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Kolumne: Golfplatz-Designer

Die Genialität des Dr. von Limburger

Von Tony Ristola

In dieser Folge unserer Kolumne forscht Platzarchitekt Tony Ristola im Nachlass des ohne Zweifel größten deutschen Golfplatzdesigners aller Zeiten und stellt dabei Erschreckendes fest.

Bild oben: Die gestrichelte weiße Linie verdeutlicht, wie Fairways mit der Zeit typischerweise immer enger werden (l). Die Original-Bunker wurden entfernt und neue Bunker an anderen Positionen gebaut (r)

An Golfplätzen, selbst den besten Arbeiten der berühmtesten Architekten, nagt stets der Zahn der Zeit. Der Weg in die Zerstörung wurde überall auf der Welt schon unzählige Male beschritten. Er ist gepflastert mit Fehlentscheidungen von Clubvorständen und Eingriffen in das Design aus Gründen der Platzpflege, die mit der Zeit überhandnehmen. Wird gegen diese schleichende Erosion über Jahrzehnte hinweg nichts unternommen, so kann das geniale Werk großer Architekten buchstäblich ausgelöscht werden. Konfrontiert mit einem uninspirierten Flickenteppich unterschiedlichster Designelemente, wird ein Golfclub irgendwann zur Ultima Ratio greifen und einen Architekten bitten, seinen Golfplatz von seinem Leid zu befreien.

Vor 30 Jahren war ein solches Szenario die Geburtsstunde der Donald Ross Society. Nachdem sie Zeuge der Verwässerung ihres 1924 eröffneten Ross-Platzes geworden waren, entschlossen sich eine kleine Gruppe Mitglieder, für die Restaurierung des Originaldesigns zu kämpfen. Sie lösten eine Bewegung aus, die nicht nur Donald-Ross-Plätze, sondern auch die Arbeiten anderer historisch wichtiger Architekten vor dem Verschwinden rettet. Über ihre Erfahrungen berichteten sie: "Der Kern des Problems liegt darin, dass nur wenige Architekten die Mühe in Kauf nehmen, ihre Kunden über die Vorzüge eines klassischen Designs aufzuklären. Tatsächlich suchen so viele Platzarchitekten heute nach Arbeit und geben darum viel zu schnell nach, wenn die Antwort an ihre Auftraggeber ein überzeugtes Nein sein sollte. Selbst wenn notwendige Arbeiten angegangen werden, machen sich nur wenige Architekten die Mühe, die alten Originalpläne zu sichten. Noch weniger sind an einem Masterplan für ein ReDesign interessiert, das den Platz in seine Ursprungsform zurückversetzen würde."

Dr. von Limburger, Deutschlands größter Golfplatzarchitekt, verstorben 1981, und seine "klassischen" Designs sind ebenfalls Opfer dieses Missstands. Bis heute wurde kein einziger seiner etwa 70 Plätze restauriert. Tatsächlich ist mir noch nicht einmal die Renovierung einer einzelnen Spielbahn oder eines Grünkomplexes bekannt. Stattdessen wurden seine Golfplätze in Gänze oder teilweise mutwillig zerstört. Es ist tragisch, vergleichbar mit der Zerstörung großer Kunstwerke.

Dr. von Limburgers Designphilosophie ist eine Weiterentwicklung und basiert auf den Prinzipien, die er in den Schriften der Giganten der Golfplatzarchitektur fand, Männer, deren Plätze heute überall auf dem Planeten erhalten werden. Seine Mentoren predigten eine vorbildliche Wirtschaftlichkeit und Deutschland konnte sich glücklich schätzen, über einen solch gebildeten und passionierten Verfechter solch zeitloser Prinzipien zu verfügen. Unglücklicherweise läuft die Zeit davon, denn seine Designs verschwinden mit rasender Geschwindigkeit.

Kolumne: Golfplatz-Designer: Die gestrichelte Linie zeigt die heutige Grüngröße
Die gestrichelte Linie zeigt die heutige Grüngröße

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AN GOLFPLÄTZEN, SELBST DEN BESTEN ARBEITEN DER BERÜHMTESTEN ARCHITEKTEN, NAGT STETS DER ZAHN DER ZEIT.
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Die Zeichnung unten ist ein Duplikat einer Dr.-von-Limburger-Spielbahn von circa 1970. Sie vermittelt einen Einblick in seine grundlegende Designphilosophie und zeigt, warum diese so durchdacht ist und Golfern aller Spielstärken nützt. Die Illustration rechts oben zeigt dasselbe Loch 40 Jahre später und veranschaulicht, wie radikal in das ursprüngliche Design eingegriffen wurde.

DAS FAIRWAY
Das Fairway wurde verlegt, die Landezone ist nun signifikant enger. Für gute Golfer ist sie etwa 20 Meter breit, weniger als die Hälfte des Von-Limburger-Originals. Enge Fairways zerstören strategisches Spiel und Spielbarkeit allgemein. Da kaum Möglichkeiten bestehen, den Ball an unterschiedlichen Stellen im Fairway strategisch zu platzieren, sind Golfer gezwungen, die Spielbahn Tag für Tag auf immer dieselbe Weise zu spielen, völlig unabhängig von der Fahnenposition auf dem Grün.

BUNKER
Der Doktor ließ auf seinen Plätzen nur wenige Fairway-Bunker anlegen. Doch indem er die Hindernisse an den von Golfern instinktiv als Ziele wahrgenommenen Stellen platzierte, wirken sie einen großen Einfluss auf die Spielstrategie aus und gestalten die Spielbahn ungleich interessanter. Weniger Bunker bedeuten nicht nur geringere Baukosten, sondern auch weniger Pflegeaufwand. Diese Philosophie der Bunker-Platzierung in Kombination mit einer ausreichenden Fairwaybreite ist die Essenz strategischen Designs.

GRÜNS UND IHRE UMGEBUNG
Von Semi-Rough umgebene Grüns, was heute der Standard zu sein scheint, konfrontieren Golfer üblicherweise Loch für Loch mit den immer gleichen Chip-Schlägen. Das ist schlicht langweilig.

Das Umfeld der meisten von Dr. von Limburger entworfenen Grüns besteht aus kurz gemähtem Gras, was eine ganze Palette von Schlagvariationen rund um die Putting-Oberfläche ermöglicht. Golfer können pitchen, Chip and Runs spielen oder sogar putten. Besonders für durchschnittliche Golfer steigert es den Spielspaß enorm, wenn das Platzdesign sie nicht zu einem bestimmten Schlag zwingt.

Was den Spielspaß für den Großteil aller Golfer steigert, erhöht gleichzeitig den Schwierigkeitsgrad für die besten Spieler, denn sie werden zum Nachdenken gezwungen: Versuchen sie, einen präzisen Pitch vom kurzen Gras zu kratzen, genau wissend, dass ein Fehlschlag schlimme Konsequenzen haben könnte, oder entscheiden sie sich für einen weniger berechenbaren flachen Schlag? Besser noch: Nicht nur der Schlag wird kniffliger, die Optionen erlauben es dem teuflischen Bruder des Nachdenkens, dem Zweifel, sich in der Gedankenwelt der Golfer einzunisten.

DIE TÜR ZUM GRÜN
Das einst weit offene Entree zum Grün wurde auf einen schmalen Streifen reduziert, was Dr. von Limburgers Designidee vollkommen widerspricht. Wiederholt sich dieses Element im Laufe einer Runde, wird Golfern die Möglichkeit der Kreativität bei Annäherungsschlägen genommen. Darüber hinaus wird so die falsche Annahme suggeriert, der beste Winkel in Richtung Fahne bestehe immer aus der Mitte des Fairways. Enge Grüneingänge verhindern, dass Rettungsschläge aus schlechteren Lagen doch noch auf das Grün springen können, und eliminieren so die Möglichkeit spannender Schlagvarianten für alle Spielstärken. Ein Golfer, der sich auf seine Fähigkeit zu scramblen verlässt, wie zum Beispiel Seve Ballesteros, wird dieser Gabe völlig beraubt. Schlimmer noch: Diejenigen, die sich auf flache, aufs Grün rollende Annäherungsschläge verlassen müssen, meist mittlere und hohe Handicaps, werden durch schmale Grüneingänge besonders hart bestraft.

Was macht denn mehr Spaß und bietet eine größere Befriedigung als ein wundervoller Rettungsschlag aus einer schier aussichtslos schlechten Lage? Den Ball zu beobachten, wie er in Richtung Grün schießt, über die Konturen der Spielbahn springt, gerade so ein Hindernis verfehlt und schließlich auf dem Grün an Geschwindigkeit verliert und liegen bleibt? Ist der Zugang zum Grün auf einen schmalen Streifen reduziert, werden Golfer wundervoller Möglichkeiten beraubt.

SCHRUMPFENDE GRÜNS
Jede Fahrt des Grünmähers ändert die Form des Grüns geringfügig. Im Laufe von Jahrzehnten führt dies zu enormen Veränderungen. Die Mehrzahl von Dr. von Limburgers Grüns sind über die Jahre geschrumpft, manche um bis zu 30 Prozent. Tritt dieses Phänomen auf, sind es leider meist die interessantesten Fahnenpositionen nahe der Bunker und Hügel, die verloren gehen.

BÄUME
Nachträgliches Pflanzen von Bäumen ist eine gängige Praxis auf den meisten historischen Golfplätzen, Dr. von Limburgers sind in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Diese Anpflanzungen verengen die ursprünglichen Spielkorridore zu engen Alleen, eliminieren weite Ausblicke über den Golfplatz, überdecken Bodenkonturen und verursachen ernsthafte Wachstumsprobleme durch das Blockieren von Luftströmen und Sonneneinstrahlung. Anstelle einer einzigartigen Optik liefern Jahrzehnte des Bäumepflanzens von Wald gesäumte Spielbahnen, die immer enger und irgendwann redundant werden.

In ihrer Originalform sind Dr. von Limburgers Designs zeitlose Klassiker. Durchdacht, fordernd, unterhaltsam und nachhaltig. Sie fügen sich in die natürliche Landschaft ein und können von allen Golfern, ungeachtet deren Fähigkeiten gespielt werden. Seine Genialität lag darin, am verfügbaren Land nur das Nötigste zu verändern, um einen interessanten und abwechslungsreichen Golfplatz zu schaffen. Dies ist eine Form der Architektur, die der große Platzarchitekt Dr. MacKenzie als "geistige Arbeit" bezeichnete, weil sie körperliche Arbeit minimiert. Seine Plätze sind es wert, ehrlich erhalten zu werden, und sollten zukünftigen Anlagenplanern wie auch existieren den Clubs als Vorbild dienen.

 
DER AUTOR

DER AUTOR

Tony Ristola, ein Amerikaner mit finnischen Wurzeln, kann nicht nur Golf spielen - er war als Teaching- sowie als Playing-Pro aktiv -, sondern fand in der Golfplatzarchitektur seine wahre Bestimmung. Zusammen mit Arbeitern, von denen die meisten noch nie einen Golfplatz gesehen hatten, schuf er mit Sand Valley in Polen sein erstes, international gefeiertes 18-Loch-Layout. Als einziger Golfplatzarchitekt garantiert er, jeden einzelnen Tag der Planungs- und Bauphase einer neuen Anlage vor Ort zu sein. www.tonyristola.com

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