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Scorekarten-Killer

Rudis schwarze Löcher Volume 4

Von Rudi Schaarschmidt

Braucht's das?' Es gibt viele Situationen im Leben, in denen man diese Frage eindeutig verneinen kann. Zusätzliche Löcher im Kopf - braucht's nicht. Punkte in Flensburg - braucht's nicht. Andreas Gabalier - braucht's nicht. Noch Fragen?

Für uns Golfer gibt es hierzulande viele schöne Golfplätze, die uns große Freude bereiten. Auf manchen davon lauern allerdings Spielbahnen, die uns regelmäßig den Angstschweiß ins Antlitz treiben. Bahnen, von denen ich behaupte, dass ein Par beim ersten Spielen nahezu unmöglich und auch in der Folge eine Hochleistung ist. Einige dieser golfbaulichen Angströhren stelle ich allen GolfPunks in dieser Serie vor. Braucht's das? Der wahre Golf Punk ist stets auf der Suche nach der ultimativen Challenge. Für uns wäre Golf ohne derartige Herausforderungen wie Fußball ohne Tore. Daher: Na klar braucht es genau solche Everests!

Dave Thomas starb 2013 im Alter von 79 Jahren in Marbella. In den 50er- und 60er- Jahren war er einer der Stars im europäischen Profigolf, der einen Sieg bei der Open Championship zweimal knapp verpasste. 1958 verlor er ein 36-Loch-Stechen gegen Peter Thompson, 1966 benötigte er einen Schlag mehr als der siegreiche Jack Nicklaus. Nachdem Thomas die Karriere wegen Rückenproblemen hatte beenden müssen, zeichnete er als renommierter Golfplatzarchitekt verantwortlich für über 100 Plätze in der ganzen Welt wie Terre Blanche, Alcaidesa, La Manga oder auch den Kurs St. Leon südlich von Heidelberg. Dessen fünfte Bahn ist unfassbar schwierig - für jede Spielstärke. Zwischen den Backtees und den vorderen Abschlägen (rot) liegen satte 103 Meter. 394 Meter von den Herren-Abschlägen sind an sich schon kein Pappenstiel, der Spielbahnverlauf tut sein Übriges. Links droht die Ausgrenze, die nachträglich eingeführt wurde, nachdem einige Schlaumeier die Bahn als Querfeldeinloch spielten, indem sie das weiter links verlaufende Loch 6 anspielten und die dort laufenden Golfer gefährdeten - eine gute Entscheidung. Am Ende dieser Ausgrenze beginnt ein großer See, der jede Saison Abertausenden Bällen als letzte Ruhestätte dient. Rechts warten entlang des Fairways drei große Bunker auf die Schläge der Heerscharen von Slicern. Das ebenfalls von drei Bunkern verteidigte und auf zwei Ebenen angelegte Grün mit dem zweiten Schlag zu attackieren erfordert einen perfekten Drive vom Tee und Monster-Cojones beim Schlag übers Wasser - für 98,6 Prozent aller Amateure ein aussichtsloses Vorhaben. Wer zwei gute Schläge hinbekommt, die Annäherung übers Wasser auf dem richtigen Plateau des Grüns platzieren kann und schließlich mit zwei Putts im Loch ist, dem darf gratuliert werden.

STATISTIK


Im Jahr 2018 haben 3.537 Spieler und Spielerinnen dieses Loch bei vorgabewirksamen Turnieren gespielt. Die Tatsache, dass die Mitglieder im Golfclub St. Leon-Rot zu den spielstärksten im Land zählen, mindert die Verwunderung über die beachtliche Zahl von 420 Pars, 819 Bogeys, 829 Doppel-Bogeys, 1.130 Triple-Bogeys oder schlechter gespielt, 297-mal wurde das Loch ohne Ergebnis gestrichen. Der Durchschnitts-Score betrug 6,00. (Quelle: PC Caddie)

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Wenn ihr auch solche Monster kennt, die nicht allein wegen ihrer schieren Länge immer wieder zum Scorekiller werden - meldet euch: redaktion@golfpunk.de

Scorekarten-Killer: Scorekarten-Killer:
1) Bereits vom Tee lauert jede Menge Ärger: Links warten eine Ausgrenze und ein ausladender See, rechts Bunker auf gepushte Abschläge. Der Drive entscheidet an dieser Bahn über die weitere Strategie.

2) Den rechten Fairwayrand flankieren in jeder Drive-Länge drei lang gezogene Bunker. Von dort ist es praktisch unmöglich, das Grün zu attackieren.

Scorekarten-Killer: Scorekarten-Killer:
3) Wenig besser: Pulls oder Hooks nach links. Die ersten 200 Meter droht die Ausgrenze, danach beginnt der große See.

4) Selbst nach einem super Abschlag sind es mindestens noch 150 Meter carry über den See auf ein von drei Bunkern bewachtes Grün.

Scorekarten-Killer: Scorekarten-Killer:
5) Kann man mit dem zweiten Schlag nicht angreifen und hat vorgelegt, erwartet einen ein Pitch aus rund 100 Metern über Wasser.

6) Links, zentral und rechts des Grüns lauern drei Bunker. Selbst wenn man das riesige Grün erreicht hat, wartet noch Arbeit: Eine leichte Welle sorgt für zwei Plateaus.

 

Das sagt der Schöpfer

"Meine Philosophie sieht vor, dass alle Golfspieler mit einer visuellen Herausforderung konfrontiert werden sollen und mit der Möglichkeit, eine auf den individuellen Fähigkeiten basierende Strategie für das Spielen des Platzes festlegen zu können." Dave Thomas, Golfplatzdesigner

Das mit der visuellen Herausforderung ist ihm in St. Leon-Rot bestens gelungen. Das mit der Strategie hat er uns überlassen.

TIPPS VOM PRO


BENJAMIN SCHLICHTING, PGA OF GERMANY FULLY QUALIFIED DGV/DOSB A-TRAINER: "Es gibt vom Tee drei Optionen, je nach bevorzugter Flugkurve. Für Longhitter wird die Bahn breit. Wenn man das Wasser links schneidet und einen leichten Fade über 250 Meter schlagen kann, fällt der Ball auf die offene Seite und der Schlag ins Grün ist nicht mehr so lang. Alle anderen können versuchen, einen geraden Schlag vor den letzten, etwas vorgelagerten Fairway-Bunker zu legen. Oder einen leichten Draw an den Wasserrand. Der ist allerdings riskant und der zweite Schlag ist dann lang. Da zudem drei Grünbunker drohen, aus denen je nach Fahnenposition auch alles passieren kann, sollten die meisten die Bahn als Par 5 spielen, denn es ist ein potenzielles Desaster-Loch."

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