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Interview

Nick Bachem

Von Rudi Schaarschmidt, Fotos: DGV/Stebl

Im Kampf um das Ticket für die British Open musste er sich bei der Europameisterschaft knapp geschlagen geben. Aber Nick Bachem hat nicht nur die Figur eines Modellathleten, sondern auch das beste Handicap des Landes. Daher sind wir uns sicher, dass sich "Nickiboy" den Weg in die grosse Welt des Profigolfs schon noch auf anderem Wege erkämpfen wird. Trotz Corona.

Was war das beste Handicap, das du bisher erspielt hast? Und wann war das?
Ich habe aktuell mit + 6,1 mein bestes Handicap. Das habe ich seit der 63, meiner besten Runde, die ich im September bei der EM in Zürich gespielt habe.

Du bist bei der Europameisterschaft als Führender schlaggleich mit deinem Kumpel Matthias Schmid auf die Schlussrunde gegangen und wurdest am Ende Zweiter. Ist es gegen einen Freund einfacher oder schwieriger, sich für den Kampf zu motivieren?
Es ist einfacher, weil wir uns ziemlich gut verstehen und man sich dadurch einfach wohler fühlt und besser spielt. In der dritten Runde haben wir uns fast in einen Rausch gespielt. Wir hatten ja kurz zuvor die Team-EM miteinander gewonnen. Am Ende war das aber der brutalste zweite Platz ever: Der Erste bekommt alles, einen Startplatz bei der British Open, der Zweite bekommt nichts.

Wann hast du zum ersten Mal konkret mit dem Gedanken gespielt, Profi zu werden? Inwieweit hat Corona einen Strich durch diese Pläne gemacht?
Mit acht oder neun Jahren. Aber konkret wurde es mit 16, als ich mich entscheiden musste, ob ich die Schule weitermache oder voll auf Golf setze. Seither habe ich einen der vier Plätze für Golfer in der Sportförderkompanie der Bundeswehr, was für mich optimal ist und mich zusammen mit meiner Familie, dem Marienburger Golfclub und Sponsoren finanziell absichert, solange ich mehr Kosten produziere als Einnahmen. Eigentlich wollte ich dieses Jahr die Q-School spielen, aber da es wegen Corona in diesem Jahr keine Auf- und Abstiege gibt, fällt auch die Q-School ins Wasser. Deshalb müssen wir das auf das nächste Jahr verschieben.

Was, wenn es nicht klappt?
Früher habe ich gedacht, es wird erst richtig geil, wenn du als Profi auf der Tour spielst. Aber seit einiger Zeit denke ich anders und genieße die Turniere, das Reisen, die Plätze, das ganze Leben und sage mir: "Wenn's klappt, ist es mega, und wenn nicht, habe ich auch 'ne geile Zeit gehabt."

Peer Sengelhoff ist in Marienburg der Stützpunkttrainer des Landesverbands und nennt dich immer "Nickiboy". Ist das dein offizieller Spitzname?
Hier im Marienburger Golfclub nennt mich jeder so. Außerhalb niemand. Peer ist superwichtig für meine Entwicklung. Wir arbeiten seit über zehn Jahren zusammen. Ich habe das große Glück, hier in unserer Leistungsgruppe Konkurrenz zu haben, die mich im Training richtig fordert. Frederik Eisenbeis hat Handicap +3 und gehört zur Junioren-Nationalmannschaft. Und Carolin Kauffmann spielt seit einem Jahr auf der Ladies European Tour. Mit ihr verstehe ich mich super. Wir ergänzen uns total. Sie ist total fokussiert und straight, was mich motiviert. Ich bin vielleicht etwas lockerer, was ihr dann wiederum ganz gut tut.

Gibt es andere Sportarten, in denen du dir als Kind Chancen auf eine Profikarriere ausgemalt hast?
Bis ich 13 oder 14 war, habe ich Fußball gespielt. Ich habe auch viel Tennis gespielt und mache das immer noch gerne. Ich begeistere mich auch für Surfen, Snowboarden, eigentlich für fast jede Sportart und schaue auch viel. Aber dass ich irgendwo anders in Profiniveau-Nähe gekommen wäre, kann ich nicht sagen.

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Meine Schlägerkopfgeschwindigkeit ist höher als die von Bryson DeChambeau, nur dass ich nicht so einen Hype darum mache.
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Was sind im Moment die größten Stärken und die größten Schwächen in deinem Spiel?
Meine Länge sowie mein kurzes Spiel sind meine Stärken. Ich schlage eigentlich schon konstant über 300 Meter. Meine Schlägerkopfgeschwindigkeit ist höher als die von Bryson DeChambeau, nur dass ich nicht so einen Hype darum mache. Dadurch dass ich so weit schlage, denken alle immer, dass ich ein gutes langes Spiel und ein eher schlechtes kurzes Spiel hätte. Aber mein kurzes Spiel ist eigentlich meine größte Stärke. Und Schwächen? Geduld - aber das ist auch besser geworden, seit ich angefangen habe zu meditieren. Und meine Verletzungen, wenn man das so sagen kann.

Du bist 21! Was für Zicken macht dein Körper?
Ich hatte Verletzungen an beiden Schultern: links einen Labrum-Einriss [Knorpelring der Schulter; Anm. d. Red.] durchs Golfspielen und rechts eine Schultereckgelenkssprengung nach einem unglücklichen Treppensturz. Aber ich bin jetzt seit Juni wieder vollkommen beschwerdefrei.

Na, dann toi, toi, toi! Wer sind deine Vorbilder im Golf- beziehungsweise Profisport?
Dass Bernhard Langer so lange die Motivation und Leidenschaft aufrechterhalten hat, finde ich schon bemerkenswert. Aktuell mag ich Dustin Johnson ziemlich gerne, also wie er Golf spielt. Und Tiger Woods natürlich.

Wie kommst du über den Winter?
Ich habe jetzt erst mal einen vierwöchigen Lehrgang der Bundeswehr. In dieser golffreien Zeit sammele ich wieder die nötige Energie und freue mich dann wieder aufs Training, wahrscheinlich in Deutschland. Sollte man reisen dürfen, trainiert der Nationalkader auch in Florida, in Alcanada auf Mallorca oder in West Cliffs, Portugal.

Zockst du auf dem Platz?
Klar. Ich sehe überhaupt keinen Sinn darin, einen Sport oder ein Spiel auszuüben, ohne mit meinen Gegnern zu zocken!

 
Nick Bachem

Nick Bachem

Name: Nick Bachem
Jahrgang: 1999
Wohnort: Neunkirchen-Seelscheid (im Rhein-Sieg-Kreis im Regierungsbezirk Köln)
Handicap: +6,1
Lieblingsteam: 1. FC Köln
Erfolge (Auszug):
3x deutscher Amateurmeister
2020 Open Royal Golf Anfa Mohammedia (erster Sieg auf der Pro-Golf-Tour)
2020 Europameister (Mannschaft)
2020 Vize-Europameister (Einzel)

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