Asterix in Georgia - Senioren wehren sich gegen Augusta National

Asterix in Georgia

Senioren wehren sich gegen Augusta National

27.04.2018 | Von Jan Langenbein, Foto(s): Getty Images, Roland Krüger

Wir befinden uns im Jahre 2018 n. Chr. Ganz Augusta ist von den Grünjacken besetzt. Ganz Augusta? Nein! Zwei von unbeugsamen Senioren bevölkerte Häuser hören nicht auf, den Eindringlingen Widerstand zu leisten.

Seit knapp 20 Jahren befindet sich der Augusta National auf einem groß angelegten Eroberungszug. Jedes Grundstück, das in der Umgebung des Clubs nicht niet- und nagelfest ist, wird sich unter den Nagel gerissen. Zugegeben, Chairman Fred Ridley und seine Vorgänger nehmen sich nichts mit Gewalt, sondern klassisch kapitalistisch mit Geld. Dennoch fühlen sich einige der Anwohner unfair behandelt. "Sie sind Giganten. Wir sind wie David und sie sind Goliath", lamentierte Anwohnerin Mechone Williams 2015 in der Lokalzeitschrift "Metro Spirit". "Viele Menschen fühlen sich machtlos."

Geschätzte 30 Millionen Dollar Profit macht der Club jährlich durch die Veranstaltung des Masters. Einen Großteil des Gewinns nutzt man für den Aufkauf von umliegenden Geschäften und Häusern durch die Tochterfirma Berckman Residential Properties LLC. Auf 55 Millionen Dollar taxierte "Golf Digest" die bisherigen Zukäufe, bei denen der Club weit über den Verkehrswert der Immobilien hinausgeht. So zahlte man 2016 für den Aufkauf von Jay's Music Center das Achtfache des Schätzpreises - nur um daraus Parkplätze zu machen.

Schaut man sich den Augusta National Golf Club heute auf Google Earth an, gibt es rund um das Gelände eine fast genauso große Fläche, die aussieht wie eine gigantische Baustelle. Zum einen, weil die Cluboberen der Stadt Augusta zinsfrei 17 Millionen Dollar liehen, um die Berckman Road zu verlegen, die einer möglichen Erweiterung des Platzes im Wege stand. Zum anderen, weil man es seit 1999 geschafft hat, alle Häuser jenseits der Straße zu kaufen und plattzumachen. Alle bis auf zwei.

Unter der Adresse 1112 Stanley Drive, versteckt hinter riesigen Stechpalmen, die Augusta National gepflanzt hat, um den Beweis ihres Scheiterns zu kaschieren, haben Herman und Elizabeth Thacker seit 1959 ihren Wohnsitz. Direkt gegenüber wohnt Mary Anne Richards. Die drei haben den siebenstelligen Verlockungen widerstanden und weigern sich zu verkaufen. Ihr Kommentar unisono: Man kann kein Preisschild an Erinnerungen hängen. Und im Fall der Thackers auch nicht an Hoffnungen. Denn sie wünschen sich nichts sehnlicher, als einem der ihren einmal beim Masters zuzuschauen: Scott Brown. Der 34-jährige PGA-Tour-Profi wuchs im Haus seiner Großeltern auf und hat an mehr Masters teilgenommen als jeder seiner Tour-Kollegen. Seit seinem fünften Lebensjahr ging er mit Opa Herman die 200 Meter zum heutigen Eingang 6-A, marschierte zu Loch 16, stellte seinen Klappstuhl auf und sah die Größten des Sports an sich vorbeiziehen: Faldo, Langer, Woods, Mickelson. Bis 2004 war Brown jedes Jahr als Zuschauer dabei, dann durfte er zum ersten Mal selber in dem elitären Club aufteen - jedoch nur eine Woche vor dem Turnier. Auf seinen ersten offiziellen Start warten er und seine Großeltern bis heute. 2013 stand Brown tatsächlich kurz vor einer Teilnahme, als er die Puerto Rico Open gewann. Leider jedoch gehörte es zu einem der wenigen Turniere, die kein automatisches Masters-Startrecht mit sich bringen. Erst wenn Scott sich qualifiziert, wollen auch Herman und Elizabeth Thacker wieder persönlich als Zuschauer zum Masters gehen. Bis dahin werden sie weiterhin jede Masters-Woche ihren Grill anschmeißen, den Jubel von der Anlage auf ihrer Terrasse genießen und den immer wieder vorbeikommenden Vertretern des Golfclubs freundlich, aber bestimmt eine Absage erteilen - egal wie viele Nullen sie auf ihren Scheck schreiben.

Vielleicht sollten Fred Ridley und seine Mannen einfach die Taktik ändern. Schließlich ist das Masters ein Einladungsturnier, für das sie frei Startplätze vergeben können. Im Gegenzug für ein lebenslanges Startrecht für ihren Enkel könnten vielleicht selbst die Thacker'schen Gallier schwach werden.