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USA

Sweet Carolina

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Rüdiger Meyer

Tief im Süden der USA gibt es unzählige Golfplätze mit reichhaltiger Profigolftradition. Für GolfPunks auf Roadtrip ist jedoch ein hierzulande kaum bekannter Sandkasten der absolute Geheimtipp in North Carolina.

Wer die Anfänge des Golfsports in den USA sucht, findet vor allen Dingen eines: Verwirrung. Der 1888 gegründete Saint Andrews Golf Club im Bundesstaat New York behauptet von sich, der älteste Club der USA zu sein. Der Dorset Field Club in Vermont will der älteste nordamerikanische Club sein, der ununterbrochen in Betrieb ist. Und der 1884 eröffnete Oakhurst Links in West Virginia besitzt den ältesten Golfplatz der USA (auch wenn er bis 1994 80 Jahre brach lag). Doch vieles deutet darauf hin, dass die wahre Wiege des US-Golfs in South Carolina und Georgia liegt.

Im Jahr 1796 rief ein Artikel in der "Georgia Gazette" eine Mitgliederversammlung des Savannah Golf Club mit Neuwahlen aus. Aufgrund der Wortwahl geht der Club heute davon aus, dass er spätestens 1794 gegründet wurde und in diesem Jahr 225-jähriges Jubiläum feiert. Das benachbarte Charleston hat allerdings einen noch älteren Beleg für die Existenz von Golf. 1743 wurden 96 Golfschläger und 432 Bälle aus Schottland nach Charleston verschifft. Wo sie verwendet wurden, bleibt allerdings offen.

USA: Schweres Gerät: für die ganz großen DivotsUSA: Schweres Gerät: für die ganz großen Divots
Schweres Gerät: für die ganz großen Divots

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ANGESICHTS DER HERAUSRAGENDEN, VIELSEITIGEN PLÄTZE IN DER UMGEBUNG HÄTTE DAS BERÜHMTESTE FILMZITAT VIELLEICHT ANDERS GELAUTET: ,GOLF IST WIE EINE SCHACHTEL PRALINEN. MAN WEISS NIE, WAS MAN KRIEGT.'
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Nicht nur aus diesem Grund wird mein Trip nach Savannah und in die Carolinas auch zu einer kleinen Zeitreise - mit allen Höhen und Tiefen. So ist ein Besuch des Sklaverei-Museums auf der McLeod Plantation in South Carolina ein ähnlich traumatisierender Blick in menschliche Abgründe wie der Rundgang durch eine KZ-Gedenkstätte. Wer seinen Geschichtsunterricht auf leichtere Art bevorzugt, muss allerdings nicht weit reisen. Denn in Savannah schrieb "Forrest Gump" die US-Historie um. Insbesondere der Chippewa Square versprüht das Flair des Films. Hier ließ sich Tom Hanks im Film nieder und erzählte nichts ahnenden Menschen seine Lebensgeschichte. Nur schade, dass Forrest Gump zwar Footballspieler, Läufer und Tischtennis-Crack war, aber nie einen Golfschläger angefasst hat. Angesichts der herausragenden, vielseitigen Plätze in der Umgebung hätte das berühmteste Filmzitat vielleicht anders gelautet: "Golf ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man kriegt."

NAH AM WASSER GEBAUT


Meine golferische Pilgerreise südlich der Mason-Dixon- Line beginnt auf Hilton Head Island. Wer auf die Privatinsel möchte, muss nicht nur Maut zahlen. Vor der Zufahrt in das Sea Pines Resort muss ich mir bei einem Wachtmann erst einmal einen Freifahrtschein abholen. Am Clubhaus angekommen geht mein Blick unweigerlich nach oben. Denn jeder Golffan verbindet mit Harbour Town eines: den rot-weißen Leuchtturm, der seit der 50. Austragung der RBC Heritage im Jahr 2018 im Schotten-Karo daherkommt. Mein Blick geht jedoch ins Leere. Im Pro-Shop hingegen ist das Markenzeichen von Harbour Town überall präsent. Schlägerhauben, Pitchgabeln, Magneten, Flaggen, Gläser - auf allem prangt das ikonische Logo. Selbst die Scorekarte ist mit einer Zeichnung der 18 ein Unikat und so schön, dass ich mir gleich ein Dutzend einstecke. Das Original dagegen bleibt versteckt.

USA:
Mit ihren Zeppelin-Aufnahmen erweckt die PGA Tour den Eindruck, der 1969 unter Kontroversen errichtete Leuchtturm sei überall präsent. Das gerade einmal 27 Meter hohe Bauwerk verschwindet allerdings auf der Runde hinter Bäumen und Häusern. Erst auf dem Grün der 17 kommt er das erste Mal in mein Blickfeld - und dennoch sind die ersten 16 Bahnen keineswegs eine Enttäuschung. Wenngleich das Design von Pete Dye und Jack Nicklaus von Häusern gesäumt ist, wirkt Harbour Town nicht wie ein monotoner Resort-Platz. Die von Spanischem Moos behangenen Eichen und Kiefern erfüllen gleich drei Zwecke. Sie sind ein optischer Blickfang, verdecken die Häuser und bilden eine so hervorragende Verteidigung, dass die Profis den Platz trotz seiner gerade mal 6.500 Meter Länge nicht auseinandernehmen. Schnell wird mir klar, warum Harbour Town bei vielen Spitzenspielern zu den Lieblingsdesigns gehört. Die engen Fairways verlangen Präzision und bestrafen gnadenlos schlechte Schläge, ermöglichen aber allen, die ihre Schläge unter Kontrolle haben, viele Birdie-Chancen. Und insbesondere die Back Nine bieten einige überragende Löcher. Neben der unvergesslichen Schlussbahn überzeugen die Par-3-Löcher (die 14 ist regelmäßig das schwierigste Par 3 auf der PGA Tour, obwohl es selbst für Profis keine 180 Meter lang ist) und allen voran die 13. Hier hat sich die kürzlich verstorbene Alice Dye verewigt. Pete Dyes Ehefrau durfte bei fast all seinen Designs ein Loch beisteuern. Nach der legendären 17 von Sawgrass ist die 13 von Harbour Town vielleicht ihre beste Kreation - dank eines clever an gelegten Doglegs und der grandiosen Bunker- Landschaft vor dem Grün.

Nachdem der letzte Putt gefallen und der viel zu lange Fußmarsch von der 18 zum Clubhaus bewältigt ist, schaue ich mir die 18 noch einmal von oben an. 114 Treppenstufen später genieße ich den Blick vom Leuchtturm und lasse den Tag ausklingen. Am nächsten Morgen steht erst einmal ein Rundgang durch die Altstadt von Savannah an. Die erste Hauptstadt von Georgia wurde 1733 am Ufer seiner Lebensader, dem Savannah River, gegründet. Als ich bei Sonnenaufgang an ihm entlangspaziere, kommt ein wenig Hamburg-Flair auf. Nicht nur wegen des angedockten Raddampfers "Georgia Queen", der deutlich besser in die Umgebung passt als die "Louisiana Star", die täglich vor meinem Bürofenster über die Elbe schippert.

USA:

SCHLACHTFELD


Unglücklicherweise komme ich auf dem Seeweg nicht zu meinem nächsten Ziel. Für die Fahrt nach Kiawah Island greife ich wie die Gründerväter auf einen Mustang zurück - allerdings mit deutlich mehr Pferdestärken. Was auf den ersten Blick wie eine Prollkiste wirkt, erfüllt zwei Zwecke. Das Verdeck kann dank der frühsommerlichen Temperaturen geöffnet werden, ohne dass man Stauraum verlieren würde, und man muss nicht mit schamrotem Gesicht in Kiawah Island vorfahren. Denn die Barriereinsel im Atlantik ist auf Geld gebaut. Regelmäßig wechseln hier Anwesen für zehnstellige Summen den Besitzer. Und wer auf Pete Dyes Ocean Course Ryder-Cup-Feeling spüren will, muss tief in die Tasche greifen. Der Club verlangt nicht nur ein horrendes Greenfee: Wer seine Tasche nicht selber tragen will oder kann, muss dazu noch einen Caddie buchen und ist so schnell mal 500 Dollar los. Als Gegenleistung bekommt man Atlantik-Blicke von jedem Loch - und die Chance zu beweisen, dass man anders als Bernhard Langer auf der 18 den Putt zur Verteidigung des Ryder Cup gelocht hätte.

Golfplätze in der Region

TOBACCO ROAD

TOBACCO ROAD

18 Löcher, Par 71, 5.995 Meter

Adresse:
442 Tobacco Road
Sanford NC 27332
Tel. +1 877.284.3762
www.tobaccoroadgolf.com

Greenfee:
95 Euro bis 150 Euro

Bis zu seinem Krebstod mit 50 designte Mike Strantz nur sieben Golfplätze. Aber jeder davon ist unverwechselbar. Der 1998 eröffnete Tobacco Road ist sein Magnum Opus. Mit wilden Grüns und gigantischen Bunker-Landschaften ist es kein Platz, der jedem gefällt. Aber niemand, der ihn gespielt hat, wird ihn jemals vergessen.

Killerloch:
Par 5 sind oft Birdie-Chancen. Nicht so die 524 Meter lange 13. Zwei 90-Grad-Knicke sorgen dafür, dass selbst Longhitter kaum das Grün mit dem zweiten Schlag erreichen. Und selbst konservatives Spiel garantiert nicht das Par. Denn das schmale Grün sieht man erst, wenn man darauf steht. Davor warten hohe Dünen, dahinter eine Straße.
www.tobaccoroadgolf.com

MID PINES

MID PINES

18 Löcher, Par 72, 6.147 Meter

Adresse:
1010 Midland Road
Southern Pines NC 28387
Tel. +1 910.692.2114
www.midpinesinn.com

Greenfee:
75 Euro bis 190 Euro

Mid Pines ist nicht nur wegen Designer Donald Ross eng mit Pinehurst No. 2 verbunden. Ohne das Resort hätte es Mid Pines nie gegeben. Weil Pinehurst in den 20ern die riesige Nachfrage nicht befriedigen konnte, expandierte man nach Southern Pines, wo der sandige Boden perfektes Terrain bot - und Einheimische heute lieber spielen.

Killerloch:
Das 400 Meter lange Loch 3 ist laut Scorekarte nur die siebtschwierigste Bahn. Doch vom Tee sieht das anders aus. Zwar braucht es kein Riesen-Carry, um den Teich zu überwinden. Er ist dennoch als psychologische Hemmschwelle groß genug, um zu überpowern und den Ball links in die Pinien oder rechts ins Gestrüpp zu jagen.
www.midpinesinn.com

KIAWAH ISLAND

KIAWAH ISLAND

Adresse:
1000 Ocean Course Drive
Kiawah Island, SC 29455
Tel. +1 843.266.4670
www.kiawahresort.com

OCEAN COURSE
18 Löcher, Par 72, 6.726 Meter

Greenfee:
340 Euro (plus Caddie)

Der speziell für den Ryder Cup 1991 errichtete Platz erlaubt von jedem Loch einen Blick auf den Ozean. Man merkt ihm aber jederzeit an, dass er für Profis errichtet wurde. Wenn der Wind bläst, ist er mit seinen vielen Forced Carrys brutal schwer. Aber selbst bei Windstille erfordert er bei jedem Schlag höchste Konzentration.

Killerloch:
Pete Dye und Bahn 17 haben eine besondere Beziehung. Das Inselgrün von Sawgrass ist seine berühmteste Kreation, dieses Par 3 steht ihm nur wenig nach - und ist bedeutend schwerer. Der Schlag zum Grün (202 m von hinten, 170 m für Amateure) ist komplett carry über Wasser. Ein feuchtes Grab für unzählige Bälle.
www.kiawahresort.com

KIAWAH ISLAND

SEA PINES RESORT

Adresse:
11 Lighthouse Lane
Hilton Head Island SC 29928
Tel. +1 1.800.732.7463
www.seapines.com

HARBOUR TOWN
18 Löcher, Par 71, 6.491 Meter

Greenfee:
330 Euro (260 Euro Twilight)

Jack Nicklaus ist heute einer der profiliertesten Golfplatz-Designer. In Harbour Town hat er an der Seite von Pete Dye erstmals einen Zeh ins Wasser getaucht. Profis loben, dass der Platz jeden Schlag fordert. Amateure erfreuen sich am fairen Platzdesign, dem Spanischen Moos und natürlich am Leuchtturm.

Killerloch:
Die 18 ist nicht nur das berühmteste Schlussloch der PGA Tour, sie ist auch eines der härtesten. Der Carry über den Sumpf vom Tee ist zwar machbar, die Probleme beginnen aber danach. Zu weit links? Nass! Zu kurz? Nass! Zu lang? Ein schmaler, tiefer Bunker. Wer sich den Score nicht versauen will, spielt rechts und auf Bogey.
www.seapines.com

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