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Nicht im Bild: In Castlerock gibt es sowohl eine Burg als auch einen Felsen

Nordirland – Teil 2

Nie mehr zweite Liga!

Von Jan Langenbein, Fotos: Tourism Northern Ireland, Castlerock Golf Club, Golfpunk

Unser Ziel für den heutigen Tag liegt aber noch ein paar Dünen weiter, denn auf der anderen Seite des River Bann wartet eine Startzeit im Castlerock Golf Club auf uns.

Nicht dass die Teetime heute von Bedeutung wäre, schließlich jagt man wie im Nachbarclub angesichts des horrenden Wetters auch in Castle rock an diesem Tag weder Hund noch Golfer vor die Tür. Eingepackt wie Polarforscher machen wir uns trotzdem auf die Runde, was uns nicht nur das respektvolle Nicken von Thomas im Pro-Shop sichert, sondern nach etwa einer Stunde im strömenden Regen auch zur Erkenntnis führt, dass dieser grandiose Links-Platz seinen beiden berühmten Nachbarn in kaum etwas nachsteht. Majestätische Dünen, mannstiefe Topfbunker und jede Menge blinde Schläge - Castlerock hat alles zu bieten, was großartiges Links-Golf ausmacht. Und im Gegensatz zu Royal Portrush und Portstewart gibt es als Zugabe sogar noch eine Eisenbahnlinie, die Loch 4, ein 175 Meter langes Par 3, zu einem unvergesslichen Erlebnis macht. Zurück im Clubhaus schälen wir uns in der Umkleide aus den vollkommen durchnässten Klamotten. Auf der anderen Seite des Raums flucht eines der wenigen Mitglieder, die sich heute auf den Platz getraut haben: "Oh boys, today's just shit! Niemand sollte an einem solchen Tag Golf spielen müssen. Aber was will man machen? Ohne Golf geht es schließlich auch nicht."

Nordirland: Standfest: Sir Nick trägt bei jedem Wetter Weste (l), Trennkost: das Frühstück der ChampionsNordirland: Standfest: Sir Nick trägt bei jedem Wetter Weste (l), Trennkost: das Frühstück der Champions
Standfest: Sir Nick trägt bei jedem Wetter Weste (l), Trennkost: das Frühstück der Champions

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DIE 27 SPIELBAHNEN DES MALONE GOLF CLUB MUTEN AN, ALS WÜRDEN SIE BEREITS SEIT DEM 19. JAHRHUNDERT BESPIELT WERDEN.
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24 Stunden später könnten die Bedingungen im Ardglass Golf Club eine Autostunde südöstlich von Belfast nicht unterschiedlicher sein, denn der stetige Wind hat die Regenwolken in Richtung Schottland weitergetrieben und die Oktobersonne entwickelt eine Kraft, die uns tief in den Eingeweiden unserer Bags nach Sonnencreme wühlen lässt. "Lasst euch vom tollen Wetter nicht täuschen", gibt uns Cormac MacMullan, seines Zeichens Captain des Ardglass Golf Club im Jahre 2011, mit auf den Weg. "Sobald ihr auf dem zweiten Abschlag angekommen seid und den Wind spürt, werdet ihr merken, dass der heute mindestens zwei Schläger ausmacht."

Die Szenerie rund um den ersten Abschlag ist einzigartig, liegt er doch mitten im kleinen Fischerdörfchen Ardglass und das älteste Clubhaus der Welt, eine Festung aus dem 14. Jahrhundert samt Zinnen und Kanonen, sorgt für einen spektakulären Hintergrund. Wie es sich für uralte Golfplätze auf den britischen Inseln gehört, sucht man eine Driving Range vergeblich. Lediglich ein höllisch schnelles und obendrein noch sadistisch onduliertes Übungsgrün bietet die Möglichkeit einer sporadischen Vorbereitung auf die Runde und so warten am Wochenende stets um die 20 Golfer ungeduldig auf den Startschuss. In Kombination mit den Spaziergängern und Einheimischen, die hier gleichzeitig ihrem Freizeit- oder Tagesgeschäft nachgehen, entsteht so eine Atmosphäre, die dem ersten Tee auf dem Old Course in St. Andrews nicht unähnlich ist. Der erste Abschlag in Ardglass ist jedoch von einem ganz anderen Kaliber als im Home of Golf, schließlich steht kein Doppel-Fairway von der Breite eines Walmart-Parkplatzes zur Verfügung, um die flatternden Nerven zu beruhigen. Nein, in Ardglass gilt es, den Ball vor den aufmerksamen Augen aller Anwesenden über Klippen zu schlagen, die denen der 18. Spielbahn von Pebble Beach in nichts nachstehen. Knapp 150 Meter carry über Meer, Geröll und eine bungalowhohe Felswand sind nötig, um ein Fairways zu treffen, das mehr Neigung aufweist als manche Skipiste.

Dieser Nervenkitzel ist allerdings nur der Auftakt zu einer schier unglaublichen Ansammlung von Golflöchern, die jederzeit spektakuläre Blicke auf das Meer erlauben, gleichzeitig mit welligen Fairways, erzwungenen Carry-Schlägen und kniffligen Grüns alles andere als ein entspannter Spaziergang sind. Selbstverständlich kann die Komplexität des Designs oder auch der Pflegezustand der 18 Löcher nicht mit Royal Portrush oder County Down konkurrieren, eine Runde in Ardglass gehört dennoch ohne Zweifel auf die To-do-Liste eines jeden ernsthaften Golfreisenden. Denn lokale Geheimtipps zu entdecken, die vor unbändigem Charakter geradezu sprühen, ist mindestens so befriedigend, wie eine Even-Par-Runde im Clubhaus zu feiern. Ardglass ist ein solcher Geheimtipp - niemand, der jemals hier gewesen ist, wird dies infrage stellen.

Nordirland:

EIN HAUCH VON NEUSEELAND


Zurück in Belfast machen wir die Hills am Stadtrand noch nicht einmal mit besonders viel Fantasie aus, was bedeutet, dass selbst Locals an einem solchen Nachmittag einen Zeitvertreib in geschlossenen Räumen vorziehen, und entsprechend gut besucht ist das "Titanic Belfast". Man muss kein Leonardo-Di-Caprio-Fan sein, um sich in dieser 2012 eröffneten, mehr als 100 Millionen Pfund teuren Vorzeige-Touristenattraktion in den Bann des berühmtesten Ozeandampfers aller Zeiten ziehen zu lassen. 1911 lief die "Titanic" in der Harland & Wolff Werft zu Belfast vom Stapel, bevor sie wenige Tage nach ihrer Fertigstellung im Nordatlantik mit einem Eisberg kollidierte und mehr als 1.500 Passagiere und Crewmitglieder in den Tod riss. Nicht nur die gesamte Tragödie, sondern auch das wirtschaftliche und gesellschaftliche Umfeld, das Belfast Anfang des 20. Jahrhunderts zum Epizentrum des internationalen Schiffsbaus machte, können hier auf mehr als 12.000 Quadratmetern in einem spektakulären Bau des amerikanischen Architekten Eric Robert Kuhne hautnah bestaunt und nachempfunden werden.

Unsere Gedanken kreisen allerdings bereits um die Abschlussrunde unseres Nordirland-Abenteuers. Diese führt uns ganz in den Westen, denn dort begann Supermarkt-Tycoon Jim Tracey in den 90er-Jahren, an seinem privaten Golftraum zu bauen. 2009 waren dann am Ufer des malerischen Lough Erne satte 30 Millionen Pfund verbuddelt und nicht nur ein atemberaubendes Resort entstand, sondern mithilfe von Nick Faldo auch ein 18-Loch-Championship-Course, der einem Hollywood-Blockbuster gleicht. Spektakulär vom ersten Tee bis zum 18. Grün setzt dieser Golfplatz von Anfang an auf schiere Überwältigung - und das mit Erfolg. Hier ein Signature Hole zu benennen ist eine buchstäbliche Mission Impossible, schließlich gibt es mindestens ein halbes Dutzend davon. Bereits Loch 1 wäre in puncto Lage und Design grandios genug, um auf vielen anderen Weltklasseplätzen das Schlussloch zu sein. Und hat man den stattlichen Hügel, auf dem das sechste Loch endet, erst einmal erklommen, stellt sich zwangsläufig die Frage, was GolfPorn-Orgien wie Cape Kidnappers oder Cabot Cliffs diesem Platz voraus haben sollen. Traumhafte Landschaft, die sogar mit Neuseeland mithalten kann? Check! Ein anspruchsvolles Design, das von den Backtees selbst Tourspieler fordert? Check! Selbst ein übertrieben opulentes Einweihungsturnier unter dem Titel "The Duel on the Lough" hat diese Anlage bereits gesehen, als 2009 mit Padraig Harrington und Rory McIlroy die zwei erfolgreichsten Golfer der Grünen Insel gegeneinander antraten.

Zugegeben, man kommt eigentlich mit Golfschlägern im Gepäck nach Nordirland, um Links-Golf zu spielen und mehr als hundert Jahre alte Fairways zu erkunden. Beim Gedanken an eine amerikanisch anmutende Resort-Wiese, auf der Golfcarts ein unbestrittener Vorteil (aber keine Vorschrift) sind, wird es so manchem Golfpuristen eiskalt den Rücken hinunterlaufen.

Normalerweise zählen wir uns selbst ebenfalls zu dieser zum Golf-Snobismus neigenden Randgruppe, doch auf dieser Reise haben wir gelernt, dass die Mischung aus nahezu unbekannten Rohdiamanten und perfekt geschliffenen Schmuckstücken einen perfekten Golftrip ausmacht. Kaum ein Golfland auf diesem Planeten bietet diese Bandbreite so spielerisch wie Nordirland.

 

Golfplätze in der Region

MALONE GOLF CLUB (DRUMBRIDGE & BALLYDRAIN NINES)

MALONE GOLF CLUB (DRUMBRIDGE & BALLYDRAIN NINES)

18 Löcher, Par 70, 6.116 Meter

Adresse:
240 Upper Malone Road, Dunmurry, Belfast, BT17 9LB, Northern Ireland
Tel. +44 28.9061.4917
www.malonegolfclub.co.uk

Greenfee:
ca. 100 Euro

Die 18 Löcher der Parkland-Anlage liegen nur acht Kilometer vom Stadtzentrum von Belfast entfernt. Das Herzstück des Golfplatzes ist ein natürlicher Forellensee, der auf den Back Nine des Main Course oft ins Spiel kommt, für tolle Panoramablicke sorgt, aber auch einige Scorekarten verunstalten kann. Natürlich hat auch Rory McIlroy schon alles im Malone Golf Club gesehen: "Ein großartiger Platz, der gleichermaßen Entspannung und Spaß auf einer Runde mit Freunden ermöglicht."

Killerloch:
Vom erhöhten Abschlag der sechsten Spielbahn gilt es, eine Schneise zu treffen, die nicht breiter ist als ein einspurig befahrbarer Waldweg. Wer Glück hat, steht danach nicht wie ein Baseball-Spieler am Ball und könnte sogar die Sensation schaffen und das Grün mit einem langen Eisen treffen.
www.malonegolfclub.co.uk

CASTLEROCK GOLF CLUB (MUSSENDEN COURSE)

CASTLEROCK GOLF CLUB (MUSSENDEN COURSE)

18 Löcher, Par 73, 6.200 Meter

Adresse:
65 Circular Road, Castlerock, Co. Londonderry, BT51 4TJ, Northern Ireland
Tel. +44 28.7084.8314
www.castlerockgc.co.uk

Greenfee:
ca. 100 Euro

Nur 20 Minuten entfernt von Royal Portrush liegt der 118 Jahre alte Castlerock Golf Club, der natürlich im Schatten seines berühmten Nachbarn weilt. Das klassische Links-Layout steht der Open-Wiese von nebenan aber in nichts nach. Paul McGinleys Platzrekord von 64 Schlägen mutet während einer Runde, wie wir sie erlebten, die mehr einem Ausflug in die Waschanlage als einer Partie Golf glich, schier unmenschlich an. Scheint allerdings die Sonne und der Seewind gönnt sich eine Pause, sind gute Scores sehr realistisch. Ein Ausflug nach Portrush und Portstewart wäre ohne Castle rock nicht komplett.

Killerloch:
Loch 4 (Par 3) ist an Individualität kaum zu überbieten. 180 Meter von den Backtees sind kein Pappenstiel und das Grün wird nicht nur durch tiefe Bunker, sondern auch durch einen Bach links und eine Bahnlinie rechts verteidigt. Viel Glück!
www.castlerockgc.co.uk

LOUGH ERNE FALDO COURSE

LOUGH ERNE FALDO COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.466 Meter

Adresse:
Belleek Road, Enniskillen, Fermanagh, BT93 7ED, Northern Ireland
Tel. +44 28.6632.3230
www.lougherneresort.com

Greenfee:
ca. 80 Euro (Wochentag), ca. 105 Euro (Wochenende)

Schon beim Durchfahren der Tore des Lough Erne Resort drängt sich der Eindruck auf, die Türen zum irischen Miniaturwunderland seien geöffnet worden. Der von Sir Nick Faldo designte Championship Course bietet das ultimative 18-Loch-Golferlebnis mit außergewöhnlich
schönen Panoramablicken auf die großen Binnengewässer samt beinahe kitschig schöner Natur. Über das gesamte Jahr bekommt man auf dem im Nordwesten Irlands gelegenen Platz hervorragende Pflegezustände sowie herausfordernde Spielsituationen geboten.

Killerloch:
Ein Schild macht allen Golfern vor Betreten des Abschlags von Loch 7 klar, dass Rory McIlroy der erste Spieler war, der das Grün mit dem Drive erreicht hat - aus 356 Metern, wohlgemerkt. Selbstverständlich solltest auch du hier zum Driver greifen. Fürs Fairway wird's schon reichen.
www.lougherneresort.com

ARDGLASS GOLF CLUB

18 Löcher, Par 70, 5.731 Meter

Adresse:
Castle Place, Ardglass, County Down, BT30 7TP, Northern Ireland
Tel. +44 28.4484.1219
www.ardglassgolfclub.com

Greenfee:
ca. 130 Euro (Wochentag), ca. 160 Euro (Wochenende)

Das Abenteuer in Ardglass fängt mit dem Betreten des ältesten Clubhauses der Welt an. Zu Beginn der Runde ist Euphorie vorprogrammiert, da direkt am Ufer abgeschlagen wird und die Sicht auf das offene Meer mit Ausblick auf die Isle of Man atemberaubend ist. Zahlreiche in die Brandung gebaute Teeboxen machen den Golfplatz auch für gute Spieler zu einem echten Test und der Versuch, auf der 18 (Par 4) das Grün mit dem Driver zu erreichen, ist das Highlight eines jeden Nordirland-Trips.

Killerloch:
Loch 2 (Par 3) ist wie gemacht für einen Golf-Porn-Bildband: 150 Meter über tiefe Klippen und tosende Brandung. Hier gilt es, die Nerven zu bewahren und das Smartphone erst nach dem Schlag zu zücken.
www.ardglassgolfclub.com

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