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Runde Religion – Teil 2

Der unterschätzte Norden Portugals

Von Rudi Schaarschmidt, Fotos: Frank Reichert

Wir entfernen uns 136 Kilometer von Porto und beziehen Quartier im "Vidago Palace" nahe der spanischen Grenze. Ein Grandhotel in einiger Abgeschiedenheit, in dem Luxusliebende auf ihre Kosten kommen. Der anfangs eher reservierte Club-Pro Paulo Ferreira taut beim gemeinsamen Abendessen in einem Speisesaal, in dem sich auch Sissi wohlgefühlt hätte, zusehends auf, je mehr er realisiert, dass wir ihm in puncto Golfverrücktheit in nichts nachstehen. Am nächsten Tag zeigt er uns auf dem grandiosen Platz, wie Golf geht. Die 1936 von Mackenzie Ross entworfenen neun Löcher wurden 2010 von Cameron & Powell nach USGA-Standard redesignt und auf 18 Löcher erweitert. Eine manikürte Wiese mit 110 tiefen Bunkern und großen Grüns, die sich bis zu den letzten vier Löchern eher flach dahinschlängelt, um im Finale abwechslungsreich bergig zu werden. Einziger Makel: Das auserkorene Signature Hole, die 17 (Par 5), ist zwar spektakulär - es führt vom höchsten zum tiefsten Punkt des Platzes -, aber golfarchitektonisch das schwächste Loch, weil es beim blinden zweiten Schlag genaue Platzkenntnisse voraussetzt und auch gute Schläge bestrafen kann.

Runde Religion: Brücke: Damit jeder noch so Heilige übers Wasser gehen kann
Brücke: Damit jeder noch so Heilige übers Wasser gehen kann

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DER PLATZ LEHRT EINEN, WAS EINE ILLUSION IST.
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Es geht zurück gen Porto (übersetzt: Hafen), der Wiege Portugals, wo der Douro in den Atlantik mündet. Das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Nordens ist mit 238.000 Einwohnern nicht zu klein und nicht zu groß, hat eine wunderschöne, terrassenartige Altstadt mit malerischen Gassen, in der das Leben pulsiert. Joanne K. Rowling hat Anfang der 90er in Porto gelebt, einen portugiesischen Journalisten geheiratet, als Lehrerin gearbeitet und begonnen, Harry Potter zu schreiben. Inspiration fand sie in der Buchhandlung Lello, die zu den zehn schönsten der Welt zählt. Die dortige Treppe kommt einem wie aus Hogwarts geklaut vor. Dabei war es genau andersherum. Die einzige Buchhandlung, die Eintritt verlangt (der beim Kauf eines Buchs jedoch angerechnet wird) und vor der den noch Besucherschlangen samt Türsteher warten. Auch für den Abend zwei heiße Tipps: zum Essen in die "Cantinhodo Avillez". Kein Schickimicki, trotzdem eine klasse Küche in landestypisch lebhafter, gemütlicher Atmosphäre. Und anschließend zum Absacker-Cocktail in die Rooftop-Bar im "Hotel Dom Henrique". 150 Meter über den Dächern der Stadt genießt man ein grandioses Panorama bei erstklassigen Drinks.

Runde Religion: Auch in Portugal ein Trend: gelbe und rote GartenzwergeRunde Religion: Auch in Portugal ein Trend: gelbe und rote Gartenzwerge
Auch in Portugal ein Trend: gelbe und rote Gartenzwerge
Weil sich Engländer und Franzosen Ende des 19. Jahrhunderts nicht grün waren, haben sich die Briten nach Alternativen zum französischen Wein umgeschaut und so den Portwein zum Exportschlager gemacht. Und wo Briten sind, wird Golf gespielt. Also gründeten englische Kaufleute 1890 direkt am Meer den Oporto Golf Club. Heute noch gehören die bedeutendsten Winzer der Region zu den Mitgliedern, die sich selbstredend bei den von ihnen gesponserten Turnieren mit edlen Tropfen für die Preisträger zu übertrumpfen versuchen. Mit überwiegendem Links-Charakter wurde der Platz im Laufe der Zeit von Mackenzie Ross und Frank Pennink umgestaltet.

Runde Religion: Zu old school: Diese Bunker können den Atlantikwall nicht schützen
Zu old school: Diese Bunker können den Atlantikwall nicht schützen
Optisch kommt er wenig spektakulär daher und entsprechend seines Entstehungsdatums ist er nicht lang. Aber vor allem der meist böige Wind und die teuflisch schnellen ondulierten Grüns haben es in sich. Vorstandsmitglied Carlos Dias de Castro hat uns auf der Runde begleitet und zeigt uns anschließend im Clubhaus den Skeffington Cup. Seit 1891 wird jedes Jahr in einem offenen Amateurturnier um diesen Pokal gekämpft - es ist damit die älteste Trophäe der Sportgeschichte, die ohne Unterbrechung ausgespielt wird. Liebe GolfPunks dieser Welt - das hätte doch was, seinen Namen darauf eingraviert wiederzufinden…

 

Golfplätze in der Region

VIDAGO PALACE GOLF COURSE

VIDAGO PALACE GOLF COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.308 Meter

Adresse:
Parque de Vidago
P-5425-307 Vidago
Tel. +351 276.990900
www.vidagopalace.com

Greenfee:
75 Euro

Als Manuel II. abdankte und damit 1910 das Ende der Monarchie besiegelte, wurde aus dem Königshaus ein Fünfsternehotel mit dem besten Spa-Bereich des Landes. Hier im Hinterland nahe der spanischen Grenze residieren Cristiano Ronaldo und Konsorten, wenn sie in der Nähe Fußball spielen müssen. Oder Golfurlauber, die den 2011 eröffneten Platz spielen wollen. Ein Parkland vom Feinsten, der teilweise wie ein amerikanischer Resort-Kurs anmutet. Der beste Platz des Nordens, der die weite Anfahrt belohnt.

Killerloch:
Auf den Schlussbahnen wird der zuvor eher flache Platz dann doch noch hügelig und damit automatisch kniffliger. Die 16 (365 Meter, Par 4) ist ein 90-Grad-Dogleg bergauf, das einen präzise gesetzten Teeshot verlangt. Und beim Grünanspiel sollte man wissen, auf welchem Plateau die Fahne steht. Jedem Bergab-Putt kann man indes nur gute Reise und viel Glück wünschen.
www.vidagopalace.com

AXIS GOLFE PONTE DE LIMA

AXIS GOLFE PONTE DE LIMA

18 Löcher, Par 71, 6.005 Meter

Adresse:
Quinta de Pias, Fornelos
P-4990 Ponte de Lima
Tel. +351 258.743414
www.axishoteisegolfe.com

Tages-Greenfee:
60 Euro (attraktive Angebote in Verbindung mit Übernachtung)

Etwas ab vom Schuss gelegen, aber in jedem Fall die Anreise wert. Ein Platz, der sich kaum mit anderen vergleichen lässt. Nicht lang, aber unglaublich tricky und für Fußgänger ein brutaler Konditionstest. Extrem hügelig mit vielen Doglegs, oftmals sehr eng, sodass verzweifelt, wer nicht gerade bleibt. Wer den Kurs ein zweites Mal spielt, bringt garantiert einen besseren Score ins Clubhaus.

Killerloch:
Die 3 (Par 5) ist mit 622 Metern die längste Spielbahn des Landes, die aber bergab verläuft und dadurch ihren Schrecken etwas verliert. Deutlich schwieriger ist die 5: Das Dogleg über mehr als 400 Meter bergauf dürften selbst die meisten Single-Handicapper nur selten in Par (4) spielen.
www.axishoteisegolfe.com

GOLFE AMARANTE

GOLFE AMARANTE

18 Löcher, Par 68, 5.030 Meter

Adresse:
Quinta da Deveza, Fregim
P-4600-593 Amarante
Tel. +351 255.446060
www.golfedeamarante.com

Greenfee:
43 Euro

Mit sieben Par-3-Bahnen bei drei Par-5-Löchern kein richtiger Championship-Kurs, von den hintersten Abschlägen aber trotzdem höchst interessant zu spielen. Zwei ehemalige Farmgelände, eines offener, das andere bewaldet, wurden in einen topografisch anspruchsvollen Golfplatz verwandelt, bei dem keine Bahn der anderen gleicht.

Killerloch:
Die vierte Bahn ("Der Vulkan") fordert regelmäßig ihre Opfer. Den Annäherungsschlag aus knapp 100 Metern auf dem mikroskopisch kleinen Grün, dem Plateau auf einem steilen Hügel, zum Liegen zu bringen, ist eine echte Kunst. Wer es verfehlt, läuft Gefahr, es immer wieder von der jeweils gegenüberliegenden Seite aufs Neue probieren zu müssen. Hier haben schon Pros zweistellige Ergebnisse gezaubert.
www.golfedeamarante.com

GOLFE AMARANTE

ESTELA GOLF CLUB

18 Löcher, Par 72, 6.155 Meter

Adresse:
Lugar Rio Alto, Estela
P-4490 Póvoa de Varzim,
Costa Verde
Tel. +351 252.601814
www.estelagolf.pt

Greenfee:
75 Euro

Wer glaubt, gute Links-Plätze gäbe es nur auf der Insel, der irrt. Eine halbe Autostunde nördlich von Porto liegt diese echte Links-Perle. Duarte Sotto-Mayor hat die 18 Bahnen über drei Kilometer Länge in zwei Reihen direkt am Atlantik entlanggezeichnet. Inklusive wechselnder Windrichtungen bietet der Kurs alles, was das Herz eines Links-Golfers begehrt. Und anschließend lassen sich auf der Clubterrasse der atemberaubende Ausblick und die hervorragende Küche genießen.

Killerloch:
Je nach Windrichtung variiert das. Objektiv, also bei Windstille, ist die dritte Bahn die härteste Nuss: ein Par 4 mit über 400 Metern Länge über ein nicht besonders breites Fairway, an deren Rändern unglaublich schwierig zu spielender weicher und zerfurchter Dünensand lauert.
www.estelagolf.pt

OPORTO GOLF CLUB

OPORTO GOLF CLUB

18 Löcher, Par 71, 5.640 Meter

Adresse:
Lugar do Sisto-Paramos
P-4500 Espinho, Costa Verda
Tel. +351 227.342008
www.oportogolfclub.com

Greenfee:
50 Euro (wochentags), 80 Euro (Wochenende & Feiertage)

25 Kilometer südlich des Stadtzentrums liegt der älteste Platz der Iberischen Halbinsel direkt am Meer. 1890 von englischen Kaufleuten gegründet und 1934 zum ersten 18-Loch-Platz Portugals erweitert, darf man trotz vereinzelter Bäume und Wasserhindernisse wohl von einem Links-Kurs sprechen. Heute zählen die führenden Winzer der Region zu den Mitgliedern und fungieren regelmäßig als Turniersponsoren.

Killerloch:
Das meiste taktische Kalkül verlangt die 13. Bahn. Mit 336 Metern nicht lang, aber der Abschlag sollte tigerline über mit hohen Sträuchern bewachsene Dünen auf das nicht einsehbare Fairway gedroschen werden. Und die Architektur und Beschaffenheit des Grüns machen statt einer offensiven Herangehensweise eine Ablage in dessen Eingangsbereich ratsam.
www.oportogolfclub.com

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