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Golfpunks dieser Welt

Frank Stranahan

Von Gavin Newsham, Fotos: Getty Images

Dies ist die Geschichte von Frank Stranahan, einem stinkreichen Ausnahmeamateur mit dem Aussehen eines Filmstars, dem Bizeps von Arnold Schwarzenegger und dem Selbstvertrauen von Klaus Kinski.

Das neue Jahrtausend war bereits fünf Jahre alt, da feilte Frank Stranahan noch an seinem Masterplan, der ihn 120 Jahre alt werden lassen sollte. Jeden Tag stieg er verlässlich um drei Uhr aus dem Bett und hatte bereits acht Kilometer Laufstrecke hinter sich, wenn die Sonne überhaupt erst über den Horizont kroch. Danach ging es ins Fitness-Studio, wo er unablässig Gewichte stemmte, um so seinen Körper in Schuss zu halten, der ihm bereits den Weg zu vielen Trophäen und noch mehr Frauen geebnet hatte. Wo einst ein Übungskäfig für Golfschwünge im Wohnzimmer seines Anwesens in Palm Beach, Florida, stand, stapelten sich 2005 Hanteln, Bänke und Bodybuilding-Pokale der Über-70-Division. Der überzeugte Vegetarier hielt sich streng an einen ausgeklügelten Ernährungsplan und es war nicht leicht, seinem sehnigen Körper, an dem kein Gramm Fett zu finden war, sein wahres Alter anzusehen. Frank Stranahan war damals immerhin schon 82 Jahre alt und es schien, als würde sein Masterplan mit den 120 Jahren durchaus eine Chance haben. Doch das Leben hatte andere Pläne. Im Juni 2013 starb Stranahan im Alter von 90 Jahren. Es war das Ende eines Lebens, wie es die Golfwelt noch nie zuvor gesehen hatte - und wohl auch nie mehr sehen wird.

Frank Stranahan war zeitlebens eine Kante gewesen. Von Sport und Fitness besessen, groß und gut aussehend - mit anderen Worten: das komplette Paket. Er fuhr ein Cadillac-Cabrio und konnte es sich leisten, Amateur zu bleiben. Für Frank gab es keinen Grund, wie all die anderen talentierten Golfer möglichst schnell den Preisgeldern auf der Profitour hinterherzuhecheln, schließlich hatte sein Vater mit dem Champion-Zündkerzenkonzern ein Vermögen angehäuft, das noch für die kommenden Generationen reichen würde. Mit Wangenknochen wie Tragebalken und einem Spesenkonto dicker als Fort Knox war er der Prototyp des Berufssohns, dessen Lifestyle die Gegner auf dem Platz neideten und die Frauen liebten. Die Tatsache, dass er auf dem Golfplatz genauso gut war wie all die Professionals, gegen die er antrat, wirkte auf diese Gemütslage selbstredend nur noch verstärkend.

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Mit Hilfe seines Vaters genoss Frank den privilegiertesten Einstieg in den Golfsport, den man sich nur denken kann. Als Stranahan junior zum ersten Mal Interesse am Sport mit dem kleinen weißen Ball bekundete, da engagierte der Vater nicht etwa ein paar Trainerstunden bei einem Schwungcoach, dessen Können für die Tour nicht ausreichte und der sich nun mit Unterrichtsstunden im Country Club finanzieren musste. Im Fall der Familie Stranahan durfte es kein Geringerer als Byron Nelson sein, der dem Sohnemann seine ersten Golflektionen erteilte. Als der kleine Frank schon wenig später ein enormes Talent für den Sport an den Tag legte, zögerte sein Vater keine Sekunde, alles nur Erdenkliche zu tun, um dieses Talent gebührend zu fördern, indem er jede Rechnung, die Frank produzierte, beglich, ohne mit der Wimper zu zucken.

Doch Bob Stranahan war nicht nur liebender Vater, sondern auch ausgebuffter Geschäftsmann. Er erkannte, dass der Schwung seines Sohns zwar nicht der geschmeidigste unter der Sonne war, doch er lieferte formidable Ergebnisse und Frank stellte sich schnell als absoluter Wettkampftyp heraus. Dicke Preisgeldschecks in der Zukunft schienen unausweichlich.

Bei seinen regelmäßigen Besuchen in Großbritannien zeigte er ein ums andere Mal sein Können und gewann nicht nur zweimal die British Amateur Championship, sondern zusammen mit Team USA auch dreimal den Walker Cup in den 40ern und 50ern. Zwei zweite Plätze bei der Open Championship konnte er sich ebenfalls erspielen: 1947 in Hoylake und 1953 in Carnoustie hinter Ben Hogan, der mit diesem Titel als erster Spieler in der Golfgeschichte das Masters, die US Open und die Open Championship in einem Jahr gewinnen konnte.

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Obwohl Hogans grandioser Sieg die eigene Leistung vollkommen in den Schatten stellte, fühlte sich Frank Stranahan von seinem Ergebnis in Carnoustie bestätigt, gut genug zu sein, um auch bei den Profis gewinnen zu können. Ein Jahr später schloss er sich also der Tour an, auf der er zwei Titel gewinnen konnte, bevor er seine aktive Karriere als Golfer 1960 ausklingen ließ.

Trotz seiner enormen Erfolge wird Frank Stranahan aber immer für einen berühmt-berüchtigt gewordenen Zwischenfall beim Masters 1948 in Erinnerung bleiben. Ein Jahr zuvor wurde Stranahan Zweiter hinter Jimmy Demaret - bis heute ist dies die beste Platzierung eines Amateurs beim Masters - und so kehrte er an die Magnolia Lane zurück mit nur einem Ziel vor Augen: einen Platz besser abzuschneiden.

Vor dem Turnier hatte Masters-Mitbegründer Clifford Roberts eine Regel aus dem vorangegangenen Jahr bestätigt, die vorschrieb, dass jeder Teilnehmer während seiner Trainingsrunden nur einen einzigen Ball verwenden durfte. Die Regel hatte Stranahan bereits 1947 auf die Palme gebracht. Als er am Montag vor dem Turnier zur ersten Proberunde antrat, dauerte es nicht lange, bis Clifford Roberts das Gerücht zu Ohren kam, der Amateur aus Ohio würde trotz anderslautender Regeln auf einigen Spielbahnen einen zweiten Ball in Richtung Grün schlagen - ein Vorwurf, den Stranahan bis zu seinem Tod vehement abstritt. In Rage über die angebliche Geringschätzung seiner Regel schickte Roberts eine Horde Offizieller auf den Platz, die angeführt von Course Superintendent Marion Luke Stranahan schließlich auf dem achten Grün fanden und ihm mitteilten, dass seine Einladung zum Turnier zurückgezogen wurde und er umgehend den Platz und die Clubanlage verlassen solle. "Im Pro-Shop verriet man mir später, dass sie hinter mir her waren", erinnerte sich Stranahan nach seinem Rauswurf. "Der Pro erzählte mir, dass sie alles tun würden, um mich aus dem Starterfeld zu verbannen." Die Vorstellung eines stinkreichen Wohlstands-Kids, das als Amateur erneut an den Start ging, schien einigen Clubmitgliedern im Augusta National Golf Club nicht zu schmecken.

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Stranahan tat also, wie ihm gesagt wurde, und verließ die Anlage umgehend, entschied allerdings noch am gleichen Tag, dass er, wenn er schon nicht am Masters teilnehmen konnte, wenigstens das Turnier verfolgen wollte, und kaufte sich ein Ticket, was damals noch ohne Weiteres möglich war. Und so verfolgte der in Ungnade gefallene Ausnahmeamateur das Turnier, das er eigentlich gewinnen wollte, von außerhalb der Seile.

Selbstverständlich saß der Stachel des Rauswurfs tief, nicht zuletzt weil Clubpräsident Bobby Jones und Clifford Roberts sich weigerten, Stranahans Gnadengesuch zu akzeptieren, und seine Version der Geschichte nie hören wollten. Selbst 30 Jahre später, als Roberts sich auf dem Gelände von Augusta National das Leben nahm, hatte sich Stranahans Ärger noch nicht gelegt. "Ich wünschte, ich wäre dabei gewesen, als er Selbstmord beging", soll er angeblich gesagt haben. "Ich hätte den Hurensohn ins Wasser gerollt."

Als er seine Golfkarriere 1960 an den Nagel hängte, wendete sich Frank Stranahan einer neuen Herausforderung zu und begann, die meiste Zeit des Tages im Fitness-Raum zu verbringen. Er pumpte seinen Körper derart auf, dass er schon bald Bodybuilding-Trophäen in Florida sammelte, wie er zuvor Amateurturniere gewann. Seine Obsession für das Krafttraining färbte auch auf seinen Sohn Lance ab. Der kleine Stranahan wurde von seinem Vater bereits im Alter von fünf Jahren in die Welt des kalten Stahls eingeführt und gewann wie auch sein alter Herr mehrere Titel, unter anderem den Teenage Mr. West Palm Beach Bodybuilding Award. Stranahan kümmerte sich aufopferungsvoll um Lance und ließ ihm eine ähnliche Unterstützung in all seinen Unternehmungen zukommen, wie sie auch ihm zuvor zuteil wurde.

Sein Ruhestand in Florida war jedoch von einigen harten Schicksalsschlägen gezeichnet, von denen sich viele weniger resolute Charaktere wahrscheinlich nie wieder erholt hätten. Zuerst verlor er seine Frau Ann, die im Alter von 45 Jahren an Krebs starb. Wenige Monate später starb auch sein damals elf Jahre alter Sohn Frank jr. Jimmy, ein weiterer Sohn starb im Alter von 19 Jahren an einer Überdosis und beim Börsencrash an der Wall Street im Oktober 1997 verlor er einen Großteil des geerbten Vermögens. Nach dieser Flut von persönlichen Katastrophen verschrieb sich Frank Stranahan einem extrem sauberen Lebensstil, der in seinen Exzessen beinahe an ein Leben im Kloster erinnerte. Die Arbeit an seinem kurzen Spiel war längst dem Training des Bizeps gewichen und noch kurz vor seinem Tod 2013 stellte er ernüchtert fest: "Golf ist reine Zeitverschwendung."

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