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Nordirland

Nie mehr zweite Liga!

Von Jan Langenbein, Fotos: Tourism Northern Ireland, Castlerock Golf Club, Golfpunk

Eine famose Open Championship hat Nordirland in dieser Saison zurück in die Aufmerksamkeit der Golf-Weltöffentlichkeit katapultiert. Doch müssen es wirklich die legendären Edelwiesen sein, um rund um Belfast ein paar grandiose Golftage zu haben?

Billy hat auf seinen Taxitouren bereits Tausende Touristen durch Belfast gefahren, um ihnen dabei nicht nur die schönen, sondern auch die leidgeplagten Ecken seiner Stadt zu zeigen. Seit Juli 2019 hat er neben Nordirland-Konflikt, "Titanic" und dem Wetter ein neues Thema, das ihm auf der Seele brennt, und mit zwei Golfjournalisten aus Deutschland im Auto wird selbstverständlich keine Zeit verschwendet. Bereits an der ersten roten Ampel in der Innenstadt platzt es aus ihm heraus: "Habt ihr Shane Lowrys letzten Putt bei der Open in Portrush gesehen? Ich stand in erster Reihe, nur wenige Meter entfernt, als der Putt fiel, und hatte Gänsehaut. Das war ganz klar das beste Sportereignis, das ich je miterleben durfte!" Wenig später biegen wir in die Percy Street im Westen Belfasts ein und das Auto kommt vor einem geschlossenen Metalltor zum Stehen. Die vor mittlerweile 50 Jahren errichteten "Peace Lines" trennen auch heute noch Wohngebiete proirischer Republikaner und probritischer Unionisten. Hier, unweit der Falls Road, begannen 1969 in Belfast Straßenschlachten, die heute als Anfang des mehr als 30 Jahre andauernden Nordirland-Konflikts gelten, der für Kontinentaleuropäer unverständlich verniedlichend auch gerne "The Troubles" genannt wird. Doch Billy ist, während er unser Taxi wendet, um die künstliche Sackgasse wieder zu verlassen, in Gedanken noch ganz beim Golf. "Ein Ire gewinnt die Open in Nordirland - wenn das keine Ironie ist!"

Einige Hundert Meter westlich hat der deutsche Fotograf Kai Wiedenhöfer die triste Mauer mit 36 überdimensionalen Panoramafotografien in eine temporäre Outdoor-Galerie verwandelt. Thema seiner Ausstellung "Wall on Wall" sind Grenzzäune und Mauern in aller Welt. Die Fotografien aus Korea, Palästina, den Vereinigten Staaten und natürlich aus dem Berlin der 80er-Jahre entfalten auf diesem besonderen Canvas eine beeindruckende Wirkung.

Nordirland: Keine Zahnzusatzversicherung: am falschen Ende gespartNordirland: Keine Zahnzusatzversicherung: am falschen Ende gespart
Keine Zahnzusatzversicherung: am falschen Ende gespart

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DIE 27 SPIELBAHNEN DES MALONE GOLF CLUB MUTEN AN, ALS WÜRDEN SIE BEREITS SEIT DEM 19. JAHRHUNDERT BESPIELT WERDEN.
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"Wo geht ihr heute Nachmittag Golf spielen?", möchte Billy wissen, als wir das Ende der Ausstellung erreicht haben. "Im Malone Golf Club", antworten wir mir fragendem Unterton, denn keiner von uns beiden weiß, was uns dort im Süden Belfasts erwartet. "Oh großartig! Das ist ein toller Golfplatz. Ihr werdet ihn mögen. Und schaut mal", entgegnet Billy und zeigt auf die Berge am Stadtrand Belfasts, deren Gipfel über den Hausdächern zu sehen sind. "Die Belfast Hills sind heute von der Stadt aus sichtbar. Das heißt: gutes Wetter."

IM SCHATTEN VON PORTRUSH


Für Golffans in aller Welt mag die Open Championship 2019 in Royal Portrush lediglich ein weiteres Major auf einem Golfplatz gewesen sein, der lange nicht mehr in Fokus der Weltöffentlichkeit stand. Für Nordirland war die Rückkehr der Open nach 68 Jahren allerdings nicht nur ein Image, sondern auch ein wirtschaftlicher Segen, schließlich brachten Übertragungen der Open nicht nur kostenlose TV-Zeit in aller Welt, die nordirische Tourismusbehörde errechnete, dass die Open 2019 mehr als 80 Millionen Pfund in die Region brachte und mehr als 1.500 Jobs im Zusammenhang mit dem Event geschaffen wurden. Darüber hinaus stieg die Anzahl der Golftouristen in Nordirland in den vergangenen fünf Jahren nach der Bekanntgabe der Open-Austragung um zwölf Prozent. Als Sahnehäubchen machte dann sogar noch ein irischer Sieger das enttäuschende Abschneiden des Hometown Hero Rory McIlroy beinahe vergessen.

Nordirland:
Im Windschatten dieser Erfolgsgeschichte machten wir uns drei Monate, nachdem der letzte Putt in Royal Portrush gefallen war, auf den Weg nach Nordirland, um herausfinden, was abenteuerlustigen und wetterfesten Golfern abseits der weltberühmten Über-Wiesen Royal Portrush und Royal County Down geboten wird. Denn seien wir ehrlich: Nicht jeder möchte seine Startzeiten ein halbes Jahr vor Reiseantritt buchen oder ist bereit, Greenfee-Beträge nördlich der 250 Euro auf den Pro-Shop-Tresen zu blättern. Spoiler Alert: Nichts davon ist in Nordirland notwendig.

Billy sollte mit seiner Wettervorhersage recht behalten und der Malone Golf Club empfängt uns am Nachmittag mit angenehmen Temperaturen und strahlend blauem Himmel. 30 Autominuten braucht es, um aus dem Stadtzentrum von Belfast hierher in den Süden der Stadt zu kommen. Bereits kurz vor der Ankunft im Golfclub machen die stattlichen Anwesen links und rechts der Straße jedem Gast deutlich, dass es ihn in einen der besseren Teile der Stadt verschlagen hat. Das feudale Clubhaus des Malone Golf Club passt bestens ins pittoreske Bild, doch der Golfplatz reißt jeden Spieler schnell aus seinem britischen Parkland-Traum. Nach einem entspannten Auftakt zeigt der Platz mit den Spielbahnen 5 und 7, dass hier selbst Scratch-Golfer hart kämpfen müssen, um ihrer Spielvorgabe gerecht zu werden. Dass dieser Club seit seiner Gründung 1895 bereits viermal den Standort gewechselt hat, ist heute mit dem besten Willen nicht mehr auszumachen, denn die 27 Löcher muten an, als würden sie bereits seit dem 19. Jahrhundert bespielt werden.

Am Abend in der Innenstadt wird in einem Pub im belebten Church Quarter deutlich, dass König Fußball in Nordirland nicht uneingeschränkt regiert. Auf über der Hälfte der an den Wänden platzierten Flatscreens flimmert das EM-Qualifikationsspiel der Nordiren, die 80 Minuten lang erstaunlich gut gegen die Niederlande mithalten, zwischenzeitlich sogar in Führung gehen, am Ende jedoch mit 1:3 aus dem eigenen Stadion gefegt werden. Das Spiel findet im Windsor Park keine zwei Kilometer entfernt statt. Und trotzdem scheinen sich mehr der Locals für die Muskelberge zu interessieren, die auf der anderen Hälfte der Fernseher übereinander herfallen. Schließlich findet in Japan zeitgleich die Rugby-Weltmeisterschaft statt.

LINKSVERKEHR


Der Scheibenwischer unseres Mietwagens hat am nächsten Morgen schwer zu kämpfen, um der Wassermassen Herr zu werden, die auf unserem Weg an die Nordküste gegen die Windschutzscheibe prasseln. Das Wetter für die erste Runde Links-Golf dieser Reise wird also - drücken wir es positiv aus - herausfordernd werden. Als wir den Parkplatz von Royal Portrush passieren, setzt ein Reisebus gerade ein gutes Dutzend amerikanischer Golftouristen ab, die in wenigen Minuten erfahren werden, dass es hier ganz und gar nicht möglich ist, im Golf-Buggy über den Platz zu zuckeln. Nebenan im Portstewart Golf Club haben die Mitglieder offenbar beschlossen, dass das Wetter heute für eine Runde Golf zu mies ist, denn der spektakuläre erste Abschlag des Strand Course ist menschenleer.

 
WOHNEN

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TEN SQUARE HOTEL

Von dieser schicken und doch bezahlbaren Unterkunft in direkter Nachbarschaft der pompösen Belfast City Hall sind nahezu alle Sehenswürdigkeiten der Innenstadt per pedes zu erreichen. Die modern eingerichteten Zimmer verfügen über angenehm große Badezimmer und obendrein über schallisolierte Fenster, was bei einer solch zentralen Lage durchaus erwähnenswert ist.
www.tensquare.co.uk

LOUGH ERNE RESORT

Eine Hotelanlage, in der sich 2013 Obama, Putin, Merkel & Co. zum G8-Gipfel trafen, ist, was den Standard angeht, selbstverständlich über jeden Zweifel erhaben. Etwas ganz Besonderes ist jedoch das Spa, von dessen Pool aus man den Golfern auf dem 18. Grün beim Putten zuschauen kann. Und dann gibt es da auch noch das hervorragende Hauptrestaurant unter Leitung von Starkoch Noel McMeel, dessen moderne irische Küche einen jedes Score-Desaster schnell vergessen lässt.
www.lougherneresort.com

Golfplätze in der Region

MALONE GOLF CLUB (DRUMBRIDGE & BALLYDRAIN NINES)

MALONE GOLF CLUB (DRUMBRIDGE & BALLYDRAIN NINES)

18 Löcher, Par 70, 6.116 Meter

Adresse:
240 Upper Malone Road, Dunmurry, Belfast, BT17 9LB, Northern Ireland
Tel. +44 28.9061.4917
www.malonegolfclub.co.uk

Greenfee:
ca. 100 Euro

Die 18 Löcher der Parkland-Anlage liegen nur acht Kilometer vom Stadtzentrum von Belfast entfernt. Das Herzstück des Golfplatzes ist ein natürlicher Forellensee, der auf den Back Nine des Main Course oft ins Spiel kommt, für tolle Panoramablicke sorgt, aber auch einige Scorekarten verunstalten kann. Natürlich hat auch Rory McIlroy schon alles im Malone Golf Club gesehen: "Ein großartiger Platz, der gleichermaßen Entspannung und Spaß auf einer Runde mit Freunden ermöglicht."

Killerloch:
Vom erhöhten Abschlag der sechsten Spielbahn gilt es, eine Schneise zu treffen, die nicht breiter ist als ein einspurig befahrbarer Waldweg. Wer Glück hat, steht danach nicht wie ein Baseball-Spieler am Ball und könnte sogar die Sensation schaffen und das Grün mit einem langen Eisen treffen.
www.malonegolfclub.co.uk

CASTLEROCK GOLF CLUB (MUSSENDEN COURSE)

CASTLEROCK GOLF CLUB (MUSSENDEN COURSE)

18 Löcher, Par 73, 6.200 Meter

Adresse:
65 Circular Road, Castlerock, Co. Londonderry, BT51 4TJ, Northern Ireland
Tel. +44 28.7084.8314
www.castlerockgc.co.uk

Greenfee:
ca. 100 Euro

Nur 20 Minuten entfernt von Royal Portrush liegt der 118 Jahre alte Castlerock Golf Club, der natürlich im Schatten seines berühmten Nachbarn weilt. Das klassische Links-Layout steht der Open-Wiese von nebenan aber in nichts nach. Paul McGinleys Platzrekord von 64 Schlägen mutet während einer Runde, wie wir sie erlebten, die mehr einem Ausflug in die Waschanlage als einer Partie Golf glich, schier unmenschlich an. Scheint allerdings die Sonne und der Seewind gönnt sich eine Pause, sind gute Scores sehr realistisch. Ein Ausflug nach Portrush und Portstewart wäre ohne Castle rock nicht komplett.

Killerloch:
Loch 4 (Par 3) ist an Individualität kaum zu überbieten. 180 Meter von den Backtees sind kein Pappenstiel und das Grün wird nicht nur durch tiefe Bunker, sondern auch durch einen Bach links und eine Bahnlinie rechts verteidigt. Viel Glück!
www.castlerockgc.co.uk

LOUGH ERNE FALDO COURSE

LOUGH ERNE FALDO COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.466 Meter

Adresse:
Belleek Road, Enniskillen, Fermanagh, BT93 7ED, Northern Ireland
Tel. +44 28.6632.3230
www.lougherneresort.com

Greenfee:
ca. 80 Euro (Wochentag), ca. 105 Euro (Wochenende)

Schon beim Durchfahren der Tore des Lough Erne Resort drängt sich der Eindruck auf, die Türen zum irischen Miniaturwunderland seien geöffnet worden. Der von Sir Nick Faldo designte Championship Course bietet das ultimative 18-Loch-Golferlebnis mit außergewöhnlich
schönen Panoramablicken auf die großen Binnengewässer samt beinahe kitschig schöner Natur. Über das gesamte Jahr bekommt man auf dem im Nordwesten Irlands gelegenen Platz hervorragende Pflegezustände sowie herausfordernde Spielsituationen geboten.

Killerloch:
Ein Schild macht allen Golfern vor Betreten des Abschlags von Loch 7 klar, dass Rory McIlroy der erste Spieler war, der das Grün mit dem Drive erreicht hat - aus 356 Metern, wohlgemerkt. Selbstverständlich solltest auch du hier zum Driver greifen. Fürs Fairway wird's schon reichen.
www.lougherneresort.com

ARDGLASS GOLF CLUB

18 Löcher, Par 70, 5.731 Meter

Adresse:
Castle Place, Ardglass, County Down, BT30 7TP, Northern Ireland
Tel. +44 28.4484.1219
www.ardglassgolfclub.com

Greenfee:
ca. 130 Euro (Wochentag), ca. 160 Euro (Wochenende)

Das Abenteuer in Ardglass fängt mit dem Betreten des ältesten Clubhauses der Welt an. Zu Beginn der Runde ist Euphorie vorprogrammiert, da direkt am Ufer abgeschlagen wird und die Sicht auf das offene Meer mit Ausblick auf die Isle of Man atemberaubend ist. Zahlreiche in die Brandung gebaute Teeboxen machen den Golfplatz auch für gute Spieler zu einem echten Test und der Versuch, auf der 18 (Par 4) das Grün mit dem Driver zu erreichen, ist das Highlight eines jeden Nordirland-Trips.

Killerloch:
Loch 2 (Par 3) ist wie gemacht für einen Golf-Porn-Bildband: 150 Meter über tiefe Klippen und tosende Brandung. Hier gilt es, die Nerven zu bewahren und das Smartphone erst nach dem Schlag zu zücken.
www.ardglassgolfclub.com

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