Die angenehmsten Orte der Welt: Borrego Springs

Eines ist klar: Borrego Springs zählt wahrlich nicht zu den Orten, an die es einen im Laufe des Lebens irgendwann einmal von ganz allein verschlägt - im Gegenteil. Allein schon die Tatsache, dass diese kleine Siedlung inmitten der kalifornischen Wüste erst 1945 ans Stromnetz angeschlossen und gleichzeitig mit der ersten geteerten Straße an die Zivilisation - sprich: die Küste - angeschlossen wurde, dürfte verdeutlichen, wie abgelegen dieses 1.864 Seelen beheimatende Örtchen tatsächlich ist. Benachbarte Sehenswürdigkeiten wurden auf wohlklingende Namen wie Hellhole Palms oder Coyote Canyon getauft und Hotspots wie San Diego im Südwesten oder Palm Springs im Norden sind jeweils stattliche 140 Kilometer und eine Passstraße, die diese Bezeichnung auch in der Schweiz tragen würde, entfernt. Wer dieselbe Strecke nach Südosten fährt, wird nichts als Wüste vor der Windschutzscheibe haben, bis die mexikanische Grenze auftaucht. Mit Küste wie San Diego kann Borrego Springs natürlich nicht dienen und das, obwohl es einen hiesigen Jachtclub gibt, der allerdings erst nach genauer Nachfrage mit der Information rausrückt, dass es sich bei den bevorzugten Schiffen um Modellbau handelt. Und auch mit den weit über hundert Golfplätzen im Coachella Valley rund um Palm Springs kann Borrego Springs mit seinen drei Golfanlagen - eine vierte wurde vor einigen Jahren der Wüste überlassen - nicht mithalten.

Doch es braucht keine dreistellige Anzahl von Golfplätzen, um Golfer in die entlegensten Ecken des Planeten und manchmal sogar in die Wüste zu locken. Es genügen 18 Löcher und in Borrego Springs hören diese Spielbahnen, die wie Sirenengesang Spieler von nah und fern anlocken, auf den Namen Rams Hill. Kein Wunder, schließlich wurde die Anlage 2017 von "Golfweek" als drittbester öffentlicher Platz in ganz Kalifornien ausgezeichnet hinter den Weltklassewiesen Pebble Beach und Spyglass Hill.

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Der Weg dorthin war steinig und wie die Geschichte von Borrego Springs von einigen Höhen und vielen Tiefen geprägt. Im Schatten der mächtigen Santa Rosa Mountains mitten im Nirgendwo wurde zum ersten Mal Anfang der 80er-Jahre über die Möglichkeit nachgedacht, einen Golfplatz anzulegen, um Touristen nach Borrego Springs zu locken. Der Rams Hill Golf Club eröffnete kurze Zeit später - 1983, um genau zu sein - seine Pforten. Das Design von Ted Robinsonsen hatte allerdings von Beginn an mit Schwierigkeiten aller Art zu kämpfen. Wasserknappheit und fehlende Gäste waren zwei der drängendsten. Zwei Jahrzehnte später nahmen sich Tom Fazio und sein Designpartner Tim Jackson der darniederliegenden Anlage an und veränderten das Routing komplett, wobei die ehemaligen Back Nine außer Acht gelassen wurden. Noch heute können Gäste die "Ruinen" dieser neun Spielbahnen vom heutigen 17. Grün und dem 18. Abschlag in der Wüstenhitze flimmern sehen.

Doch auch Fazios Werk hatte mit enormen Startschwierigkeiten zu kämpfen, und als die Finanzkrise 2008/2009 in den USA wütete, musste auch Rams Hill kurze Zeit später den Betrieb einstellen. Viel schlimmer noch: Der Golfplatz verlor auch seine einzige Wasserquelle und verwandelte sich so innerhalb weniger Monate wieder in Wüste.

Erst 2013 sicherten sich neue Eigentümer dieses einzigartige Stückchen Erde und die Gruppe um CEO Shannon Smith machte sich daran, Rams Hill aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. "Als wir hierherkamen, war praktisch nichts mehr hier außer dem Skelett eines großartigen Golfplatzes", erinnert sich Smith. "Das Schlimmste war, dass alle Angestellten und Greenkeeper Borrego Springs längst verlassen hatten und wir ein neues Team aus dem Nichts aufbauen mussten." So wurden nicht nur sechs neue Wasserquellen erschlossen und eine Solaralange gebaut, die Rams Hill praktisch autark versorgen kann, die neuen Betreiber lockten auch die besten Arbeitskräfte für ihr Projekt zurück nach Borrego Springs. Denn egal wie gut das Design und wie fantastisch die Lage eines Golfplatzes sein mögen, es ist das Team, das sich um Gäste, Clubhaus und Platz kümmert und eine Anlage zur Spitzenklasse bringen kann.

Hierzulande würde man eine Gemeinde wie Borrego Springs wahrscheinlich strukturschwach nennen und der Schulbezirk, der zum Großraum San Diego zählt, ist statistisch gesehen der ärmste in ganz Südkalifornien. Qualifizierte Arbeitskräfte hier zu halten ist für einen Golfplatz, der im Sommer geschlossen hat - schließlich klettern die Temperaturen im Juni hier bis auf 50 Grad Celsius - eine enorme Herausforderung. Also setzte sich der Club-Manager Harry Turner mit den Verantwortlichen der örtlichen High School in Verbindung, um sich zu erkundigen, welche Jobs in der Gemeinde und in der Schule den Sommer über anfallen, um die Arbeitskräfte hier das ganze Jahr beschäftigen zu können, und rannte damit offene Türen ein. Seither kümmern sich die Greenkeeper von Rams Hill im Sommer um die Sportanlagen und das Footballfeld der High School und übernehmen dort auch Hausmeisterjobs. Öffnet am Ende des Sommers dann Rams Hill wieder seine Pforten, steht eine hoch qualifizierte und äußerst motivierte Truppe bereit, diese 18 Spielbahnen zu etwas Außergewöhnlichem zu machen. Auch ein Teil der Miete, die mit den zwölf luxuriösen Anwesen direkt an den Fairways vom Rams Hill erwirtschaftet wird, kommt der kleinen Gemeinde und ihren sozialen Einrichtungen zugute und half dabei, dass Borrego Springs, das von den Lockdowns der Corona-Pandemie hart getroffen wurde, nicht völlig unterging.

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Mittlerweile hat sich Borrego wieder erholt. Das jährliche Filmfestival findet wieder statt und auch die Hobby- und Profi-Astronomen kommen wieder in großer Anzahl hierher, schließlich bietet Borrego Springs als erste Dark-Sky-Gemeinde Kaliforniens einen sagenhaften Blick in den Nachthimmel, denn Straßenlaternen und Lichtverschmutzung findet man hier keine.

Wenn nach stockfinsterer Nacht die Sonne über den Berggipfeln aufgeht und die gesamte Wüste in ein magisch pinkfarbenes Licht taucht, hat der Golf-Shop in Rams Hill schon geöffnet. Golf-Pro Bob Gelesko ist bereits damit beschäftigt, die ersten Golfer des Tages mit Kaffee zu versorgen und zum ersten Tee zu bringen. Was dann vor der staunenden Besuchern liegt, ist ein Golfplatz, über dessen optische Opulenz kaum die richtigen Worte gefunden werden können. Von jedem einzelnen der stark ondulierten Fairways, der riesigen Bentgras-Grüns und der Bunker mit ihren markanten Rändern, deren Gras sich im Winterschlaf befindet, bieten sich unzählige "GolfPorn"-würdige Fotomöglichkeiten. Eine Runde in Rams Hill liefert unter Garantie Instagram-Futter für Wochen, ist aber viel mehr als nur eine Fahrt im Golfcart durch eine unglaublich spektakuläre Wüstenlandschaft.

Schließlich finden sich zu den legendären Amateur-Events The Ramateur und The Clash einige der besten Amateur-Golfer Kaliforniens in der Wüste von Borrego ein, um ihren Besten zu ermitteln, und auch die USGA nutzt Rams Hill Jahr für Jahr als einen der Austragungsorte für die nationale Four-Ball-Meisterschaft.

WOHNEN

RAMS HILL GOLF CLUB
Direkt an den Fairways des Golfplatzes stehen ein Dutzend Unterkünfte von der kleinen Wohnung für zwei bis zur Mega-Mansion für bis zu zehn Gäste zur Verfügung, die selbst beim verwöhntesten Globetrotter keine Wünsche offen lassen. Wer genügend Freunde mitbringt und die Kreditkarte ordentlich glühen lassen möchte, mietet sich im fünf Schlafzimmer umfassenden "Happy Days Estate" ein, einem Mid-Century-Meisterwerk, das einst einem schwerreichen Verleger aus San Diego als Rückzugsort diente. Greenfee-Pakete sind buchbar. www.ramshill.com

PALM CANYON HOTLE & RV RESORT
Wer trotzdem nicht auf Westernromantik verzichten möchte, obschon sein Budget ein wenig irdischer ausfällt, ist in diesem Hotel und Wohnmobilpark richtig aufgehoben. Die Kulisse erinnert an die Karl-May-Festspiele, wenngleich ohne Pfeil und Bogen, und demgemäß werden im "Big Horn Restaurant & Saloon" selbstverständlich ein hervorragender Burger und die dazu passenden Milkshakes serviert. Wenn mehrmals in der Woche Live-Musik geboten wird, wackeln die Bretter des Dancefloors. Kitschig? Vielleicht. Irgendwie schräg und cool? Auf jeden Fall! www.palmcanyonrvresort.com

Den Platzrekord von den Backtees in Rams Hill hielt übrigens Michael Block, der sich spätestens bei der PGA Championship 2023 einen Namen machen sollte, ehe ein gewisser Joey Vrzich aus San Diego den Rekord auf die magische Zahl von 59 Schlägen senkte und sich diese Bestmarke wohl für alle Ewigkeit sicherte. Doch wer trotzdem noch auf Rekordjagd gehen möchte, hat immer noch beste Chancen, denn obwohl der "echte" Platzrekord in Stein gemeißelt steht, sind noch viele mögliche Rekorde in Rams Hill offen. Alles, was es braucht, ist eine absurde Tee-Kombination, von denen dieser Platz und seine Scorekarte einige zu bieten haben, und schon kann man es auch als mittelmäßig begabter Golftourist aufs Leaderboard schaffen. Wie lange dieser Rekord dann Bestand hat, ist eine andere Frage.

Ein Golfplatz, der sich mit Pebble Beach messen kann, eine lokale Community aus Aussteigern, Lebenskünstlern und Golfverrückten und eine Landschaft, deren Schönheit beinahe wehtut, all das haben Rams Hill und Borrego Springs zu bieten und dafür lohnt es sich, einen langen Umweg und buchstäblich in die Wüste zu fahren.

Golfplätze in der Region

RAMS HILL GOLF CLUB

18 Löcher, Par 72, 6.613 Meter

Adresse
1881 Rams Hill Road
Borrego Springs, CA 92004 USA
Tel. +1 760.767.3500
www.ramshill.com

Greenfee
ca. 150 Euro (Mo.-Fr.), ca. 200 Euro (Wochenende), Twilight Rates erhältlich

Beim Blick auf die Scorekarte kann einem vor der Runde in Rams Hill angst und bange werden, schließlich sind 7.232 Yards von den Backtees ein echtes Brett. Doch zum Glück spendierte Tom Fazio jeder Spielbahn fünf Teeboxen, die sowohl Tour-Pros als auch Wochenend-Hacker den passenden Schwierigkeitsgrad bieten. Auf breiten Fairways und ausladenden Grüns wird hier niemand überfordert. Viel herausfordernder ist es allerdings, das Konzentrations-Level auf das eigene Spiel hoch zu halten. Die fantastischen Ausblicke auf die endlose Wüste Kaliforniens sorgen nämlich auf jeder Spielbahn für atemberaubende Ablenkung.

Killerloch
Hoffentlich ist der Handy-Akku von all der Filmerei nicht bereits im roten Bereich, wenn auf Loch 10 das härteste, aber gleichzeitig auch schönste Par 3 des Platzes wartet. Wer auf dieser Teebox denkt, spektakulärer könne es nicht werden, wird auf Bahn 11 (Par 5) umgehend eines Besseren belehrt.
www.ramshill.com