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GolfPunk vs. Tiger

Kommt Tiger zum Spielen raus?

Von Tim Southwell, Fotos: Derek Ridgers

Viele Jahre bevor die Idee für GolfPunk überhaupt geboren wurde, reiste unser Gründungsvater nach Kalifornien, um einen Nachwuchsgolfer zu treffen, dem eine große Zukunft vorausgesagt wurde. Eine Dekade später machten wir uns erneut auf in die Staaten, um einen Megastar zu treffen.

3. FEBRUAR 2004, 13:35 UHR - MIAMI, FLORIDA


Drei Stunden und 35 Minuten veranschlagt das Navigationssystem für die 382 Kilometer von Miami nach Isleworth. Der kleine Kasten an der Windschutzscheibe hat jedoch keinen Schimmer, dass die Entstehungsgeschichte dieser Fahrt ganze zehn Jahre in Anspruch brauchte. Zehn Jahre, in denen der Messias, zu dessen Berg ich heute pilgere, die Welt im Sturm eroberte und zu einer der berühmtesten Persönlichkeiten des Planeten aufstieg.

Der Mann, den ich treffen möchte, inspirierte mich einst, etwas vollkommen Verrücktes zu versuchen, nämlich ein Magazin namens GolfPunk zu gründen. Ohne seinen nie dagewesenen Siegeszug durch die heiligen Hallen unsere Sports wäre mir diese Idee wohl nie gekommen.

In zehn kurzen Jahren hat dieser Typ klargestellt, dass Golf nicht länger die Domäne des weißen Geschäftsmanns mittleren Alters ist. Das neue Maß der Dinge - zu diesem Zeitpunkt hat er auf seinem Weg zu acht Major-Titeln bereits so gut wie jeden Rekord gebrochen - ist ein Afroamerikaner aus der Arbeiterklasse. Tiger Woods.

Und ich bin nun auf dem Weg, diesem Herrgott unser Baby, ein Golfmagazin, wie es die Welt noch nicht gesehen hat, zu Füßen zu legen. Natürlich ist er in den vergangenen Jahren zu einer übernatürlichen Erscheinung herangewachsen, aber trotzdem bin ich mir sicher, Tiger und die Dame des Hauses werden mich mit offenen Armen auf ihrem Anwesen begrüßen. Wir werden uns in die Arme fallen wie Brüder, ein Bierchen trinken und über längst vergangene Tage schwadronieren. Über EINEN längst vergangenen Tag immerhin...

GolfPunk vs. Tiger: Kurz vor der Clubmeisterschaft: Die Gegner zittern schon
Kurz vor der Clubmeisterschaft: Die Gegner zittern schon

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Angeblich spielte er bereits über 500-mal gegen das Jugendphänomen, schaffte dabei nur zwei mickrige Unentschieden.
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7. FEBRUAR 1994, 8:47 UHR


Tiger Woods war nicht immer berühmt. Im Februar 1994 war er schlicht ein hoffnungsvolles, 17 Jahre altes Golftalent mit dem Plan, Profi zu werden. Ich derweil war ein hoffnungsvoller stellvertretender Chefredakteur und Mitbegründer eines Männermagazins, das im April jenen Jahres im Vereinigten Königreich zum ersten Mal an den Kiosk kommen sollte. Abenteuer, Musik, Fußball und Alkohol - kurz: alles, was Spaß macht - waren die Grundpfeiler von "Loaded".

Das Magazin entpuppte sich schnell als Sprengsatz inmitten einer stagnierenden Zeitschriftenlandschaft und Sprachrohr einer hedonistischen Männergeneration, die, ganz egal ob 17 oder 37, alles dafür geben wollte, das meiste aus ihrer Jugend zu machen.

Vor der ersten Ausgabe flog ich nach Los Angeles mit dem Plan, möglichst viele Geschichten, die den Gonzo-Spirit von "Loaded" verkörpern, zu Papier zu bringen. Eine davon war ein Tandem-Fallschirmsprung (check!), eine weitere ein Interview mit Sophia Coppola (check!) und dann war da noch ein Erfahrungsbericht über die "Mutual Appreciation Society", die sich zum Ziel gesetzt hatte, Frauen mittleren Alters mit jungen Männern zusammenzubringen, um klarzustellen, dass Cougars ihrem Ruf tatsächlich gerecht werden (Abbruch, da sich herausstellte, dass Mrs. Robinson beim Formularausfüllen geschwindelt hatte und tatsächlich bereits 87 war!).

Die letzte Aufgabe dieser Geschäftsreise war, einen gewissen Tiger Woods ausfindig zu machen, über den ein Kollege eine winzige Meldung im "Independent" gelesen hatte, und dadurch erfuhr, dass dieser sich für die US Amateur Championship qualifiziert hatte.

Obwohl ich meinen golferischen Zenit längst überschritten hatte, hegte ich noch immer Interesse am Spiel und die Story, es könnte bald einen neuen Übergolfer geben, der noch dazu schwarz war, schien die Recherche wert.

Mein Freund und Fotograf Derek Ridgers war nur mäßig überzeugt, als wir auf die I605 South in Richtung Cypress einbogen: "Glaubst du wirklich, aus diesem Wolfy Woods wird irgendwann mal etwas?" -"Wir werden es herausfinden…"

Eine Stunde später erreichten wir am Ende einer unscheinbaren Vorstadtstraße den Navy Golf Course in Orange County. "US Military Reservation, Navy Golf Course, Authorised Personnel only", stand am Eingangstor zu lesen.

Ein Schicksalsort im Leben des Tiger Woods, denn hier spielte Earl Woods Golf, der die treibende Kraft hinter der Karriere seines Sohns werden sollte. Und auch Tiger erlernte auf diesem Platz das Spiel. Hier brachte er einst eine 48 nach neun Löchern ins Clubhaus - im Alter von drei Jahren! Startende Kampfjets auf der benachbarten Joint Forces Training Base in Los Alamitos lehrten Tiger in frühen Jahren, wie mit Ablenkungen und störenden Geräuschen auf dem Golfplatz umzugehen ist, und wenn die Piloten mal Pause hatten, übernahm Earl mit klimpernden Autoschlüsseln oder lautstarken Unterhaltungen während des Rückschwungs. Diese unprätentiöse Wiese war Tigers Heimatplatz, bis er Cypress in Richtung Stanford verließ, um ans College zu gehen.

Zwei Jahre nach unserem Treffen, noch bevor Tiger sein erstes Profiturnier gewonnen hatte, würde Earl erklären: "Tiger ist die Brücke zwischen Osten und Westen. Ich weiß heute noch nicht, wie genau es sich manifestieren wird, aber er ist der Auserwählte. Er wird die Macht haben, Nationen zu bewegen. Nicht Menschen. Nationen. Die Welt hat gerade erst einen Eindruck von seiner Kraft bekommen."

20 Minuten vor unserem Ziel stellte sich angesichts eines Treffens mit diesem Tiger Woods eine Nervosität ein, die ich nicht kannte. Schließlich hatte ich in meinem vorherigen Job als Musikjournalist bereits mit weltberühmten Rockstars die unglaublichsten Dinge erlebt.

Diese Sache allerdings war irgendwie - anders. Vielleicht lag es an den Schlagzeilen in den US-Medien, die ich in den letzten Tagen konsumiert hatte, in denen Earl Woods klarstellte, dass sein Sohn so etwas wie die Wiederkunft des Herrn markierte. Kann dieser Jungendliche wirklich eine derart große Nummer sein? Zwar hatte er im Vorjahr zum dritten Mal in Folge die US Junior Championship gewonnen, in Europa dagegen war dieser Tiger Wood noch ein vollkommen unbeschriebenes Blatt. Ich war also nervös und es half auch nicht, dass ich seit sieben Jahren keinen Golfschläger mehr in der Hand hatte.

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2. FEBURAR 1994


Es klingt heute unglaublich, im Jahre 1994 Tiger Woods ans Telefon zu bekommen war ein Kinderspiel. Zwei Wochen vor unserem Treffen fand ich heraus, dass ein gewisser Mark Steinberg bei IMG gerade Tigers Management übernommen hatte, also rief ich in New York an und fragte nach Mark.

"Hallo, hier spricht Mark."
"Hi Mark, mein Name ist Tim Southwell von ,Loaded'. Uns ist der Name Tiger Woods zu Ohren gekommen und ich möchte fragen, ob er Lust auf ein Interview hätte."
",Loaded'? Ein Waffenmagazin?"
"Nein, eher ein Gonzo-Männer-Lifestyle-Magazin. Stell dir Hunter S. Thompson vor. Als Engländer natürlich... Wie dem auch sei, wir möchten außergewöhnliche Charaktere, Erfolgsmenschen und zukünftige Erfolgsmenschen im Heft vorstellen und Tiger könnte..."
"Du hast recht, er wird einmal etwas ganz Besonderes werden. Aber warum rufst du ihn nicht einfach an und hörst, was er so treibt?"
Das war's. Mark Steinberg gab mir die Nummer von Familie Woods und zehn Minuten später klingelte das Telefon in der 6704 Teakwood Street in Cypress, Kalifornien.

Eine Frauenstimme antwortete:

"Hallo?"
"Hallo Frau Woods?" Mein Name ist Tim Southwell, ich bin ein Journalist aus Großbritannien. Ich habe gerade mit Mark Steinberg gesprochen und Mark hat mir freundlicherweise..."
"Ah, hi Tim! Wie geht's? Mark hat bereits Bescheid gesagt. Möchtest du mit Tiger sprechen? TIGER!!! Moment, er kommt gleich..." Schritte im Hausflur.
"Hallo?"
"Hi Tiger, Herr Steinberg war so nett, mir deine Nummer zu geben. Wir sind gerade dabei, ein Magazin namens ,Loaded' auf den Markt zu bringen, und würden dich dafür gerne…"
"Loaded? Ein Knarrenmagazin?"
"Nein, mehr ihm Sinne von 'vollgeladen mit Spaß und Abenteuer'."
"Vollgeladen mit Alkohol?"
"Ja, manchmal auch, aber das ist nicht..."
"Klingt cool!"
"Danke, das wird es ganz sicher. Ich werde in zwei Wochen in Los Angeles sein und wir haben schon eine Menge von dir gehört..."
"Ihr habt von mir gehört? In England? Wirklich?"
"Ja. Es sieht so aus, als wirst du für mächtig Wellen sorgen, wenn du Profi bist."
"Und du willst nach Kalifornien kommen, um mich zu treffen?"

An diesem Punkt bietet sich Journalisten die Möglichkeit, das Ego des Gegenübers zu massieren oder einfach ehrlich zu sein.

"Nicht nur. Ich werde auch Fallschirm springen..."
"Woahh, wie cool! MOM! Er kommt zum Skydiven hierher."

Im Hintergrund ist Gelächter zu hören und irgendwelche Witze über nicht öffnende Fallschirme.

"Warum kommst du danach nicht mit auf den Navy Golf Course? Dann können wir ein paar Bälle schlagen!"

In den kommenden zehn Tagen rief ich noch einige Male im Woods-Haushalt an, um das Organisatorische zu klären. Einmal - Tiger stieg gerade aus der Dusche - verwickelte Kultida mich in ein Gespräch über meine Kalifornienpläne.

"Wirst du den Fallschirmsprung wirklich machen?"
"Natürlich, Ma'am. Aber es wird nicht leicht, denn ich habe Höhenangst."
"EARL!! Er will immer noch aus einem Flugzeug springen." Gelächter im Hintergrund.
"Warte kurz, Tim, er kommt gerade aus dem Bad... und macht den ganz Flur nass. TIGER!"

GolfPunk vs. Tiger: Pure Freude: Der McRib ist zurück
Pure Freude: Der McRib ist zurück

ZWEI WOCHEN SPÄTER


Im Pro-Shop des Navy Golf Course treffen wir Head-Pro Joe Grohman, offenbar ein Teil Tigers erweiterter Familie. Angeblich spielte er bereits über 500-mal gegen das Jugendphänomen, schaffte dabei nur zwei mickrige Unentschieden. "Willkommen im Bethlehem des Golf, meine Herren!", grinst er uns an.

"Glaubst du, er nennt die Wiese hier Bethlehem, weil Tiger Woods hier ist?", murmele ich zu Derek, während wir nach nebenan zum Kiosk marschieren.
"Das würde bedeuten, der Junge ist... Jesus!"

Das Innere des Imbiss ist dunkel und miefig. Hinter dem Tresen wendet ein Frau in weißer Schürze Burger, davor sitzt der einzige Gast des Etablissements, der, als er uns erblickt, zögerlich wie ein Grundschüler, der sich seiner Antwort nicht sicher ist, die Hand hebt. Das war er also, dieser Tiger Woods.

"Hallo Jungs."
"Hi Tiger."
"Seid ihr wirklich den ganzen Weg gekommen, um mich zu treffen?"
"Natürlich!"
"Cool!"

Wir bestellen Kaffee, während Tiger sein Frühstück, bestehend aus den Überresten eines Cheeseburgers, Pommes und einem riesigen Klecks Ketchup beendet.

"Wie wär's, wenn wir etwas Spaß haben?"
"Nun, ich habe seit Jahren kein Golf mehr gespielt, weißt du..."
"Komm schon! Ich möchte dir etwas auf der Driving Range zeigen. Daran habe ich in den letzten Tagen gearbeitet..."

Seit Tiger alt genug ist, allein zum Golf zu gehen, kommt er hierher, um auf dem für die hier stationierten Soldaten erbauten Navy Golf Course zu trainieren. Obwohl nur für Angehörige des US-Militärs zugänglich, versprüht diese Anlage den relaxten Charme eines öffentlichen Golfplatzes.

"Es war so etwas wie sein privater Golfclub", erinnerte sich Joe Grohman Jahre später. "Wir liegen mehr als 35 Kilometer von der Long Beach Naval Station entfernt. Wegen des höllischen Verkehrs hier macht es für das dort stationierte Personal keinen Sinn, nach Feierabend noch schnell die Kids mit zum Golfen zu bringen. Es gab also nur ein Kind, das hier Golf spielte: Tiger."

NAVY GOLF COURSE, DRIVING RANGE, 11:45 UHR


Auf dieser Wiese brachte Tiger die vergangenen 13 Jahre damit zu, Divots zu produzieren und den Schwung zu kultivieren, der die Golfwelt im Sturm erobern sollte. Hier lernte er, Par-5-Bahnen in die Knie zu zwingen, Bäume irrelevant werden zu lassen und Wasserhindernisse mit einer Leichtigkeit im Flug zu nehmen, dass William Bell, dem Designer des Platzes, schlecht würde.

"Daran habe ich zuletzt gearbeitet", erklärt Tiger, als er zum Eisen 7 greift und sich viel zu weit nach rechts ausrichtet.
"Was tust du? Du zielst direkt aufs erste Fairway!", stammele ich.
"Pass gut auf!"

Und dann sehe ich zum ersten Mal Tiger Woods einen Golfschläger schwingen. Rechts der Range verläuft, von einem 20 Meter hohen und mindestens 200 Meter langen Fangzaun geschützt, die erste Spielbahn. Mit einem Geräusch, wie ich es noch nie von einem Golfschläger vernommen habe, startet sein Ball über den Zaun hinaus aufs erste Fairway. Bereits vor Erreichen der maximalen Flughöhe möchte ich "Fore!" brüllen, um die ahnungslosen Golfer dort drüben zu warnen, doch da ändert das Geschoss urplötzlich die Richtung, hookt nach links, um zurück über den Zaun zu schießen und mitten auf der Driving Range etwa 160 Meter von uns entfernt zu landen.

Meine Kinnlade schlägt auf dem Boden auf: "Was zur Hölle..!?"
"Okay, das war wohl ganz gut, nehme ich an", versucht Derek, sich möglichst unbeeindruckt zu geben.

Grinsend wiederholt Tiger diesen Kunstschuss weitere fünf Mal und ich schwöre, keiner von seinen Bällen landet mehr als fünf Meter vom ersten entfernt. Die anderen Golfer auf der Range haben längst das Training eingestellt, um staunend zu applaudieren. Und es kommt noch besser, denn er zeigt mir tatsächlich, wie dieser Schlag funktioniert. Was kurz vorher noch wie eine physikalische Unmöglichkeit ausgesehen hat, gelingt mir tatsächlich. Nach wenigen Versuchen und mit Tigers Hilfestellung schlage ich hohe Draws über den Fangzaun, die wie Bumerangs zurückkommen. Noch heute erzähle ich Golfkumpels, wer mir diesen Trickschlag beigebracht hat, doch glauben will mir keiner.

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