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Collin Morikawa

Von 0 auf 100 in 8 Wochen

Von Jan Langenbein

Außer Tiger Woods spurtete kein Rookie auf der PGA Tour schneller zum ersten Sieg und zum ersten Major-Titel als Collin Morikawa. Und auch 2021 stellte der 24-jährige Shootingstar mit Profisieg Nummer vier klar, dass er sein Pulver noch längst nicht verschossen hat.

Die Nachmittagssonne in Dubai brennt auch Ende Januar gnadenlos und Collin Morikawa ist froh, nach den ersten Trainingslöchern im Emirates GC ein wenig Schatten zu finden. Der amtierende PGA Champion hat 16 Stunden Flug aus den USA hinter sich: "Nun muss ich meinen Körper bis Donnerstag fit für den Wettkampf machen, denn eines ist klar: Das hier ist keine Vergnügungsreise. Es ist nicht einfach, um die halbe Welt zu reisen und zwölf Stunden Zeitunterschied wegzustecken. Aber das gehört dazu, wenn man zu den besten Golfern der Welt zählen und auf allen Kontinenten antreten möchte."

Business as usual für einen Golfprofi also, doch angesichts des Weltklasse-Starterfelds und eines Preisgelds von knapp drei Millionen Euro fühlt sich die Atmosphäre zwei Tage vor dem Turnierstart keineswegs normal an. Zuschauer? Fehlanzeige. Collin scheint damit keine Probleme zu haben: "Nichts ist, wie es war. Wir können jederzeit auf dem Platz trainieren, ohne uns Gedanken machen zu müssen, von Fans gestört zu werden, oder danach den Medien Rede und Antwort zu stehen. Im Moment komme ich auf den Platz, gehe meiner Arbeit nach, fahre zurück ins Hotel, relaxe und am nächsten Tag dasselbe."

Im Juli 2019 wechselte der damals 21-Jährige als 1.039. der Weltrangliste zu den Profis und feierte bereits acht Wochen später bei der Barracuda Championship seinen ersten Sieg auf der PGA Tour. Rookie-typische Sorgen um eine Tourkarte fürs kommende Jahr hatten keine Chance, sich überhaupt zu entwickeln.

Als die PGA Tour nach der Coronapause im Juni 2020 den Spielbetrieb wieder aufnahm, spielte Collin Morikawa acht Wochen lang völlig verrückt. Beim ersten Turnier nach dem Restart, der Charles Schwab Challenge, wurde er umgehend Zweiter und gewann drei Wochen später in Muirfield Village prompt seinen zweiten Titel. Ein Monat später gelang Morikawa dann bei der PGA Championship in San Francisco sein Meisterstück. Als drittjüngster PGA Champion seit 1945 spielte er nicht nur die beste Finalrunde in der Geschichte des Majors, sondern erweiterte das illustre Trio Jack Nicklaus, Tiger Woods und Rory McIlroy zum Quartett der einzigen Spieler, die die PGA Championship bereits im Alter von 23 gewannen.

Collin Morikawa:

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Vor zehn oder 15 Jahren herrschte noch der Glaube vor, dass man sich zuerst auf der Tour etablieren müsse, um an Siege denken zu können. Wir dagegen kommen auf die Tour und sind überzeugt davon, von Tag eins an um Siege mitspielen zu können.
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Nur 14 Monate nach seinem Wechsel ins Profilager konnte Collin nicht nur einen Major-Titel und knapp sieben Millionen Dollar Preisgeld, sondern auch einen Platz in den Top Five der Weltrangliste sein Eigen nennen. Äußerst beeindruckend für einen Spieler, der in seinen Teenagerjahren so gut wie nie auf der Driving Range anzutreffen war!

Fünf Autominuten vom damaligen Wohnsitz der Morikawas in Glendale, Kalifornien, liegt der Chevy Chase Country Club. Auf dieser kleinen Spielwiese bestehend aus neun Löchern, zehn Grüns und 36 Teeboxen inmitten der Canyons von Los Angeles lernte Collin Golf spielen. "Ich hatte nie Interesse daran, auf der 100 Yards langen Range Bälle ins Netz zu schlagen. Das Training fand auf dem Platz statt, wo wir Cross-Country-Golf spielten. Man muss nutzen, was vorhanden ist, und wenn kein 18-Loch-Championship- Platz zur Verfügung steht, wird improvisiert."

Zwei Asse auf Bahn 6 und eine Clubmeisterschaft konnte Collin im Chevy Chase CC feiern, ehe er sich aufmachte, zuerst an der University of California, Berkeley, reihenweise Trophäen zu sammeln und äußerst erfolgreich beim Walker Cup anzutreten. 2018 schaffte Morikawa es sogar für drei Wochen an die Spitze der Amateur-Golf-Weltrangliste. Zweifel, dass dieser Junge über das nötige Etwas besitzt, um im Haifischbecken PGA Tour bestehen zu können, hatte daher kaum jemand; dass Collin vom Neunlochplatz in Glendale allerdings mit derartiger Wucht im Rampenlicht einschlagen würde, hatten wohl die wenigsten auf dem Zettel. Außer Collin Morikawa selbst...

2020 war für 99 Prozent der Menschheit ein Jahr zum Vergessen. Mit Sicherheit gehört Collin Morikawa aber zu dem glücklichen einen Prozent, oder?
Wenn ich daran zurückdenke, muss ich immer noch grinsen. Was mehr kann man sich als Golfer wünschen, als mit 23 Jahren bereits ein Major gewonnen zu haben? Erst langsam begreife ich, welche Möglichkeiten sich für meine Zukunft dadurch ergeben und welche Türen nun plötzlich offenstehen. Major-Turniere zu gewinnen ist das Ziel jedes Profigolfers und dieses so früh abhaken und sich auf weitere Meilensteine danach konzentrieren zu können ist großartig.

Dein Sieg in San Francisco fand unter außergewöhnlichen Bedingungen ohne Zuschauer statt. Hat die Stille auf dem Platz geholfen, dich besser fokussieren zu können und die Nerven unter Kontrolle zu halten?
Ich würde nicht sagen, dass es mir bei der Konzentration geholfen hat, denn ich war noch nie im Leben so konzentriert wie während der 18 Löcher an diesem Sonntag. Wir alle mussten uns ab Juni auf die veränderten Bedingungen einstellen und es ging sogar so weit, dass es ohne Fans ein wenig langweilig wurde und nicht einfach war, die Anspannung eines Wettkampfs über 72 Löcher aufrechtzuerhalten. Sind Tausende Fans auf der Anlage, sorgen die schon dafür, dass man als Athlet keine Sekunde lang vergisst, worum es gerade geht. Hier in Dubai werden einige wenige Fans auf der Anlage sein, was mich sehr freut, denn der Jubel nach einem guten Schlag fehlt mir sehr.

Wie gehst du mit dem immensen Druck einer Finalrunde bei einem Major um?
Ich denke, ich bin gut darin, Wettkampfdruck in positive Anspannung umzuwandeln. Ich liebe meinen Beruf und habe die Möglichkeit, mein Können gegen die besten Spieler der Welt zu testen. Mir ist bewusst, dass ich mich enorm glücklich schätzen kann, so mein Geld zu verdienen. Wenn man eine Tätigkeit wirklich liebt, dann empfindet man nicht wirklich Druck, während man auf dem Golfplatz um den Sieg kämpft.

Du zählst bereits mit 23 zu den besten Ballstrikern der Welt. Wie sieht dein Training mit den Eisen aus und an wem hast du dich als Jugendlicher orientiert?
Als Jugendlicher habe ich natürlich Tiger nachgeeifert, sein Eisenspiel ist unglaublich. Mein Training findet zum größten Teil auf dem Platz statt. Golf wird schließlich auf dem Platz und nicht auf der Driving Range gespielt. Daher trifft man mich nicht oft auf der Range und sieht mich Eimer voller Bälle schlagen. Auch jetzt als Profi und vor großen Turnieren gehe ich lieber auf den Platz und spiele neun Löcher zu Trainingszwecken, als zwei Stunden lang Bälle zu schlagen. Draußen auf dem Platz bieten sich viel mehr Möglichkeiten, kreativ zu sein und unterschiedliche Schläge auszuprobieren. Diese Art des Trainings hat sich für mich bisher bezahlt gemacht.

Collin Morikawa: Vorbildliche Arbeitsmoral: im Blaumann ins BüroCollin Morikawa: Vorbildliche Arbeitsmoral: im Blaumann ins Büro
Vorbildliche Arbeitsmoral: im Blaumann ins Büro
Du hattest 2017 einen unglaublichen Walker Cup mit vier Siegen. Würdest du sagen, dein Spiel ist gut für Match-Play-Situationen geeignet?
Mein Ballstriking ist sehr konstant, und wenn ich gut drauf bin, kann ich den Ball bis auf zehn Fuß [etwa drei Meter; Anm. d. Red.] an jede Fahne auf dem Platz schlagen. Ist man dazu in einer Match-Play-Situation Spielbahn um Spielbahn in der Lage, kann man seinen Gegner wirklich zermürben. Das fühlt sich dann beinahe genau so an, als würde der Gegner ständig lange Putts versenken. So etwas ist schwer zu kontern. Ich denke, ich bin sowohl ein guter Match-Play-Spieler als auch ein guter Match-Play-Partner.

War es deshalb schwer zu verdauen, dass der Ryder Cup 2020 auf dieses Jahr verschoben wurde?
Nein, das war überhaupt nicht schwer. Ich habe heute Morgen noch mit Ian Poulter darüber gesprochen und bin mit ihm völlig einer Meinung, dass ein Ryder Cup ohne Fans absolut undenkbar ist. Es sind die Fans, die den Ryder Cup zu etwas ganz Besonderem machen und die Spieler jedes Mal zu Höchstleistungen motivieren. Wenn ich es letztes Jahr ins Team geschafft hätte, dann kann ich das auch 2021 erreichen, obwohl mindestens 20 bis 30 Jungs im Moment für Team USA infrage kommen. Einen Platz im Ryder-Cup-Team bekommt man nicht geschenkt, er erfordert sehr konstante Leistungen. Aber ich denke, ich bin bisher in einer guten Position.

Deine Freundin Katherine Zhu spielt sehr erfolgreich Golf am College. Wann hast du das letzte Mal ein Match gegen sie verloren?
[lacht] Oha, da muss ich mal scharf nachdenken. Wir haben rund um den Jahreswechsel viel Golf zusammen gespielt. Ich gebe ihr ein paar Schläge vor und sie hat mich im vergangenen Winter sicher ein paar Mal geschlagen.

Sie ist eine wirklich gute Golferin; es können nicht allzu viele Schläge sein, die du ihr vorgibst, oder?
Wir spielen meistens Neunloch-Matches. Vor allem wenn sie gut spielt, lässt sie das Match gerne nach neun Löchern enden, um dann alle wissen zu lassen, dass sie mich geschlagen hat. [grinst] Mehr als drei oder vier Schläge bekommt sie auf neun Löchern keinesfalls, sonst habe ich keine Chance.

Wie wirken sich die veränderten Lebensbedingungen durch das Coronavirus auf deinen Alltag aus?
Als Profigolfer bekommen wir die Folgen der Pandemie vor allem beim Reisen zwischen den Turnieren zu spüren. Man muss nun etwas früher zu Events anreisen, um sicherzustellen, dass man getestet werden kann. Bevor man das Ergebnis eines Tests erfährt, bin ich immer etwas nervös, da man nie wissen kann, ob man sich das Virus eingefangen hat oder nicht. Da zurzeit keine Zuschauer auf der Anlage sind, hat sich die gesamte Routine nach einer Runde deutlich verkürzt, da nun die 30 Minuten Autogrammeschreiben wegfallen. Ich muss sagen, dass mir das Signieren all der Kappen und Flaggen der Fans fehlt.

Collin Morikawa:
Vergangenes Jahr hast du das Omega-Golf-Team um Rory und Sergio verstärkt. Wenn du eine Uhr wärst, welche Features würden dich auszeichnen?
Mein stärkstes Feature wäre wohl meine Präzision, denn ich denke, auf dem Golfplatz zeichnet mich vor allem mein Eisenspiel aus. Was meine Persönlichkeit angeht, bin ich ein ziemlich neutraler Typ, meine Uhr würde sich daher durch Understatement und klares, einfaches Design auszeichnen. Meine Lieblingsuhr ist die Speedmaster '57. Ich trage dieses Modell ständig, da es zu jedem Anlass und jedem Outfit passt. Auf den ersten Blick wirkt sie nicht besonders spektakulär, doch wenn man sich ihre Details genauer betrachtet, erkennt man schnell, wie großartig die Handwerkskunst dieser Uhr tatsächlich ist. Das passt sehr gut zu mir. [lacht]

Zusammen mit Spielern wie Viktor Hovland oder Matthew Wolff zählst du zu einer neuen Generation junger Golfstars. Wo siehst du die Unterschiede deiner Generation zur Tiger- und später zur Rory-Generation?
Der größte Unterschied zwischen den jungen Spielern Anfang 20, die vor wenigen Jahren aus dem College ins Profilager wechselten, liegt meiner Meinung nach in all den Technologien, die uns zur Verfügung standen, und die es vor 15 Jahren einfach nicht gab. Dadurch war es für junge Spieler in letzter Zeit leichter, die Lücke zwischen Amateur- und Profikarriere zu schließen. Das zeigt sich auch im mentalen Aspekt des Spiels, denn durch optimale Vorbereitung fällt es leichter, wirklich daran zu glauben, dass man nun bereit dazu ist, sich mit den großen Jungs auf der Tour zu messen. Wenn Nachwuchstalente heute sehen, dass Spieler wie Viktor Hovland, Sam Horsfield, Min Woo Lee oder ich bereits mit Anfang 20 ganz oben auf der PGA Tour mitspielen können, dürfte das für eine Menge Selbstvertrauen sorgen, schließlich haben uns manche von ihnen vor nicht allzu langer Zeit am College noch geschlagen. Darin liegt, denke ich, das neue Mindset der jungen Spielergeneration: Vor zehn oder 15 Jahren herrschte noch der Glaube vor, dass man sich zuerst auf der Tour etablieren müsse, um an Siege denken zu können. Wir dagegen kommen auf die Tour und sind überzeugt davon, von Tag eins an um Siege mitspielen zu können, das wurde uns bereits früh vermittelt.

Wie wichtig sind technische Hilfsmittel wie TrackMan für Spieler, die nicht zu den absoluten Bombern gehören?
Wenn man sich heute auf der Range umschaut, dann haben mehr als 95 Prozent der Spieler einen TrackMan oder GCQuad im Einsatz. Ohne diese Technik hat man auf der Tour kaum noch eine Chance. Ich nutze den Launch Monitor lediglich, um meine Schlagweiten exakt zu bestimmen. Mir ist es wichtig, beim Training kreativ zu sein. Ich bin auf einer kleinen Neunloch-Anlage aufgewachsen und habe trainiert, indem ich fünf Bälle auf einer Spielbahn verteilt und dieses eine Loch aus allen erdenklichen Lagen gespielt habe. Dieses Element meines Spiel muss ich mir unbedingt erhalten, denn es hat mich hierher auf die Tour gebracht. Für manche Spieler ist es hilfreich, sich hauptsächlich auf die Zahlen und die Technik zu konzentrieren; ich zähle nicht dazu. Besonders was mein Eisenspiel angeht, muss ich kreativ bleiben und in der Lage sein, meine Bälle in beide Richtungen zu bewegen, um hier konkurrenzfähig zu sein.

 
Steckbrief

Steckbrief

Name
Collin Morikawa

Alter
24 Jahre

Geburtsort
Los Angeles, Kalifornien/USA

Profi seit
2019

Lieblingsverein
L.A. Lakers & Los Angeles Dodgers

Erfolge
2017 WALKER CUP (AMATEUR)
2017 & 2018 Arnold Palmer Cup (AMATEUR)
2019 Barracuda Championship (PGA Tour)
2020 workday charity open (PGA Tour) pga Championship (MAJOR)
2021 WGC - Workday Championship (World Golf Championships)

Auf welcher Art Golfplatz hast du deiner Meinung nach die größten Siegchancen?
Da ich in Muirfield Village die Workday Charity Open gewonnen habe, hat dieser Platz natürlich einen besonderen Stellenwert für mich. Aber schon vorher, als ich meine ersten 18 Löcher dort gespielt hatte, habe ich mich in den Platz verliebt. Nach dem Sieg liebe ich ihn natürlich noch mehr. Es ist ein unglaublich guter Golfplatz, der perfekt zu meinem Spiel passt. Auch abseits der Spielbahnen bin ich einfach sehr gerne auf dieser Anlage. Von dem Moment, an dem ich durch das Eingangstor fahre, über die Übungsanlagen bis hin zur Verpflegung stimmt dort einfach alles und ich hoffe, dass ich noch sehr oft dort bei Turnieren antreten kann.

Hand aufs Herz: Hättest du am Anfang deiner Profikarriere tatsächlich damit gerechnet, dass sich dein Erfolg so schnell einstellen könnte?
Ich habe nie daran gezweifelt, dass es möglich ist, bereits früh Erfolg auf der Tour zu haben. Mir war klar, dass es eine Menge harter Arbeit und auch ein wenig Glück und vor allem den Glauben an sich selbst braucht. Ich habe vom ersten Tag auf der Tour geglaubt, dass ich hier gewinnen kann. Sonst hätte ich nicht ins Profilager gewechselt. Glücklicherweise habe ich im Sommer 2019 direkt nach dem College einige Einladungen zu PGA-Tour-Turnieren bekommen. Manchmal benötigt es gute Ergebnisse, um den Glauben in die eigenen Fähigkeiten zu stärken. Bei mir war das zu Beginn der Profikarriere nicht so. Ich wusste, dass mein Golf gut genug ist, um hier mitzuhalten.

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