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Der Blick des Architekten

Wild Cards und forciertes Design

Von Tony Ristola, Fotos: Tony Ristola

Par 3s tauchen mit erstaunlicher Regelmäßigkeit in Listen der weltbesten Golflöcher auf. Ein Grund dafür ist die ihnen angeborene Eigenschaft, dem Rhythmus einer Golfrunde ihren Stempel aufzudrücken, wie unser Kolumnist weiß.

Par-3-Bahnen sind einzigartige Designelemente. Beim Entwurf der Lochführung auf einem Golfplatz können sie der Joker, eine Wild Card, im Design sein. Der Vorteil dieser Spielbahnen liegt darin, dass sie unwegsames Gelände, enorme Höhenunterschiede, tolle Ausblicke und enges, für längere Löcher unzugängliches Terrain ausnutzen und in einen Vorteil verwandeln können. Sie sind ideal als Verbindungslöcher, die die Lücken zwischen zwei längeren Spielbahnen schließen und so den Rhythmus eines Platzes ändern oder bestimmen können. Eines der großartigsten Löcher, auf das all diese Kriterien zutreffen, ist sicher die lediglich 100 Meter lange Bahn 7 in Pebble Beach.

Vor gut 25 Jahren habe ich den Artland GC entworfen. Eingepasst in eine natürliche Feldlandschaft ist er umrahmt von großen Waldstücken. Auf dem Platz finden sich ein 500 Meter langes Feuchtgebiet, mehrere kleine Bachläufe und ein paar historische Grabmäler. Es bietet sich also ein breites Spektrum an Par 3s; zwei davon erfüllen hierbei die Kriterien einer Wild Card, zwei andere sind eher in das Design gezwängt. Im Folgenden möchte ich ein paar Gedanken zu zwei dieser kurzen Spielbahnen erläutern: eine, die ich als Wild Card bezeichnen würde, und eine weitere, die in die Landschaft forciert werden musste. Die Frage lautet: Wie wurden diese gebaut und warum?

EIN GESCHENKTES GRÜN



Ich habe dieses Loch immer "das Omen" genannt. Nicht weil es die 13 war, eher des uralten Hügelgrabs wegen, das in dem dunklen Kiefernwald leicht er höht und direkt hinter dem Grün liegt. Da die Bäume keine blickdichte Mauer bilden, sechs Meter höher als der Abschlag liegen und keinen Unterwuchs haben, fügen sie dem Setting eine Tiefe und Düsternis hinzu, die nirgends sonst auf dem Platz zu finden sind. Die Aufteilung der Anlage ließ an dieser Stelle nur ein Par 3 zu. Die Frage war simpel: zugreifen oder bleiben lassen? Es wäre einfach gewesen, eine Spielbahn drum herum zu bauen, denn Raum für ein mittellanges Par 3 gefolgt von einem eher kürzeren Par 5 auf der anderen Seite des Feuchtgebiets der zwei vorherigen Löcher war vorhanden.

Der Blick des Architekten:
Pebble Beach No. 7
Welcher Architekt hätte wohl darauf verzichtet, Loch 7 in Pebble Beach an seiner heutigen Stelle zu platzieren? Mehr, als man denken möchte! Einer schlug sogar vor, das Loch gleich wieder einzustampfen, da war Pebble Beach gerade ein Jahr alt


Die Vorteile dieser ansonsten unnützen Ecke des Geländes waren verschiedentlich. Seine natürliche Lage bot ein nahezu fertig geformtes Grün mit zwei Plateaus, was jede Menge Arbeitsaufwand erspart. Dazu konnte die Spielrichtung im Vergleich zum vorherigen und zum folgenden Loch verändert werden. Der komplette Wechsel der Szenerie, eine neue Farbwelt im Hintergrund, die Topografie und die spannende Vegetation boten eine Gelegenheit, die einmalig war. Und wie viele Löcher haben wohl ein 5.000 Jahre altes Grab zu bieten? Man könnte meinen, wenige Architekten würden solch eine Gelegenheit auslassen. Aber da die Lochführung immer auch eine subjektive Entscheidung ist, bin ich mir da nicht so sicher.

VON GRUND AUF NEU



Als einziges Par 3 auf den zweiten neun liegt das heutige Loch 13 auf einem kleinen hügeligen Stück Land umgeben von Baumlinien und Waldstücken. Ein kleines Rinnsal schlängelt sich am Fuße der kleinen Erhebung. Ich konnte den Entwurf eines anderen Architekten einsehen, der zwei kurze Par 4s jeweils als Dogleg nach rechts vorsah. Ähnlich in der Länge hätte diese Wiederholung dem Rhythmus und der Qualität des Platzes geschadet. Eine sehr forcierte Lösung eben. Ich entschied mich für ein 185 Meter langes Par 3 gefolgt von einem Risk-Reward-Par-4 mit geteiltem Fairway und 320 Metern Länge. Der Umfang und die Anordnung dieser Spielbahnen nehmen nicht nur den vorhandenen Raum geschickt ein, sondern eliminieren durch die Nutzung der Gegebenheiten auch jedes Gefühl, in die Landschaft gepresst zu sein. Beide Löcher tragen so zu Charakter, Flow und der Vielfältigkeit des gesamten Platzes bei.

Der Blick des Architekten:
Artland Golfclub No. 5
Die Wild Card 13, heute die 5: Das Tee hätte auch für ein Par 3 im 90°-Winkel zur jetzigen Spiel rich tung genutzt werden können


Vom Startpunkt des Lochs auf dem Hügel schaut man herunter auf das Grünareal. Das Gefälle ist ein deutlicher Unterschied zu den anderen Par-3-Bahnen auf der Anlage. Aber dieser Hügel bereitete auch ein Problem. Dort, wo heute das Grün ist, sammelte sich das Wasser. War die 13 einfach zu bauen, weil durch den vorhandenen erhöhten Grünbereich eine natürliche Drainage gegeben war, musste hier die gesamte Spielbahn ganz von vorn angelegt werden. Das Hauptziel war dabei, das Wasser vom Grün wegzuleiten, um es so trocken wie möglich zu halten. Dabei sollte es aber nicht konstruiert wirken und es galt, eine künstliche Ästhetik zu vermeiden.

Um das Wasser vom Grünareal wegzuleiten, wurde ein Bunker 25 Meter davor platziert. Als der Besitzer die Arbeiten inspizierte und sah, dass dieser so weit vom Grün entfernt lag, wollte er wissen, weshalb und wofür. Als wir dann zum Abschlag gingen und hinunterschauten, war der Abstand nicht mehr auszumachen. Es sah so aus, als würde das Hindernis direkt vor dem Grün liegen. Eine optische Täuschung, wie sie schon vor hundert Jahren beim Platzbau genutzt wurde und die Spielbarkeit einer Anlage trotz optischer Reize deutlich erhöht.

Der Blick des Architekten:
Artland Golfclub No. 3 & 4 Der Entwurf eines anderen Architekten sah zwei gleichermaßen langweilige Par 4s vor. Dies hätte dem Charakter und der Qualität des Platzes geschadet, wäre doch so eine Lochfolge von vier kurzen Par 4s entstanden

An Tagen, an denen die Fahne vorne steckt, können die Golfer die Bälle eben in diesen "toten" Raum zwischen Bunker und Grün landen und auf die Putting-Oberfläche rollen lassen. Wenn der Wind von vorne bläst, wer den allerdings so einige in diesem Bunker landen, selbst Spieler mit niedrigem Handicap. Da der Bunker so einsam dalag und um die Bälle davon abzuhalten, nach links in den Wald zu springen, wurde ein zweites Sandhindernis links vor dem Grün platziert.

Das Grün selbst wurde so angelegt, dass das Wasser von der Oberfläche wegfließt. Leicht erhöht erinnert die Form an einen Bumerang. Der größere hintere Teil lässt das Wasser nach links abfließen und der schmalere vordere Teil nach rechts.

Das Loch verändert den Rhythmus des Platzes und bringt einen langen Schlag ins Spiel, nachdem vorher eine Serie kürzerer Annäherungsschläge gefragt war. Selbst wenn alles von Grund auf neu konstruiert werden musste, so fühlen sich das Gefälle und das Setting natürlich an. Durch die beschriebene Lösung des Drainageproblems entstand ein einmaliges Loch.

Selbst wenn der Artland GC zwei Wild Cards beherbergt, so sind sie doch eher selten und finden sich zumeist in eher robusterem Terrain. Meist muss der Architekt dann doch sein Gehirn anstrengen und kann sich nicht auf die Gegebenheiten verlassen, um ein charakteristisches Loch zu entwerfen, das differenzierte Schläge in und um Par 3s erfordert.

 
Der Autor

Der Autor

Tony Ristola, ein Amerikaner mit finnischen Wurzeln, kann nicht nur Golf spielen - er war als Teaching- sowie als Playing-Pro aktiv -, sondern fand in der Golfplatzarchitektur seine wahre Bestimmung. Zusammen mit Arbeitern, von denen die meisten noch nie einen Golfplatz gesehen hatten, schuf er mit Sand Valley in Polen sein erstes, international gefeiertes 18-Loch-Layout. Als einziger Golfplatzarchitekt garantiert er, jeden einzelnen Tag der Planungs- und Bauphase einer neuen Anlage vor Ort zu sein. www.tonyristola.com

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