Featured StoriesFeatured Stories

Solheim Cup 2015 – Teil 2

Immer auf die Kleine?

Von Julia Haase, Fotos: Tino Dertz/ZWEI:D

Suzann Pettersen sorgte mit dieser vollkommen unnötigen Aktion nicht nur für Oscar-verdächtige Heulkrämpfe der eigentlichen Kontrahentinnen Alison Lee und Charley Hull, sondern verschaffte Team USA genau das, was es bis dato nicht hatte: Verbundenheit und Kampfgeist. Als das verhängnisvolle Match beendet war, versammelte sich das gesamte amerikanische Team am 18. Grün und schwörte sich mit einem Huddle, wie ich ihn sonst nur vom American Football kannte, auf die Singles Matches ein. Allen Augenzeugen dieser Szene war klar, was nun folgen würde: Von nun an würden die Amerikanerinnen ihren Gegnerinnen die Hintern versohlen.

Solheim Cup 2015: Feierabend: Auch der Junior Solheim Cup ging an Team USA (l.)Solheim Cup 2015: Feierabend: Auch der Junior Solheim Cup ging an Team USA (l.)
Feierabend: Auch der Junior Solheim Cup ging an Team USA (l.)
Ich wollte das Ganze noch nicht wahrhaben, als wir wenig später Carlota Ciganda an Tee 1 vor dem ersten Abschlag feierten. Völlig blauäugig fragte ich meine Twitter-Follower, wie viele Matches die USA bei einem 10:6-Rückstand gewinnen müssten, als ich Charley Hull und Cristie Kerr nach Loch 4 verließ, weil es mir mit 3up für Europa zu langweilig wurde. Siegessicher krempelte ich in der wärmenden Mittagssonne meine Ärmel hoch und postete ein Foto von meinem Europa-Tattoo am Unterarm. Immer das Handy mit dem Livescoring in der Hand lief ich von Match zu Match und sah dann fassungslos zu, wie sich eine Europäerin nach der anderen in Grund und Boden spielen ließ. Schlechte Putts, Mutlosigkeit, Verzweiflung. Und auch die amerikanischen Fans gewannen die Oberhand. Das Entscheidungs-Match: Suzann Pettersen gegen Angela Stanford. Das wusste auch der Pulk an Teammitgliedern und Presseleuten. Neben mir fünf amerikanische Girlies in komplettem Fandress. "Come on, Stanford!"-Rufe alle paar Sekunden. Ich hoffte, meine GolfPunk-Cap wäre Zeichen genug, dass ich nicht zu ihnen gehörte. Spätestens als ich an der 17 nicht voller Freude das Green stürmte, dürfte das jedem klar gewesen sein. Während die Kollegen genau diesen Freudentaumel festhielten, konnte ich meine Augen nicht von der Leinwand abwenden, in der Hoffnung, dass Sandra Gal ihr Match auf der 15 noch wendet. Dabei lag Paula Creamer schon 4up. Das Loch wurde geteilt. Das war's dann also.

Solheim Cup 2015: Nebenjob: Gregor Gysi hatte die Klamotten rausgelegt
Nebenjob: Gregor Gysi hatte die Klamotten rausgelegt
Bei der Siegesfeier sah ich nicht nur geknickte Europäerinnen. Ich sah Charley Hull, die nicht wusste, wohin sie sehen sollte. Ich sah immer wieder süffisante Grinser der Amerikanerinnen Richtung Suzann Pettersen. Die sich an diesem Tag noch keiner Schuld bewusst war. "Ich würde den Putt wieder sehen wollen", sagte sie in der Pressekonferenz. Charley Hull ergänzte: "Ich bin nicht weggegangen. Ich bin zu Suzann gegangen und wollte fragen, ob wir den Putt schenkten." Die Tränen in ihren Augen sagten etwas anderes. Und auch Suzann ruderte einen Tag später zurück und entschuldigte sich via Instagram.

Solheim Cup 2015: Auswärtsspiel: Der Friseur war mitgereist (l.) Glasauge: den Cup fest im Blick (r.)Solheim Cup 2015: Auswärtsspiel: Der Friseur war mitgereist (l.) Glasauge: den Cup fest im Blick (r.)
Auswärtsspiel: Der Friseur war mitgereist (l.) Glasauge: den Cup fest im Blick (r.)
Auch wenn diese Niederlage natürlich nicht gut schmeckt, dürfen wir uns als Golffans glücklich schätzen, denn der Solheim Cup ist das, was der Ryder Cup einmal war. Ein Wettkampf zwischen Kontinenten mit mehr Bedeutung als nur ein Show-Match. Hier geht es um Ehre, Stolz und auch ein klein wenig Missgunst. Politisch korrekt ist das nicht immer, aber hey, großartiges Theater ist es auf jeden Fall!

Featured Stories