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Seņor Confiable

Rafa Cabrera Bello

Von Rüdiger Schaarschmidt, Fotos: Mike Meyer

Kaum ein Golfprofi war in der letzten Dekade konstanter und stabiler als Rafael Cabrera Bello. Wir sind uns sicher: Der sympathische Spanier ist reif für die ganz großen Taten.

Gehört man zu den besten Golfern der Welt, gibt es nur wenige Orte, an denen man nicht erkannt wird. Die Münchner Eisbachwelle ist so ein Ort. Keinen der Surfer am Ufer des Eisbachs interessiert es, dass sich mit Rafa Cabrera Bello ein sechsfacher Profigolf-Champion neben ihnen anstellt. Einerseits sehen Rafa und die anderen Surfer in ihren schwarzen Neoprenanzügen eh alle gleich aus, andererseits verschafft man sich hier mehr durch Turns und Airs Respekt als durch Drives und Putts. Auch zeigt der Spanier keine Ambitionen, seine Popularität als Vorteil auszuspielen. Freundlich grinsend stellt er sich immer wieder brav am Rand der Eisbachwelle hinter den Wartenden an. Der Hobby-Surfer, der normalerweise vor Gran Canaria oder Bali ins Wasser hüpft, hat bei den ersten Versuchen mit der stehenden Welle zu kämpfen und taucht nur Sekunden nach seinem Start im Weißwasser ab. Ein paar Versuche und wenige Tipps der Locals später kommt Rafa immer besser mit dem Eisbach klar - bis er die Welle schließlich in den Griff bekommen hat.

GolfPunk: Man muss schon ein bisschen verrückt sein, so viel Zeit aufzuwenden, um immer wieder nur für ein paar Sekunden auf dem Wasser reiten zu können...
Rafael Cabrera Bello: Sind Golfer verrückt? Das dürfte doch ziemlich ähnlich sein, wenn du aus den vier Stunden einer Runde die reine Zeit für die gemachten Schläge rausrechnest.

GP: Du bist leidenschaftlicher Surfer und Skifahrer - die meisten Spanier sind doch vor allem Fußballfans...
RCB: Ich verfolge das natürlich. Fußball ist in Spanien extrem groß. Ich komme von den Kanarischen Inseln, daher ist Las Palmas mein Team. Unglücklicherweise spielen die dieses Jahr in der zweiten Liga. Da sich die meisten entweder für Barcelona oder Real Madrid begeistern und um mitreden zu können, halte ich eher zu Real Madrid. Ich schaue mir die Spiele bei den Europa- oder Weltmeisterschaften an, aber ich bin nicht so ein Fußball-Junkie wie die anderen. Für Surfen begeistere ich mich deutlich mehr. Und für Skifahren. Ich fahre tatsächlich ziemlich gut, wenn ich das so sagen darf. Aber ich komme höchstens noch zehn Tage im Jahr dazu, Ski zu fahren.

GP: Was war bisher dein schönstes Golf-Erlebnis - und welches dein schlimmstes?
RCB: Das schlimmste... daran kann ich mich nicht erinnern. Ich versuche, Negatives zu vergessen. Das schönste kann ich gar nicht sagen. Es gab mehrere. Jeder Sieg ist etwas Besonderes. Auch beim Ryder Cup dabei gewesen zu sein war etwas Herausragendes. Ich kann aber keinen Sieg über einen anderen stellen. Bei meinem ersten Sieg habe ich die Schlussrunde 11 unter Par gespielt, um mit einem Schlag Vorsprung zu gewinnen. Das war natürlich grandios. Mein zweiter Sieg ist mir in Dubai gelungen auf einem Platz, den ich liebe. Da waren drei der top vier der Weltrangliste am Start. Bei einer derart starken Konkurrenz zu gewinnen macht natürlich stolz. Aber auch mein jüngster Sieg bei den Scottish Open 2017 war toll, als ich am Schlusstag mit einer 64er-Schlussrunde noch ins Playoff gekommen bin, dann unter enormem Druck unfassbar gute Schläge gemacht und am Ende ein Event der Rolex Series gewonnen habe.

Seņor Confiable: Zu viel des Guten: zwei Fahnen und elf MulligansSeņor Confiable: Zu viel des Guten: zwei Fahnen und elf Mulligans
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WENN DU DRUCK NICHT MAGST, SPIELST DU EBEN BESSER NICHT PROFIGOLF. ICH LIEBE ES, DEN DRUCK ZU SPÜREN.
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Rafael war sechs Jahre alt, als sein Vater begann, in Maspalomas mit ihm Golf zu spielen, später auch mit seinem Bruder Miguel und seiner Schwester Emma. Alle drei Geschwister haben titelreiche Amateurlaufbahnen hingelegt und sind Profis geworden. Während es für Miguel "nur" auf die Pro Tour gereicht hat und er inzwischen kaum noch aktiv ist, hat Schwester Emma fünf Jahre lang auf der European Ladies Tour gespielt und einige Top-Ten-Ergebnisse erzielt. Heute spielt aber auch sie nur noch sporadisch, da sie nach Abschluss ihres Master-Betriebswirtschaftsstudiums als Model, TV-Kommentatorin und für die PGA European Tour arbeitet. Rafael hat von der U7 bis zur U18 alle spanischen Jugendmeisterschaften gewonnen und wurde bei seinem Debüt auf der European Tour als 17-Jähriger geteilter Vierter bei der Open de Espaņa. Auch er hatte zunächst angefangen zu studieren, ehe er ganz auf die Karte Golfprofi setzte. Eine gute Entscheidung, ist er doch längst einer der heißesten Golfer Europas geworden. Neben seinen drei Siegen (Austrian Open 2009, Dubai Desert Classic 2012 und Scottish Open 2017) ist "Mister zuverlässig" ein Muster an Konstanz. In den vergangenen vier Jahren war er auf der European Tour bei 68 Turnieren 62-mal im Preisgeld, davon 21-mal in den Top Ten, achtmal unter den ersten dreien. Auf der US Tour war er im gleichen Zeitraum bei 65 Turnieren 55-mal am Wochenende dabei und erreichte 14 Top-Ten- Platzierungen. Bislang hat er rund 20 Millionen Euro an Preisgeldern eingespielt. Und trotzdem:

Seņor Confiable: Smarte Leine: nie wieder ein Wedge neben dem Grün liegen lassenSeņor Confiable: Smarte Leine: nie wieder ein Wedge neben dem Grün liegen lassen
Smarte Leine: nie wieder ein Wedge neben dem Grün liegen lassen
GP: Wenn ich deine Karriere betrachte, denke ich: "Hey, der Typ ist so gut, erreicht so viele Top-Platzierungen - wieso hat der ,nur' drei Turniere gewonnen?"
RCB: Ja, das kann man so sehen. Ich habe tatsächlich nicht so viele Turniersiege, dafür ist es eher so, wie du es beschrieben hast. Aber es sind kleine Schritte, kleine Verbesserungen Jahr für Jahr. Natürlich hätte ich gerne öfter gewonnen. Zu gewinnen ist immer mein Ziel und ich habe es ja auch schon geschafft. Und ich weiß, es wird mir wieder gelingen. Ich weiß, dass ich mich verbessern muss, um nicht nur konstant und gut zu spielen, sondern extrem gut, was am Ende eben den Unterschied ausmacht. Egal ob beim Putten, beim Driven, beim Eisenspiel, im kurzen Spiel oder im mentalen Bereich - ich arbeite daran und bin sicher, dass ich auch in Zukunft Turniere gewinnen werde.

Das scheint nur eine Frage der Zeit. Seit Wochen reiht sich ein Topresultat an das andere. Bei der BMW International Open in München-Eichenried schrammt der Canario nach einer 66er-Schlussrunde als geteilter Dritter nur um zwei Schläge am Sieg vorbei. Bei der Irish Open in Lahinch liegt er am Sonntag noch lange in Führung, bevor er auf den Back Nine einige Bogeys zu viel spielt. Auch wenn Rafa äußerlich problemlos den nächsten Bond geben könnte - innerlich bleibt er ein temperamentvoller Spanier und solch ein Einbruch muss verarbeitet werden. Seit einiger Zeit hat er auch einen Mental-Coach. "Früher war das schwierig und er hat so etwas länger mit sich herumgeschleppt", erzählt sein Manager Richard Rayment, der seit über zehn Jahren an der Seite des Spaniers steht und ihn für einen der sympathischsten und intelligentesten Golfprofis hält. "Heute verkraftet er so etwas wesentlich besser. Er ist extrem willensstark und schafft es, sich schnell auf das nächste Turnier zu fokussieren." Der Beweis folgt nur eine Woche später mit dem nächsten Top-Ten-Abschluss bei der Scottish Open.

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