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Strokes of Genius

Tiger Woods 2000

Von Jan Langenbein, Fotos: Getty Images

Es gibt mindestens ein Dutzend beste Schläge, die Tiger Woods während seiner Profikarriere bisher aus dem Hut zauberte. Sein Bunkerschlag zu Beginn des neuen Millenniums in Kanada nimmt darunter allerdings eine besondere Stellung ein.

Ort: Glen Abbey Golf Club, Oakville (CAN)
Turnier: Bell Canadian Open
Datum: 10. September 2000
Schläger: Eisen 6

Ausgangssituation

Acht Siege, darunter drei bei Major-Turnieren, hatte Tiger Woods in dieser, seiner wohl großartigsten Saison 2000 bereits eingefahren, als er mit einem Schlag Vorsprung vor einem alles andere als Furcht einflößenden Grant Waite auf das abschließende, 465 Meter lange Par 5 trat. Das Turnier schien entschieden, doch dann pushte der Weltranglisten seinen aggressiven Drive in den rechten Fairway-Bunker, während sein Kontrahent die Spielbahn traf und kurz darauf das Grün mit dem zweiten Schlag erreichte.

Balllage

Aus dem grauen Himmel fielen vereinzelte Regentropfen und die Luft war schwer. Steve Williams hatte seinem Boss zwar prophylaktisch die Länge zum Vorlegen errechnet, doch er wusste genau, dass Tiger diese nicht benötigen würde. 199 Meter trennten seinen Ball im Bunker vom Grün, die letzten 150 davon komplett über Wasser. Eine mächtige Eiche auf der rechten Seite der Spielbahn versperrte die Sicht auf die Fahne, die kaum näher und gefährlicher am Wasserhindernis hätte stecken können.

Feuer frei!

In dem Wissen, dass ein Birdie für den Turniersieg nötig war, griff Woods zum Eisen 6. Die Position im Bunker ließ keinen freien Blick zur Fahne zu und trotzdem entschied er sich für den riskantesten Schlag direkt in Richtung Loch. Der brachiale Hieb erzeugte ein Geräusch, das zu jener Zeit nur von einem Spieler auf dem Planeten erzeugt wurde, und Grant Waite dachte sofort: "Oh, der Ball startet rechts. Er wird im Wasser landen." Wenige Sekunden später landete Tigers Ball zwei Meter hinter der Fahne und kam im Vorgrün zum Liegen.

Nachspiel

Einen Chip gefolgt von einem Tap-in später stand das Birdie auf der Scorekarte und Tigers neunter Sieg der Saison war in trockenen Tüchern. "Ein einziges Sandkorn zwischen Schlagfläche und Ball hätte mein Leben für immer verändern können, so viel steht fest. Aber es kam anders. Tiger konnte zu dieser Zeit einfach nichts falsch machen", haderte Waite Jahre später mit seinem Schicksal. Sein Sieg bei der Kemper Open 1993 sollte sein einziger auf der PGA Tour bleiben. Woods nahm einen Scheck über 549.000 Dollar mit nach Florida.

Augenzeuge

Steve Williams ist sich knapp 20 Jahre später sicher: "In all den Jahren, die wir beide ein Team waren, spielte Tiger eine Menge brillante Schläge, während ich sein Caddie war. Doch angesichts der Tatsache, dass es das 72. Loch war und das Turnier entschieden wurde, ist der Schlag aus dem Bunker in Kanada mein Favorit." Tiger selbst übte sich kurz darauf im TV-Interview in Understatement: "Der Schlag war ziemlich gut. Aber weißt du was? Ich habe hinters Grün geschlagen, so gut kann er also nicht gewesen sein."

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