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David McLay Kidd

Schottisch by nature

Von Rüdiger Meyer, Fotos: DMK, James Hogg

In Portugal eröffnet im Oktober ein Platz aus der Feder eines der einflussreichsten Golfplatzarchitekten der letzten 30 Jahre. Spoiler-Alert: Terras da Comporta hat das Zeug, zu den besten Plätzen Europas aufzuschließen, obwohl seine Entstehungsgeschichte mühseliger war als ein Getriebeschaden.

Als David McLay Kidd 2008 seinen Blick zum ersten Mal über die nahezu unendlichen Dünen von Comporta, einem verschlafenen Küstenörtchen 50 Kilometer südlich von Lissabon, schweifen ließ, war dem Schöpfer von modernen Klassikern wie Bandon Dunes oder Gamble Sands schnell klar, welch riesiges Potenzial hier schlummerte. "Das Land in Comporta ist mindestens eine Neun von zehn möglichen Punkten; als Architekt sollte man also in der Lage sein, hier einen Golfplatz zu bauen, der mindestens neun Punkte von zehn wert ist." In Terras da Comporta lief jedoch rein gar nichts nach Plan, schließlich spielten wir im Mai 2023 die erste Preview-Runde auf dem Dunas Course und der Platz soll im Oktober 2023, also mehr als 15 Jahre nach Beginn der Arbeiten, eröffnet werden.

Kurz nach der Fertigstellung der Pläne 2008 fuhr die Weltwirtschaft an die Wand - Zwangspause. Als 2013 eine der reichsten Familien Portugals das Projekt übernahm, kam wieder Leben in die Bude, bis sich herausstellte, dass sich die neuen Besitzer in Sachen Geschäftsentscheidungen und Steuermoral von Uli Hoeneß inspirieren ließen und plötzlich vor existenzielleren Problemen standen als einem halb fertigen Golfplatz. Fertig eingesäte Spielbahnen versanken für sechs Jahre in einen Dornröschenschlaf und rotteten vor sich hin. 2019 nahm sich eine neue Immobiliengesellschaft der brach liegenden Baustelle an und kontaktierte als Erstes den ursprünglichen Architekten, der mehr als glücklich war, seine unvollendete Symphonie endlich zum Abschluss zu bringen. Doch dann brach in Wuhan ein Virus aus und nicht nur die Bauarbeiten in Comporta, sondern die ganze Welt kam zum Erliegen.

Egal ob im Melbourne Sandbelt, auf Long Island oder an den Küsten von Irland und dem Vereinigten Königreich - wo immer sich die besten Golfplätze der Welt ballen, tun sie das auf Land, das dem in Portugal enorm ähnlich sieht: Sanddünen und struppige Vegetation. Es wurde also Zeit, dass in Comporta endlich die Bälle fliegen.

David McLay Kidd: David McLay Kidd:

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WIR ERLEBEN EINE EPOCHE, IN DER GOLFPLATZDESIGN ZURÜCK ZU SEINEN WURZELN GEFUNDEN HAT UND EINE RÜCKKEHR ZU NATÜRLICHEN UND MINIMALISTISCHEN GOLFPLÄTZEN STATTFINDET.
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Die Entstehungsgeschichte des Dunas Course in Terras da Comporta erinnert bedenklich an den Song "Chinese Democracy" von Guns N' Roses, an dem die Band ebenfalls knapp 15 Jahre herumbastelte. Ist dieser Platz dein "Chinese Democracy"?
[lacht] Axl Rose hatte dafür wirklich keine Entschuldigung. Ich habe kann die schlimmste Rezession seit drei Generationen, einen bankrotten Developer und eine weltweite Pandemie als Entschuldigungen anführen.

Was bedeutet diese lange Zeit zwischen den ersten Plänen und der Eröffnung des Platzes für deine emotionale Bindung zu diesem Platz?
Meine emotionale Verbindung wurde immer stärker, denn ich bin über Jahre immer wieder hierher zurückgekommen und habe richtig danach gelechzt, das verdammte Ding endlich fertig zu bauen. Schließlich war ich der Fertigstellung eine Male ziemlich nahe gekommen, habe auf der Zielgerade aber immer wieder einen Stock zwischen die Beine geworfen bekommen. Es herrschte deshalb dieses Gefühl des Unvollendeten in mir und ich wusste, wie viel Potenzial dieses Projekt hat, wie einmalig das Land ist und wie viel Spaß dieser Platz Golfern bieten könnte. Dass es dann noch ein Jahrzehnt bis zur Eröffnung dauern würde, hätte ich mir nicht träumen lassen.

Welchem Genre würdest du den Dunas Course zuordnen?
Terras da Comporta ist ein Links-Platz, kein Zweifel. Man spielt so nah am Strand, wie es in Portugal möglich ist, durch massive Dünen mit bis zu 30 Metern Höhenunterschied auf Sandboden und Fescue-Gras. Dieser Platz fordert Spieler dazu heraus, die Konturen des Geländes zu lesen und den Ball über Hügel und Konturen springen zu lassen.

Dein Vater war Greenkeeper. War es dir daher vorbestimmt, Golfplatzarchitekt zu werden?
Nein, überhaupt nicht. Vielmehr war ich darauf gepolt, Head-Greenkeeper zu werden. Als mein Vater für die Plätze in Gleneagles verantwortlich war, vertiefte er sich in die Historie von Gleneagles; er liebte die Philosophie von James Braid, der die beiden Originalplätze dort entworfen hat. Er trug alle Bücher und Originalskizzen von Braid, die er in die Finger bekommen konnte, zusammen. Alte Fotos und Platzkarten hütete er wie Schätze, um nachvollziehen zu können, wie sich die Bahnen in Laufe der Jahrzehnte entwickelt und verändert hatten. Im Winter baute er Features aus Braids Originaldesign zurück, die verloren gegangen waren. Damals entwickelte sich meine Passion für Golfarchitektur, denn ich sah, wie enthusiastisch sich mein Vater dieser Arbeit eines Golfarchäologen verschrieben hatte. Mir wurde dann recht schnell klar, dass ich, wenn ich ein gut gebuchter und erfolgreicher Golfplatzarchitekt werden wollte, in die USA gehen müsste, um mich dort mit den Besten zu messen.

Ohne dass du einen beeindruckenden Lebenslauf und große Vorzeigeprojekte vorweisen konntest, heuerte Mike Keiser dich 1994 an, den ersten Platz in Bandon Dunes zu bauen. Hast du ihn je gefragt, warum er sich damals für einen 26 Jahre alten Nobody entschieden hat, den Anfang für sein Traumresort zu bauen?
Oh ja, ich habe oft mir ihm darüber gesprochen. Die beste Antwort, die er mir auf diese Frage gab, war, dass er nicht mich, sondern quasi meinen Vater und all seine Kollegen eingestellt hätte. Er kaufte sich sozusagen das junge Gemüse, den Nachwuchs all dieser schottischen Superintendents und Greenkeeper, die er sehr schätzte. Er sah in mir das Konzentrat all ihres Wissens, da ich in der Mitte dieser Experten aufgewachsen bin und an der Seite meines Vaters täglich Gespräche über Architektur, Platzbau, Golfanlagenökonomie, Golfgeschichte und die Effekte, die eine Golfanlage für eine Gemeinde haben kann, mitbekommen habe. All dieses Wissen wurde mir früh eingeimpft und das war es, was Mike Keiser anheuerte.

David McLay Kidd:
Wenn die Gerüchte stimmen, wirst du nach Bandon Dunes zurückkehren und dort mit Wild River Dunes den letzten Platz des mittlerweile riesigen Resorts bauen. Da Bandon der Kickstarter deiner Karriere war, was bedeutet dir diese Rückkehr?
Es könnte tatsächlich sein, dass Mike und ich irgendwann in den kommenden 24 Monaten beginnen, gemeinsam den finalen Platz in Bandon Dunes auf einem phänomenalen Stück Land, vielleicht dem besten des gesamten Resorts, zu bauen. Ich kann kaum glauben, dass ich dann älter sein werde, als Mike damals war, als er mir die erste große Chance meiner Karriere gab. Wir werden sehen, ob es tatsächlich klappt, aber falls ja, wäre es ein traumhafter Abschluss von Bandon Dunes für mich.

Wenn heutzutage ein Weltklasse-Golfplatz auf Sandboden gebaut werden soll, wenden sich die Auftraggeber entweder an dich, an das legendäre Duo Bill Coore/ Ben Crenshaw oder an Tom Doak. Wie siehst du die Verbindung zwischen euch Designlegenden?
Bill Coore ist um einiges älter als Tom und ich. Uns beide trennen nur sieben Jahre, denn Tom ist in seinen frühen 60ern und ich bin Mitte 50. Bill ist mittlerweile in seinen späten 70ern angekommen, uns trennt also beinahe eine Generation. Davon abgesehen ist unser Verhältnis von enormem gegenseitigen Respekt geprägt. Zwischen Tom und mir besteht natürlich auch ein gewisser Grad an Konkurrenz. Fakt ist jedoch auch, dass das Golf- Business extrem gut zu uns allen war. Es gibt noch Weitere, die man in diesem Kontext nennen sollte, Gil Hanse und Mike DeVries zum Beispiel. Seit Bandon Dunes eröffnet wurde, erleben wir eine Epoche, in der Golfplatzdesign zurück zu seinen Wurzeln gefunden hat und eine Rückkehr zu natürlichen und minimalistischen Golfplätzen stattfindet. Es werden wieder Weltklasseplätze gebaut für Golfer, die das Spiel zum Vergnügen spielen und nicht nur für Profi- und Turniergolf. Was das Design angeht, waren die meisten Plätze, die in der Zeit zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis zur Eröffnung von Bandon Dunes gebaut wurden, um ehrlich zu sein, nicht besonders gut. Seit Mitte der 90er-Jahre wurden allerdings von meinen Kollegen und mir einige hervorragende Plätze gebaut. Man kann mittlerweile keinen Platz mehr entwerfen, der einfach nur okay ist, das wird nicht akzeptiert. Bekommt man die Chance, auf einem Stück Land wie hier in Comporta zu bauen, dann muss der Platz echte Spitze sein.

Jeder Architekt neigt zu gewissen Tendenzen. Was sind deiner Meinung nach die Merkmale eines McLay-Kidd-Designs?
Nuancen und Tendenzen in der Arbeit von Künstlern und Architekten auszumachen ist die Aufgabe von Kritikern. Ich hoffe, dass irgendwann Golfer auf mein gesamtes Werk schauen, um dort Merkmale festzustellen, die einen McLay-Kidd-Platz ausmachen, die mir selbst gar nicht so bewusst sind. Ohne Zweifel jedoch ist Breite vom Tee eines meiner Designkonzepte.

Als der Castle Course in St. Andrews eröffnete, hagelte es Kritik. Viele Golfer empfanden den Platz als zu schwer und du hattest das Image eines Golfsadisten weg. Terras da Comporta ist davon Meilenweit entfernt. Warum?
2009 habe ich meine Designphilosophie überdacht und angepasst, da ich bemerkte, dass meine Plätze der vergangenen Jahre für durchschnittliche Golfer schlicht zu schwer waren. Sie hatten auf meinen Designs nicht ansatzweise so viel Spaß, wie ich es mir erhofft hatte. Ich habe mir viele Gedanken gemacht und die simple Lösung war: Raum. Als Architekt sollte man den Spielern Raum geben, sich von schlechten Schlägen erholen zu können, gleichzeitig jedoch Tiger-Lines anbieten, die gute Spieler fordern und im Erfolgsfall Vorteile bieten, sei es einen kürzeren Schlag ins Grün, eine ebene Lage oder freie Sicht auf die Fahne.

 
Steckbrief

Steckbrief

NAME
David McLay Kidd

JAHRGANG
1967

GEBURTSORT
Johnstone, Schottland

WOHNORT
Bent, Oregon

LIEBLINGSTEAM
Seattle Seahawks (NFL) & Oregon Ducks (NCAA)

WERKE (AUSZUG):
Bandon Dunes, OREGON
Mammoth Dunes, WISCONSIN
Tetherow Golf Club, OREGON
Guacalito de la Isla, NICARAGUA
Fancourt - Montagu Course, SÜDAFRIKA

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