Featured StoriesFeatured Stories

Inselbegabung

Urlaubsgrüße aus Sizilien

Von Jan Langenbein

Eine Handvoll Spitzenplätze, ein European-Tour-Turnier und Strände aus dem Bilderbuch - warum bekommen wir so selten Urlaubsgrüße aus Sizilien? Es ist uns ein Rätsel.

Sonntagmorgen, acht Uhr, im Frühstücksrestaurant des Verdura Resort auf Sizilien. Ich entdecke Nicolai von Dellingshausen an der riesigen Obstsektion des opulenten Buffets und mein Mund ist schneller als mein Hirn, als ich ihm viel Glück für die heutige Finalrunde der Rocco Forte Sicilian Open wünsche. Mit halb süffisantem, halb mitleidigem Lächeln klärt er mich über meine peinliche Unkenntnis der Sachlage auf: "Danke, aber das wird nicht nötig sein. Ich habe den Cut verpasst - wegen eines dummen Bogeys auf der 18 am Freitag." Autsch, voll ins Fettnäpfchen getreten.

Zu meiner Ehrenrettung sei gesagt, dass ich am Freitag nachmittag noch in der Heimat das letzte Mal die Scores überprüft habe, und da sah es so aus, als würde Nicolai den Cut schaffen und Florian Fritsch nach zwei Runden die Heimreise antreten. Doch nach einem Samstag voller Taxifahrten und Anschlussflüge sowie einem Abendessen in flüssiger Form an der Hotelbar, denn die Restaurants hatten nach meiner nächtlichen Ankunft im Süden Siziliens bereits die Stühle hochgestellt, zeigt sich wieder einmal, wie schnell sich Leaderboards drehen können. Nun hat Nicolai das Wochenende frei und Florian wärmt sich gerade auf der Driving Range für die Finalrunde auf.

Glücklicherweise nimmt der European-Tour-Rookie mir diesen Fauxpas nicht übel, bietet mir sogar einen Platz an seinem Tisch an und hat eine äußerst überzeugende Antwort auf die Frage parat, warum er zwei Tage nach einem verpassten Cut noch an Ort und Stelle ist. Schließlich suchen Tour-Pros, die es nicht ins Wochenende schaffen, schneller das Weite als Hütchenspieler beim Auftauchen eines Streifenwagens. "Schau dich um, ich hatte die Wahl zwischen Training zu Hause oder hier bei perfekten Bedingungen. Die Driving Range ist super und über die Küche auf Sizilien müssen wir wohl nicht sprechen", grinst er und schlendert zurück in Richtung Buffet, um eine zweite Portion Caprese verde auf den Teller zu laden.

Inselbegabung: Amateurgesetze: Pose gut, Ball im WaldInselbegabung: Amateurgesetze: Pose gut, Ball im Wald
Amateurgesetze: Pose gut, Ball im Wald

»
AUF DER 4 UND DER 18 MUSSTE ICH DEN DRIVE AUFS MEER HINAUSSCHLAGEN, DAMIT DER WIND IHN ZURÜCK AUFS FAIRWAY TRÄGT.
«

Unser Reiseplan für die vier Tage auf Sizilien klingt vielversprechend: zunächst den besten Spielern Europas bei der Wochenendarbeit zusehen und im Anschluss daran nicht nur den Schauplatz der Sicilian Open mit unveränderten Tee- und Fahnenposition selbst spielen, sondern auch noch einen Blick über das restliche Golfangebot der Insel werfen. Das Ganze qualifiziert sich nun wirklich nicht für eine der härtesten Bürowochen, doch Nicolai weiß aus erster Hand, dass dies alles andere als ein Wellness-Trip wird: "Der Platz ist ein echter Härtetest, vor allem wenn der Wind so stark bläst wie am Freitag. Auf der 4 und der 18 musste ich den Drive aufs Meer hinausschlagen, damit der Wind ihn zurück aufs Fairway trägt. Ungelogen - anders war die Bahn nicht zu treffen."

Am anderen Ende des Tages - die Abendsonne taucht den Golfplatz mittlerweile in beinahe kitschig schönes Champagnerlicht und sämtliche Zuschauer säumen das 18. Fairway, um die Entscheidung des Turniers hautnah miterleben zu können - rettet dem Schweden Joakim Lagergren genau dieser Seewind einen Platz im Playoff gegen Michael LorenzoVera. Der gepushte Abschlag hätte eigentlich weit jenseits der Klippen auf dem Strand landen müssen, doch Petrus sei Dank landet der Drive unter den ängstlich hinterherschauenden Augen des Schweden zwei Meter entfernt der Ausgrenze und nach einem blitzsauberen Birdie wenige Minuten später an gleicher Stelle kann Lagergren den ersten European-Tour-Sieg seiner Karriere feiern.

Inselbegabung:
Die Sonne ist längst untergegangen, als wir an der Hotelbar bei Gin Tonic die Eindrücke des heutigen Tags noch einmal Revue passieren lassen, schließlich haben wir morgen um acht Uhr eine Startzeit auf exakt diesem Championship-Platz. Der Pianist der Bar hat Schwierigkeiten, gegen die Swedish House Mafia aus Lagergrens Bluetooth-Box anzukommen, und so liegt ein eigentümlicher Klangteppich aus Easy Listening Jazz und Club-Musik über der Pool-Landschaft des Verdura Resort. Einige ältere Gäste der Bar schauen immer wieder verstohlen zu der kleinen Horde schwedischer Tourspieler hinüber, die am Ende der Veranda mittlerweile die dritte Runde Champagner geordert hat, doch das Personal lächelt alle Beschwerden souverän weg, immerhin hat dieser junge Mann nicht nur einen silbernen Palmenpokal vor sich auf dem Tisch stehen, sondern auch seinen ersten Siegerscheck über 166.660 Euro gewonnen. Play hard - party hard!

Inselbegabung: Publikumsmagnet: Die Massen reißen sich um die besten Plätze bei der Tretboot-WM
Publikumsmagnet: Die Massen reißen sich um die besten Plätze bei der Tretboot-WM
KLASSENUNTERSCHIED
Am nächsten Morgen dauert es keine drei Löcher, um wieder einmal eine schmerzhafte Lektion zu erhalten, warum die Jungs gestern eine Menge Geld dafür bekommen, einen Sieger zu ermitteln, und wir nach all den Bogeys und Doppel-Bogeys einen Taschenrechner benötigen, um herauszufinden, wer denn nun verloren hat und deshalb die Schläger des Tagessiegers blitzblank putzen muss. Glücklicherweise ist der Wind an diesem Montagmorgen kein Faktor, denn sonst hätte sich diese Bogey-Orgie schnell zu einem wahren Gemetzel ausgewachsen. Es sind jedoch nicht nur die Scores, die den Klassenunterschied zwischen Lagergren, von Dellingshausen und uns aufzeigen, sondern vor allem die Platzierungen der Divots. Einmal schaffen wir es tatsächlich, einen Drive in die von Divots durchlöcherte Gegend eines Fairways zu schlagen und damit Gewissheit zu haben, dass die Bälle hier gestern auch nicht weiter flogen - es muss wohl ein mächtiger Gegenwind geblasen haben am Vortag. Lediglich auf Loch 7, einem direkt am Strand gelegenen und gerade einmal 95 Meter langen Par 3, schaffen wir eine Flight-Leistung, die auch am Finaltag für Szenenapplaus gesorgt hätte, als alle vier Bälle unserer Gruppe nicht weiter als drei Meter von der Fahne entfernt zum Liegen kommen. Es passt, dass dieses spektakuläre Loch die Nummer 7 dieser Runde ist; schließlich ist es auch die 7 in Pebble Beach, die zu den berühmtesten Spielbahnen der PGA Tour zählt, obwohl auch sie mit weniger als 100 Metern Länge eigentlich kein Problem für Profis und Amateure gleichermaßen darstellen sollte. Bei nur einer leichten Brise heute auf dieser Teebox braucht es aber nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass bei heftigem Gegenwind ein Eisen 6 oder sogar noch mehr nötig sein muss, um die 95 Meter zum Grün überhaupt zu schaffen.

Loch Nummer 7 des Verdura Championship Course ist im normalen Leben eigentlich Bahn 6 des East Course, denn für die Sicilian Open wird ein Composite Course aus den beiden 18-Loch-Plätzen des Resorts gespielt, um keine der Spielbahnen am Meer ungenutzt zu lassen. Als Kyle Phillips, der unter anderem für Meisterwerke wie Kingsbarns und The Grove im Vereinigten Königreich verantwortlich zeichnet, 2006 hier mit der Arbeit an den beiden 18-Loch-Plätzen begann, wurde schnell klar, dass es nicht ein Aushängeschild und einen Platz zweiter Klasse geben sollte. Aus diesem Grund verfügen heute sowohl der East Course als auch der West Course über die gleiche Anzahl an Spielbahnen direkt am Meer und beide Wiesen enden mit einem spektakulären Par 4 entlang des Mittelmeers. Zu behaupten, ein Platz wäre besser als der andere, wäre also ein vollkommen subjektives Geschmacksurteil, denn weder im Layout noch im Pflegezustand passt auch nur ein Blatt Papier zwischen diese beiden Spitzenplätze.

 
Infobox

Infobox

WOHNEN
ROCCO FORTE VERDURA RESORT
Wer in ein Rocco-Forte-Hotel wie das "Hotel de Rome" in Berlin oder das "Charles" in München eincheckt, der hat höchste Ansprüche an seine Bleibe für diese Nacht und wird garantiert nicht enttäuscht. Selbstverständlich spielt auch das Verdura Resort, das einzige Urlaubsresort der Hotelgruppe, in Europas höchster Liga. Mit einer Fläche von 230 Hektar verfügt das Verdura Resort über mehr Fläche als Monaco und so bietet das Resort neben zwei 18-Loch- und einem Neunloch-Par-3-Platz sechs Tennisplätze, einen Privatstrand, vier Restaurants und einen 4.000 Quadratmeter großen Spa-Komplex. Die 203 Zimmer und Suiten, eingerichtet von Rocco-Forte-Hotels-Designdirektorin Olga Polizzi, sind ein Musterbeispiel italienischen Designs und zählen zu den besten Zimmern, die wir jemals in einem Golf-Resort bewohnen durften.
www.roccofortehotels.com

IL PICCIOLO ETNA GOLF & SPA RESORT
Das Viersternehotel des Il Picciolo Golf & Spa Resort liegt nur wenige Meter vom Clubhaus des Golfclubs entfernt. Die Wege sind folglich kurz am Fuße des Ätna. 98 Zimmer, ein riesiger Outdoor-Pool und ein 1.000 Quadratmeter großes Spa lassen keine Wünsche offen. Italiens Ryder-Cup-Held Costantino Rocca brachte es vor zehn Jahren auf den Punkt: "Mein Lieblingsplatz auf Sizilien ist das Original unterhalb des rauchenden Gipfels des Ätna - großartiges Essen und eine freundliche Atmosphäre." Daran hat sich bis heute nichts geändert, denn vor allem ein ausgiebiger Mittagssnack auf der Clubhausterrasse ist die Essenz eines Italienurlaubs.
www.ilpiccioloetnagolfresort.com

ESSEN & TRINKEN

RISTORANTE M.A.T.E.S.
Allein die Anfahrt zum Ristorante "MATES" in Caltabellotta unweit des Verdura Resort ist ein echtes Highlight, schließlich liegt dieses 3.600-Seelen-Örtchen knapp 1.000 Meter über dem Meeresspiegel auf einem Bergkamm mit bester Sicht aufs Mittelmeer. Im "MATES" kommt dann unprätentiöse und extrem leckere sizilianische Hausmannskost auf den Tisch. Angesichts der feinen Weine hat der designierte Fahrer bei einem Abendessen hier ein besonders schweres Los gezogen, die Fahrt über zahlreiche Serpentinen zurück ins Tal fordert allerdings vollste Konzentration.
www.matesonline.it

PLANETA ULMO
Die Einweihung des Weinguts fand 1999 statt, doch das von 93 Hektar Weinbergen umgebene Gutshaus datiert zurück ins 16. Jahrhundert. Nach Voranmeldung können Gruppen ab acht Personen hier nicht nur eine Weinprobe mitmachen, sondern unter uralten Olivenbäumen im Innenhof des Gutshauses auch die exzellente Küche des Hauses genießen. Das sollte als Grund genügen, zwei Flights zusammenzutrommeln.
www.planetawinery.com

NICHT VERPASSEN

ÄTNA-HELIKOPTER-TOUR
Natürlich kann man beim Aufstieg zum Krater des Ätna auch heftig schwitzen, den Weg in wenigen Minuten mit dem Helikopter zurückzulegen hat allerdings gewisse Vorzüge. Maximal vier Gäste passen in den am Il Picciolo stationierten Hubschrauber von Butterfly Helicopters, und da sich der Flugpreis pro Flug berechnet, ist der Pro-Kopf-Preis bei vier Passagieren absolut erträglich.
www.butterflyhelicopters.com

MONDELLO
Wenn die Hektik der Straßen von Palermo zu viel wird, empfiehlt sich die Fahrt mit der Buslinie 806 in die hübsche Gartenstadt Mondello. Anderthalb Kilometer feinster Sandstrand und ein Kurhaus auf Stelzen warten hier auf gestresste Großstädter und die kommen im Sommer in Scharen. Mondello ist alles andere als ein Geheimtipp; für einen Tag am Strand mit einer Portion Pasta an der Promenade vor der Heimfahrt aber sicher die erste Wahl.

Wer selbst einmal in den Genuss kommen möchte, den Championship-Platz, also das Best-of der 36 Löcher des Verdura Resort, zu spielen, der muss am Tag nach der Sicilian Open hier ein Zimmer und eine Startzeit buchen und schon kann man sich eine Runde lang wie der stolze Besitzer einer European-Tour-Karte fühlen. Der passende Schwung dazu lässt sich allerdings nicht so leicht buchen. An den restlichen 364 Tagen des Jahres kommt hier ein cleveres System zur Anwendung, das unterschiedlichen Spielgeschwindigkeiten und Geschmäckern gerecht wird: Im täglichen Wechsel sind auf einem Platz nur Vierer-Flights und auf dem anderen lediglich Zweier-Flights erlaubt - eine geniale Idee, um einen angenehmen Spielfluss zu garantieren.

Golfplätze in der Region

VERDURA RESORT EAST COURSE

VERDURA RESORT EAST COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.686 Meter

Adresse:
SS115 km 1331
92019 Sciacca, Sizilien, Italien
Tel. +39 0925.998125
www.roccofortehotels.com

Greenfee:
Hotelgäste: 100 Euro (Juli bis September), 80 Euro (Oktober bis Juni); externe Gäste: 130 Euro (Juli bis September), 100 Euro (Oktober bis Juni)

Links-Golf am Mittelmeer ist eigentlich ein Widerspruch in sich, denn Dünen wie in Schottland oder Irland findet man dort weniger. Der sandige Boden Südsiziliens ist jedoch der optimale Untergrund, um eine perfekte Illusion von Links-Golf zu kreieren, und Kyle Phillips trägt mit seinen künstlich geschaffenen Dünen auf den Front Nine seinen Teil dazu bei. Auf den Back Nine wechselt der Links-Charakter dann zu reinrassigem Resort-Golf, bevor der Platz mit Loch 18, einem der spektakulärsten Schlusslöcher der European Tour, seinen absoluten Höhepunkt erreicht.

Killerloch:
Keine 100 Meter misst Loch 6 von den Back Tees und ist damit Siziliens Version der Postage Stamp. Ein ganz anderes Biest von einem Par 3 ist dagegen Loch 12, das von ganz hinten beinahe 240 Meter misst.
www.roccofortehotels.com

VERDURA RESORT WEST COURSE

VERDURA RESORT WEST COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.692 Meter

Adresse:
SS115 km 1331
92019 Sciacca, Sizilien, Italien
Tel. +39 0925.998125
www.roccofortehotels.com

Greenfee:
Hotelgäste: 100 Euro (Juli bis September), 80 Euro (Oktober bis Juni); externe Gäste: 130 Euro (Juli bis September), 100 Euro (Oktober bis Juni)

Auf die Frage, welcher Platz im Verdura Resort denn nun der bessere sei, kann man sich eine wohl durchdachte Antwort überlegen oder einfach eine Münze werfen. Im Hinblick auf Design, Landschaft und Pflegezustand sind East und West Course in Verdura absolut gleichwertig. Der Westplatz folgt allerdings nicht dem klassischen Konzept von zwei Neunloch-Halbrunden, sondern wählt eine kreative Route über das gesamte Gelände, bevor er mit Loch 15 in ein atemberaubendes Finish direkt am Mittelmeer einbiegt. Golfer mit höheren Handicaps werden auf dem West Course wahrscheinlich etwas mehr Spaß haben.

Killerloch:
Man muss über Loch 17 eigentlich nur wissen, dass auf dem Par 3 ein hässlicher Hook ausreicht, um statt des Grüns eine Surfschule auf dem Sandstrand zu treffen. Noch Fragen?
www.roccofortehotels.com

IL PICCIOLO ETNA GOLF CLUB

IL PICCIOLO ETNA GOLF CLUB

18 Löcher, Par 72, 5.870 Meter

Adresse:
SS120 km 200
95012 Castiglione di Sicilia
Sizilien, Italien
Tel. +39 0942.986138
www.ilpicciologolf.com

Greenfee:
85 Euro (18 Löcher), 50 Euro (9 Löcher)

Dreimal fanden hier bereits die Italian Ladies Open und 2010 auch die European Senior Open statt, was sehr passend ist, denn das präzise Spiel der LET oder Seniors Tour ist auf diesem Golfplatz absolut gefragt. Länge vom Tee ist hier höchstens an vier oder fünf Löchern ein echtes Thema, und um die versteckten Tricks und Kniffe dieser Anlage gänzlich zu verstehen, braucht es mehr als nur eine Proberunde. Il Picciolo testet garantiert jeden Aspekt des eigenen Golfspiels, denn neben extrem engen und kurzen Par-4-Löchern wie den Bahnen 1 und 13, auf denen nur Wahnsinnige zum Holz greifen, gibt es auch spektakuläre Abschläge wie auf den Bahnen 9 und 18, die nach Helden mit dem Driver verlangen.

Killerloch:
Loch 11 bietet mit zwei Wasserhindernissen rechts und links, einer Ausgrenze links und einem Halbinselgrün mehr als genügend Möglichkeiten, den Score in astronomische Höhen zu treiben.
www.ilpicciologolf.com

Featured Stories