Featured StoriesFeatured Stories

Frankreich

Touquet. Le Touquet.

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Patrick Koenig (1), PR (2)

Links-Golf, Westminster und die Geburtsstätte von James Bond: Sind wir wirklich in Frankreich gelandet? Kann doch nicht sein...

'Der Gestank nach Rauch und Schweiß ist in einem Kasino um drei Uhr morgens äußerst widerlich.' Vor genau 70 Jahren begann mit diesen Worten die Karriere eines der größten Literaturhelden aller Zeiten: James Bond. Der im Geheimdienst Ihrer Majestät angestellte Agent mit der Lizenz zum Töten ist der Inbegriff der Britishness. Doch es ist ein gut gehütetes Geheimnis, dass 007 ausgerechnet den von Briten verhassten Franzosen seine Existenz verdankt. Anfang der 1950er übernachtete Schriftsteller Ian Fleming im "Hôtel Barrière Le Westminster" in Le Touquet-Paris-Plage und vergnügte sich im 500 Meter entfernten "Casino de la Forêt". Die Stadt, das Hotel und das Kasino lieferten ihm die Inspiration für "Casino Royale", dessen Hauptschauplatz Royale-les- Eaux unverkennbar von Le Touquet inspiriert wurde, und womöglich lieferte eine Runde auf den umliegenden Plätzen sogar die Idee für das legendäre Golf-Match mit Goldfinger. Schlimmer noch für die Briten: Sogar Sean Connery wäre ohne Le Touquet nicht der beste Bond-Darsteller aller Zeiten geworden. Er unterschrieb seinen Vertrag für "James Bond jagt Dr. No" an der Hotelbar des "Le Westminster".

Dass Le Touquet und seine Umgebung heute Wallfahrtsorte für Briten geworden sind, hat allerdings nichts damit zu tun, dass man hier den Martini geschüttelt und nicht gerührt trinken würde oder der Bürgermeister eine weiße Katze auf dem Schoß hält. 1994 eröffnete mit dem Eurotunnel eine schnelle Verbindung zwischen dem britischen Folkestone und dem französischen Calais, die täglich in kürzester Zeit Tausende britische Urlauber in die Region bringt. In der Theorie zumindest, denn aufgrund der langen Abfertigungszeiten durch das Brexit-Chaos brauchen zahlreiche Besucher für die 50 Kilometer von der Insel bis nach Kontinentaleuropa so lange, wie eine 800-Kilometer-Autofahrt von Hamburg nach Le Touquet dauert. Für unsereins ein Idealszenario, denn die vielen Verspätungen bedeuten viele nicht genutzte Startzeiten und eine völlig entspannte Golfrunde - ganz wie sie auch Ian Fleming bei seinem Aufenthalt vor sieben Jahrzehnten genossen hat. Denn bereits damals gab es schon drei exzellente Plätze im hohen Norden Frankreichs - natürlich mit Hilfe der Briten, die einfach das GoldenEye für Golfarchitektur haben.

Alles begann mit Horace Hutchinson, der 1904 den La-Forêt-Platz von Le Touquet baute. 27 Jahre später waren keine Geringeren als Harry Colt und C.H. Alison am Schwesterplatz La Mer beteiligt, während zeitgleich nur 20 Kilometer entfernt Tom Simpson Hardelot Les Pins gestaltete. Sie alle nutzten die Tatsache aus, dass es nur wenige Hundert Meter vom Ärmelkanal die perfekten Bedingungen für den Bau von Golfplätzen gibt. Der sandige Boden sorgt dafür, dass es zu jeder Jahreszeit einen Untergrund gibt, der sich fest und schnell spielt - ganz besonders wenn wie im letzten Sommer die Sonne den Boden wie ein Feuerball austrocknet. Hinzu kommt, dass es nur so von Kiefern wimmelt, wodurch alles optisch wie ein Parkland-Platz wirkt, aber den Spielcharakter eines Links-Platzes besitzt. Diese perfekten Bedingungen haben dazu geführt, dass sich das Golfangebot in den 1990ern noch vergrößert hat: mit Les Dunes, einem zweiten Platz für Hardelot, und dem etwas südlicher gelegenen Belle Dune.

Frankreich: Les Pins: harter Test. Der Name ist Programm
Les Pins: harter Test. Der Name ist Programm

»
SOGAR SEAN CONNERY WÄRE OHNE LE TOUQUET NICHT DER BESTE BOND-DARSTELLER ALLER ZEITEN GEWORDEN.
«

Dieser von dem Franzosen Jean-Manuel Rossi gestaltete Platz ist ein Mix aus "Wir Kinder aus Bullerbü" und "Keine Zeit zu sterben". Bullerbü, weil die bunten Holzhäuser, die um den angrenzenden See gebaut sind, Erinnerungen an Astrid Lindgren wecken, und "Keine Zeit zu sterben", weil der Großteil der Bahnen sich so eng und verschlungen durch den Wald zieht wie die Straße während der norwegischen Autoverfolgung in Daniel Craigs letztem Abenteuer. Der Auftakt variiert erhöhte Abschläge und Teeboxen, von denen man einen perfekten Überblick über das sehr wellige Dünenterrain hat. Nach den ersten sieben Bahnen, auf denen das Klopfen von Golfbällen, die gegen Baumstämme knallen, zum ständigen Begleiter wird, öffnet sich das Gelände und die namensgebenden schönen Dünen kommen zum Vorschein.

An ihrem Rand entlang darf man auch den sehr langen Fußweg von der 12 bis zur 13 bestreiten, wo der schönste Teil des Platzes beginnt: ein Par 5 mit einem Flaschenhals-Fairway, ein kurzes Par 3 und schließlich das neue Vorzeigeprojekt von Belle Dune. Die 15 ist ein frisch in den Wald gefrästes Par 5, das in einem scharfen Dogleg nach links beständig bergauf führt und ein Par 4 ersetzt, dessen Überreste man vom Grün noch erkennen kann. Es folgt ein feines, drivebares Par 4, dessen Grün von einem Teich verteidigt wird. Während man hier die Bullerbü-Häuser bestaunen kann, lohnt sich an der 17, im Angesicht des Todes die Düne hinter dem Grün zu besteigen: Hier gibt es einen Aussichtspunkt, von dem man sehen kann, wie überraschend nah das Meer ist.

Nähe ist das Schlüsselwort, denn Le Touquet erweist sich logistisch als der perfekte Standort für einen Golf-Trip nach Nord-Pasde-Calais - sämtliche fünf Plätze sind innerhalb einer halben Stunde zu erreichen. Die Art der Unterkunft hängt dabei vom eigenen Geschmack und Budget ab. Natürlich kann man sich sagen: "Leben und sterben lassen", und im "Le Westminster" für 1.000 Euro die Nacht die "007 Suite" buchen, die Übernachtung im "Le Manoir Hôtel" von Le Touquet ist jedoch für ein deutlich kleineres Budget nicht weniger eindrucksvoll - und hat den Vorteil, dass beide Plätze von Le Touquet fußläufig erreichbar sind.

Frankreich:
Der direkt neben dem Clubhaus beginnende La Fôret ist dabei perfekt zum Einspielen. Die ersten beiden Bahnen führen um den Kurzplatz Le Manoir, bevor der Platz sich gen Pinienwald bewegt. Anders als in Belle Dune kann man hier allerdings getrost etwas mehr streuen. Die Fairways sind so großzügig geschnitten, dass auf ihnen sogar die "Moonraker"- Rakete starten könnte. Das selbst von Weiß gerade mal 5.915 Meter lange Par 72 ist für Spieler mit sportlichen Ansprüchen eher das, was "Austin Powers" für James-Bond-Fans ist: eine vergnügliche Abwechslung.

La Mer dagegen ist zweifelsohne einer der besten Golfplätze Frankreichs. Das war nicht immer so. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ man vier der Bahnen verwildern und der Platz entfernte sich immer weiter von den Designideen Harry Colts. Das änderte sich erst vor zehn Jahren, als der niederländische Golfarchitekt Frank Pont und der Franzose Patrice Boissonnas den Platz restaurierten und sich dabei an Luftaufnahmen aus der Blütezeit des Designs orientierten. La Mer ist ein klassischer Links-Platz, auf dem zwischen 1914 und 1977 sechsmal die Open de France ausgetragen wurde - und der zwei Golflegenden als Sieger hervorbrachte. Die erste Austragung gewann Harry Vardon, die letzte Severiano Ballesteros. Die wahren Helden waren allerdings ihre Caddies, denn wer bei diesen Höhenunterschieden ein Bag schleppen muss, sehnt sich danach, mit Little Nellie aus "Man lebt nur zweimal" nach oben zu fliegen.

Das extrem ondulierte Terrain sorgt dafür, dass man immer wieder herrliche Ausblicke geboten bekommt - und keiner ist spektakulärer als der hinter dem Abschlag der 18, von dem aus man die gesamte Anlage ins Auge nehmen kann. Aber auch spielerisch wird einiges geboten. Wie man es von Designern aus dem goldenen Zeitalter der Golfarchitektur gewohnt ist, wird viel Wert auf strategisches Spiel gelegt. Die Grüns sind so gestaltet, dass man genau überlegen muss, von wo aus man sie wie anspielt. Und auch wenn es an fast keiner Spielbahn mehr als drei, vier Bunker gibt, sind diese mit so viel Bedacht platziert, dass man bei jedem Schlag ins Grübeln kommt. Doch selbst wenn man dem Design vom goldenen Harry Colt zum Opfer fällt, bietet der Blick auf die wunderschöne Dünenlandschaft mehr als ein Quantum Trost.

Frankreich:
Das golferische Kronjuwel liegt allerdings weiter nördlich in Neufchâtel-Hardelot. Hier gibt es mit Les Dunes ebenfalls einen eher unspektakulären Platz, der mit sechs Par 3 und fünf Par 4 unter 330 Metern aufwartet. Aber die Welt ist nicht genug, um den golferischen Wert von Hardelot Les Pins zu beziffern. Auch hier haben Frank Pont und Patrice Boissonnas den Platz vor zehn Jahren in den Zustand zurückversetzt, wie ihn Tom Simpson 1931 gestaltet hatte. Die Brillanz zeigt sich dabei vor allen Dingen an den Par-3-Löchern, die allesamt bleibenden Eindruck hinterlassen. Keines mehr als die 7, ein selbst von Weiß nur 130 Meter kurzes Par 3, das allerdings mit so vielen Bunkern ausgestattet ist, dass man sich am Abschlag wie in tödlicher Mission fühlt. Die restlichen Bahnen sind ein reizvoller Mix aus herausfordernden, langen Par 4, malerisch durch den Wald führenden Par 5, strategisch klug konzipierten kurzen Par 4 wie die Bahn 8 mit ihrem blinden Abschlag oder Doglegs, die eine genaue Kontrolle über die eigene Flugbahn verlangen.

Hauts-de-France ist sicherlich nicht die erste Golf-Destination, die sich aufdrängt, wenn man an Frankreich denkt. Liebhaber von Golfarchitektur zieht es in die Umgebung von Paris zu den edlen Privatplätzen, Sonnenanbeter reisen mit ihren Schlägern an die Cote d'Azur und Geschichts-Fans in den Südwesten, wo mit Pau der älteste Golfclub Kontinentaleuropas existiert. Aber wer bodenständiges, ehrliches Golf auf fairen und dennoch herausfordernden Golfplätzen mag, ist in und um Le Touquet bestens aufgehoben. Und wenn man zum Abschied gebeten wird, doch gerne bald zurückzukommen, gibt es nur eine passende Antwort: "Sag niemals nie".

 

WOHNEN

LE MANOIR HÔTEL
Das frisch mit einem vierten Stern ausgestattete Hotel liegt nur 200 Meter vom Clubhaus entfernt auf der anderen Straßenseite und besitzt 41 geräumige Zimmer. Wie es sich für Frankreich gehört, ist ein exzellentes Fine-Dining-Restaurant Teil des Hotels. Man sieht jedoch auch, dass die Hauptklientel von der anderen Seite des Ärmelkanals kommt: Es gibt einen Snookertisch. Gäste des Hotels bekommen 40 Prozent Rabatt auf das Greenfee, aber noch reizvoller sind die Stay & Play Packages, bei denen man die Wahl zwischen allen fünf hier aufgeführten 18-Loch-Golfplätzen sowie dem noch nördlicher gelegenen Golf de Wimereux hat. www.letouquetgolfresort.com

Golfplätze in der Region

GOLF D'HARDELOT

GOLF D'HARDELOT

LES DUNES
18 Löcher, Par 70, 5.328 Meter

LES PINS
18 Löcher, Par 71, 5.919 Meter

Adresse
3 Avenue du Golf
62125 Neufchâtel-Hardelot
+33 3.21.919090 (Les Dunes)
+33 3.21.837310 (Les Pins)
www.hardelotgolfclub.com

Greenfee
55 bis 108 Euro

Nur 500 Meter Luftlinie liegen zwischen den Ecken der beiden Plätzen, dennoch gibt es zwei Clubhäuser - und beim Versuch, sie zu finden, streikt selbst das Navi. Der Grund liegt darin, dass sich um die beiden Plätze in den letzten 100 Jahren Baugebiete entwickelt haben, die der Szenerie ein Gefühl von Florida verleihen. Die Plätze dagegen sind das glatte Gegenteil: voller Baumbestand und gänzlich ohne Wasserhindernisse.

Killerloch
Die 18 von Les Pins gehört zu den besten Abschlusslöchern Kontinentaleuropas. Einst war es ein Par 5, doch die modernen Schläger führten dazu, dass man es zu einem Par 4 umfirmiert hat - mit 426 Metern vom weißen Tee ein echtes Pfund.
www.hardelotgolfclub.com

GOLF DE BELLE DUNE

GOLF DE BELLE DUNE

18 Löcher, Par 72, 6.081 Meter

Adresse
Promenade du Marquenterre
80129 Fort-Mahon-Plage
+33 3.22.234550
www.baiedesomme.fr

Greenfee
50 bis 58 Euro

An der Somme-Bucht entstand 1992 ein sich wunderbar durch die Dünen und Kiefern schlängelnder Golfplatz. Auch wenn man das Meer so gut wie nie sieht, kann man seine unmittelbare Nähe dennoch spüren und riechen - und die in der Regel frische Brise macht es noch herausfordernder, die Genauigkeit abzuliefern, die der Platz verlangt.

Killerloch
Die neue Spielbahn 15 ist so schwierig, dass auf der Scorekarte empfohlen wird, sie im privaten Spiel als Par 6 zu spielen. Aber mindestens genauso herausfordernd ist die 11. Mit 365 Metern von Weiß ist sie nur das viertlängste Par 4 des Platzes, aber dank einer nur 20 Meter breiten Waldschneise ein Les Pins: harter Test.
www.baiedesomme.fr

GOLF DU TOUQUET

GOLF DU TOUQUET

LA MER
18 Löcher, Par 72, 6.430 Meter

LA FORÊT
18 Löcher, Par 72, 5.915 Meter

LE MANOIR
9 Löcher, Par 34, 2.413 Meter

Adresse
2170 Avenue du Golf
62520 Le Touquet-Paris-Plage
+33 3.21.062800
www.letouquetgolfresort.com

Greenfee
55 bis 102 Euro (La Mer), 55 bis 82 Euro (La Forêt), 30 bis 42 Euro (Le Manoir)

Seit 1904 wird in Le Touquet Golf gespielt - und von Anfang an waren die Briten gern gesehene Gäste. Vom Premierminister Lord Balfour bis zum später abgedankten König Edward VIII. teete hier alles von Rang und Namen auf. Berühmt ist Le Touquet aber nicht nur für seine 45 Löcher, sondern auch für das ikonische rote Caddie-Logo, das Édouard Courchinoux 1925 bei einem Designwettbewerb kreierte.

Killerloch
Wenn ein von den Backtees gerade mal 139 Meter langes Par 3 auf der Scorekarte steht, ist der Handicap-Index eigentlich klar: 18. Nicht so auf Bahn 10 von La Mer. Mit Handicap 3 gilt sie als zweitschwierigste Bahn der Back Nine. Der Grund: Das kleine Biest spielt sich meist genau in den Wind.
www.letouquetgolfresort.com

Featured Stories