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Das Originalcape-Hole National Golf Links Of America, Par 4, 280 Meter

Der Blick des Architekten

Die Templates Vol. 4 - Cape

Von Tony Ristola, Fotos: Tony Ristola

Nach den berühmten Templates der klassischen Links-Plätze in Grossbritannien widmet sich unser Kolumnist dieses Mal einem C.B.-Macdonald-Originaldesign - dem Cape Hole.

Im vierten Teil unserer Analyse der Konzept-Spielbahnen, die Charles Blair Macdonald und sein Protegé Seth Raynor beim Bau vieler Plätze anwendeten, verlassen wir nun die britischen Inseln, die Heimat der vorangegangenen Template-Löcher. Dieses Mal betrachten wir ein Spielbahndesign mit seiner ganz eigenständigen Genialität: Loch 14 des National Golf Links of America auf Long Island, besser bekannt als das Cape Hole.

Viele Golfer verbinden das Cape-Template mit seinem dramatischen Abschlag über die Bullhead Bay oder mit der berühmten, auf einer Anhöhe gelegenen Teebox der Spielbahn Nummer 5 im spektakulären Mid Ocean Club auf den Bermudas. Doch diese Assoziationen führen in die Irre, denn so dramatisch und einprägsam diese Abschläge auch sein mögen, C.B. Macdonald stellte bereits 1914 in einer Publikation klar, dass es der zweite Schlag ist, dem diese Spielbahn ihren Namen zu verdanken hat: "Das Loch 14 im National Golf Links wird Cape Hole genannt, denn sein Grün erstreckt sich bis ins Meer hinaus und wird auf drei Seiten von Wasser flankiert." Im wahrsten Sinne des Wortes eben ein Kap, das ins Wasser ragt.

Der Blick des Architekten: Der redesignte Grünkomplex des Cape Hole National Golf Links Of America
Der redesignte Grünkomplex des Cape Hole National Golf Links Of America

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Die Strategie auf dem ursprünglichen Cape Hole ist denkbar einfach: Je kürzer der Schlag ins Grün ausfallen soll, desto aggressiver muss der Spieler das Wasserhindernis auf der rechten Seite des Fairways attackieren.
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Traurigerweise existiert der ursprüngliche Grünkomplex des 280 Meter langen Cape Hole heute nicht mehr. Aus zweierlei Gründen wurde er weiter landeinwärts und zusätzliche 25 Meter vom Tee entfernt neu gebaut. Das lag zum einen daran, dass Macdonald befürchtete, das Grün könnte bei günstigen Windverhältnissen mit dem Drive angegriffen werden - bedenkt man das Equipment jener Zeit, hätte es dafür allerdings einen ausgewachsenen Orkan benötigt. Zum anderen verläuft die neue Zufahrtsstraße zum Clubhaus entlang des Ufers genau über die Stelle des ehemaligen Grüns. Aber obwohl er nun weiter vom Wasser entfernt liegt, vermittelt der neue Grünkomplex des Cape Hole doch einen Eindruck, wie Macdonald und Raynor das Cape-Template in späteren Designs anwenden würden.

Die Strategie auf dem ursprünglichen Cape Hole ist denkbar einfach: Je kürzer der Schlag ins Grün ausfallen soll, desto aggressiver muss der Spieler das Wasserhindernis auf der rechten Seite des Fairways attackieren. Bunker auf der linken Seite der Landezone und ein äußerst bewegtes Fairway voller Erhebungen und Senken machen die Sache noch komplizierter, denn egal wo der Abschlag auch platziert wurde, ein ebener Stand für den Schlag auf das Halbinselgrün ist auf dieser Spielbahn eine absolute Rarität.

Der Blick des Architekten: Shoreacres, Illinois/USA
Shoreacres, Illinois/USA
Bei späteren Versionen dieses Designs, die im Inland gebaut werden sollten, verläuft der Abschlag nicht immer diagonal über ein enormes Wasserhindernis, sondern oft über einen großen, ebenfalls diagonal angelegten Bunker, Bachläufe oder zerklüftetes und somit beinahe unbespielbares Land. Die Grüns dieser Spielbahnen wurden meist erhöht angelegt, verteidigt von erschreckend abgründigen Bunkern - manche von ihnen bis zu fünf Meter tief. In einigen Fällen schlängeln sich auch kleine Bäche um eine Hälfte des Grüns, um der ursprünglichen Anmutung eines Halbinselgrüns Tribut zu zollen.

Obwohl all die auf diesen Seiten abgebildeten Beispiele berühmter Cape Holes in ihrer Länge dem Original bei Southampton recht nahekommen, variierten die Architekten die Gesamtlänge ihrer Cape-Versionen gewaltig. Cape-Templates mit mehr als 400 Metern Länge sucht man allerdings vergebens, da eine derartige Distanz den Charakter dieser Spielbahn zerstören würde. Das spektakuläre fünfte Loch des Mid Ocean Club ist mit 395 Metern ein echtes Monster in der Gattung der Cape Holes.

Der Blick des Architekten: Chicago Golf Club Loch 14, 320 Meter
Chicago Golf Club Loch 14, 320 Meter
Auch heute noch werden viele Abwandlungen des Cape-Templates mit einem charakteristischen Abschlag über Wasser und einem Grün, das in der Nähe desselben Wasserhindernisses liegt, gebaut. Obwohl diese Spielbahnen, besonders was den Drive angeht, einige Ähnlichkeiten mit dem Original aufweisen, sind sie doch selten echte Übernahmen des eigentlichen Konzepts. Ihre Grünkomplexe, immerhin der Namensgeber dieser Bauweise, lassen meist zu wünschen übrig. Und selbst wenn ein Grün und seine Umgebung eine beinahe originalgetreue Konstellation aufweisen, fallen sie doch selten heftig genug aus, um der "Do or die"-Aufgabenstellung für den Annäherungsschlag des ursprünglichen Cape Hole Ehre zu erweisen. Oft kopiert, doch nie erreicht - so könnte das Motto des Cape-Templates lauten.

 
Der Autor

Der Autor

Tony Ristola, ein Amerikaner mit finnischen Wurzeln, kann nicht nur Golf spielen - er war als Teaching- sowie Playing-Pro aktiv -, sondern fand in der Golfplatzarchitektur seine wahre Bestimmung. Zusammen mit Arbeitern, von denen die meisten noch nie einen Golfplatz gesehen hatten, schuf er mit Sand Valley in Polen sein erstes, international gefeiertes 18-Loch-Layout. Als einziger Golfplatzarchitekt garantiert er, jeden einzelnen Tag der Planungs- und Bauphase einer neuen Anlage vor Ort zu sein. www.tonyristola.com

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