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Rom

Noch 365-Mal schlafen

Von Jan Langenbein

Ein Jahr bevor am Stadtrand von Rom die große Ryder-Cup-Sause steigt, lockte uns der frisch herausgeputzte Austragungsort. Trotz all der Doppel-Bogeys kehrten wir glückselig und fünf Kilo schwerer wieder nach Hause zurück.

Hätte man uns vor ein paar Jahren prognostiziert, dass wir tatsächlich während der letzten Septemberwoche 2022 Divots aus den Fairways des Marco Simone Golf & Country Club schlagen würden, hysterisches Lachen wäre die Folge gewesen. Denn es wäre niemandem in der GolfPunk-Redaktion zuzutrauen, in den kommenden Jahren wie Phönix aus der Golfasche durch die Rankings zu klettern und sich unter den besten zwölf Golfern Europas zu etablieren. In exakt dieser Woche hätte schließlich die gesamte Golfwelt auf Rom blicken sollen, doch wie einst die Ereignisse des 11. September 2001 den Ryder Cup von den ungeraden Jahreszahlen in die geraden Kalenderjahre zwang, wirbelte die Pandemie die globalen Terminkalender erneut durcheinander. Die Golf-Tifosi müssen sich daher also zwölf weitere Monate gedulden, bis der Ryder Cup das erstmalig in seiner Geschichte auf italienischem Boden ausgetragen wird. Nörgler und Spötter wollten diese Verschiebung schnell als absolut notwendig entlarvt haben, schließlich wären der Platz und die dazugehörige Infrastruktur dank der stereotyp laxen Pünktlichkeit der Italiener für ein Mega-Event dieser Größe noch längst nicht fertig. Doch zu diesem Nonsens später mehr.

Uns verschaffte der neue Austragungstermin des Ryder Cup also die Möglichkeit, Marco Simone während eines Zeitfensters, das in der alten, vorpandemischen Zeitrechnung noch völlig undenkbar schien, selbst einige Birdies abzuringen, weitere Golf-Highlights der Ewigen Stadt zu checken und mehr Portionen Pasta aller Darreichungsformen zu verputzen, als Drei-Putts zu spielen.

Rom: Marco Simone 2022: die Ruhe vor dem Sturm
Marco Simone 2022: die Ruhe vor dem Sturm

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In 45 Minuten ist der Regen vorbei, dann könnt ihr immer noch abschlagen. Die Startzeiten sind zwar gut gebucht, aber ich regle das schon.
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GÖTTLICHER BEISTAND


Unser römisches Golfabenteuer beginnt, als uns der Bus bei strömendem Regen auf dem Parkplatz des Parco di Roma Golf Club absetzt. Latente Panik macht sich breit, denn die gebuchte Startzeit in wenigen Minuten würde bedeuten, in dieser veritablen Sintflut abschlagen zu müssen, und wer packt schon Regenklamotten ein, wenn das Ziel Italien heißt?

"Tranquillo, tranquillo!", beruhigt uns der Starter. "Kommt erst mal ins Clubhaus und trinkt einen Espresso. In 45 Minuten ist der Regen vorbei, dann könnt ihr immer noch abschlagen. Die Startzeiten sind zwar gut gebucht, aber ich regle das schon." Mit etwas kreativer Buchführung und dem verständnisvollen Entgegenkommen einiger Mitglieder schafft es Ivan, der eigentlich aus Sardinien stammt, uns auf das arg weit vom Clubhaus entfernte zehnte Tee zu bringen, und als die ersten Bälle fliegen, bricht sich tatsächlich die Sonne einen Weg durch die dünner werdende Wolkendecke.

Rom: Renovierungsbedürftig: Berlin-Marzahn verfällt
Renovierungsbedürftig: Berlin-Marzahn verfällt
Keine 18 Golflöcher liegen näher am Stadtzentrum Roms als dieser von P.B. Dye designte Platz und so verwundert es nicht, dass auch diese Anlage wie die italienische Hauptstadt selbst auf sieben Hügeln erbaut wurde. Will sagen: Die Topografie, die Golfern mehr Höhenmeter abverlangt als mancher Alpenplatz, und das nicht gerade an der Unversehrtheit des Nervenkostüms der Golfer interessierte Design des Pete-Dye-Sprösslings ergeben eine Mischung, die sowohl an die körperliche Fitness als auch an den Golfschwung echte Anforderungen stellt. Oder man nimmt sich einfach ein Cart, schert sich nicht um all die auf Nimmerwiedersehen in tiefen Schluchten verschwundenen Bälle und hat schlicht eine großartige Zeit. Selbst nach nur einer Runde auf diesem außergewöhnlichen Golfplatz erscheint es bereits genauso unwahrscheinlich, hier eine persönliche Bestleistung abzuliefern, wie die zahlreichen Signature-Löcher wieder vergessen zu können. Und dann wartet nach getaner Arbeit auch noch die erste himmlische Portion Nudeln der Reise auf uns.

Nachdem wir die erste Nacht im pompösen "Waldorf Astoria" verbracht haben, ist es Zeit für ein wenig Sightseeing. Irgendwo zwischen Kolosseum und Palazzo Venezia möchte ich von unserer Stadtführerin, einer waschechten Römerin, wissen, welche anderen Küchen unter den Locals populär sind, sollte ihnen der Sinn mal nicht nach italienischem Essen - oder für Italiener schlicht: Essen - stehen. Meine Frage scheint schlecht formuliert, denn die Gute versteht nicht, was ich von ihr möchte: "Was meinst du mit ,anderem Essen'?" - "Na, zum Beispiel Indisch oder Chinesisch. Was schmeckt dir denn abseits von eurer zugegebenermaßen spitzenmäßigen heimischen Küche?" - "Ich bitte dich… warum sollte ich etwas anderes essen als das, was meine Mutter schon perfektioniert hat?" Hut ab vor solch einem kulinarischen Selbstbewusstsein, das umgehend, nachdem wir am Forum Romanum die Statue eines gewissen Julius Cäsar auf dem Weg zum Mittagessen passiert haben, untermauert wird. Dort kommt nämlich eine Pasta Amatriciana als Vorspeise auf den Tisch, die so gut ist, dass ich mich an den Hauptgang schon längst nicht mehr erinnern kann.

Rom: Fiuggi: Golfcarts sind für die SchwachenRom: Fiuggi: Golfcarts sind für die Schwachen
Fiuggi: Golfcarts sind für die Schwachen
Die zweite Golfrunde unserer Reise führt uns in die Albaner Berge in den Country Club Castelgandolfo, dessen Lage inmitten eines ehemaligen Vulkankraters schlicht einzigartig ist. Die Katholiken unter uns spielen an diesem Tag wie beseelt, was daran liegen könnte, dass sich der emeritierte Papst Benedikt XVI. zeitgleich in die nur wenige Hundert Meter entfernte Villa Barberini zum Beten zurückzog. Castel Gandolfo und der dortige Papstpalast werden seit dem 17. Jahrhundert von den Oberhäuptern der römisch-katholischen Kirche als Sommerresidenz genutzt - eine Tradition, mit der der aktuelle Papst Franziskus brach, da ihm die Extravaganz dieses Bergörtchens und seiner Villen nicht bodenständig genug erscheint.

Enttäuscht, da ich als Atheist die Anwesenheit des Pontifex nicht spüren kann, komme ich der Spiritualität dieses Orts in der päpstlichen Eisdiele auf der Piazza della Libertà dann doch noch etwas näher. Wann immer Franziskus' Vorgänger die Lust nach Speiseeis überkam, flitzte ein Bediensteter über den kleinen Platz vor dem Palast vorbei am ersten Briefkasten der Welt und reichte die päpstliche Bestellung über den Tresen der Gelateria "Bar Carosi". Geschmack hatten Benedikt XVI., Johannes Paul II. und Kollegen offensichtlich, denn das hier produzierte Eis ist des Vorstands einer Weltreligion durchaus würdig. Doch auch unser Tour-Guide verfügt offensichtlich über einen geschulten Gaumen, schließlich mutet das nur wenige Schritte entfernte "Arte e Vino" von außen zwar wie eine Touristenfalle an, wäre allerdings in jeder deutschen Kleinstadt das beste Restaurant weit und breit - und bietet uns den fünften kulinarischen Höhepunkt unserer Tage in Latium.

 
WOHNEN

WOHNEN

WALDORF ASTORIA HOTEL & RESORT ROME CAVALIERI

Hoch über Rom gelegen bieten die Zimmer des offiziellen Hotels des Ryder Cup 2023 einen Blick über die Dächer der Heiligen Stadt, wie ihn Federico Fellini nicht besser inszenieren könnte. Als Ausgangspunkt für eine Golf-Erkundungsreise des römischen Umlands ist diese Nobelherberge aus verkehrstechnischen Gründen eher ungeeignet, für einen Städte-Trip deluxe dank seiner beeindruckenden Kunstsammlung und des unglaublichen Pools allerdings ganz sicher die erste Wahl. www.romecavalieri.com

Golfplätze in der Region

MARCO SIMONE GOLF & COUNTRY CLUB

MARCO SIMONE GOLF & COUNTRY CLUB

18 Löcher, Par 72, 6.674 Meter

Adresse
Via di Marco Simone, 84/88
00012 Guidonia (RM)
Tel. +39 0774.366469
www.golfmarcosimone.it

Greenfee
200 Euro

Tom Fazio baute einst in den späten 80ern einen Meisterschaftsplatz in die Hügellandschaft außerhalb Roms, der bereits 1994 die Italian Open ausrichten durfte. Kurz nachdem der Ryder Cup 2015 nach Italien vergeben worden war, rollten hier die Bagger an und trotzten dem Gelände einen vollständig neuen Golfplatz ab, der ganz eindeutig auf Match-Play-Drama aus ist. Jede Menge kurze Par-4-Löcher laden zu aggressivem Spiel ein und das abschließende Par 5 ist mehr Bühne als Golfloch. 36 Löcher hier an einem Tag zu spielen dürfte jedoch selbst Weltklassespieler herausfordern, denn es gilt, jede Menge Höhenmeter zu überwinden.

Killerloch
Die härteste Bahn des Platzes ist ganz klar Loch 2, ein 435-Meter-Monster von einem Par 4 mit Bunkern, so weit das Auge reicht. Am coolsten spielt sich allerdings die 16, ein steil bergab verlaufendes Risk-Reward-Par-4 wie aus dem Bilderbuch.
www.golfmarcosimone.it

PARCO DI ROMA GOLF CLUB

PARCO DI ROMA GOLF CLUB

18 Löcher, Par 72, 6.440 Meter

Adresse
Via dei due Ponti, 110
00189 Roma
Tel. +39 06.3313381
www.golfparcodiroma.it

Greenfee
Mo.-Fr.: 60 Euro, Sa. & So.: 80 Euro

Gerade einmal zehn Kilometer Luftlinie vom Kolosseum entfernt, sind diese von P.B. Dye, Pete und Alice Dyes jüngstem Sohn, entworfenen 18 Löcher die beste Gelegenheit für Rom-Touristen, nach abgeschlossenem Sightseeing vor Sonnenuntergang noch 18 Löcher in den Tag zu quetschen. Schnell wird ersichtlich, welche Designschule Dye junior besucht hat, denn die charakteristischen Cross-Bunker und irrwitzigen Grünkomplexe des Vaters sind allgegenwärtig. Ohne Cart ist diese äußerst spaßige Achterbahn der Golfgefühle allerdings kaum machbar.

Killerloch
Mit acht (!) verschiedenen Teeboxen und einer tiefen Schlucht, die es nicht nur mit dem Drive carry zu überwinden gilt, sondern die zu allem Überfluss auch die gesamte rechte Seite der Spielbahn in ein abgrundtiefes Ballgrab verwandelt, ist Loch 3 selbst für Profis eine Nervenprobe.
www.golfparcodiroma.it

GOLF CLUB FIUGGI

GOLF CLUB FIUGGI

18 Löcher, Par 70, 5.864 Meter

Adresse
S.S. Anticolana snc
03014 Fiuggi FR
Tel. +39 0775.515640
www.golfclubfiuggi1928.it

Greenfee
Mo.-Fr.: 50 Euro, Sa. & So.: 65 Euro

Bereits 1928 als Golfclub für jedermann gegründet, sind die ursprünglichen neun Löcher die älteste öffentliche Golfanlage Italiens und schon allein deshalb eine Reise wert. In den 1990ern wurde die auf über 700 Metern über dem Meer gelegene Anlage auf 18 Löcher erweitert, weshalb Gäste und Mitglieder heute zunächst die neuen, deutlich hügligeren und kontroverseren Löcher spielen, bevor es auf die historischen alten Löcher des Platzes geht. Direkt unter dem Golf Club liegen die weltbekannten Thermalquellen von Fiuggi, weshalb hier außer Wasser nichts auf die Fairways gegeben werden darf. Dieser puristische Ansatz macht sich im Pflegezustand bemerkbar.

Killerloch
Ist es eine Skipiste oder doch ein Par 5? Auf den ersten Blick könnte Bahn 1 mit ihren 493 Metern wirklich beides sein. Flankiert von einer Ausgrenze auf der gesamten rechten Seite, ist diese wilde Berg-und-Tal-Fahrt ein sehr strapaziöser Auftakt in eine Golfrunde.
www.golfclubfiuggi1928.it

GOLF CLUB FIUGGI

COUNTRY CLUB CASTELGANDOLFO

18 Löcher, Par 72, 6.345 Meter

Adresse
Via Santo Spirito, 13
00040 Castel Gandolfo, Roma
Tel. +39 06.9312.301
www.golfclubcastelgandolfo.it

Greenfee
Mo.-Fr.: 70 Euro, Sa. & So.: 90 Euro

Nor malerweise sind erkaltete Vulkankrater die bevorzugte Spielwiese von Bond-Bösewichten, in Italien werden solch spektakuläre Grundstücke jedoch gerne Robert Trent Jonessen überlassen, der nur einen Steinwurf von der päpstlichen Sommerresidenz entfernt 18 Löcher entworfen hat, die allen Gästen feinstes Urlaubsgolf ermöglichen, ohne die Nerven oder das Ballkontingent zu sehr zu strapazieren. Highlights sind ganz klar die Abschläge 1 und 10 von der Kante tief hinunter in den Krater.

Killerloch
Egal ob mittlere Handicaps oder gläubige Katholiken, im Country Club Castelgandolfo gibt es eigentlich wenige Spielbahnen, die Gäste vor unlösbare Probleme stellen können. Lediglich auf Loch 4, dessen Grün sich auf einer Halbinsel verschanzt hat, kann kurz Stress aufkommen.
www.golfclubcastelgandolfo.it

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