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Technik-Kolumne

Fitter geht immer

Von Fabian Wagner, Fotos: Tim Feifel

Kann ein professioneller Fitter Wunder an deinem Golfschwung oder deiner Driving Distance vollbringen? Wahrscheinlich nicht. Aber dir helfen, besseres Golf zu spielen, ganz bestimmt. Unser neuer Equipment-Kolumnist weiß genau warum.

In unserer mittlerweile 15-jährigen Firmengeschichte habe ich bei HIO Fitting wirklich alles erlebt: Golfanfänger, die mit einem Putter vom Tee abgeschlagen haben, und Profis, die einen nach dem anderen Strich auf über 350 Meter gefeuert haben. Eines haben beide Gruppen allerdings gemeinsam: hohe Erwartungen an ihr Schläger-Fitting. Deshalb will ich an dieser Stelle mit Mythen rund um ein Fitting aufräumen und aufklären, was Golfer von ihrem Fitting erwarten dürfen und was eben nicht.

Fangen wir mit den falschen oder überzogenen Erwartungen an: Der Klassiker ist natürlich der erhoffte extreme Weitenzuwachs beim ersten Einsatz gefitteter Schläger.

Viele Golfer haben falsche Vorstellungen davon, wie groß der Einfluss des Fittings auf die maximale Schlagweite tatsächlich ausfällt. Bei HIO fitten wir in der Regel auf eine Maximierung der Durchschnittsweite, nicht der Spitzenweite. Wer diese Philosophie nicht teilt, wird von einem Fitting enttäuscht. Wer an seinem Lieblings-Par-4 nach einem guten Drive ein Eisen 8 ins Grün geschlagen hat, darf nicht davon ausgehen, dass mit einem gefitteten Driver nur noch ein Pitching Wedge ins Grün nötig ist. Viel besser sollte mir der Fakt gefallen, dass ich mit einem perfekt passenden Driver in Zukunft seltener auf ein Hybrid oder Holz zurückgreifen muss. Natürlich sind neue Spitzenweiten nach einem Fitting gut möglich, aber eben nicht die 30 Meter, von denen viele träumen.

Technik-Kolumne: Alles custom: Schläger auf dem Tablet serviert
Alles custom: Schläger auf dem Tablet serviert
Golfer sind Gewohnheitstiere und das zeigt sich nirgendwo deutlicher als in der oft beinharten Markentreue bei der Zusammensetzung des Bags. Wenn ich mir den aktuellen Golfschlägermarkt anschaue, bin ich eigentlich von jedem Hersteller positiv angetan. Fast alle Hersteller haben mittlerweile einen fehlertoleranten, einen normalen und einen sportlichen Driver im Programm. Für 99,5 Prozent der Golfer sollte es bei der Wahl ihres Equipments deswegen nicht auf einen bestimmten Hersteller, sondern auf das passende Modell ankommen. Ich ermutige auch immer zum Vergleich mit oft preiswerteren "Exoten". Markenunabhängige Fitting-Studios bieten - ähnlich wie bei einer Weinverkostung - auch Blindtests an, bei denen oft Schläger, den ein Toursieger letzte Woche im TV gespielt hat, gar nicht so gut abschneiden wie eine bisher nicht in Betracht gezogene Alternative.

Der Glaube, gefittetes Material könnte beim Ausgleich von Schwungfehlern helfen, ist leider nicht totzukriegen. Moderne Golfschläger sind zwar definitiv fehlertoleranter und spezielle Formen der Schlagflächen oder verstellbare Gewichte an der Sohle können auch helfen, einer Tendenz entgegenzuwirken oder sie zu verstärken, ein falsches Schwungmuster kann damit aber auf gar keinen Fall ausgeglichen werden.

Es gibt aber auch eine Menge positiver Auswirkungen eines professionellen Fittings, derer sich viele Golfer nicht wirklich bewusst sind, wie zum Beispiel die Beratungsleistung ihres Fitters über eine korrekte Set-Zusammenstellung. So gut wie nie ergibt die Zusammensetzung der Schlägersets, die wir vor einem Fitting begutachten, Sinn. Oft werden zwei Schläger für die gleiche Weite genutzt oder es finden sich riesige Lücken im Bag. Das liegt bei Anfängern oft an mangelnder Beratung nach der Platzreife, bei besseren Golfern aber auch an falscher Einschätzung der eigenen Fähigkeiten oder einem falschen Sinn für Ästhetik.

Technik-Kolumne: Individuelle Grifftechnik: nicht regelkonform (l.), Sneaky Outfit: Einbruch im Fitting-Studio (r.)Technik-Kolumne: Individuelle Grifftechnik: nicht regelkonform (l.), Sneaky Outfit: Einbruch im Fitting-Studio (r.)
Individuelle Grifftechnik: nicht regelkonform (l.), Sneaky Outfit: Einbruch im Fitting-Studio (r.)
Die Leistung einer guten Schlägerbauwerkstatt gilt es ebenfalls hervorzuheben. Unabhängig davon welcher Hersteller: Alle Schlägerkomponenten haben große Fehlertoleranzen. Werden diese dann nicht so an den Spieler angeglichen wie im Fitting bestimmt, ist das ganze Fitting eigentlich für die Katz, und ein guter Schlägerbauer ist deswegen genauso wichtig wie ein Fitter, der weiß, wovon er spricht.

Zu guter Letzt möchte ich noch einen Schläger ansprechen, den viele Amateure beim Fitting kaum beachten: ihren Putter. Kein anderer Schläger im Bag bietet so viele Anpassungsmöglichkeiten und wird auf der Runde für so viele Schläge genutzt. Zudem hat nahezu jeder Golfer eine perfekte Konstanz in seinem Putting Stroke, der wichtigste Faktor für ein Fitting. Wenn ich in den letzten 15 Jahren Kunden-Feedback nach dem Fitting über ein deutlich verbessertes Ergebnis bekommen habe, drehte es sich dabei zu 90 Prozent um den Putter.

Um die Erwartungshaltung ans Fitting geradezurücken, lade ich jeden meiner Kunden sechs Wochen nach dem Erhalt der Schläger zu einem 30-Minuten-Check-up ein. Meistens können wir dann die Fitting-Daten mit dem neuen Schläger auch bestätigen, aber: Golf ist Tagesform. Finden wir beim Check-up heraus, dass am Fitting-Tag ein anderer Schwung als normalerweise gezeigt wurde und der Schläger deshalb nicht passt, finden wir immer eine Lösung.

 
FABIAN WAGNER

FABIAN WAGNER

MASTER-FITTER BEI HIO FITTING

Eigentlich hat Fabian Wirtschaftsinformatik studiert, doch dann kam Golf dazwischen, das ihn seit Beginn des Studiums nicht mehr loslässt. Im Laufe der vergangenen Jahre hat der Münchener bereits Hunderten Golferinnen und Golfern zu neuen, passenden Golfschlägern verholfen und half auch bereits gestandenen Tour-Pros, das passende Werkzeug zu finden.
www.hio-fitting.de

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