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Mecklenburg-Vorpommern

Schwer verteidigte Grüns

Von Jan Langenbein, Fotos: Tino Dertz/ZWEI:D

Während 250 Militärflugzeuge am Himmel über Deutschland Kerosin in Lärm und heiße Luft verwandeln, geben wir uns alle Mühe, mittelmäßige Golfschwünge in Birdies umzumünzen. Die Küste Mecklenburg-Vorpommerns entpuppte sich als idealer Schauplatz für dieses ambitionierte Vorhaben.

Der Schlag ins achte Grün auf dem Insel-Course im Golfpark Strelasund ist wahrlich kein Pappenstiel, besonders da es bereits der provisorische Ball ist, der hier auf dem Fairway gute 170 Meter vom Grün entfernt liegt, da Versuch Nummer eins auf Nimmerwiedersehen im Wald rechts der Bahn verschwunden ist. Da hilft es wenig, dass in diesem Stressmoment mit Eisen 5 in der Hand ein Airbus A400M der Luftwaffe in einer Höhe über die Anlage donnert, die die Marke der Sonnenbrille des Piloten erahnen lässt. Was soll's? Schließlich ist der Fluglärm eine willkommene Ausrede, noch einen weiteren Ball in die Wicken zu schicken. Warten, bis die riesige Transportmaschine hinterm Horizont verschwindet, ist keine Alternative, denn dann lässt schon längst der nächste Flieger die Anlage erzittern.

Bisher spielten bei der Vorbereitung eines Golf-Trips Banalitäten wie der Wetterbericht oder verfügbare Startzeiten und Hotelzimmer eine Rolle, keinesfalls jedoch die Einsatzpläne von Luftstreitkräften aus 25 verschiedenen Nationen. Im Sommer 2023 hätte das offensichtlich berücksichtigt werden müssen. Doch bei feinstem Sommerwetter und dem endlosen blauen Himmel über Mecklenburg-Vorpommern kann man "Air Defender 23" auch als Golfer etwas Positives abgewinnen, zumindest solange man dem Hobby des Planespottings nachgeht. Schilder mit der Aufschrift "Quiet please", wie man sie von Profi-Turnieren kennt, hätten hier und heute keinerlei Wirkung.

Mecklenburg-Vorpommern: Nachhaltiger: fliegt auch ohne KerosinMecklenburg-Vorpommern: Nachhaltiger: fliegt auch ohne Kerosin
Nachhaltiger: fliegt auch ohne Kerosin

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VON DEN 18.500 MITGLIEDERN, DIE SICH HIER AUF INSGESAMT GERADE EINMAL 17 GOLFANLAGEN VERTEILEN, STAMMT ETWA DIE HÄLFTE AUS ANDEREN BUNDESLÄNDERN.
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Ziel unseres Kurztrips in den Nordosten der Republik ist es herauszufinden, was das sechstgrößte Bundesland in Sachen Golf abseits der beiden Anlagen, die hierzulande fast jeder Golfer kennt - Winston Golf und das Resort in Fleesensee -, zu bieten hat. Spoiler Alert: eine ganze Menge Vielfalt, wie bereits die erste Runde auf dem Insel-Course zeigt. Der entpuppt sich bei genauerer Betrachtung nämlich als drei komplett unterschiedliche Plätze in einem. Fordern die ersten neun Löcher dieser Anlage auf ihren zumeist kurzen Spielbahnen mit jeder Menge Wasser und undurchdringlicher Vegetation links und rechts der Bahnen chirurgische Präzision bei echtem Target Golf, sind die Back Nine vielleicht nicht breit und offen genug, einen A400M dort zu landen, eine Einladung, ohne Reue automatisch zum Driver zu greifen, sind sie auf jeden Fall. Der dritte Platz sind 27 Footgolf-Spielbahnen; als Golfer teilt man sich die zweiten neun Löcher des Inselplatzes in Strelasund mit den kickenden Kollegen. Allerdings nur zeitlich und nicht räumlich, wie uns Jörg Remer, Geschäftsführer des Golfparks, nach der Runde beim Abendessen auf der Restaurantterrasse erklärt: "Zweimal die Woche sperren wir ab 14 Uhr die Back Nine des Insel-Course, damit die Footgolfer ihren Spaß haben können. Sowohl bei Locals aus der Umgegend als auch bei Gästen wird Footgolf immer populärer und das Ganze hat sich für uns zu einer ernst zu nehmenden Einnahmequelle entwickelt. Ihr solltet das auch mal probieren!" So verlockend es klingt, nach dem ersten Radler des Abends noch ein wenig auf Golflöcher mit enormen 53 Zentimetern Durchmesser zu schießen, die in Limettenbutter gebratene Dorade, die gerade aus der Küche des Landgasthofs gebracht wird, wirkt in diesem Moment deutlich attraktiver. Nicht zuletzt, da die Piloten offenbar ebenfalls beim Abendbrot in der Kaserne sitzen und endlich Ruhe eingekehrt ist.

Im Vergleich zu Bundesländern wie Bayern oder Schleswig-Holstein, die ebenfalls jede Menge Touristen mit Schlägern im Gepäck anlocken, fällt die Golfinfrastruktur in Mecklenburg-Vorpommern ein wenig anders aus. Von den 18.500 Mitgliedern, die sich hier auf insgesamt gerade einmal 17 Golfanlagen verteilen, stammt etwa die Hälfte aus anderen Bundesländern und nicht zuletzt deshalb sind Gäste und Touristen für 50 Prozent aller in Mecklenburg-Vorpommern gespielten Runden verantwortlich. Kein Wunder, dass sich deshalb so gut wie jede Anlage hier die größte Mühe gibt, Gästen einen möglichst perfekten Golftag zu bieten. Für sämtliche Clubs in Mecklenburg- Vorpommern sind die Greenfee-Einnahmen eine wichtige Säule ihrer Wirtschaftlichkeit. Gäste spielen daher nie die zweite Geige hinter den Mitgliedern und dürfen sich einer ausgeprägten Willkommens- und Servicekultur gewiss sein.

Mecklenburg-Vorpommern:
Die wird uns vor Augen geführt, als wir am nächsten Tag im Ostsee Golf Resort Wittenbeck Christian Wißotzki treffen, der uns erst mal auf die Runde schickt: "So könnt ihr euch ein richtiges Bild unserer schönen Anlage machen." Als wir dreieinhalb Stunden später mit sichtbar mehr Bräune im Gesicht und an den Unterarmen und signifikant weniger Bällen im Bag zurück zu den Überseecontainern, die hier als Clubhaus dienen, kommen, wartet er bereits auf der mit Ostseeblick auftrumpfenden Terrasse auf uns. Der Soundtrack des heutigen Tages kommt von amerikanischen A-10 Warthogs. Und wie es sich für Warzenschweine gehört, machen diese ordentlich Radau. Die Locals schauen deshalb aber nicht einmal mehr gelangweilt gen Himmel, schließlich liegt der Luftwaffenstützpunkt Rostock-Laage nur wenige Sekun- den bei vollem Schub entfernt. Wir dagegen haben heute Morgen aus Strelasund knappe 70 Autominuten gebraucht. Das Wort "Autobahnbaustelle" existiert beim Mission Briefing der Air Force sicherlich nicht. "Seit der Krieg in der Ukraine begann, haben die Flugbewegungen hier spürbar zugenommen. Ein groß angelegtes Manöver fällt uns da kaum noch auf", erklärt uns der Clubmanager.

Der Spielbetrieb der Anlage in Wittenbeck als erst drittem Golfclub in ganz Mecklenburg-Vorpommern wurde 1996 auf einem Neunlochplatz aufgenommen. Christian, der hier im Ort aufwuchs, spielte damals noch kein Golf, doch sein Bruder verdiente sich mit Bällesammeln und anderen kleinen Aufgaben auf der neuen Anlage in der Nachbarschaft ein bisschen Taschengeld dazu. Irgendwann griffen beide dann selbst zum Schläger, und nachdem Christian einige Jahre bei Winston Golf nahe Schwerin gearbeitet hatte, leitet Christian mittlerweile die gesamte Anlage in Wittenbeck, die 2007 um den 18- Loch-Platz, der heute Gäste an die Ostseeküste lockt, erweitert wurde.

Mecklenburg-Vorpommern: Grün und blau: Sommerurlaub im NordenMecklenburg-Vorpommern: Grün und blau: Sommerurlaub im Norden
Grün und blau: Sommerurlaub im Norden
Aus den bestehenden neun Löchern wurde ein Kompaktplatz, der mittlerweile als öffentlicher Kurzplatz auch Nicht-Golfern, die gerne mal den Schläger schwingen möchten, offen steht. "Ich bezeichne unsere 18 Löcher gerne als 'Park-Links'", bringt Christian das Thema gekonnt vom Ukraine-Krieg zurück zum Grund unseres Besuchs und sieht sofort die riesigen Fragezeichen in unseren Augen. "Damit meine ich, dass wir hier viele Elemente eines Links-Platzes wie den sandigen Untergrund oder die vielen Bewegungen in den Fairways haben, es gleichzeitig aber auch einige Merkmale eines Parkland-Platzes gibt, zum Beispiel acht Seen und zwei Bachläufe." Für einen Links-Platz spricht darüber hinaus, dass man die keine zwei Kilometer entfernte Küstenlinie von einigen Spielbahnen sehen und von allen anderen sprichwörtlich riechen kann. Da Wittenbeck die Ostsee bereits im Namen trägt, liegt Salz in der Luft und Sand unter der Grasnarbe, was im Hochsommer zu Spielbedingungen wie in Schottland führt, bei denen die Bälle auf dem hart getrockneten Untergrund rollen und springen, wie man es von einer Open Championship gewohnt ist. Weil aus den zahlreichen Wasserhindernissen der fünfeinhalb Hektar großen Anlage pro Jahr lediglich 100.000 Kubikmeter Wasser entnommen werden dürfen, erinnert auch die ausgetrocknete und braune Optik an echte Links-Plätze. Spielbedingungen also, die jeden ernsthaften Golfer nach 18 gespielten Löchern und verputzter Currywurst direkt noch eimal auf den Platz locken.

Zurück im Golfpark Strelasund malen Eurofighter am nächsten Morgen in enormer Höhe hübsche Kondensstreifenmuster in den strahlend blauen Himmel. Somit trübt kein Nachbrenner-Getöse das Naturerlebnis auf dem 2006 von David Krause entworfenen Mecklenburg-Vorpommern Platz. Dessen zunächst von Schilf und Wasser flankierte Spielbahnen fallen eigentlich breit genug aus, um auch höhere Handicaps nicht vor unlösbare Aufgaben zu stellen. Gegen Ende der Runde gönnt sich dieser Golfplatz dann noch den Spaß, direkt an den Vorgärten hübscher Wohn- und Ferienhäuser, die in kleinen Sträßchen mit Namen wie Am Grün oder Am Golfpark stehen, vorbeizuschauen. Da bei unserem Besuch die Flaggen recht schlaff von den Pins hingen, stellten Spielbahnen wie die kurze, aber dank ihres Insel-Fairways inmitten eines Ozeans aus Schilf keineswegs triviale 2 oder Loch 17, dessen Grün gefühlt im Garten eines Wohnhauses liegt, keine allzu schwierigen Ausgaben dar. Weht jedoch eine für diese Gegend alles andere als untypische steife Brise, kann sich dieser bislang so lieblich und pittoresk wirkende Championship- Platz von einer Sekunde auf die andere in ein äußerst ballhungriges Monster verwandeln.

 
WOHNEN

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GOLFPARK STRELASUND
Die 47 frisch renovierten Zimmer plus 16 Ferienwohnungen sowie Apartments liegen allesamt nicht weiter als ein satt getroffenes Holz 3 vom ersten Abschlag der beiden resorteigenen Golfplätze entfernt. Zusammen mit der riesigen Driving Range, dem Wellnessbereich mit Pool und Sauna und dem besten Restaurant im Umkreis von mindestens 20 Kilometern ist der Golfpark Strelasund das perfekte Basislager für ein Golfabenteuer in Mecklenburg-Vorpommern. www.golfpark-strelasund.de

Anders als auf den Displays in den Cockpits der Maschinen, die wir in den vergangenen Tage verfolgen durften, tauchten die Küste Mecklenburg-Vorpommerns und das sich daran anschließende Hinterland bei vielen Golftouristen noch nicht auf dem Radar auf. Neben den abwechslungsreichen und äußerst spaßig zu spielenden Golfplätzen, die wir auf diesem Kurzurlaub ansteuerten, sorgten jedoch vor allem die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen, die uns auf diesen Anlagen empfangen haben, dafür, dass der nächste Trip in den Nordosten der Republik längst in Planung ist. Schließlich gibt es in hier neben Winston, Fleesensee und den gerade besuchten Plätzen noch 13 weitere Golfanlagen, auf denen mittlerweile auch längst wieder Ruhe eingekehrt ist.

ALLE GOLFPLÄTZE IN MECKLENBURG-VORPOMMERN:

  1. Bades Huk Golfclub
  2. Ostsee Golf Resort Wittenbeck
  3. Golfanlage Warnemünde
  4. GC Tessin
  5. Winston Golf
  6. Van der Valk Golfclub Serrahn
  7. GC Mecklenburg-Strelitz
  8. Golf Fleesensee
  9. GC Schloss Teschow
  10. GC "Zum Fischland"
  11. Hanseatischer GC in Greifswald
  12. Golf & Country Club Schloss Krugsdorf
  13. Golfpark Strelasund
  14. GC Rügen
  15. Golfanlage Schloss Ranzow
  16. Baltic Hills Golf Usedom
  17. Golfclub Balmer See


Golfplätze in der Region

GOLFPARK STRELASUND

GOLFPARK STRELASUND

STRELASUND-INSELCOURSE
18 Löcher, Par 71, 5.954 Meter

Adresse
Zur Alten Hofstelle 1-4,
18516 Süderholz OT Kaschow,
Tel. +49 38326.45830
www.golfpark-strelasund.de

Greenfee
99 Euro (01.6. bis 15.9.), 89 Euro (16.9. bis 30.10 & 16.3. bis 31.5.)

Bereits vor mehr als zehn Jahren wurde dieser ehemalige Neunlochplatz auf 18 Löcher erweitert und in Sachen Pflegezustand ist somit längst kein Unterschied zwischen alten und neuen Bahnen mehr zu spüren. Was den Charakter angeht, könnten Front Nine und Back Nine kaum unterschiedlicher sein. Während auf der ersten Hälfte des Platzes Präzision Trumpf ist und Länge kaum eine Rolle spielt, gilt auf den zweiten neun Bahnen das Motto: "Feuer frei!", denn plötzlich ist jede Menge Platz vorhanden. Diese neun Spielbahnen sind auch zweimal die Woche den Footgolfern vorbehalten. Vielleicht eine Alternative, wenn der Schwung nicht mehr möchte?

Killerloch
Hat man das Wasser rechts und den Wald links des achten Fairways umschifft, bleibt auf diesem Monster-Par-4 auch nach einem Bomben-Drive noch ein langer Schlag in das von einem Bachlauf viel zu gut verteidigte Grün. Pars fühlen sich hier wie Birdies an.
www.golfpark-strelasund.de

GOLFPARK STRELASUND

GOLFPARK STRELASUND

MECKLENBURG-VORPOMMERN PLATZ
18 Löcher, Par 72, 6.308 Meter

Greenfee
99 Euro (01.6. bis 15.9.), 89 Euro (16.9. bis 30.10 & 16.3. bis 31.5.)

Schilf und das dazugehörige Wasser sind die augenscheinlichsten Merkmale dieses Championship Course alter Schule. Nach zwei besonders für höhere Handicaps echten Tests zu Beginn der Runde entpuppt sich der Platz dann ab Loch 3 als gutmütige Gute-Laune-Wiese, auf der man zwar nichts geschenkt bekommt und ein plötzlicher Ballverlust ständig einkalkuliert werden muss, solides Spiel aber in jedem Fall belohnt wird. Der spielerische Höhepunkt dieses Platzes ist die knifflige 17, ehe das Inselgrün von Loch 18 noch einmal zu Heldentaten einlädt.

Killerloch
Selbst von den gelben Abschlägen bringt Loch 12 knapp 200 Meter auf ie Waage und ist damit das mit Abstand heftigste Par 3 der gesamten Anlage. Zum Glück fällt das Grün dieses Monsters relativ zahm aus.
www.golfpark-strelasund.de

OSTSEE GOLF RESORT WITTENBECK

OSTSEE GOLF RESORT WITTENBECK

18 LOCH EIKHOF
18 Löcher, Par 72, 6.303 Meter

Adresse
Zum Belvedere
18209 Wittenbeck, Deutschland
Tel. +49 38293.410090
www.golf-resort-wittenbeck.de

Greenfee
100 Euro (01. Juni bis 16. September), 75 Euro (01. April bis 31. Mai und 17. September bis 31. Oktobber)

Wasser ist auf diesem Championship-Platz allgegenwärtig, schließlich verfügen 13 der 18 Spielbahnen über nennenswerte Teiche und Bachläufe. Die wahre Schwierigkeit der Anlage besteht aber in den Ondulierungen der Fairways, die vor allem im Sommer die Bälle in alle möglichen Richtungen springen lassen. Dazu kommt der stetige Wind, die Segelboote auf der Ostsee sind vom Clubhaus aus schließlich mit bloßem Auge zu erkennen. Die 18 Löcher spielen sich im Sommer bei trockenem Boden wie ein waschechter Links-Platz. Besonders Flights mit höheren Handicaps sollten sich also besser auf kürzere Tees einigen.

Killerloch
Loch 15 (Par 5) ist ein ballfressendes Monster mit einer drei Meter hohen Fahne, die auch nötig ist, so gut versteckt liegt das Grün hinter einem natürlichen Wasserhindernis und mannshohen Büschen. Wer dieses Grün mit zwei Schlägen trifft, darf sich als Held fühlen.
www.golf-resort-wittenbeck.de

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