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Vietnam – Teil 2

Bananendrives und Gurkenputts

Von Jan Langenbein, Fotos: Jan Langenbein

Weltberühmt ist diese Gegend jedoch nicht für ihren gerade einmal drei Jahre alten Golfclub, sondern den Landschaftskomplex Tràng An, ein Labyrinth aus Karstbergen und Tälern, die eine einzigartige Wasserlandschaft mit gefluteten Höhlen und versteckten buddhistischen Tempeln bilden. In einigen dieser Höhlen wurden Spuren menschlicher Besiedlung entdeckt, die mehr als 30.000 Jahre zurückreichen. Heute lassen sich Zehntausende Touristen jeden Monat von einer Armada kleiner Ruderboote durch das UNESCO-Weltnaturerbe schippern und trotzdem hat man über weite Strecken dieser Tour den Eindruck, seit Äonen der erste Mensch zu sein, der sich an diesen verwunschenen Ort durchgeschlagen hat.

Vietnam: Resozialisiert: Schettinos neuer ArbeitsplatzVietnam: Resozialisiert: Schettinos neuer Arbeitsplatz
Resozialisiert: Schettinos neuer Arbeitsplatz
SINGE, WEM GESANG GEGEBEN

Nach drei Tagen im Delta des Roten Flusses wird es endlich Zeit, ans Meer zu fahren, wo zwei spektakuläre Plätze auf uns warten, die der Immobilienkonzern FLC in den letzten Jahren an die Küste gebaut hat. In Sam Son wurde dafür Jack Nicklaus verpflichtet, der mit seinen Architekten einen Golfplatz inmitten des gigantischen FLC-Hotel- und Urlaubskomplexes baute, dessen bewegte Fairways und riesige Grüns tatsächlich einen gewissen Links- Charakter versprühen. Auch der sandige Boden passt perfekt ins Bild. Die zahlreichen Seen, die an vielen Stellen bereits Tausende Bälle gefressen haben, erinnern dagegen mehr an Florida, was das Wetter zum Zünglein an der Waage macht, wie sich eine Runde im FLC Sam Son Golf Links tatsächlich anfühlt. Bei Regen und Wind fühlt man sich hier an Irland erinnert, von den tropischen Temperaturen einmal abgesehen sowie der Tatsache, dass redselige irische Taschenträger mit den vornehm zurückhaltenden jungen Damen, die in Vietnam als Caddies mit auf die Runde kommen, rein gar nichts gemein haben. Scheint in Sam Son die Sonne, vermittelt der Golfplatz die Illusion, der Ocean Drive von Miami würde direkt hinter der nächsten Palme liegen.

Vietnam:
Sechs Stunden sind es mit unserem Reisebus von Sam Son die Küste hinauf in Richtung Norden, wo hoch über einem der spektakulärsten Küstensteifen der nagelneue FLC Ha Long Bay Golfclub liegt. Auf dem Weg dorthin bricht langsam die Nacht über das Land und wir fahren durch Kleinstädte und Bauerndörfer, in deren zur Straße hin stets offenen Gasthäusern das Abendessen serviert wird. In jeder zweiten dieser Siedlungen, egal wie klein sie auch sein mag, markiert eine aufwendig illuminierte Karaoke-Bar den optischen Blickfang. Unser Tour-Guide stupst mich an: "Weißt du, warum es in fast jedem Ort eine große Karaoke-Bar gibt?" Ich zucke mit den Schultern. "Weil fast alle Vietnamesen eine wirklich tolle Stimme haben." In seiner schwingt bei dieser Feststellung eine nicht zu überhörende Portion Stolz mit.

DRACHE AUF TAUCHGANG

Die Ankunft in Ha Long gleicht einer nächtlichen Landung in Las Vegas. Inmitten totaler Dunkelheit taucht plötzlich eine Stadt auf, deren exzessiver Einsatz von Neonlichtern und Videoscreens garantiert auch aus der Internationalen Raumstation zu sehen sein muss. Hierher kommt, wer sich in Vietnam vergnügen möchte, denn am Rande des Naturwunders Ha-Long-Bucht reihen sich Freizeitparks, Amüsiermeilen und Hotelkomplexe aneinander wie Nerds vor dem Einlass zur Comic-Con. Dazu kommen seit einigen Monaten 18 Fairways, die wie versprengte Teppiche über die surreale Berglandschaft gelegt wurden. Eine Golfrunde hier bedeutet mehr zurückgelegte Höhenmeter als an manch einem Skitag in den Alpen. Noch wird mächtig gebaut. Ein gigantisches Grand Hotel wartete während unseres Besuchs noch auf seine Fenster, das exorbitant große Clubhaus ist allerdings bereits in Betrieb. Mit europäischen Augen betrachtet wirkt es schlicht obszön und wie einem feuchten Traum von Donald Trump entsprungen. In der Lobby dieses strahlend weißen Kolosses würden die Clubhäuser des Hamburger und des Münchner Golfclubs Platz finden - und trotzdem wäre noch genügend Platz, um Mitglieder und Gäste zu empfangen. Der architektonische Größenwahn hat jedoch auch seine positiven Seiten, denn als ich nach der Runde neben den Duschen einen riesigen und einladend sprudelnden Jacuzzi entdecke, stellt sich die berechtigte Frage, warum so etwas in Deutschland undenkbar wäre.

Vietnam:
Leider haben wir für diese Highlight-Runde einen Tag erwischt, der alles andere als Postkartenwetter bereithält, doch selbst durch die milchigen Nebelschwaden ist zu erahnen, dass die Ausblicke von den Teeboxen an Loch 8 und Loch 12 zum Besten gehören, was die Golfwelt zu bieten hat. Was optische Opulenz angeht, muss sich der FLC Ha Long Bay Golfclub weder vor Cape Kidnappers noch vor Thracian Cliffs verstecken.

Man fliegt jedoch nicht um den halben Globus, um das Naturwunder Ha-Long-Bucht lediglich aus der Ferne zu bewundern, schließlich liegen dort unten im Hafen von Tuan Chau Dutzende Dschunken bereit, Touristen durch das Labyrinth aus 1.969 Kalkfelsen zu schippern. Der Legende nach zeichnet ein Drachen, der oben in den Bergen lebte, für die Entstehung der Bucht verantwortlich. Auf seinen Patrouillengängen zur Küste zog sein Schwanz tiefe Furchen ins Land, das vom Meer überflutet wurde, nachdem der Drache ins Wasser abtauchte. Dieses Spektakel wäre ein willkommenes Motiv für die asiatischen Instagram-Girls und Vlogger, die bewaffnet mit Selfie-Sticks und Schminkköfferchen gemeinsam mit uns die Dschunke "Pelican" besteigen. Doch leider lässt sich das Ungeheuer während unserer Fahrt durch die Bucht nicht blicken und so bleibt nichts anderes übrig, als nach Einbruch der Dunkelheit die für ein kleines Kreuzfahrtschiff hervorragend bestückte Bar zu frequentieren und bereits Pläne für eine möglichst baldige Rückkehr in dieses faszinierende Land zu schmieden.

Nachdem US-Präsident Clinton 1994 die von den Vereinigten Staaten verhängten Handelssanktionen gegenüber Vietnam aufgehoben hatte, starteten nicht nur die Tourismuszahlen einen bis heute anhaltenden Anstieg, dieses Jahr eröffnete im weit im Süden gelegenen Saigon auch der erste Championship-Golfplatz Vietnams von internationalem Rang. Seither haben Greg Norman, Jack Nicklaus, Nick Faldo und selbst Golfplatzbau-Newcomer wie Luke Donald in Vietnam ihre Spuren hinterlassen und eine Golfinfrastruktur geschaffen, die keine Anreise zu weit erscheinen lässt. Kombiniert mit der ungekünstelten Herzlichkeit der Menschen, kaum fassbaren Naturschönheiten und einer Küche, die ebenso einfach wie grandios ist, erscheint Vietnam wie das perfekte Reiseland für einen Golf- und Kulturtrip, der immer bleibende Eindrücke hinterlassen wird. Mit fünf besuchten Golfanlagen haben wir auf diesem Trip nicht viel mehr geschafft, als an der Oberfläche dieses Landes zu kratzen. Für die nächsten Reisen hierher gibt es noch viele Golfplätze zu spielen, Naturwunder zu entdecken und Gurken zu teilen.

 

Golfplätze in der Region

TRANG AN GOLF & COUNTRY CLUB

TRANG AN GOLF & COUNTRY CLUB

18 Löcher, Par 72, 6.560 Meter

Adresse:
Ky Phu Ward
Nho Quan District
Ninh Bình, Vietnam
Tel. +84 2296.333111
www.trangangolf.com

Greenfee:
auf Anfrage

40 Kilometer südlich von Hanoi hat seit 2016 dieser exklusive Country Club für Mitglieder, die allesamt der Führungsriege und High Society von Vietnam angehören, geöffnet. Maximal 60 Gäste werden pro Tag auf die Anlage gelassen und ohne einen erfahrenen Golforganisator mit Ortskenntnis läuft hier absolut nichts. Sich um eine Startzeit zu bemühen lohnt sich allerdings, denn das Layout ist abwechslungsreich und der Pflegezustand exzellent. Wenn der Clubmanager einen guten Tag hat, erlaubt er nach der Runde noch 18 Löcher auf dem Precision Course. Diese Einladung sollte man auf keinen Fall ausschlagen.

Killerloch:
Äußerst selten ist ein Par 3 die kniffligste Bahn eines Platzes, doch in Tràng An ist dies der Fall. Loch 8 ist mit 198 Metern von den Back Tees nichts für schwache Nerven und die Tatsache, dass links vom Grün tiefe Bunker und rechts ein riesiger See lauern, macht die Angelegenheit nicht einfacher.
www.trangangolf.com

FLC SAM SON GOLF LINKS

FLC SAM SON GOLF LINKS

18 Löcher, Par 72, 6.620 Meter

Adresse
Thanh Niên St.
Quâng Cu ward, Sâm Sôn City
Thanh Hoá Province, Vietnam
Tel. +84 237.6597979

Greenfee:
ca. 45 Euro (plus 19 Euro Caddie-Fee)

Die Nicklaus Design Company entwarf diesen 2015 eröffneten Golfplatz, der auf einer Landzunge zwischen dem Ma-Fluss und dem Südchinesischen Meer liegt. Das Layout erinnert mit seinen welligen Fairways, riesigen Grüns und zahlreichen Sandflächen an einen Links-Platz und vier der abwechslungsreichen Spielbahnen bieten auch Meerblick auf den Golf von Tonkin, doch die Entscheidung, Hunderte Bäume zwischen die Fairways zu pflanzen, wird diesen Links-Charakter in den kommenden Jahren sicher schmälern.

Killerloch:
Loch Nummer 5 hat alles, was ein langes, knüppelhartes Par von Weltklasse braucht: mehr als 400 Meter Länge von den Back Tees, riesige Bunker neben der Drive-Landezone und ein Grün gefährlich nah an einem Wasserhindernis, das so groß ist wie ein Badesee.

FLC GOLFCLUB HA LONG BAY

FLC GOLFCLUB HA LONG BAY

18 Löcher, Par 71, 6.089 Meter

Adresse:
Hong Hai Ward, Ha Long City
Quang Ninh Province, Vietnam
Tel. +84 203.3616555
www.flchalong.vn

Greenfee:
ca. 67 Euro (plus 20 Euro Caddie-Fee)

An Superlativen kommt man nicht vorbei, möchte man diese brandneuen 18 Löcher hoch über der Bucht von Ha Long beschreiben. Ohne Golfcart ist dieser Platz unmöglich zu bewältigen, so extrem sind die Höhenunterschiede nicht nur zwischen den Löchern, sondern auch auf dem Weg von der Teebox zum Grün. Von den insgesamt fünf Par-3-Löchern bieten drei sagenhafte Aussichten auf die 1.969 Kalkfelsen der Ha-Long-Bucht, die UNESCO-Weltnaturerbe ist. Pebble Beach? Cape Kidnappers? Pinnacle Point? Dieser Golfplatz spielt in einer Liga mit diesen Traumplätzen.

Killerloch:
Mit 108 Metern ist Loch 12 zwar das mit Abstand einfachste Loch des Platzes, jedoch ist nicht der Schlag die Schwierigkeit, sondern die Konzentration, sich nicht vom unglaublich spektakulären Panorama ablenken zu lassen. Hier bleibt kein Handy in der Golftasche.
www.flchalong.vn

FLC GOLFCLUB HA LONG BAY

BRG RUBY TREE GOLF RESORT

18 Löcher, Par 72, 6.317 Meter

Adresse:
Ngoc Xuyen, Do Son
Hai Phong, Vietnam
Tel. +84 225.3867956
www.brgrubytreegolf.vn

Greenfee:
ca. 70 Euro (Mo.- Fr.), ca. 105 Euro (Sa. & So.) plus jeweils ca. 22 Euro Caddie-Fee

Eingerahmt vom Golf von Tonkin auf der einen und unzähligen Reisfeldern auf den drei anderen Seiten, sind diese 18 Löcher Championship-Golf von jeder Menge Wasser geprägt. Ein Blick ins Birdie-Book kann Furcht einflößend sein, schließlich vermittelt es den Eindruck, als würde es sich bei den Spielbahnen um 18 Inseln inmitten eines großen Sumpfs handeln. Beim Spielen wird dann allerdings schnell klar, dass das Wasser recht weit weg ist und stattdessen die riesigen, perlweißen Sandbunker, die sämtliche Landezonen und alle Grüns bewachen, das eigentliche Problem sind.

Killerloch:
Auf Bahn Nummer 7 braucht es von den gelben Tees einen Drive mit mindestens 225 Metern Carry-Länge, um den massiven Bunker rechts des Fairways aus dem Spiel zu nehmen. Den Bunker links gilt es zu ignorieren. Geschafft ist dann auf diesem 402 Meter langen Par 4 aber noch lange nichts.
www.brgrubytreegolf.vn

BRG LEGEND HILL GOLF RESORT

BRG LEGEND HILL GOLF RESORT

18 Löcher, Par 72, 6.367 Meter (Legends Course) & 18 Löcher, Par 72, 6.428 Meter (Masters Course)

Adresse:
Phu Linh, Soc Son
Hanoi, Vietnam
Tel. +84 243.2959259
www.brglegendhillgolf.com

Greenfee:
ca. 86 Euro (Mo.- Fr.), ca. 130 Euro (Sa. & So.) plus ca. 22 Euro Caddie-Fee

30 Kilometer nördlich vom Stadtzentrum Hanois liegt diese gigantisch große, von Nicklaus Design entworfene Anlage. Das Konzept ist so simpel wie genial: Jede Spielbahn verfügt über vollkommen unterschiedliche Grünkomplexe, die teilweise mehr als 100 Meter auseinanderliegen. Obwohl es nur 18 Teeboxen und Fairways gibt, entstehen so 36 komplett unterschiedliche Löcher und damit zwei Golfplätze, der Legends Course und der Masters Course. Nach Sonnenuntergang wird in Legend Hill einfach weitergespielt, schließlich verfügen alle Spielbahnen über Flutlicht.

Killerloch:
Spielt man den Masters Course, ist Loch 4 ein relativ zahmes Par 5. Hat man es allerdings mit dem Legends Course zu tun, muss der dritte Schlag plötzlich über einen 150 Meter breiten See, hinter dem das Grün liegt. Viel Spaß!
www.brglegendhillgolf.com

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