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PGA Tour Start

Stille neue Welt

Von Jan Langenbein, Fotos: Getty Images

Mit Made-for-TV-Wohltätigkeits-Matches und Geisterturnieren versucht der Profigolfzirkus in den USA, langsam zurück zur Normalität zu finden. Der Weg dorthin ist jedoch gespickt mit verwaisten Zuschauerflächen, jeder Menge Wattestäbchen und positiven Testergebnissen.

Am 12. März ging alles plötzlich ganz schnell. Keine zehn Stunden zuvor hatte die PGA Tour noch verlauten lassen, dass die letzten drei Runden der Players Championship - immerhin das Prestige-Event der Tour - ohne Fans auf dem Platz gespielt würden. Doch dann plötzlich die Kehrtwende. Turnierabbruch! Hideki Matsuyamas Turnierrekord von 63 Schlägen am Donnerstag war wertlos und allen Spielern und Caddies wurde schlagartig klar, dass sie sich auf eine längere Arbeitspause einstellen müssten. Denn nicht nur die Players Championship, auch die kommenden vier Turniere wurden wegen der um sich greifenden Covid-19-Pandemie abgesagt. Veteranen wie Lee Westwood hatten diesen Schritt bereits vor dem Start in Sawgrass gefordert: "Bedenkt man, wie andere Sportarten in den Vereinigten Staaten mit dieser Situation umgehen, überrascht mich das Verhalten der PGA Tour doch sehr. Ich weiß, wir spielen nicht in dicht gedrängten Arenen, der Altersdurchschnitt der Fans macht unser Publikum aber anfälliger für das Virus."

Er sollte recht behalten und so verließ bereits am Freitag, drei Tage früher als geplant, der gesamte Tour-Tross die kleine Küstengemeinde in Florida, ohne auch nur die leiseste Ahnung zu haben, wie und wann es weitergehen sollte. Über die Absage einiger Golfturniere machte sich an diesem Tag jedoch kaum ein Spieler ernsthafte Gedanken, die Nachrichten aus aller Welt, besonders aus Norditalien, waren zu dramatisch. Jon Rahm stellte klar, was ihn im Moment wirklich bewegte: "Ich mache mir große Sorgen, denn es gibt einige Mitglieder meiner Familie, die an Asthma leiden. Meine 85-jährige Großmutter ist eine von ihnen und daher äußerst gefährdet. Ich kann nichts für sie tun und ich kann noch nicht einmal nach Hause fliegen."

PGA Tour Start: Wandertag: Mama hatte die guten Hosen rausgelegt
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So schafften es zwei hastig organisierte Charity-Matches, zu dem zu werden, was man in den längst vergangenen Hochzeiten des linearen TV ,Straßenfeger' nannte.
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Es folgten Wochen, in denen nicht nur der Profisport, sondern nahezu das gesamte öffentliche Leben auf null heruntergefahren wurde. Stadien blieben leer, weitere Turniere wurden abgesagt, die Weltranglisten für Männer und Frauen froren ihre Zwischenstände ein und das Fernsehprogramm war, jeglicher Sport-Liveübertragungen beraubt, kaum wiederzuerkennen.

ERSATZPROGRAMM

In den ersten zwei Monaten dieses Sportvakuums - längst war klar, dass die Wiederaufnahme des normalen Tour-Betriebs in weiter Ferne lag - bastelten Fernsehverantwortliche, Vertreter der Golfindustrie und der PGA sowie gelangweilte Superstars hinter den Kulissen an Möglichkeiten, die klaffende Lücke im Kalender sowie Budgets zumindest provisorisch zu füllen. Ein kurzfristig angekündigtes Skins-Match namens TaylorMade Driving Relief im ultraexklusiven Seminole Golf Club in Florida zwischen Rory McIlroy, Dustin Johnson, Rickie Fowler und Matthew Wolff sollte den Anfang machen. Die Tatsache, dass alle vier Teilnehmer in der direkten Umgebung von Palm Beach ihr Quarantänequartier aufgeschlagen hatten, sowie der nette Zufall, dass McIlroys Vater Gerry Mitglied in Seminole ist, trugen maßgeblich zum Zustandekommen dieser willkommenen Rückkehr der Profis auf die Mattscheiben bei. "Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich mein Bag zum letzten Mal selbst getragen habe. Das muss ewig her sein", erklärte Dustin Johnson während der virtuellen Pressekonferenz vor dem Match, denn das Social Distancing in Seminole sollte absolut lückenlos sein. Caddies? Fehlanzeige.

Zuschauer? Auf keinen Fall! Und auch die vor Ort präsente Crew, verantwortlich für die Produktion der TV-Bilder, wurde auf ein absolutes Minimum geschrumpft. Golffans in aller Welt freuten sich nicht nur darauf, endlich wieder vier Topstars in Aktion sehen zu dürfen, sondern auch darauf, einen Blick über die sonst undurchdringlichen Hecken des Seminole Golf Club werfen zu können.

Ob es während der ersten Sportübertragung seit Wochen eine gute Idee war, mit Donald Trump einen Gast telefonisch in die Übertragung zu schalten, der bei grob geschätzt der Hälfte aller Zuschauer akuten Brechreiz auslöst, sei dahingestellt. Und auch Mel Reids Kritik: "Wieder einmal zeigt sich die große Diskrepanz zwischen Männer- und Frauengolf. Das heutige Charity-Event hätte Golf zeigen sollen, nicht nur Männer-Golf. Erneut hat der Golfsport eine großartige Gelegenheit verstreichen lassen, Gleichberechtigung zu repräsentieren", war nicht aus der Luft gegriffen, denn in Florida mangelt es nicht an Weltklasse-Golferinnen, die diesem Match gutgetan hätten. 5,5 Millionen Dollar Spendenerlöse ließen diese Schönheitsfehler eines ansonsten solide organisierten TV-Events schnell in Vergessenheit geraten.

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Eine Woche später waren Tiger Woods und Phil Mickelson an der Reihe, zusammen mit den NFL-Legenden Peyton Manning und Tom Brady live im Fernsehen Geld für den guten Zweck zu erzocken. Bei "The Match: Champions for Charity" im Medalist Golf Club kamen sogar mehr als 20 Millionen Dollar zusammen. Der Erkenntnisgewinn dieser Runde im strömenden Regen lag vor allem darin, dass auch ein sechsfacher Superbowl-Sieger die Hosen gestrichen voll hat, findet er sich mit Woods und Mickelson auf dem ersten Tee wieder, und dass Samuel L. Jackson als Announcer am ersten Tee schlicht unschlagbar ist.

Brady spielte auf den ersten Löchern des Matches derart vogelwild, dass Brooks Koepka live on Air 100.000 aus eigener Tasche bot: "Alles, was ich dafür sehen möchte, ist ein einziges Par von Tom!" Mit dem Schlag des Tages, einem mit Backspin zum Birdie eingelochten Wedge an Loch 7 brachte der neue Quarterback der Tampa Bay Buccaneers dann wie aus heiterem Himmel alle Lästermäuler in der Kommentatorenkabine und auf Twitter zum Verstummen. So schafften es zwei hastig organisierte Charity-Matches, zu dem zu werden, was man in den längst vergangenen Hochzeiten des linearen TV "Straßenfeger" nannte. Weltweit schaltete die ins eigene Wohnzimmer verbannte Golf-Community ein und Social Media sei Dank entstand für wenige Stunden tatsächlich ein die Seele wärmendes Gemeinschaftsgefühl.

BACK IN BUSINESS

Als 91 Tage nach dem abrupten Abbruch der Players Championship mit der Charles Schwab Challenge das erste offizielle Tour-Event mit einem vollen Starterfeld auf dem Programm stand, glich dieses erwartungsgemäß dem eines Majors. Kaum ein Topstar wollte sich nach 13 Wochen Zwangspause den Restart der Saison entgehen lassen. Die Verantwortlichen der PGA Tour hatten die spielfreien Wochen genutzt, einen 37-seitigen Leitfaden für alle am Turnier Beteiligten zu erarbeiten, und dieser hatte es in sich. Bereits vor der Abreise nach Texas bekamen sämtliche Teilnehmer Covid-19-Tests zugeschickt, denen sie sich während einer Zoom-Konferenz mit medizinischem Personal unterziehen sollten. Vor Ort mussten sich alle Spieler und Caddies jeden Tag aufs Neue einem Körpertemperatur-Check und einem Fragebogen unterziehen, ehe 15 Sekunden lang ein Wattetupfer für den eigentlichen Coronatest in die Nasennebenhöhlen gesteckt wurde, dessen Ergebnis innerhalb weniger Stunden vorlag. Abstandsregeln wurde den Pros auf eine Art und Weise erklärt, die garantiert jeder Golfer versteht: stets zwei Schlägerlängen Abstand halten! Der augenfälligste Unterschied zur Prä-Covid-19-PGA-Tour waren jedoch die nun tatsächlich fehlenden Zuschauer.

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