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Okzitanien

Der Wonne entgegen

Von Rudi Schaarschmidt, Fotos: Oliver Heuft

Leben wie Gott in Frankreich - wir haben uns immer gefragt, was es mit dieser Redewendung wohl auf sich hat. Auch wenn der Schöpfer dort wahrscheinich kein Golf gespielt hat: Jetzt wissen wir's. Ŕ votre santé...

Wer auch immer die Idee hatte, das Languedoc-Roussillon umzubenennen in Okzitanien, gehört bestraft. Bei der Bezeichnung Languedoc-Roussillon umschmeicheln einen vordergründig die Vokale, die phonetisch förmlich ineinander verschmelzen. Languedoc-Roussillon - das klingt nach einer leichten Brise, nach wärmender Abendsonne, nach einer sanften Hügellandschaft, nach Sand, Palmen und Olivenbäumen, nach Wein und zirpenden Grillen, nach Meeresrauschen und Musik, nach Kulinarik und Kultur. Jedenfalls klingt Languedoc-Roussillon viel mehr nach Fronkreisch als Ok-zi-ta-ni-en. Das klingt so zackig, so deutsch. Das klingt wie "Oktanzahl" und nach, nach… jedenfalls sperrig und nicht nach jenem wunderschönen Landstrich, der sich im Süden Frankreichs an der Mittelmeerküste bis zur spanischen Grenze zieht und den niemand mehr verlassen will, der ihn besucht hat - und den wir auf seine Golftauglichkeit untersucht haben.

Okzitanien: Frage: Was haben die Römer je für uns getan?Okzitanien: Frage: Was haben die Römer je für uns getan?
Frage: Was haben die Römer je für uns getan?

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Direkt vor der Terrassentür der ,Do maine d'Auriac', einer stilvollen Luxusherberge mit einer Gastronomie, für die man jemanden heiraten würde, betritt der Golfer einen Abschlag, der ihm die Sprache verschlägt.
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Pardon, aber das musste mal gesagt werden und wird nur unwesentlich dadurch gemildert, dass es in der Landessprache "Occitanie" heißt und ausgesprochen dann schon wieder so herrlich nach Croissant und Café au Lait klingt, dass es einem direkt eine Pfütze im Mund verursacht und man sofort in einem Straßencafé sitzen möchte. Am besten in Montpellier, einem Traum von einer Stadt. Aber dazu später. Streng genommen wurde die Region auch gar nicht umbenannt. Vor fünf Jahren hat die französische Regierung aus 22 Verwaltungsregionen 13 gemacht. Dabei wurde aus den Regionen Languedoc- Roussillon und Midi-Pyrénées eben Okzitanien. Die neue Region ist größer als Irland und der Name ist letztlich eine historische Reminiszenz an jene Gegend, in der im Mittelalter die okzitanische Sprache vorherrschte. Wer irgendwann mal mit diesem Spezialwissen bei Jauch die Million kassiert, wird mir noch dankbar sein.

Okzitanien:
Nach unserer Landung auf dem kleinen, schnuckeligen Flughäfelchen in Béziers springt uns sofort eine überdimensionierte Plakatwerbung entgegen, die in der nahe gelegenen Domaine Lavagnac ein neues Luxus- Golf-Resort mit 18 Löchern im Jack-Nicklaus-Design verspricht. Allerdings entpuppt sich die Nummer als französisches Pendant zu unserem BER: Mittlerweile glaubt kaum noch jemand an die seit Ewigkeiten geplante Fertigstellung. Golf gespielt wird in Béziers trotzdem und das schon seit fast 30 Jahren. Im Hinterland unweit der schönen Badeorte schlängeln sich im Golf Club Saint Thomas 18 Golfbahnen durch wilde Natur, hier und da etwas zu dicht aneinander. In diesem unprätentiösen Club wechseln einfachere, gerade Bahnen mit tückischen Doglegs, offenere Passagen mit von Mischwald flankierten Fairways und Grüns, auf denen der Putter in Form sein sollte. Kleines Manko: Zur weit entfernten Driving Range geht man nicht mal eben zu Fuß.

Nach diesem entspannten Auftakt fahren wir eine Stunde gen Süden nach Carcassonne. Ein Bummel durch diese mittelalterliche, von einem doppelten Mauerring umschlossene Festungsanlage mit seinen Hogwarts-Türmen und -Zinnen ist ein Muss. Wer auf dem Kopfsteinpflaster durch Carcassonnes Gassen mit den kleinen Geschäften und Restaurants flaniert, fühlt sich in eine andere Welt versetzt. Über ein Quidditch-Match im Burghof würde man sich nicht wundern. Allerdings besucht man dieses Relikt aus der Ritterzeit am besten außerhalb der Ferienzeit, ist es doch als UNESCO-Weltkulturerbe mit vier Millionen Besuchern pro Jahr einer der touristischen Hotspots Frankreichs.

Okzitanien: Flasche leer: Ich dreh am Rad!Okzitanien: Flasche leer: Ich dreh am Rad!
Flasche leer: Ich dreh am Rad!
Gewundert haben wir uns dann im nahe gelegenen Golfclub über das wohl absurdeste Auftaktloch der Golfwelt: "le Mur" ("die Wand"). Direkt vor der Terrassentür der "Domaine d'Auriac", einer stilvollen Luxusherberge mit einer Gastronomie, für die man jemanden heiraten würde, betritt der Golfer einen Abschlag, der ihm die Sprache verschlägt. Statt eines wie im Architektenlehrbuch vorgesehenen einfachen Auftaktlochs, auf dem man sich entspannt einspielen kann, bekommt der Golfspieler hier direkt mal Puls. Vor ihm türmt sich eine nahezu senkrechte, 15 Meter hohe, grüne Wand auf, die an das Filmplakat des Wolfgang-Petersen-Blockbusters "Der Sturm" erinnert. Jean-Pierre Basurco hat den Platz als junger Pro entworfen und gedacht, es sei eine gute Idee, zu Beginn gleich mal einen ehemaligen Weinberg hinaufzuspielen. Ist dieses - nennen wir es einzigartige - Auftaktloch erst mal absolviert und der Herzschlag wieder heruntergefahren, erstreckt sich auf dem erklommenen Plateau ein wunderbarer, gepflegter Parkland-Platz mit einigen großartigen Löchern und vielen grandiosen Ausblicken bis hin zu den Pyrenäen.

Auf dem Weg nach Montpellier machen wir Station in Cap d'Agde. Dort erwartet uns direkt am Meer kein privater Club, sondern ein kommunaler 27-Loch-Golfplatz mit angeschlossenem Viersternehotel. Mit ihren Palmen, Kiefern und Olivenbäumen versprüht die großzügige Anlage typisch mediterranes Flair. Den Golfer erwarten große, schnelle Grüns und ein sportliches Design, das offen wirkt und dadurch leichter aussieht, als es ist. Ein Platz, der Spaß macht und in seinem Style einigen Anlagen an der Costa del Sol ähnelt. Mit seinen spannenden Kompositionen ist das Clubrestaurant "Le Dix9" (deutsch: "Die 19"), in dem auch Nichtgolfer gerne fein dinieren, lukullisch absolut empfehlenswert. Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, dass die Region das größte Weinanbaugebiet des Landes ist und viele Betriebe in jüngster Vergangenheit einen erfreulichen Produktionswandel von Massen- zu Qualitätsware vollzogen haben, ohne dass dabei die Preise für die guten Tröpfchen das Niveau der renommierteren Gegenden im Bordeaux oder Burgund erreichen.

Golfplätze in der Region

GOLF CLUB DE NÎMES CAMPAGNE

GOLF CLUB DE NÎMES CAMPAGNE

18 Löcher, Par 72,
4.920 bis 6.038 Meter

Adresse
1 360 Chemin du
Mas de Campagne
30900 Nîmes
Tel. +33 4 6670 1737
golfnimescampagne.com

Greenfee
75 Euro

Zwischen dem Languedoc und der Provence, den Cevennen und dem Mittelmeer liegt der älteste Golfclub der Region in unmittelbarer Nähe des Flughafens. Das pompöse Clubhaus im Stile des Weißen Hauses ist ein absoluter Blickfang. Auf diesem altehrwürdigen Parkland-Kurs atmet man den Duft der Golftradition.

Killerloch
Die Schlussbahn (Par 4, 323 Meter) hat es in sich. In Drive-Länge lauern zwei Bachläufe und die Bahn knickt nach links ab. Der Schlag ins Grün verzeiht keinen Fehler: zur Linken ein fieser Hang und ein Bunker, zur Rechten mündet der Bachlauf in einen See.
www.golfnimescampagne.com

GOLF DE CARCASSONNE

GOLF DE CARCASSONNE

18 Löcher, Par 71,
4.885 bis 5.758 Meter

Adresse
Route de Saint Hilaire
11000 Carcassonne
Tel. +33 4.6872.5730
golf-de-carcassonne.com

Greenfee
60 Euro (Januar bis März, November bis Dezember), 70 Euro (April bis Oktober)

Vor den Toren von Carcassonne, einer Märchenstadt aus einer anderen Zeit, hat die Familie Rigaudis in den 1980er-Jahren den Weinbau drangegeben und stattdessen in einem Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert ein Luxushotel inklusive Sterne-Restaurant und einen spannenden Golfplatz mit fantastischen Ausblicken auf den Weg gebracht.

Killerloch
Die 11 (Par 4) ist ein Dogleg, lang und richtig schwierig - auch wegen des auf kurz gesteckten Fahnenpositionen unspielbaren Grüns. Aber uns hat die neunte Bahn (Par 3) noch mehr geflasht: 114 Meter tief hinab auf ein handtuchgroßes Grün, vor dem ein beeindruckendes Wasserhindernis lauert und hinter dem der Platz zu Ende ist - wow!
www.golf-de-carcassonne.com

GOLF RESORT MONTPELLIER FONTCAUDE

GOLF RESORT MONTPELLIER FONTCAUDE

18 Löcher, Par 72,
4.593 bis 6.098 Meter

Adresse
38 Avenue des Hameaux
du Golf
34990 Juvignac
Tel. +33 4.6745.9010
golfhotelmontpellier.com

Greenfee
68 Euro

Im Nordwesten von Montpellier liegt die Gemeinde Juvignac. Dort gibt es ein Golfhotel mit 86 Zimmern und einem 18-Loch-Platz vor der Tür. Der abwechslungsreiche Kurs aus der Feder des Neuseeländers Chris Pittman schlängelt sich wunderbar durch die Hügellandschaft. Auch der Neunloch-Par-3-Kurs ist empfehlenswert. Und wenn der HSC Montpellier ein Heimspiel hat, lässt einen der "Roar" aus dem Luftlinie gerade mal zwei Drive-Längen entfernten Fußballstadion am Spielverlauf teilhaben.

Killerloch
Der Drive auf der 13 (Par 4, 334 Meter) muss in knapp 200 Metern Entfernung an einem Bunker zur Linken und einem hohen Baum zur Rechten wie durch ein Nadelöhr gespielt werden, um einen nicht weniger kniffligen Schlag in ein schmales, von Bäumen flankiertes Grün zu haben.
www.golfhotelmontpellier.com

GOLF RESORT MONTPELLIER FONTCAUDE

GOLF SAINT THOMAS

18 Löcher, Par 72,
4.644 bis 6.027 Meter

Adresse
Route de Bessan
34500 Béziers
Tel. +33 4.6739.0309
golfsaintthomas.com

Greenfee
69 Euro (März bis Oktober), 64 Euro (November bis Februar)

Keine 15 Kilometer vom Mittelmeer entfernt liegt die malerische Stadt Béziers (80.000 Einwohner) am Canal du Midi mit einer beeindruckenden Kathedrale und: einem Golfplatz! Uns ist weltweit kein weiterer Platz bekannt, den der Architekt Patrice Lambert erschaffen hat, außer jenem in dieser typisch mediterranen Landschaft.

Killerloch
Die 9 (Par 5) ist zwar nicht lang, dennoch auch für Longhitter nicht mit zwei Schlägen zu erreichen. Auf den letzten 100 Metern knickt die Spielbahn nach einem flankierenden Wald rechtwinklig ab. Dann geht es mächtig bergauf zu einem stark ansteigenden Grün, auf dem man nicht bergab putten möchte.
www.golfsaintthomas.com

LE CAP D'AGDE GOLF INTERNATIONAL

LE CAP D'AGDE GOLF INTERNATIONAL

18 Löcher, Par 72,
5.084 bis 6.330 Meter

Adresse
4 Avenue des Alizés
34300 Cap d'Agde
Tel. +33 4.6726.5440
golfcapdagde.com

Greenfee
70 Euro (Januar bis März, November bis Dezember), 77 Euro (April bis Oktober)

Tolle Anlage mit schönem Golfhotel direkt am Platz. Der Classic Course besteht aus den beiden flachen Neunloch-Schleifen "Azur" und "Alizés" von Ronald Fream und ist der, den es zu spielen gilt. Vor neun Jahren hat Alain Prat mit "Volcan" neun hügelige Löcher im Western- oder Desert-Style hinzugefügt, von denen man tolle Ausblicke aufs Mittelmeer hat.

Killerloch
Schon die zweite Bahn (Par 5, 502 Meter) kann einem den Zahn ziehen, erst recht bei Gegenwind. Vor allem der Schlag in das auf einem steilen Hügel gelegene Grün ist knifflig. Drum herum: nur abschüssiges Gelände und jede Menge Bäume.
www.golfcapdagde.com

GOLF DE NÎMES VACQUEROLLES

GOLF DE NÎMES VACQUEROLLES

18 Löcher, Par 72,
4.995 bis 6.185 Meter

Adresse
1075 Chemin du Golf
30900 Nîmes
Tel. +33 4.6623 3333
golf-nimes.com

Greenfee
75 Euro (März bis Nov.), 60 Euro (Dez. bis Feb.)

Das Logo des Clubs stilisiert die gerade einmal eine halbe Stunde entfernte Pont du Gard, ein beeindruckendes 2.000 Jahre altes Aquädukt, das einen Besuch genauso lohnt wie der Golfplatz. Neben dem erstklassigen Championship Course gibt es noch einen Neunloch-Pitch&Putt-Platz. Genial: Auf der Homepage gibt es die Ondulierungen und Topografien der Grüns in digitaler Form.

Killerloch
Wenn ein 316 Meter langes Par 4 (Bahn 8) den Handicap-Index 1 bekommt, weiß der Golfer, dass es um Präzision und nicht um Länge geht. Das schmale Dogleg wird von hohen Bäume flankiert und hält alle Möglichkeiten für ein Desaster auf der Scorekarte parat.
www.golf-nimes.com

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