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Kolumne: Golfplatz-Designer

Warum sind Inselgrüns so beliebt?

Von Tony Ristola

Tom Hanks war froh, als er seine Insel endlich verlassen konnte, und auch Guybrush Threepwood blieb keine Minute länger als nötig auf Monkey Island. Warum ist die Sehnsucht nach der Insel unter den Golfplatzbesitzern trotzdem so verbreitet? Unser Kolumnist Tony Ristola findet, dass diesem Wahnsinn ein Ende bereitet werden muss.

Als wir neulich nach unseren Abschlägen das Fairway hinunterschlenderten, bemerkte mein Spielpartner nicht ohne Stolz: "Das ist unser Signature Hole." Zum ersten Mal zu Gast auf dieser Anlage wunderte ich mich, was dieses Par 4 auf flachem Farmland zu etwas Besonderem qualifiziert, doch als wir die Bäume in der Ecke des Doglegs passierten, wurde klar, was er meinte, denn nun war der Blick frei auf ein Inselgrün umgeben von einem halb leeren Tümpel voller Algen. "Wieder eines von der Sorte...", dachte ich mir, denn es war das fünfte Inselgrün in Folge während einer Bildungsreise über fremde Plätze letzten Sommer. Nicht eines davon ergab tatsächlich einen Sinn. Das tun sie beinahe nie. Auf mich wirken diese Spielbahnen wie unnatürliche Kopien im besten und beinahe unspielbare Bausünden in den schlimmsten Fällen. Aber bevor ich mich in Rage rede, reisen wir in die Vergangenheit.

Nachdem die Players Championship 1982 nach Sawgrass umgezogen war und zum ersten Mal auf dem brandneuen Stadium Course ausgetragen wurde, war das Konzept des Inselgrüns weltweit in aller Munde. Entworfen von Pete Dye, wurden diese 18 Löcher mit nur einem Ziel entworfen und gebaut: die besten Spieler der Welt durch die Hölle zu schicken. Das mittlerweile weltberühmte Inselgrün der 17 war jedoch kein Teil des ursprünglichen Plans.

Dye verbrachte, für Architekten dieses Kalibers eher ungewöhnlich, enorm viel Zeit auf der Baustelle und entwarf viele der heute legendären Designmerkmale spontan in der Hitze des Gefechts. Einzig der Verlauf der Spielbahnen, das sogenannte Routing, blieb vom ersten Tag der Planungsphase an unangetastet. Darüber hinaus war nichts heilig, was in den Plänen stand. Selbst während die Bulldozer rollten, arbeitete er auf der Anlage an seinen Ideen und zeichnete nicht selten neue Pläne mit einem Stock in die frisch bewegte Erde, um den Arbeitern seine Vision zu verdeutlichen. Diese Hingabe zum entstehenden Design erklärt, warum es Dye gelang, so viele Golfplatz-Ikonen zu entwerfen. Harbour Town, der Ocean Course auf Kiawah Island, La Quinta Mountain, Oak Tree, Teeth of the Dog oder Crooked Stick sind allesamt Beleg für die Effektivität seiner Arbeitsweise und die Brillanz seiner Entwürfe.

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ENTSPRICHT DAS VERSENKEN VON BÄLLEN ODER DAS REGELMÄSSIGE SCHEITERN AN EIN UND DEMSELBEN LOCH DEINEM VERSTÄNDNIS VON SPASS?
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Der absoluten Flexibilität Pete Dyes ist es zu verdanken, dass das erste Inselgrün überhaupt Gestalt annehmen konnte. Wie bei so vielen großen Erfindungen spielte der Zufall eine entscheidende Rolle und die ursprüngliche Idee kam noch nicht einmal von ihm selbst. Es war Petes Frau und Mitarbeiterin Alice, eine ehemalige Weltklasse-Amateurspielerin, die ein Inselgrün vorschlug, als sie eines Tages fassungslos dort stand, wo eigentlich das 17. Grün entstehen sollte. An dieser Stelle fanden Platzarbeiter den am besten für den Bau der restlichen Fairways geeigneten Sandboden und bedienten sich nach Belieben, was ein riesiges Loch zur Folge hatte. Alice und Pete machten aus der Not eine Tugend und das Resultat waren nicht eine, sondern zwei Inseln inmitten eines 1,5 Hektar großen Sees: das Grün selbst und eine weitere, kleinere Insel, die Platz für einen Baum bietet, um der Notmaßnahme mehr Natürlichkeit zu verleihen.

Trotz meiner Abneigung gegen Inselgrüns muss ich zugeben, dass die 17 in Sawgrass eine brillante Spielbahn ist - für ihren angedachten Zweck. Als vorletztes Loch des fünftwichtigsten Profiturniers der Welt ist es ein gnadenloses Design, das mehr Drama versprüht als zehntausend gleichzeitig aufgedrehte Feuerhydranten. Abseits dieses äußerst spezifischen Anforderungsprofils, nämlich die besten Pros der Welt ins Schwitzen zu bringen, fällt das Inselgrün als Konzept bei entscheidenden Praxistests des Golfplatzdesigns regelmäßig durch.

Kolumne: Golfplatz-Designer:
Die 17 des Stadium Course in Sawgrass, der Ursprung des weltweiten Inselgrün-Trends. Die kürzeren Abschläge sind so platziert, dass den weniger talentierten Spielern die gesamte Tiefe des Grüns zur Verfügung steht


TEST 1: SPIELBARKEIT
Mit einer Länge zwischen 111 und 125 Metern ist die 17 in Sawgrass das schwierigste kurze Par 3 auf der PGA Tour - oder wie ein Profi einst feststellte: "Wäre das Wasser Gras, wäre dieses Loch das wohl einfachste Par 3 der Welt."

Für Greenfee-Spieler misst das Loch 85 bis 105 Meter und trotzdem landen jedes Jahr zwischen 100.000 und 150.000 Bälle im Wasser. Das sind zwei bis drei Bälle pro Spieler. So großartig das Design und die entstehenden Dramen für ein Profiturnier auch sein mögen, für die breite Masse ist dieses Loch unspielbar, wie die Anzahl der versenkten Bälle beweist. Sawgrass ist deshalb für 98 Prozent aller Amateurgolfer ein 17-Loch-Golfplatz.

Gute Architekten handeln im Sinne ihres Auftraggebers, indem sie herausfordernde und interessante Plätze für die Scratch-Golfer bauen, die vom Durchschnittsmitglied des Clubs aber genauso gespielt und genossen werden können. Inselgrüns, selbst wenn sie lediglich eine moderate Carry-Distanz erfordern, stellen jeden Golfer vor alternativlose Herausforderungen, die nicht von jedem Spieler bewältigt werden können, und fallen daher beim Praxistest auf Spielbarkeit spektakulär durch.

TEST 2: VERGNÜGEN
Entspricht das Versenken von Bällen oder das regelmäßige Scheitern an ein und demselben Loch deinem Verständnis von Spaß? Ist das erzwungene Vorlegen - falls diese Möglichkeit überhaupt besteht - vor einem Wasserhindernis deine Definition von Vergnügen?

Wer nun "Man muss eben ordentlich Golf spielen können" spottet, dem empfehle ich einen Nachmittag während eines gut besuchten Ladys-Day in der Nähe eines Inselgrüns. Unter den Teilnehmerinnen wird nicht nur die Frustration enorm sein, auch das Spieltempo leidet unter einem Inselgrün immens. Wenn ein kurzes Par 3 das schwerste seiner Art für die besten Professionals der Welt ist, dann ist es für den Rest von uns ein Bälle fressender Albtraum, der alles andere als Spaß bereitet, muss man sich dieser Aufgabe Woche für Woche stellen.

TEST 3: NATÜRLICHKEIT
Es ist das erklärte Ziel beinahe jedes Golfplatzarchitekten, Anlagen zu entwerfen, die eins mit der Natur sind. Von Wasser umgebene Inselgrüns widersprechen diesem Ziel so gut wie in jedem Fall. In den 36 Jahren, seit Pete Dye die Golfwelt mit dem Inselgrün-Virus infiziert hat, sind mir bisher erst drei dieser Bauwerke vor Augen gekommen, die ein Gefühl von Natürlichkeit vermitteln.

Eines davon wurde in ein Sumpfgebiet gebaut. Von der Teebox war nichts außer einem Meer von Schilf zu sehen mit einem erhöhten Grün, das als willkommene Abwechslung aus dieser golffremden Landschaft herausragte. Der Weg aus Holzplanken in Richtung Grün war vom Abschlag aus unsichtbar und so entstand tatsächlich die Illusion einer natürlichen Insel.

Die anderen beiden befanden sich unglaublicherweise inmitten riesiger Seen von mindestens 40 Hektar Größe. Ihre Größen, Formen und die Art und Weise, wie sie mit der Küstenlinie interagierten, ließen sie jedoch glaubwürdig erscheinen. Von diesen drei "natürlich" anmutenden Inselgrüns verfehlten jedoch zwei den Spielbarkeitstest für Männer und alle drei versagten in dieser Hinsicht für Golferinnen.

TEST 4: ORIGINALITÄT
Als Heimatplatz der PGA Tour und Austragungsort ihres wichtigsten Turniers ist Pete und Alice Dyes Inselgrün eine mutige und originäre Designentscheidung, die nicht nur optimal ihren angedachten Zweck erfüllt, sondern auch zum exakt richtigen Moment einer Runde platziert wurde. Die 17 in Sawgrass erreicht in diesem Test somit die Bestnote.

Großartige Golflöcher sind immer auch das Produkt vorhandenen Landes, was sie einzigartig macht. Der Architekt fand eine ideale Designlösung für das vorgegebene Grundstück und perfektionierte die Natur im Sinne des Golfers. Die meisten Inselgrüns sind jedoch die Antithese des Begriffs "Originalität" und schaffen es sogar, absolute Abscheulichkeiten zu werden, wenn ihre Umrisse eine ganz bestimmte Form annehmen, um auf Luftaufnahmen verewigt zu werden.

Inselgrüns mögen eine spaßige Abwechslung darstellen, bekommt man sie nur jedes Schaltjahr einmal vorgesetzt, als regelmäßiges Design-Feature empfinde ich sie jedoch als eine regelrechte Pest. Es gibt Millionen verschiedener Designmöglichkeiten, die weitaus spielbarer, natürlicher und eigenständiger wirken und funktionieren als ein mit Wasser gefüllter Krater rund um ein Grün. Spielbahnen, die einen Bruchteil der Baukosten eines Inselgrüns verschlingen, optisch ansprechend sind und von Golfern aller Spielstärken genossen werden können. Mit anderen Worten: Löcher, die Golfer zufriedenstellen, anstelle sie in die Verzweiflung zu treiben, indem sie alle oben aufgeführten Praxistests verfehlen.

 
DER AUTOR

DER AUTOR

Tony Ristola, ein Amerikaner mit finnischen Wurzeln, kann nicht nur Golf spielen - er war als Teaching- sowie als Playing-Pro aktiv -, sondern fand in der Golfplatzarchitektur seine wahre Bestimmung. Zusammen mit Arbeitern, von denen die meisten noch nie einen Golfplatz gesehen hatten, schuf er mit Sand Valley in Polen sein erstes, international gefeiertes 18-Loch-Layout. Als einziger Golfplatzarchitekt garantiert er, jeden einzelnen Tag der Planungs- und Bauphase einer neuen Anlage vor Ort zu sein. www.tonyristola.com

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