Featured StoriesFeatured Stories

Das Projekt

Mission Statement

Von Jan Langenbein, Fotos: Alessandro Kühnl

Kann ein Golfquereinsteiger mit unübersehbarem Talent, jeder Menge Trainingsfleiß und prominenter Unterstützung bei den Profis der ECCO Tour mithalten? Finden wir es heraus!

Hand aufs Herz: Jeder von uns hat schon unzählige Male darüber nachgedacht, wie es wohl wäre, bei Profiturnieren gegen absolute Cracks anzutreten, ihnen mit Birdies am Fließband die Grenzen aufzuzeigen und am Ende Ruhm, Ehre und das Preisgeld des Siegers einzustreichen. Wie sich wahre Heldentaten "inside the ropes" tatsächlich anfühlen, erfahren jedoch nur die allerwenigsten von uns. Aber gibt es wirklich keinen Weg, auch als Quereinsteiger Profiluft zu schnuppern? Marc Zimmermann glaubt, dass es diesen Weg gibt, und hat sich zum Fulltime-Job gemacht, den Beweis zu erbringen. Während Wochenend-Hacker von Masters- oder Ryder-Cup-Triumphen träumen, bleibt Marc etwas realistischer. Er hat sich zunächst mal die Ecco Tour vorgenommen und ein Sieg muss es auch nicht unbedingt sein; ein überstandener Cut ist die selbst definierte Messlatte für durchschlagenden Erfolg.

Doch der Reihe nach: Gemeinsam mit seinem Golf-Buddy Bernd Ritthammer, immerhin einem ehemaligen European-Tour-Spieler, entstand die Idee, einen golfbesessenen Amateur in wenigen Monaten auf ein Profiturnier vorzubereiten. "Nachdem ich meine Profikarriere beendet hatte und im Herbst auch meine PGA-Ausbildung abschließen werde, möchte ich ins Coaching gehen", erklärt Ritthammer das Projekt. "Was wäre eine größere Aufgabe, als einen guten Amateur auf ein Profi-Golfturnier zu bringen?" Dass sich ein Routinier wie Bernd dafür keinen mäßig begabten Stammtisch-Golfer mit Mallorca-Handicap aussucht, dürfte einleuchten. Die beiden spielten schon einige Runden zusammen und die überzeugten Bernd, dass der 29 Jahre alte Amateur-Golfer das Zeug dazu hat, im Sommer den Cut bei einem Mini-Tour-Event zu schaffen: "Marc zeigt großes Potenzial und ich möchte ihn innerhalb von wenigen Monaten fit für die Ecco Tour machen. Er ist zwar Quereinsteiger, hat mit Handicap 2 aber eine extrem steile Lernkurve hingelegt. Sein Profisport-Hintergrund macht sich auch auf dem Golfplatz deutlich und positiv bemerkbar."

Das Projekt: Das Projekt:

»
ER IST ZWAR QUEREINSTEIGER, HAT MIT HANDICAP 2 ABER EINE EXTREM STEILE LERNKURVE HINGELEGT.
«

Für den in Bielefeld geborenen Marc hat Sport schon immer eine entscheidende Rolle gespielt. Er spielte fünf Jahre lang Fußball in der Landesliga, doch "eines Tages hatte ich als Jugendlicher keine Lust mehr auf Kicken und habe die Stollenschuhe an den Nagel gehängt. Danach bin ich fünf Jahre lang auf internationaler Ebene Elite-Rennen im Mountainbike Downhill gefahren. Darunter waren auch World-Cup-Teilnahmen in Leogang und Lenzerheide für Team Deutschland."

In diesem adrenalinreichen Sport trat Marc als Factory-Fahrradfahrer für Marken wie Rotwild, Radon, Commençal oder Cube an, ehe im Herbst 2016 ein katastrophaler Sturz beim World Cup im österreichischen Leogang, nach dem Marc erst im Krankenhaus schwer verletzt wieder zu sich kam, seiner MTB-Karriere ein abruptes Ende setzte. In Folge dieses Unfalls hatte Marc während der langwierigen Reha mit Panikattacken zu kämpfen und an Sport war selbstverständlich nicht zu denken. Sein "Stiefopa" erkannte, wie sehr Marc unter der sportlichen Zwangspause litt, und lud ihn ein, mit auf die Driving Range zu kommen. Vor Kurzem noch topfit und in einer der actionreichsten Sportarten überhaupt auf Weltcup-Niveau unterwegs, hatte Marc bis zu dieser Einladung des Verwandten keinen Gedanken an Golf verschwendet. "Auf Golf habe ich keinen Bock, das ist ein Rentnersport", war Marcs Attitüde bis dahin. "Doch dann kam der erste Schlag auf der Driving Range im Jahr 2017. Plötzlich war alles anders und ich habe im darauffolgenden Jahr jeden Tag auf der Range oder dem Platz verbracht."

Das Projekt: Auswärtsspiel: Deutschland vs. England
Auswärtsspiel: Deutschland vs. England
Wie es sich für einen äußerst begabten Sportler gehört, spielte sich Marc in den ersten zwölf Monaten seiner Golfkarriere auf Handicap 8 herunter. Schließlich konnte er als Leistungssportler nicht still sitzen und lechzte nach Herausforderungen. Golf kam da gerade recht und mithilfe der lokalen Pros und jeder Menge YouTube-Videos schaffte es der Golfanfänger tatsächlich in Rekordzeit in den einstelligen Handicap-Bereich. "Vor allem das Putten trainierte ich wie ein Wahnsinniger, da es körperlich am wenigsten anstrengte und auch mit einer halben Lunge funktionierte. Ich stand nachts mit einer Grubenlampe auf dem Kopf auf dem Putting-Grün im Golfclub und ließ Bälle rollen." Zu Beginn seiner Amateur-Golfkarriere mit Handicap 54 brachte Marc reihenweise Turnierergebnisse von über 70 Nettopunkten ins Clubhaus, wo natürlich sofort Gerüchte von Betrug die Runde machten. Ungläubige Clubmitglieder begannen sogar, den angeblichen Handicap-Bescheißer auf seinen Turnierrunden zu begleiten, um ihn auf frischer Tat ertappen zu können - ohne Erfolg, versteht sich. Vor Zuschauern zu spielen ist Marc also gewohnt.

Als Marc gesundheitlich wieder einigermaßen auf der Höhe war, wagte er sich noch einmal an den Mountainbike-Sport, merkte jedoch schnell, dass er nach all dem Drama dort nicht mehr wirklich konkurrenzfähig war. "Bei den Streckenbesichtigungen vor den Qualifikationsläufen stand ich vor riesigen Sprüngen, die bis zu 35 Meter weit und vier Meter tief sind, und dachte: 'Warum sollte ich dieses Risiko noch einmal eingehen?'" Schließlich wird man in der Randsportart Mountainbike Downhill selbst auf diesem Level keineswegs mit Sponsorengeldern oder Siegerschecks überschüttet. "Ich liebe das Radfahren immer noch und war lange noch MTB Guide", aber sportlich ist längst Golf seine unumstrittene Passion.

Doch ist es wirklich realistisch, dass ein ehemaliger Actionsportler, der effektiv erst seit vier Jahren Golf spielt, bei den Esbjerg Open Ende Juli gegen gestandene Profis den Cut schaffen kann? Bernd und Marc glauben ja, immerhin ist er mittlerweile fast Scratch-Golfer und Par-Runden sind längst Alltag.

Wie es sich für einen Quasi-Profi gehört, wurden für dieses Projekt auch Sponsoren an Bord geholt. Hauptinitiator Ecco liefert die passenden Schuhe für tägliche Überstunden auf dem Golfplatz, Ping unterstützt Marc mit dem richtigen Equipment für die Jagd nach Birdies und dank Garmin hat Marc alle zum Training nötigen Technik-Gadgets wie Launch-Monitor und den Statistik-Tracker am Handgelenk zur Verfügung.

Das Projekt: Strandurlaub: Wetter könnte besser sein (l.) Morgengymnastik: Frühsport auf dem Wertstoffhof (r.)Das Projekt: Strandurlaub: Wetter könnte besser sein (l.) Morgengymnastik: Frühsport auf dem Wertstoffhof (r.)
Strandurlaub: Wetter könnte besser sein (l.) Morgengymnastik: Frühsport auf dem Wertstoffhof (r.)
Seit das Projekt Profiturnier seinen Lauf nahm, trainiert Marc, der sein Geld sowohl mit einem Halbtagsjob in der Marketingabteilung eines Gesundheitsunternehmens als auch als Influencer und Model verdient, jeden Abend auf der Range des Kölner Golfclubs, wo Teaching-Pro Noah Knoop als sein Schwung-Coach fungiert und die Anlage von den weißen Tees Anforderungen an die Spieler stellt, die einem Mini-Tour-Profi-Event schon recht nahe kommen. Bernd Ritthammer steht seinem Kumpel als Performance-Coach zur Seite, schließlich kann dem Bayer in Sachen Erfahrung kaum jemand hierzulande das Wasser reichen. "Ich habe über 400 Profiturniere gespielt und eine Idee davon, was auf Marc zukommt", erklärt Bernd. "Das Niveau in Skandinavien ist generell sehr hoch und wahrscheinlich mit der Pro Golf Tour zu vergleichen. Ich weiß, dass die Chancen, den Cut zu schaffen, gegen uns stehen, aber wir gehen das Projekt an und ich werde ihn in Esbjerg auch als Caddie begleiten."

Probleme sieht Marc weniger im technischen Bereich oder beim Golfschwung als vielmehr in der Wettkampfsituation, die mit seinen bisherigen Erfahrungen im Profisport wenig gemein hat. "Ich denke, die mentale Belastung und das Level echter Profi-Golfer werden brutal für mich sein. Insbesondere die offensichtlichen Unterschiede zwischen meiner alten Disziplin und dem Golf machen mir noch ein wenig Angst." Schließlich steht ein Downhiller ganz ähnlich wie ein Ski-Abfahrer im Starthaus, und kaum springt das Licht auf Grün, läuft ein einstudierter Film ab. Ein äußerst gefährlicher und actionreicher Film zwar, aber es greifen antrainierte Mechanismen und zum Nachdenken bleibt überhaupt keine Zeit. Im deutlich langsameren Golfsport bleiben dagegen jede Menge Zeit und Raum für ungewolltes Kopfkino. "Davor habe ich echt Respekt", stellt der Profi-Azubi fest. Richtige Turnier-Erfahrungen sind schließlich rar. "Mittlerweile spiele ich vier Jahre Golf und eines davon wirklich extrem - mit täglichem Training. Ich habe zwar ein gutes Handicap, doch ich fühle mich im Golf immer noch als Rookie. Nicht nur was die Länge und die Präzision im Spiel angeht, werden mir die Pros auf der Ecco Tour etwas voraushaben, sondern vor allem auch in Sachen Routine und Abgeklärtheit."

 
Steckbrief

Steckbrief

NAME
Marc Zimmermann

JAHRGANG
1995

WOHNORT
Bielefeld

HCP
2,1

LIEBLINGSVEREIN
Hamburger SV

Als ehemaligem European-Tour-Spieler ist Bernd klar, dass im Haifischbecken Profi-Golf nicht alle Konkurrenten das ungewohnte Duo mit dem Kamerateam im Schlepptau mit offenen Armen empfangen werden. "Ich habe Marc bereits darauf vorbereitet, dass er sich auch einige dumme Sprüche wird anhören müssen, schließlich sind wir die Underdogs mit der Wildcard in der Tasche, während sich die Konkurrenten ihren Platz im Starterfeld hart erkämpfen mussten."

Kamerateam? Natürlich wird Marcs Profiabenteuer Schritt für Schritt begleitet und in elf Folgen auf YouTube der geneigten Golföffentlichkeit präsentiert. Aber nicht nur im Netz kann man sich ab sofort über die Fortschritte des ehemaligen MTB-Profis erkundigen, auch wir von GolfPunk werden Marcs Reise auf Schritt und Tritt begleiten.

Auf dem Golfplatz fliegen Marcs Drives mittlerweile bis zu 295 Meter weit und seine Stärken sieht er vor allem im langen Spiel und aus dem Bunker. "Dafür ist mein Putten derzeit absolut grausam" - trotz seiner nicht enden wollenden Nacht-Sessions mit der Grubenlampe. Die genaue Evaluierung von Marcs Istzustand in Sachen Golf wird in der nächsten Folge des Projekts kein Geringerer als YouTube-Golf-König Rick Shiels vornehmen, der bei dem Projekt ebenfalls mit von der Partie ist. Aber dazu dann mehr in der nächsten Ausgabe.

Featured Stories