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Sorry, Etikette war aus

Die drei heftigsten Ryder Cups

Von Jan Langenbein, Fotos: Getty Images

Alle zwei Jahre kochen die Emotionen hoch wie bei keinem anderen Golf-Event. Es sind die unvergleichlich aufgeheizte Stimmung, der gnadenlose Trash-Talk und manchmal auch unglaubliche Unsportlichkeiten, die den Ryder Cup zum großartigsten Sport-Event überhaupt machen. Um für die Matches in Paris in Stimmung zu kommen, lassen wir die drei heftigsten Cups der jüngeren Geschichte noch einmal Revue passieren.

31. RYDER CUP MATCHES 1993, THE BELFRY, SUTTON COLDFIELD USA 15 - 13 EUROPA
Ein Vierteljahrhundert ist seit den 31. Ryder Cup Matches vergangen und die Auflage von 1993 verblasst im Vergleich mit unsterblichen Klassikern von 1991, 1999 und 2012, aber dennoch ist gerade im Vorfeld des Kontinentalvergleichs 2018 dieses 25 Jahre alte Aufeinandertreffen von amerikanischen und europäischen Top-Golfern aktueller denn je. Zum einen weil das US-Team unter Kapitän Tom Watson das letzte war, dem es gelang, den Cup auf europäischem Boden zu gewinnen, und zum anderen weil vor dem Abflug der amerikanischen Mannschaft eine skurrile Debatte über den eigentlich obligatorischen Besuch des Teams im Weißen Haus entbrannte, die in Zeiten des Donald Trump Golfer wie Tiger Woods und Rory McIlroy immer wieder einholt und beweist, dass Trash-Talk nicht immer in Richtung des Gegners gerichtet sein muss.

Bill Clinton war gerade mal ein halbes Jahr im Amt, als Watsons Männer sich auf den Weg machten, den Ryder Cup erfolgreich zu verteidigen. Doch vor dem Abflug nach England stand noch eine kurze Stippvisite beim "First Golfer" der Nation im Weißen Haus an, was eine gewisse Brisanz in sich trug, denn jedem Golffan in Amerika und damit auch Bill Clinton war klar, dass kein Einziger dieser zwölf Amerikaner bei der Wahl im Jahr zuvor sein Kreuz hinter dem Namen Clinton gemacht hatte. Schließlich hatte der es gewagt, eine Erhöhung der Spitzensteuersatzes auf die politische Agenda zu setzen.

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WIR SIND MUSTERBEISPIELE FÜR BÜRGER, DIE HART ARBEITEN UND EINE MENGE GELD VERDIENEN, UND ER WILL ES UNS WEGNEHMEN UND MENSCHEN GEBEN, DIE SICH UM NICHTS SCHEREN.
JOHN COOK
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US-Teammitglied John Cook machte deshalb bereits Wochen vor den Matches in The Belfry keinen Hehl daraus, dass er wenig Lust auf den Trip zur Pennsylvania Avenue 1600 hatte: "Es wäre eine Ehre, den Präsidenten zu treffen, aber gleichzeitig auch eine ziemliche Heuchelei. Ich weiß nicht, worüber wir sprechen sollten. Wir sind Musterbeispiele für Bürger, die hart arbeiten und eine Menge Geld verdienen, und er will es uns wegnehmen und Menschen geben, die sich um nichts scheren."

Auch Paul Azinger hatte nach Ansicht seines Nachbarn in Florida Payne Stewart wenig Lust auf den Trip nach Washington, denn Stewart diktierte einem Reporter des "Orlando Sentinel" Folgendes in den Notizblock: "Er möchte nicht ins Weiße Haus. Sein Vater hat in Vietnam gekämpft und Paul hat keine Lust, die Hand eines Wehrdienstverweigerers zu schütteln."

Die Empörung in der amerikanischen Öffentlichkeit über die angeblich weinerlichen Multimillionäre, zu fein, um ihrer patriotischen Pflichten nachzukommen, war groß und Tom Watson hatte alle Hände voll zu tun, das PR- Desaster einzudämmen: "Meine Spieler möchten klarstellen, dass ihre Zitate aus dem Zusammenhang gerissen wurden, und sich entschuldigen, sollten sie unserer Mannschaft Probleme bereitet haben. Ich habe ihnen eingebläut, sich um Golf zu kümmern und nicht um Politik. Ich habe größten Respekt für das Amt und den Mann, der es bekleidet. Er ist der erste Golfer der Nation und wir haben eine Menge Tipps für ihn, für sein Golf jedenfalls."

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Paul Azinger war alles andere als glücklich über die Indiskretion seines Teamkollegen und stellte klar: "Ich schätze es kein bisschen, dass Payne so etwas behauptet, und das habe ich ihm am nächsten Tag auch gesagt. Was unter Männern besprochen wird, sollte auch unter diesen beiden bleiben und nicht in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Ich habe so etwas nie über den Präsidenten behauptet, denn ich bin viel diplomatischer."

Obwohl der Haussegen also ganz offensichtlich mächtig schief hing, erschien es Watson als eine gute Idee, Azinger und Stewart gleich als zweites Team am Freitagmorgen gemeinsam auf die Anlage zu schicken, wo sie im klassischen Vierer von Ian Woosnam und Bernhard Langer mit 7&5 sprichwörtlich vermöbelt und vom Platz gefegt wurden. Auf das Endergebnis hatte diese kolossale Fehlentscheidung allerdings keine Auswirkung, denn vor allem in den Singles am Sonntag war Team USA einfach zu stark für seine europäischen Gegner und auch Azinger und Stewart trugen an diesem Tag die entscheidenden 1,5 Punkte zum Sieg ihrer Mannschaft bei. Bill Clinton ließ es sich nicht nehmen, seinen Landsleuten noch am gleichen Abend per Telefon zu gratulieren.

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33. RYDER CUP MATCHES 1999, THE COUNTRY CLUB BROOKLINE USA 14,5 - 13,5 EUROPA
Nach zwei verlorenen Ryder Cups in Folge gab es auf Seiten des US-amerikanischen Teams im Vorfeld der Matches 1999, die im Country Club von Brookline stattfinden sollten, kaum Gründe, die verbalen Messer zu wetzen und mit den Fäusten auf der Brust zu trommeln. Jeff Maggert sah dies allerdings anders und war von der Brillanz seiner elf Mitspieler derart überzeugt, dass er selbst die Relevanz der Captains infrage stellte, denn offenbar könnte selbst ein Schimpanse die Fourballs und Foursomes zusammenstellen, ohne Schaden anzurichten: "Mal ganz ehrlich, wir haben die zwölf besten Spieler der Welt, und wenn sie einfach rausgehen und Golf spielen, wird es schwierig, die Sache zu verbocken und Paarungen falsch zusammenzustellen." Der erste Trash-Talk-Schuss des Ryder Cup 1999 ging jedoch nach hinten los, bewies er doch nichts anderes als Maggerts mangelnde Kenntnis der Mathematik auf Grundschulniveau, schließlich führte ihn die Golfweltrangliste zum Zeitpunkt dieses selbstbewussten Statements auf Rang 18.

Gemessen an den bisherigen Erfolgen konnte sich die amerikanische Mannschaft mit den fünf Major-Siegern Payne Stewart, Hal Sutton, Davis Love III, Mark O'Meara und Tiger Woods auf dem vorläufigen Höhepunkt ihrer Macht tatsächlich als leicht favorisiert betrachten. Payne Stewart, der wenige Wochen zuvor in Pinehurst seine zweite US Open gewonnen hatte, sah die Favoritenrolle aber mehr wie bei einem Match der Harlem Globetrotters gegen die Washington Generals, als er ohne den Anflug von Ironie oder Humor in der Stimme im Vorfeld des Ryder Cup behauptete: "Schaut man sich die Erfolge der Jungs aus Europa auf dem Papier an, sollten sie noch nicht einmal unsere Caddies sein, geschweige denn gegen uns antreten."

Zwei Jahre zuvor bei der PGA Championship 1997 beging Colin Montgomerie, zu diesem Zeitpunkt bereits seit Monaten das bevorzugte Ziel heftiger Obszönitäten und Beleidigungen weit unter Stammtischniveau der amerikanischer Golffans, den folgenschweren Fehler, seinen Peinigern nach zahlreichen "Verpiss dich!"- oder "Du bist scheiße!"-Zwischenrufen einen Tipp zu geben: "Warum spart ihr euch das nicht für den Ryder Cup auf?" Die Zuschauer in Brookline vor den Toren Bostons nahmen sich diesen Hinweis zu Herzen. Ikonenhafte Hollywood-Charaktere wie Matt Damons Will Hunting oder Leonardo DiCaprio als Billy Costigan in "The Departed", aber auch eine gewisse Tea Party dort haben den Einwohnern von Boston weltweit den Ruf eingebracht, nicht gerade zart besaitet zu sein oder einer Konfrontation vorsorglich aus dem Weg zu gehen, ganz im Gegenteil.

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