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Inselbegabung – Teil 2

Urlaubsgrüße aus Sizilien

Von Jan Langenbein

KONTRASTPROGRAMM
Mit einer Fläche von mehr als 25.000 Quadratkilometern ist Sizilien siebenmal so groß wie Mallorca, was unsere Idee, den Tag nach unserem Aufenthalt im Verdura Resort für einen Roadtrip rund um die Insel zu nutzen, als völlig ignoranten Anfängerfehler entlarvt. 1.152 Küstenkilometer sind schließlich kein Pappenstiel und von Durchschnittsgeschwindigkeiten wie auf der Autobahn kann man bei Fahrten auf Sizilien auch nur träumen. Dennoch reicht ein Tag im Auto aus, um die optische Opulenz und landschaftliche Vielfalt dieser Insel hautnah zu erleben. Während die Nordküste zwischen Palermo und Messina äußerst grün ist und hinter den kleinen Küstenörtchen meist sofort steil in eine imposante Berglandschaft ansteigt, mutet die Südküste zwischen Sciacca und Pozzallo mit ihrer kargeren Vegetation und den unendlich vielen Sandfarbtönen deutlich nordafrikanischer an. Während einer sechsstündigen Autofahrt quer über die Insel stellt sich daher das Gefühl ein, eine destillierte Form aller Landstriche am Mittelmeer von der Amalfiküste bis zu den Stränden Tunesiens erleben zu können.

Nach dem obligatorischen Besuch des Tals der Tempel in Agrigent, das seit 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt und damit völlig zu Recht jeden Tag Heerscharen von Touristen aus aller Welt anzieht, stellen sich nicht nur Hunger und Durst, sondern auch das Verlangen nach Ruhe und Entspannung weit entfernt von mit Selfie-Sticks bewaffneten Reisegruppen aus Asien und US-Amerikanern auf der Suche nach ihren familiären Wurzeln ein.

Inselbegabung: Unnötig: Außenborder fürs KinderbeckenInselbegabung: Unnötig: Außenborder fürs Kinderbecken
Unnötig: Außenborder fürs Kinderbecken
Das 90 Autominuten entfernte Ulmo-Weingut der Planeta-Kellerei ist genau die richtige Oase, um diese Bedürfnisse zu stillen, denn hier oben in den Hügeln von Agrigent laufen nicht nur die Uhren langsamer und "Stress" ist ein Fremdwort aus einer anderen Welt, es kommen auch ausschließlich vorzügliche Weine und das Beste, was die sizilianische Küche zu bieten hat, auf den Tisch.

Da auch auf Sizilien ein Tag ohne Golfrunde ein verlorener Tag ist, füttern wir das Navi mit der Adresse des Golf Club Palermo im Parco Airoldi und staunen nicht schlecht, als die zielsichere Stimme behauptet: "In 500 Metern haben Sie Ihr Ziel erreicht; das Ziel liegt auf der rechten Straßenseite", wir uns aber gerade mitten im Zentrum Palermos im dicksten Berufsverkehr befinden. Wo zur Hölle soll in diesem Moloch aus Plattenbauten und prachtvoller Repräsentierarchitektur ein Golfplatz sein? Doch tatsächlich führt eine Einfahrt, die mehr an eine Tiefgarageneinfahrt denn an einen Golfclub erinnert, unter einem Wohnhaus hindurch und öffnet urplötzlich den Blick auf eine idyllische Parklandschaft, über der sich leider gerade eine bedrohlich schwarze Wolkendecke zusammenbraut, die sich nicht lange damit aufhält, die in ihr gespeicherten Blitze und Wassermassen über Palermo zu entladen. An Golf ist aus schierem Selbsterhaltungstrieb an diesem Tag daher nicht mehr zu denken, und da es sich bei der Anlage im Parco Airoldi lediglich um einen rudimentären Neunlochplatz mit Par 32 handelt, ist dieser Verlust zu verschmerzen. Für eine schnelle Runde zwischen Stadtbummel und Abflug vom nicht weit entfernten Flughafen scheint dieser Club allerdings optimal geeignet. Schließlich ist das wuselige Zentrum Palermos lediglich einen Hieb mit dem Driver entfernt.

Inselbegabung:
KINDERSCHUHE
Nach einigen Tagen auf dieser Insel und unzähligen Kilometern im Auto fällt es schwer zu glauben, dass es auf Sizilien nur zwei große Golf-Resorts mit mehr als 18 Löchern gibt. Neben dem Rocco Forte Verdura Resort ist das Donnafugata Resort mit seinen beiden Championship-Plätzen die zweite Premiumanlage der Insel. Beide Resorts wurden samt ihren Golfplätzen rund um das Jahr 2010 eröffnet, was bedeutet, dass es zur Jahrtausendwende praktisch keine Möglichkeit gab, auf Sizilien eine Golfrunde über 18 Löcher zu spielen. Unglaublich, bedenkt man, dass diese Insel mit ihren mehr als 1.000 Küstenkilometern, imposanten Bergmassiven und perfektem Golfklima das ganze Jahr über beste Voraussetzungen für ein wahres Golf-Eldorado bietet. Eine Möglichkeit gab es allerdings bereits damals, auf Sizilien Golf zu spielen: das Il Picciolo Golf Resort im Osten der Insel am Fuße des Ätna. Geöffnet seit Mitte der 90er ist dieser 18-Loch-Platz so etwas wie die Wiege des Golfs auf Sizilien, wo unser Sport ohne Zweifel noch in den Kinderschuhen steckt.

Hier oben auf knapp 600 Metern Höhe fliegen die Bälle spürbar weiter als direkt am Meer in Verdura, und wenn Il Picciolo mit seinen 5.870 Metern zwar kein ausgewachsener Meisterschaftsplatz ist, so braucht es doch jede Menge Platzkenntnis, um die zahlreichen Doglegs durch dichten Baumbestand ohne bleibende Schäden auf der Scorekarte zu umschiffen. Wir sind also heilfroh, dass sich Paolo, der im Clubhaus nach dem Rechten sieht und allen Mitgliedern und Gästen jederzeit mit Rat und Tat zu Seite steht, bereit erklärt, uns zu begleiten. "Ich kann euch sicher ein paar gute Tipps geben, denn von beinahe jedem Golfer, der unseren Platz zum ersten Mal spielt, höre ich danach: 'Jetzt weiß ich, wie ich dieses und jenes Loch spielen muss. Beim zweiten Mal wird mein Score garantiert besser ausfallen!'", grinst der 36-jährige Italiener, der optisch auch locker als Mittelfeldspieler in der Serie A durchgehen könnte, und greift auf dem ersten Abschlag (Par 4) zum Eisen 6. Paolos Tipps erweisen sich in den nächsten vier Stunden tatsächlich als immens wertvoll; sein häufiges Kopfschütteln, wenn einer von uns zum Driver greifen möchte, erspart mindestens einem halben Dutzend Golfbällen den Vorruhestand im dichten Unterholz oder in gut getarnten Wasserhindernissen. Ab Loch 8, einem 150 Meter langen Par 3, gilt unsere Aufmerksamkeit dann weniger den engen Fairways oder unserem Score als vielmehr den spektakulären Ausblicken auf Europas höchsten und aktivsten Vulkan. Die Back Nine in Il Picciolo verlaufen entlang der Baumgrenze des 3.329 Meter hohen Ätna. Von hier sind es knappe zehn Kilometer stetig bergauf führenden Gewaltmarsches durch Geröllfelder und Gestrüpp bis zum Krater, der am heutigen Tag keinen Mucks von sich gibt. "Ich bin seit einem halben Jahr hier, auf den Ätna habe ich es aber noch nicht geschafft", gesteht Paolo auf Loch 10, hinter dessen Grün sich der riesige Vulkan auftürmt. "Aber man kommt auch dort hinauf, ohne sich die Füße plattlaufen zu müssen. Habt ihr den Hubschrauber neben dem Clubhaus gesehen? Der Pilot bietet jeden Tag Flüge rund um den Ätna an. Vielleicht kann ich ja einen Deal mit ihm aushandeln: Golfstunden gegen Rundflug."

Inselbegabung:
Uns bleibt für diesen spektakulären Ausflug leider keine Zeit mehr, denn der Pilot unseres Lufthansa-Flugs LH 1971 von Palermo zurück nach Deutschland wartet ganz im Gegensatz zu den Jungs mit ihrem Helikopter garantiert nicht auf unpünktliche Passagiere. Wir werden jedoch schon sehr bald wiederkommen, so viel steht fest. Schließlich sind die Strände von Sizilien zu schön, die Küche ist zu vorzüglich und die Golfplätze sind zu spektakulär, um den nächsten Trip hierher im Geiste nicht schon längst geplant zu haben.

 

Golfplätze in der Region

VERDURA RESORT EAST COURSE

VERDURA RESORT EAST COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.686 Meter

Adresse:
SS115 km 1331
92019 Sciacca, Sizilien, Italien
Tel. +39 0925.998125
www.roccofortehotels.com

Greenfee:
Hotelgäste: 100 Euro (Juli bis September), 80 Euro (Oktober bis Juni); externe Gäste: 130 Euro (Juli bis September), 100 Euro (Oktober bis Juni)

Links-Golf am Mittelmeer ist eigentlich ein Widerspruch in sich, denn Dünen wie in Schottland oder Irland findet man dort weniger. Der sandige Boden Südsiziliens ist jedoch der optimale Untergrund, um eine perfekte Illusion von Links-Golf zu kreieren, und Kyle Phillips trägt mit seinen künstlich geschaffenen Dünen auf den Front Nine seinen Teil dazu bei. Auf den Back Nine wechselt der Links-Charakter dann zu reinrassigem Resort-Golf, bevor der Platz mit Loch 18, einem der spektakulärsten Schlusslöcher der European Tour, seinen absoluten Höhepunkt erreicht.

Killerloch:
Keine 100 Meter misst Loch 6 von den Back Tees und ist damit Siziliens Version der Postage Stamp. Ein ganz anderes Biest von einem Par 3 ist dagegen Loch 12, das von ganz hinten beinahe 240 Meter misst.
www.roccofortehotels.com

VERDURA RESORT WEST COURSE

VERDURA RESORT WEST COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.692 Meter

Adresse:
SS115 km 1331
92019 Sciacca, Sizilien, Italien
Tel. +39 0925.998125
www.roccofortehotels.com

Greenfee:
Hotelgäste: 100 Euro (Juli bis September), 80 Euro (Oktober bis Juni); externe Gäste: 130 Euro (Juli bis September), 100 Euro (Oktober bis Juni)

Auf die Frage, welcher Platz im Verdura Resort denn nun der bessere sei, kann man sich eine wohl durchdachte Antwort überlegen oder einfach eine Münze werfen. Im Hinblick auf Design, Landschaft und Pflegezustand sind East und West Course in Verdura absolut gleichwertig. Der Westplatz folgt allerdings nicht dem klassischen Konzept von zwei Neunloch-Halbrunden, sondern wählt eine kreative Route über das gesamte Gelände, bevor er mit Loch 15 in ein atemberaubendes Finish direkt am Mittelmeer einbiegt. Golfer mit höheren Handicaps werden auf dem West Course wahrscheinlich etwas mehr Spaß haben.

Killerloch:
Man muss über Loch 17 eigentlich nur wissen, dass auf dem Par 3 ein hässlicher Hook ausreicht, um statt des Grüns eine Surfschule auf dem Sandstrand zu treffen. Noch Fragen?
www.roccofortehotels.com

IL PICCIOLO ETNA GOLF CLUB

IL PICCIOLO ETNA GOLF CLUB

18 Löcher, Par 72, 5.870 Meter

Adresse:
SS120 km 200
95012 Castiglione di Sicilia
Sizilien, Italien
Tel. +39 0942.986138
www.ilpicciologolf.com

Greenfee:
85 Euro (18 Löcher), 50 Euro (9 Löcher)

Dreimal fanden hier bereits die Italian Ladies Open und 2010 auch die European Senior Open statt, was sehr passend ist, denn das präzise Spiel der LET oder Seniors Tour ist auf diesem Golfplatz absolut gefragt. Länge vom Tee ist hier höchstens an vier oder fünf Löchern ein echtes Thema, und um die versteckten Tricks und Kniffe dieser Anlage gänzlich zu verstehen, braucht es mehr als nur eine Proberunde. Il Picciolo testet garantiert jeden Aspekt des eigenen Golfspiels, denn neben extrem engen und kurzen Par-4-Löchern wie den Bahnen 1 und 13, auf denen nur Wahnsinnige zum Holz greifen, gibt es auch spektakuläre Abschläge wie auf den Bahnen 9 und 18, die nach Helden mit dem Driver verlangen.

Killerloch:
Loch 11 bietet mit zwei Wasserhindernissen rechts und links, einer Ausgrenze links und einem Halbinselgrün mehr als genügend Möglichkeiten, den Score in astronomische Höhen zu treiben.
www.ilpicciologolf.com

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