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Die angenehmsten Orte der Welt

Hofgut Georgenthal

Von Rudi Schaarschmidt, Fotos: Oliver Hardt

Der große Boom ist längst vorbei. 18-Loch-Neulinge werden in Deutschland in jüngster Zeit kaum mehr vermeldet. Umso erfreulicher, dass mit dem Hofgut Georgenthal im Mai 2016 ein Newcomer mit enormer Strahlkraft am Firmament aufgetaucht ist.

Beginnen wir diesen Artikel mit einer Selbstbeweihräucherung und der Frage: Wer von euch hat oder hatte schon einmal einen Platzrekord inne? Hmmm, ich sehe, da gehen recht wenige Hände nach oben. Es gehört zu den Privilegien der Golfjournaille, einen neuen Golfplatz schon vor der offiziellen Eröffnung zu spielen und begutachten zu können, wie zum Beispiel beim Opening des Hofguts Georgenthal im Mai 2016. Und was soll ich sagen? Es war einer dieser Tage. Am Ende habe ich mir meine Runde im Kollegenkreis als Platzrekord ans Revers geheftet. Zum einen hat diese 79 natürlich keinen formellen Eintrag gefunden, zum anderen dürfte sie nur zwei Tage später beim offiziellen Eröffnungsturnier bereits wieder pulverisiert worden sein - aber hey, zwei Tage sind zwei Tage.

Die Geschichte des Hofguts reicht zurück bis in das Jahr 1692, es wurde von Graf Georg August Samuel von Nassau- Idstein als Zehnthof gegründet - nur falls Günther Jauch mal fragen sollte. Für unsere Geschichte aber ist das Jahr 1995 entscheidend, als Heinz Hankammer den Hof erworben hat. Der gute Mann ist Gründer einer weltweit operierenden Firma für Wasserfiltersysteme, die er nach seiner Tochter Brita benannt hat. Im Grunde darf sich ein jeder heute ärgern, nicht selbst auf die Idee mit den Wasserfiltern gekommen zu sein, denn Heinz Hankammer hat sich dadurch im Laufe der Jahrzehnte durchaus den Status eines, sagen wir mal, wohlhabenden Mannes erarbeitet. Sein Sohn Markus ist Präsident des Fußballvereins SV Wehen Wiesbaden (ehemals 2. Liga, aktuell 3. Liga). Das für 16 Millionen Euro 2007 erbaute Stadion des Clubs trägt den Namen des Sponsors, womit in diesem Fall natürlich die Firma und nicht die Schwester gemeint ist. Aber ich schweife ab. Jedenfalls wurde das Hofgut Georgenthal, 1989 aus bis heute unerfindlichen Gründen zur Hälfte abgebrannt, aufwendig renoviert und in ein vorzügliches Hotel verwandelt, in dem es sich wunderbar tagen, golfen und auch urlauben lässt. Ein Wellness & Spa-Bereich vom Feinsten (die Massagen sollte sich nur entgehen lassen, wer auch dazu neigt, Lottoscheine zu verlieren), eine gemütliche Kaminlounge mit Bar und eine vorzügliche Gastronomiebieten einen hohen Verwöhnfaktor. Neben dem exquisiten Weinkeller empfiehlt sich für alle Freunde des Hochprozentigen eine Degustation der hauseigenen sortenreinen Brände. Auch für Geschichtsinteressierte und Bildungswütige gibt es ein besonderes Angebot. Nur wenige Meter südlich des Hofguts liegt die Grenze des Römischen Reichs, das vor 2000 Jahren die Mittelmeerwelt von der Welt der Germanen trennte. Wie diese Welt und das Leben zu jener Zeit aussahen, kann man direkt auf dem Hofgut im Limes-Museum (mit Original-Fundstücken) und bei Führungen auf einem Lehrpfad erfahren. Aber ich schweife schon wieder ab.

Die angenehmsten Orte der Welt: Surfspot: mehr Wellen im Grün als auf Hawaii (l.) Kaum zu übersehen: wenn Riesen Weihnachtsplätzchen ausstechenDie angenehmsten Orte der Welt: Surfspot: mehr Wellen im Grün als auf Hawaii (l.) Kaum zu übersehen: wenn Riesen Weihnachtsplätzchen ausstechen
Surfspot: mehr Wellen im Grün als auf Hawaii (l.) Kaum zu übersehen: wenn Riesen Weihnachtsplätzchen ausstechen
Im September 2015 wurden die ersten neun Löcher eröffnet, seit Mai 2016 präsentiert sich der Golfplatz in seiner vollen Pracht, über die kontrovers diskutiert wird. Nicht nur weil er von den Betreibern als Parkland-Links oder Inland-Links bezeichnet wird. Das klingt nett, ist aber ein Paradoxon und somit Unfug - findet auch Architekt Christian Althaus, der zuvor schon auf Föhr ein großartiges Meisterwerk erschaffen hat. In Hohenstein im Rheingau-Taunus-Kreis zwischen Limburg (33 km) und Wiesbaden (21 km) hatte Althaus mit mehreren Einschränkungen zu kämpfen. Zum einen standen nur 48 Hektar zur Verfügung, was für einen 18-Loch-Golfplatz inklusive Driving Range und Dreiloch-Kurzplatz recht wenig ist. Zum anderen musste er bei der Modellierung und Erschaffung sowohl auf den Limes (UNESCO-Weltkulturerbe) als auch auf drei Gas-Pipelines, die unterirdisch auf einer Breite von 20 Metern nach Amsterdam führen, Rücksicht nehmen.

Herausgekommen ist ein Golfplatz wie eine Schüssel. Am Schüsselboden liegt das Hofgut. Vom Schüsselrand bieten sich rundum prächtige Blicke auf einen logischerweise hügeligen und somit körperlich fordernden Golfplatz, der wunderbar in die Landschaft integriert wurde. Kein geleckter Resort-Platz mit manikürten Bunker-Kanten, vielmehr präsentiert sich rund um das Hofgut eine offene Prärielandschaft mit Präriegräsern als Herausforderung im Vintage-Look. Da keine Bahn der anderen gleicht, kann man sich nach der Runde problemlos an jede Bahn erinnern. Aber viel mehr beeindruckt eine Qualität des Designs, die sich nicht jedem sofort erschließt. Dieser Golfplatz ist ein Schachbrett, eine intellektuelle Herausforderung. "Man muss das Gelände nutzen und es sich zu eigen machen", sagt Althaus, der es geschafft hat, dass man nicht wie auf vielen anderen Plätzen immer dieselbe Schlagkombination (Driver, Pitch ins Grün) ausführen kann. Wer immer nur draufkloppen will, ist hier falsch. Denn ja, die Faiways sind schmal und die Grüns teils heftig onduliert. Und ja, es gibt den ein oder anderen Schlag in ein uneinsehbares Grün. "Du läufst mit dem Ball am Fuß allein auf den Torhüter zu. Alles scheint einfach, doch dann versucht der Keeper, dich mit seinem Verhalten einzuschüchtern, und du kommst ins Grübeln. Beim Fußball gehört das dazu und ich wollte, dass man den Platz auch nicht gleich beim ersten Mal komplett durchschaut", so Althaus. Das hat er geschafft. Wer mit dem 40-Jährigen spricht, spürt schnell die immense Leidenschaft für seinen Beruf. Diesen Kurs muss man tatsächlich öfter spielen, ehe man die richtige Strategie gefunden hat.

Würde man jemanden dazu zwingen, Haare in der Suppe finden zu müssen, dann könnte derjenige möglicherweise diese beiden aufspüren: Das Greenfee ist zu happig. Nicht weil es der Platz in Relation zu anderen Wiesen nicht hergeben würde, sondern weil in Deutschland werktags 70 Euro und am Wochenende 100 Euro für eine Golfrunde für viele einfach ein abschreckendes Brett darstellen. Und das Grün der 6, ein 164 Meter langes Par 3 bergab über einen See, ist definitiv zu krass geraten. Es wirkt, als hätte es Jeff Bridges in einem Zustand entworfen, für dessen filmische Umsetzung die Coen-Brüdern viele bunte, psychedelische Kreise gewählt haben. Auf dieser Kraterlandschaft kann sich je nach Fahnenposition so mancher Anfänger die Seele aus dem Leib putten. Um eine journalistische Klammer um diesen Bericht zu spannen: Der Inhaber des ersten inoffiziellen Platzrekords hat auf diesem infernalischen Grün ein Birdie gezaubert. PS: Der aktuell offizielle Platzrekord liegt bei 69 Schlägen, aufgestellt vom Schweden Ludvig Eriksson im Rahmen der internationalen Global-Junior-Golf-Turnierserie.

Golfplätze in der Region

GEORGENTHAL GOLFCLUB

GEORGENTHAL GOLFCLUB

18 Löcher, Par 70, 5.638 Meter

Adresse
Georgenthal 1
65329 Hohenstein
Tel. 06128.9430
www.hofgut-georgenthal.de

Greenfee
70 Euro (Mo.- Fr.)
90 Euro (Sa.-So.)

Ein wunderbar natürlich in die Landschaft modellierter, hügeliger und somit ohne Cart durchaus anstrengender Par-70-Kurs. Einige Seen und schmale Wassergräben sorgen in Verbindung mit den schmalen und harten Fairways, vielen Hanglagen, dem tückischen Rough und den kniffligen Grüns für eine echte Herausforderung (Slope 138). Kontrollierte Defensive anstelle aggressiven Spiels ist oft die beste Wahl der Mittel. Großzügige Übungsanlagen und ein interessanter Dreiloch-Par-3-Platz runden das Angebot ab.

Killerloch
Manchmal tut man sich bei einem Golfplatz schwer, ein bestimmtes Killerloch auszumachen. Nicht so im Hofgut Georgenthal. Die dritte Bahn ist ein Par 4, das über 395 Meter steil bergauf führt und sich selbst für die meisten Single-Handicapper nicht nur wie ein Par 5 anfühlt, sondern auch so spielt.
www.golf-im-georgenthal.de

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