Keine davon ist spektakulärer als die seines Matches mit dem Entertainer Bing Crosby. Der "White Christmas"- Sänger traf sich regelmäßig mit seinem Clubkameraden Montague im kalifornischen Lakeside Country Club zu privaten Matches. Nach einer erneuten vernichtenden Niederlage tat Crosby das, was jeder anständige Golfer macht: im Clubhaus darüber jammern, wie viel Pech er doch hatte. Montague widersprach und schlug Crosby einen Rückkampf vor, bei dem er statt Golfschlägern eine Baseballkeule, eine Schaufel und eine Harke benutzen würde. Crosby lachte sich ins Fäustchen, doch das Grinsen fiel ihm schnell wieder aus dem Gesicht. Montague schlug den Ball mit dem Baseballschläger 270 Meter weit in den Grünbunker, schaufelte die Murmel drei Meter an die Fahne und lochte, indem er die Harke wie einen Billardqueue benutzte. Nach nur einem Loch hatte Crosby genug gesehen und gab das Match verloren.


»ICH SPIELE GOLF NICHT, UM REKORDE AUFZUSTELLEN ODER MEISTERSCHAFTEN ZU GEWINNEN. ICH SPIELE ES AUS ANDEREN GRÜNDEN.«
Doch wie kann es sein, dass ein solcher Zauberer mit dem Golfball in den Annalen des Sports nicht auftaucht? Ganz einfach: Montague mied die Öffentlichkeit wie der Teufel das Weihwasser. Turniere spielte er lediglich im abgeschotteten Lakeside Country Club, wo er 1935 den Titel des Clubmeisters einfuhr. Und als er 1934 im Riviera Country Club, Austragungsort der heutigen Genesis Open, an der 18 lediglich ein Par brauchte, um mit einer 61 den Platzrekord aufzustellen, jagte er seinen Abschlag absichtlich in die Wicken und machte sich schnell vom Acker. Unglücklicherweise spielte Montague in einem Flight mit Grantland Rice, dem berühmtesten Sportjournalisten der Ära. Als Rice ihn im Januar 1935 in einer Kolumne als "ernsthafte Bedrohung in jeder Open" bezeichnete, war die Jagd auf Montague eröffnet. Der öffentlichkeitsscheue Modellathlet konterte, indem er sämtliche Bilder von sich unterband. Wann immer ihn jemand ablichtete, vernichtete Montague die Aufnahmen und zahlte dem Knipser 100 Dollar Entschädigung - bis Bob Wallace ihn 1937 austrickste. Der freie Fotograf lichtete Montague mit einem Teleobjektiv ab, wechselte schnell den Film aus und ließ Montague für seine 100 Dollar eine leere Filmrolle vernichten.

Sechs Wochen kämpfte er gegen seine Auslieferung nach New York, dann gab er nach und fuhr in Begleitung einiger FBI-Beamter mit der Eisenbahn an die Ostküste. Doch seine Hollywood-Freunde ließen ihn auch dort nicht im Stich. Crosby, "Dick und Doof"-Star Hardy, Weissmuller und mehr als 50 andere Stars bürgten nicht nur für Montagues Ehre, sie verschafften ihm auch einen der besten Anwälte des Landes. John Noonan hatte im April 1935 bereits den berüchtigten Mafia-Boss Dutch Schultz unbeschadet aus einem Steuerhinterziehungs- Prozess herausgeholt. Die Verhandlung wurde zu einem Medienspektakel erster Güte. Montague, der auf Kaution frei war und sich in eine gigantische Hotelsuite eingemietet hatte, verschaffte sich positive Presse, indem er für die Journalisten seine Golf- und Muskelkünste zur Schau stellte. Und so wie er die Medien in seinen Bann zog, tat er es auch mit den Geschworenen, die von den Lobpreisungen der Hollywood-Stars sichtlich beeindruckt waren. Obwohl einer der Mittäter sowie ein Opfer Montague zweifelsfrei identifizierten und das Alibi durch seine Familie mehr als fragwürdig war, sprach die Jury ihn frei. Richter Harry E. Owen war entsetzt: "Es ist bedauerlich, dass das Urteil nicht mit dem übereinstimmt, was meiner Meinung nach hätte entschieden werden müssen", belehrte der Verhandlungsführer die Geschworenen. Doch da war Montague längst auf den Schultern seiner Anhänger aus dem Gerichtssaal getragen worden.

Der Legende des 1972 einsam verstorbenen Montague tat das aber keinen Abbruch. Im Gegenteil: Die Geschichten über seine Heldentaten wurden mit den Jahren immer größer. Der von der Telefonleitung geschossene Vogel wurde immer kleiner und die Distanz immer weiter. Aus einer Rangelei mit Schauspieler George Bancroft wurde ein Ringkampf mit einem Dutzend Gegnern, an dessen Ende er Bancroft kopfüber in den Spind steckte. Und aus den fünf Dollar, die er Crosby mit den Gartengeräten abgeknöpft hatte, wurden 1000. Der John Montague Facts Generator war in vollem Gange. Einer behauptete, Montague habe mit einem Golfschwung ein Streichholz entflammt, das im Mund seines Caddies steckte. Ein anderer will gesehen haben, wie er den schwergewichtigen Oliver Hardy mit einer Hand auf einen Tresen hob. Doch die beste Legende tischte ein Unbekannter dem Journalisten Westbrook Pegler auf. "Kann John Montague auch einen Toast machen?", fragte der von den Lobhudeleien sichtlich irritierte Pegler sarkastisch. "Ob er einen Toast machen kann?", kam die empörte Antwort. "Gib ihm ein Ei und er macht dir das beste gebratene Hühnchen, das du je gegessen hast!" Selbst Chuck Norris wäre neidisch gewesen.