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Die angenehmsten Orte der Welt

Andermatt in der Schweiz

Von Jan Langenbein

Wo einst Sean Connery jungen Damen die Reifen ihrer Muscle Cars aufschlitzte und sich das Militär in den Bergen verschanzte, warten nun 27 spektakuläre Golflöcher auf Spieler mit einer gewissen Kondition.

Auf dem sechsten Grün des Golfclubs Andermatt Realp angekommen, braucht sich niemand dafür zu schämen, erst einmal kurzatmig nach Luft zu schnappen. Hier oben auf knapp 1.700 Metern Höhe gleicht eine Runde Golf durchaus einem Biathlon-Wettkampf, denn wie die schießwütigen Langläufer bei jedem Zwischenstopp am Schießstand dafür sorgen müssen, für die nun erforderliche ruhige Hand die Pulsfrequenz in den Griff zu bekommen, müssen auch Golfer hier vor jedem Schlag erst einmal tief Luft holen und die rasende Pumpe beruhigen. Schließlich liegt der erste Abschlag im Golfclub Realp beinahe hundert Höhenmeter weiter unten im Tal und der Verlauf der Bahnen bis hier hinauf zum höchsten Punkt des Platzes verläuft keineswegs geradlinig, sondern gleicht dem gnadenlosen Auf und Ab einer Achterbahn. Kein Wunder also, dass jedem Gast im rustikal-gemütlichen Clubhaus von Realp dringend ans Herz gelegt wird, maximal ein leichtes Pencilbag oder einen Elektro-Trolley mit auf die Runde zu nehmen. Eine Partie Golf auf einem Neunlochplatz mit nicht einmal 2.100 Metern Länge kann tatsächlich einem amtlichen Work-out im Fitnessstudio gleichkommen.

Ist der Puls dann so weit gedrosselt, dass der Putt zum Par versenkt werden kann, ist hier oben keine Eile geboten, denn der Ausblick, den Loch Nummer 6 bietet, ist schlicht sagenhaft. Irgendwo dort unten im Tal liegt Andermatt, rechts bilden 3.000 Meter hohe Berggipfel die Grenze zum Tessin und die Serpentinen der Furkastrasse, die den Golfplatz durchschneiden, waren der Schauplatz von James Bonds Verfolgungsjagd im Klassiker "Goldfinger" aus dem Jahr 1964. Aufgrund ihrer mangelnden Fähigkeiten als Scharfschützin verfehlte Tilly Masterson den weiter unten im Tal Obst einkaufenden Oberschurken Auric Goldfinger komplett und trifft um ein Haar den die Szene beobachtenden 007, der mit seinem Aston Martin sofort die Verfolgung der Hobbyschützin in ihrem weißen Ford Mustang aufnimmt und - Qs Spielereien sei Dank - dabei dessen Reifen zerfetzt.

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Wenig später auf dem achten Abschlag angekommen, müssen sich Golfer zwar weniger Sorgen um die Querschläger rachsüchtiger Filmblondinen machen, der Abschlag, den dieses lediglich 294 Meter lange Par 4 erfordert, verlangt allerdings genau die Präzision, die Tilly Masterson vor mehr als 50 Jahren vermissen ließ. Nicht nur gilt es, den Ball über die viel befahrene Furkastrasse zu schlagen, sondern auch ein durch eine steile Böschung in zwei Hälften geteiltes Fairway in etwa 200 Metern Entfernung zu treffen. Diese Spielbahn allein verlangt jedem Golfer mehr Höhenmeter ab als eine Flachlandetappe der Tour de France und das zerklüftete Fairway weist mehr Ebenen auf als die Handlung eines Wes-Anderson-Films. Beim Blick vom achten Abschlag in Realp wird deutlich, dass hier kein Golfplatzdesigner und seine Bulldozer, sondern Wetter und Eis als Platzarchitekten verantwortlich zeichnen. Mit Ausnahme der Teeboxen und Grüns wurde auf diesem Platz so gut wie keine Erde bewegt und genau dies macht diese neun Löcher so besonders. Und bei einem etwaigen Stau auf Bahn Nummer neun steht nicht etwa eine Bank für die wartenden Golfer am abschließenden Par 3 zur Verfügung, sondern der schaukelnde Sitz eines ausrangierten Zweier-Sessellifts lädt dazu ein, dem vorausspielenden Flight weit unten im Tal beim Putten zuzuschauen.

Keine zehn Kilometer sind es von Realp am Fuß des Furkapass bis nach Andermatt und am Ortseingang des 1.355-Seelen-Bergdorfs steht tatsächlich noch die "Aurora"- Tankstelle, an der Bond seine Beifahrerin Tilly Masterson einst wieder auf die Straße setzte, um mit qualmenden Reifen davonzubrausen. Nach mehreren Jahren im Dornröschenschlaf wird die Tankstelle Ende 2018 im Retrodesign wieder in Betrieb genommen und man hofft, eine weitere James-Bond-Pilgerstätte geschaffen zu haben - ganz wie das Hotel "Bergidyll" im Herzen von Andermatt, in dem 1964 nicht nur die gesamte Filmcrew um Regisseur Guy Hamilton, sondern auch Sean Connery höchstpersönlich übernachtete. Bonds Zimmer ist immer noch im Originalzustand und kann gemietet werden, entsprechend lange Vorbuchungszeit versteht sich.

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Würde Connery heute noch einmal nach Andermatt kommen, würde er den Ort höchstwahrscheinlich nicht wiedererkennen, denn an allen Ecken und Enden des Ortes sprießen Hotel- und Appartementneubauten wie die Pilze aus dem Boden.

70 Jahre lang war Andermatt einer der wichtigsten Stützpunkte des Schweizer Militärs und somit nicht auf Tourismus angewiesen. Mehr noch: Um der Armee nicht in die Quere zu kommen, war es schlicht unmöglich, hier oben zu bauen. Das änderte sich mit dem Ende des Kalten Kriegs und dem Teilrückzug der Soldaten, doch trotz neuer Freiheiten waren die Infrastruktur und der Servicegedanke absolut unterentwickelt; außer Freeridern, die sich über den unberührten Powder auf den Hängen rund um Andermatt freuten, fand um die Jahrtausendwende kaum ein Tourist den Weg in das Örtchen. Bis Samih Sawiris, Multimilliardär und Tourismusinvestor aus Ägypten, sich 2005 davon überzeugen ließ, unvorstellbare Summen in die Gemeinde zu investieren. Ein komplett neuer Ortsteil mit 500 Ferienwohnungen, 25 Villen und sechs Hotels mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von mehr als 1,5 Milliarden Euro befindet sich seither im Bau und die ersten fertiggestellten Baumaßnahmen dieses Megaprojekts haben ihre Tore bereits für die Gäste, die nun hier hinauf in die Zentralschweiz kommen, geöffnet. Wo einst das "Grandhotel Bellevue" stand, empfängt jetzt das "The Chedi Andermatt" seine zahlungskräftige Kundschaft und der 2016 eröffnete Andermatt Swiss Alps Championship Golf Course sorgt dafür, dass nicht nur während der Wintersaison Sportanlagen der Weltklasse in Andermatt geboten werden. Denn so spektakulär die neun Löcher am Furkapass auch sein mögen, wegen eines Par-33-Platzes würde sich kaum ein Golfer hierher verirren.

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Ganz im Gegensatz zum Schwesterplatz in Realp sind die auf 130 Hektar angelegten Spielbahnen in Andermatt bis auf wenige Ausnahmen beinahe komplett flach, allerdings auf keinen Fall einfach, wie der Siegerscore von +3, den Corsin Caviezel nach drei Runden bei den Swiss PGA Championships ins Clubhaus brachte, eindrücklich beweist. Es ist dem smarten Design von Kurt Roßknecht aber zu verdanken, dass auf diesem Golfplatz Spieler jeder Handicap-Klasse ihre Freude haben können, wählen sie die richtigen Teeboxen. Von den hinteren Abschlägen ist Andermatt Swiss Alps selbst für Clubmeister und Teaching Pros eine harte Nuss, die gelben Tees dagegen sollten für halbwegs talentierte Wochenend-Hacker gut zu bewältigen sein. Umgeben von imposanten Bergketten ist es aber nicht nur das abwechslungsreiche Design, sondern vor allem die traumhaft schöne Szenerie, die die neuen 18 Löcher von Andermatt auf die Must-play-Liste eines jeden reisefreudigen Golfers setzen sollte.

Kaum hat man einen Fuß in das "The Swiss House" genannte Clubhaus gesetzt, wird schnell klar, dass Geld bei der Ausstattung dieser Anlage nicht wirklich eine Rolle gespielt hat. Wer möchte, kann mit dem Helikopter anreisen, hinter der Driving Range wartet ein Landeplatz auf die einschwebende Kundschaft, niemand muss im schnöden "Club Car" über den Platz rollen, denn vor dem Clubhaus steht eine Flotte Nobelgolfcarts der dänischen Luxusmarke Garia, die mit allem erdenklichen Luxus von GPS-Birdiebook bis Minibar ausgestattet sind, und auf der Speisekarte steht ein Urner Kalbskotelett für 46 Schweizer Franken. Trotz all dieses Luxus wirkt nichts in diesem Golfclub übertrieben oder gar protzig. Wie überall im Land schaffen es die Schweizer auch in Andermatt, eine sportlich-legere Stimmung zu kreieren, bei der es vollkommen egal ist, ob man im Aston Martin oder im VW Polo anreist. Wer in der Lage ist, auf den neun Löchern von Realp oder den 18 Löchern von Andermatt einen guten Score zu spielen, ist im Clubhaus jederzeit willkommen, von seinen Heldentaten zu berichten.

 
WOHNEN

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THE CHEDI ANDERMATT
Seit das "The Chedi" in Andermatt wenige Tage vor Weihnachten 2013 eröffnete, hat die an Highlights nicht wirklich arme Schweizer Luxushotelszene einen weiteren Star in ihren Reihen. 300 Millionen Franken wurden hier verbaut und ergaben 106 Zimmer und Suiten, zwei Restaurants - darunter das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete "The Japanese Restaurant" - und ein gigantisches Spa. Im Winter sorgen Ski-Butler nicht nur dafür, dass die Ausrüstung immer perfekt präpariert parat steht, sondern tragen auch Sorge, dass jeden Tag die besten Pisten angesteuert werden. Im Sommer können ein Audi RS 5, ein Audi TT RS und ein Morgan 4/4 für Abenteuer auf den Passstraßen der Umgebung ausgeliehen werden und dann gibt es natürlich noch den Käse: Mitten im Hauptrestaurant thront der fünf Meter hohe "Cheese Tower", ein Humidor für Käse gefüllt mit Dutzenden der erlesensten Sorten. Alle aus der Schweiz, versteht sich. www.thechediandermatt.com

Schade eigentlich, dass die beiden Golfplätze 1964 noch nicht existierten. Schließlich hätte die Filmproduktion dann nicht nach Stoke Park ausweichen müssen, um das legendärste Golfduell der Kinogeschichte zwischen Goldfinger und Bond auf Zelluloid zu bannen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden, denn mit dem "The Chedi" und dem Andermatt Swiss Alps Golf Course stehen im Kanton Uri nun Locations zur Verfügung, die auch nach 2020 jedem James-Bond-Film zur Ehre gereichen würden. Idris Elba sollte schon mal an seinem Golfschwung arbeiten.

Golfplätze in der Region

ANDERMATT SWISS ALPS GOLF COURSE

ANDERMATT SWISS ALPS GOLF COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.334 Meter

Adresse:
The Swiss House
Reussen
CH-6490 Andermatt
Tel. +41 41.888.7447
www.andermatt-swissalps.ch

Greenfee:
79 Euro bis 122 Euro (nach Tageszeit und Saison)

Auf 1.440 Metern über dem Meeresspiegel liegt der 2016 eröffnete 18-Loch-Platz von Andermatt, der dank eines enorm abwechslungsreichen Designs von Kurt Roßknecht schon jetzt zu den besten Plätzen der Zentralschweiz gehört. Abgesehen von den Löchern 3 bis 6 und Spielbahn 13 ist diese von den imposanten Berggipfeln des Wallis umgebene Anlage allerdings topografisch gesehen flach wie ein Witz von Fips Asmussen. Einfach ist diese Wiese deshalb aber auf keinen Fall. Es gilt, zahlreiche Wasserhindernisse, das saftige Rough abseits der Spielbahnen und stark ondulierte Grüns zu meistern. Wird es dann doch mal wie auf den Bahnen 3 und 4, darf man sich auf alpines Golf vom Feinsten freuen.

Killerloch:
Obwohl nur 279 Meter lang, ist Loch Nr. 3 (Par 4) der heimliche Star der Anlage. Vom Eisen 7 bis zum Driver ist vom Tee alles denkbar, und wer es tatsächlich mit dem Drive aufs Grün schafft, hat sich das Fondue am Abend redlich verdient.
www.andermatt-swissalps.ch

GOLFCLUB ANDERMATT REALP

GOLFCLUB ANDERMATT REALP

9 Löcher, Par 33, 2.092 Meter

Adresse:
Witenwassernstrasse 1, CH-6491 Realp
Tel. +41 41.887.0162
www.golf-gotthard.ch

Greenfee:
ca. 45 Euro (9 Löcher), ca. 79 Euro (Tages-Greenfee)

1995 wurde dieser Neunlochplatz eröffnet, und wer immer die Vision hatte, einen Golfplatz auf diesem Grundstück zu bauen, der sollte einen Orden verliehen bekommen. Eine Weltcupabfahrt oder eine Skiflugschanze könnte man sich an diesem unglaublich steilen Hang vorstellen, aber einen Golfplatz? Genau das macht den Charme der neun Löcher in Realp aus. Diese Anlage ist, was Topografie, Spielspaß und spektakuläre Ausblicke angeht, einzigartig. Doch auch im Hinblick auf die Sportlichkeit wird hier einiges verlangt, denn eine Runde in Realp ist nichts anderes als eine Bergtour für Fortgeschrittene mit Golfschlägern: anspruchsvoll und atemberaubend (in doppelter Hinsicht)!

Killerloch:
Die extreme Topografie gibt jedem Loch auf diesem Platz das Potenzial, die Scorekarte zu sprengen. Ganz besonders heftig ist Bahn 6, das einzige Par 5 des Platzes. Wer das winzige Grün trifft, wird mit einem sagenhaften Ausblick belohnt.
www.golf-gotthard.ch

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