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Jordan, Jason & Rory – Teil 2

Die Drei von der Weltspitze

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Tino Dertz

Ob dies am kometenhaften Aufstieg von Jordan Spieth lag, ist jedoch selbst von Wirtschaftsexperten nur schwer zu beantworten. Denn die Effektivität des Sponsorings einzelner Athleten lässt sich nicht aus Bilanzen herauslesen. "Wenn man 100 Schläger verkauft, weiß man nie, wie viel davon auf den Erfolg des Athleten zurückgeht, wie viel auf die normale Werbung und wie viel auf die Qualität des Verkäufers", gibt TaylorMade-Marketingchef Chuck Presto zu. An der Richtigkeit der Strategie zweifelt er jedoch nicht: "Eine Sache wissen wir ganz sicher: Wenn man auf der Tour dominiert, dominiert man auch den Markt."

Um sich eine solche Position zu erarbeiten, gibt es verschiedene Strategien. Die simpelste legt dabei Nike an den Tag. Seit sie 1984 durch das Sponsoring von Michael Jordan den Sportschuhmarkt im Sturm genommen haben, jagen die Portlander frei nach dem Firmenmotto "Just do it" immer die Nummer eins in seiner oder ihrer Sportart. Ein Schachzug, der im Golfsport bereits mit Tiger Woods exzellent funktioniert hat. Bevor Woods für eine Fantastilliarde bei Nike unterzeichnete, trug gerade einmal jeder 100. verkaufte Schläger den Swoosh. Fünf Jahre später war es schon jeder Siebte. Insofern kam 2013 nur ein wirklich legitimer Erbe für Tiger Woods in Frage: Rory McIlroy.

Wie fast alle Jungprofis hatte auch McIlroy seine Karriere im Titleist-Stall begonnen. Der Golfball-Gigant hat mehr Spieler unter Vertrag als jeder andere, zahlt dafür aber vergleichsweise bescheidene Summen. Als der Vertrag 2012 auslief, war es in der Branche ein offenes Geheimnis, dass Rory wechseln würde - und jeder wollte ihn haben. Doch Nike blies alle mit einem Angebot aus dem Wasser, das gerüchteweise doppelt so hoch lag wie das der Konkurrenten. Dennoch bestand der Superstar nach dem vollzogenen Wechsel darauf, dass das Finanzielle sekundär war: "Ich bin längst über den Punkt hinaus, des Geldes wegen Golf zu spielen."

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WENN MAN 100 SCHLÄGER VERKAUFT, WEISS MAN NIE, WIE VIEL DAVON AUF DEN ERFOLG DES ATHLETEN ZURÜCKGEHT, WIE VIEL AUF DIE NORMALE WERBUNG UND WIE VIEL AUF DIE QUALITÄT DES VERKÄUFERS. EINE SACHE WISSEN WIR GANZ SICHER: WENN MAN AUF DER TOUR DOMINIERT, DOMINIERT MAN AUCH DEN MARKT.
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Ein Wechselgrund für ihn mag auch Nikes Firmenpolitik gewesen sein, ihre Spieler immer von Mütze bis Schuh auszustatten und McIlroy damit von seinen enorm zahlreichen Verpflichtungen gegenüber anderen Sponsoren zu entbinden. Denn wie es Dirk Nowitzki in "Der perfekte Wurf" so schön formulierte: "Die ziehen mich ja, wenn ich freihabe, am Nasenring von einem Fototermin zum nächsten." Tatsächlich hatte der Nordire zuvor mit Logos von Jumeirah, Oakley, Audemars Piguet, Titleist und Santander wie eine wandelnde Litfasssäule ausgesehen. Von nun an wirkte er wie ein richtiger Athlet. Zwar sind beispielsweise mit Bose noch weitere Partner im Spiel, deren Zahl hat jedoch deutlich abgenommen.

Auch Under Armour sicherte sich bei Jordan Spieth für zehn Jahre das volle Paket - inklusive des Rechts auf Handschuhe und Golfschuhe, die die Marylander noch gar nicht im Programm haben. Es ist das erste Mal in der Firmengeschichte, dass man so intensiv mit einem Golfer kooperiert - Spieth' Kollegen Hunter Mahan und Gary Woodland tragen das Firmenlogo nur auf Shirt und Hose - und es ist das erste Mal, dass man einen Golfer gleichberechtigt mit Top-Athleten wie Lindsey Vonn, Basketballer Stephen Curry oder Quarterback Tom Brady in der Werbung einsetzt. Dabei war der Erfolg von Spieth, anders als bei McIlroy, nicht garantiert. Aber als Aussenseiter in einem hart umkämpften Markt muss ein Unternehmen Risiken eingehen. Deshalb umwirbt Under Armour gerne junge Talente vor dem Eintritt in den Profisport wie etwa die Open-Überraschung Paul Dunne oder den frisch gebackenen British-Masters-Champion Matthew Fitzpatrick.

TaylorMade wiederum verfolgt eine dritte Strategie. Sie versuchen, mit ihrem Sponsoring möglichst die ganze Welt zu umspannen. In den USA hatten sie ein Näschen für Dustin Johnson. Großbritannien wird von Justin Rose abgedeckt. Sergio Garcia soll den spanischen Markt absichern, Martin Kaymer ist in Deutschland am Start. Das Duo Ernie Els und Retief Goosen vertritt die TaylorMade-Farben erfolgreich in Südafrika. Und Down Under treibt spätestens seit diesem Jahr Jason Day die Verkaufszahlen in die Höhe.

Dass der Australier die Adidas-Tochter vertritt, liegt an Tiger Woods. Day ist bekennender Fan des 14-fachen Major-Siegers und formulierte früh den Anspruch, diesen irgendwann einmal vom Thron der Weltrangliste zu stoßen. Doch um in Woods' Fußstapfen zu treten, durfte er sich, auch was die Sponsoren angeht, nicht im Schatten seines Idols aufhalten. Also ging er zu TaylorMade in der Hoffnung, für sie ebenso eine transformative Werbefigur zu werden, wie es Tiger Woods für Nike war. Es wäre eine Lüge zu behaupten, er habe dies geschafft, aber für Chuck Presto ist Day der ideale Partner, weil er "die vier Kernwerte unserer Firma repräsentiert: Leidenschaft, Authentizität, Innovation und Ehrgeiz".

Die Drei von der Weltspitze
Es ist niemandem zu verdenken, wenn er an dieser Stelle den geistigen Ad Blocker einschaltet, aber Prestos werbegefärbte Aussage hat durchaus ihre Berechtigung. Denn das Kernelement des Sport-Sponsorings ist es, einen Athleten zu finden, der die Emotionen und Werte vermittelt, die man selber gerne nach außen tragen würde. So schwärmt Ryan Kuehl, Vice President von Under Armour, über Jordan Spieth: "Er behandelt Menschen genau richtig und er ist auf dem Boden geblieben. Man kann es sehen, wenn man ihm in die Augen schaut. Er wurde gut erzogen." Wenn der Werbeeffekt perfekt funktioniert und der Sportler in den Augen des Kunden mit dem Produkt verschmilzt, übertragen sich dessen positive Werte auch auf das Image des Sponsors und Under Armour wird zum Traum aller Schwiegermütter.

Es gibt nur ein Problem bei der Sache: Man kann nicht garantieren, welche Attribute abfärben. Bestes Beispiel dafür ist die Beziehung zwischen Nike und Tiger Woods. Als sich plötzlich herausstellte, dass Tiger Woods nicht nur seine Gegner, sondern auch reihenweise Frauen aufs Kreuz legt, übertrug sich der Imageverlust auch auf seine Sponsoren. Laut einer Studie der Tepper School of Business kostete der Skandal Nike in den ersten sechs Monaten mehr als 100.000 Kunden. Man kann sich also vorstellen, wie sehr die Marketingstrategen in Portland rotierten, als auch noch Rory McIlroys lupenreines Image durch sein unrühmliches Beziehungsende mit Caroline Wozniacki ins Wanken geriet.

Aus diesem Grund gibt es von vornherein nur wenige Sportler, die beim großen Sponsorenroulette richtig abräumen können. Man will keinen Langeweiler, der bei den Zuschauern nur Gleichgültigkeit und Gähnen auslöst, man will aber auch keinen durchgeknallten Spinner, bei dem der potenzielle Kunde Angst haben muss, dass ihn der Türsteher nicht in den Club lässt, weil er mit dessen Outfit Ärger assoziiert. Genau aus diesem Grund sind Jordan Spieth, Rory McIlroy und Jason Day nicht nur die drei besten Golfer, sondern auch die begehrtesten Werbeträger der Golfwelt geworden. Hier der ideale Schwiegersohn mit Familiensinn, makellosen Manieren und Bescheidenheit. Dort der coole, abgebrühte Lockenkopf, der alle Erwartungen erfüllte, die ihm schon als kleiner Stöpsel prognostiziert wurden. Und schließlich der Halbwaise, der sich durch den Golfsport aus dem Alkohol- und Gewaltsumpf befreite. Gerade weil ihr Weg an die Spitze so unterschiedlich war, sind sie der Traum eines jeden Marketingexperten. Wer von ihnen sich am Ende im Kampf um die Weltspitze durchsetzen wird, ist angesichts des ebenso gleichwertig wie großzügig verteilten Talents noch völlig offen. Under Armour, TaylorMade und Nike haben aber jetzt schon gewonnen.

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