Nebensaison)

Seinen Namen verdankt dieser Golfplatz der Argentario-Halbinsel, die über drei Nehrungen mit dem Festland verbunden ist und am höchsten Punkt mehr als 600 Meter hoch aus dem Mittelmeer ragt. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie spektakulär dieses Setting ist. Felsen, azurblaues Meer und dichte Wälder - es bleiben keine Wünsche offen, denn das Layout des Platzes ist extrem abwechslungsreich. Leider hatten die Fairways vor unserem Besuch wohl sehr gelitten, denn dem super Design kann der Pflegezustand nicht folgen.

Killerloch
Die 17 ist ein 210 Meter langes Par 3 mit Wasser direkt vor dem Grün, das selbst Pete Dye nicht hätte diabolischer entwerfen können. Hier rechts vorzulegen ist selbst für Single-Handicapper keine Schande.
www.argentariogolfresortspa.it

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