GolfPunk: Man muss schon ein bisschen verrückt sein, so viel Zeit aufzuwenden, um immer wieder nur für ein paar Sekunden auf dem Wasser reiten zu können...
Rafael Cabrera Bello: Sind Golfer verrückt? Das dürfte doch ziemlich ähnlich sein, wenn du aus den vier Stunden einer Runde die reine Zeit für die gemachten Schläge rausrechnest.
GP: Du bist leidenschaftlicher Surfer und Skifahrer - die meisten Spanier sind doch vor allem Fußballfans...
RCB: Ich verfolge das natürlich. Fußball ist in Spanien extrem groß. Ich komme von den Kanarischen Inseln, daher ist Las Palmas mein Team. Unglücklicherweise spielen die dieses Jahr in der zweiten Liga. Da sich die meisten entweder für Barcelona oder Real Madrid begeistern und um mitreden zu können, halte ich eher zu Real Madrid. Ich schaue mir die Spiele bei den Europa- oder Weltmeisterschaften an, aber ich bin nicht so ein Fußball-Junkie wie die anderen. Für Surfen begeistere ich mich deutlich mehr. Und für Skifahren. Ich fahre tatsächlich ziemlich gut, wenn ich das so sagen darf. Aber ich komme höchstens noch zehn Tage im Jahr dazu, Ski zu fahren.
GP: Was war bisher dein schönstes Golf-Erlebnis - und welches dein schlimmstes?
RCB: Das schlimmste... daran kann ich mich nicht erinnern. Ich versuche, Negatives zu vergessen. Das schönste kann ich gar nicht sagen. Es gab mehrere. Jeder Sieg ist etwas Besonderes. Auch beim Ryder Cup dabei gewesen zu sein war etwas Herausragendes. Ich kann aber keinen Sieg über einen anderen stellen. Bei meinem ersten Sieg habe ich die Schlussrunde 11 unter Par gespielt, um mit einem Schlag Vorsprung zu gewinnen. Das war natürlich grandios. Mein zweiter Sieg ist mir in Dubai gelungen auf einem Platz, den ich liebe. Da waren drei der top vier der Weltrangliste am Start. Bei einer derart starken Konkurrenz zu gewinnen macht natürlich stolz. Aber auch mein jüngster Sieg bei den Scottish Open 2017 war toll, als ich am Schlusstag mit einer 64er-Schlussrunde noch ins Playoff gekommen bin, dann unter enormem Druck unfassbar gute Schläge gemacht und am Ende ein Event der Rolex Series gewonnen habe.
»WENN DU DRUCK NICHT MAGST, SPIELST DU EBEN BESSER NICHT PROFIGOLF. ICH LIEBE ES, DEN DRUCK ZU SPÜREN.«
GP: Wenn ich deine Karriere betrachte, denke ich: "Hey, der Typ ist so gut, erreicht so viele Top-Platzierungen - wieso hat der ,nur' drei Turniere gewonnen?"
RCB: Ja, das kann man so sehen. Ich habe tatsächlich nicht so viele Turniersiege, dafür ist es eher so, wie du es beschrieben hast. Aber es sind kleine Schritte, kleine Verbesserungen Jahr für Jahr. Natürlich hätte ich gerne öfter gewonnen. Zu gewinnen ist immer mein Ziel und ich habe es ja auch schon geschafft. Und ich weiß, es wird mir wieder gelingen. Ich weiß, dass ich mich verbessern muss, um nicht nur konstant und gut zu spielen, sondern extrem gut, was am Ende eben den Unterschied ausmacht. Egal ob beim Putten, beim Driven, beim Eisenspiel, im kurzen Spiel oder im mentalen Bereich - ich arbeite daran und bin sicher, dass ich auch in Zukunft Turniere gewinnen werde.
Das scheint nur eine Frage der Zeit. Seit Wochen reiht sich ein Topresultat an das andere. Bei der BMW International Open in München-Eichenried schrammt der Canario nach einer 66er-Schlussrunde als geteilter Dritter nur um zwei Schläge am Sieg vorbei. Bei der Irish Open in Lahinch liegt er am Sonntag noch lange in Führung, bevor er auf den Back Nine einige Bogeys zu viel spielt. Auch wenn Rafa äußerlich problemlos den nächsten Bond geben könnte - innerlich bleibt er ein temperamentvoller Spanier und solch ein Einbruch muss verarbeitet werden. Seit einiger Zeit hat er auch einen Mental-Coach. "Früher war das schwierig und er hat so etwas länger mit sich herumgeschleppt", erzählt sein Manager Richard Rayment, der seit über zehn Jahren an der Seite des Spaniers steht und ihn für einen der sympathischsten und intelligentesten Golfprofis hält. "Heute verkraftet er so etwas wesentlich besser. Er ist extrem willensstark und schafft es, sich schnell auf das nächste Turnier zu fokussieren." Der Beweis folgt nur eine Woche später mit dem nächsten Top-Ten-Abschluss bei der Scottish Open.