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Die angenehmsten Orte der Welt

Sweden National

Von Jan Langenbein

Inmitten der sanften Hügel Südschwedens warten zwei von amerikanischer Hand gebaute Golfplätze nur darauf, Profis wie Golftouristen gleichermaßen glücklich zu machen und obendrein noch künftige Toursieger auszubilden.

Man kann seine Uhr darauf verwetten, dass, wenn hierzulande in irgendeinem Clubhaus Klagelieder über die angeblich suboptimale Nachwuchsförderung im deutschen Golfsport gesungen werden, Schweden im nächsten Atemzug als leuchtendes Beispiel für eine viel bessere Jugendarbeit genannt wird. Ein Blick auf die Statistiken der zahlreichen schwedischen Profi-Golfer der vergangenen Jahrzehnte zeigt, dass die Skandinavier tatsächlich etwas richtig zu machen scheinen: 130 Siege konnte Schweden seit 1986 auf den beiden Touren in Amerika und Europa erringen, darunter ein Major, und eine olympische Silbermedaille. Schwedische Profispielerinnen bringen es sogar auf satte 211 LPGA- und Ladies-European-Tour-Triumphe inklusive 25 Major-Siege, von denen allein zwölf auf das Konto von Hall-of-Fame-Mitglied Annika Sörenstam gehen. Wow! Das sind beeindruckende Zahlen einer Sportnation, die "zum großen Teil aus Skispringern besteht und die Hälfte ihres Lebens in Dunkelheit verbringt", wie die englische Boulevardpresse 2001 ätzte, als mit Sven-Göran Eriksson ein Schwede zum Cheftrainer der Three Lions ernannt wurde.

Wer als Golfer eine der Brutstätten dieser Erfolge besuchen möchte, hat seit 2009 eine zentrale Anlaufstelle: PGA Sweden National. Ein Besuch in dem vor den Toren Malmös gelegenen, 45 Spielbahnen fassenden Golfkomplex lohnt aber auch, wenn für Profi-Golf kein Interesse besteht. So gut sind die zwei Meisterschaftsplätze selbst für Normalgolfer.

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Liebhaber klassischer Golfplatzarchitektur werden Template-Holes entdecken wie zum Beispiel das riesige, 48 Meter tiefe Biarritz-Grün auf Spielbahn 7 und Anleihen berühmter Golflöcher aus Royal Troon oder Gullane ausmachen können.
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Als der schwedische Golfverband 1996 zum ersten Mal darüber nachdachte, eine eigene Golfanlage in Angriff zu nehmen, nach Jahren der Planung endlich das passende Stück Land gefunden und die Finanzierung gesichert hatte, stand schnell fest, dass ein international anerkannter Name mit dem Design der Plätze betraut werden sollte. Der Amerikaner Kyle Phillips, ein Schüler von Robert Trent Jones jr. und Schöpfer von weltweit gefeierten Golfplatzperlen wie Kingsbarns und The Grove bei London, wurde engagiert, um den bei den 18-Loch-Plätzen einen jeweils eigenen Charakter sowie internationales Flair zu verleihen. Hier sollten nicht nur Schwedens Nachwuchshoffnungen trainieren oder die besten Golfer des Kontinents bei European-Tour-Events gegeneinander antreten, sondern vor allem auch Greenfee-Gäste von nah und fern in den Genuss einer echten und stets top gepflegten Championship-Anlage kommen.

All diese Anforderungen waren erfüllt, als der Links Course 2009 den Spielbetrieb aufnahm und PGA Sweden National damit seine Pforten öffnete. Zwar ist das Konzept eines im Landesinneren angesiedelten Links-Platzes per se ein kleiner Etikettenschwindel und damit für allzu pingelige Golfer grundsätzlich abzulehnen, wer solch fundamentalistische Positionen vertritt, verpasst allerdings einen wirklich tollen Golfplatz. Phillips orientierte sich optisch nämlich nicht nur an den großen schottischen Links-Plätzen, standesgemäßen Fescue-Grüns sei Dank spielt sich dieser Platz auch wie ein Links. Liebhaber klassischer Golfplatzarchitektur werden Template-Holes entdecken wie zum Beispiel das riesige, 48 Meter tiefe Biarritz-Grün auf Spielbahn 7 und Anleihen berühmter Golflöcher aus Royal Troon oder Gullane ausmachen können. Mit mehr als 6.800 Metern von den Backtees ist der Links Course ein echtes Monster, doch dank clever verteilter Teeboxen müssen sich auch Spieler mit höheren Handicaps vor einer Runde hier nicht fürchten. Wie auf so vielen Anlagen in Schweden sind nämlich auch hier die Teeboxen nicht nach geschlechterspezifischen Farben unterteilt, sondern kommunizieren mit einer zweistelligen Zahl unmissverständlich, wie lang der Golfplatz von jedem einzelnen Tee am Ende sein wird. Wer den Links Course von ganz vorne spielen möchte, geht auf die 49er-Abschläge und sieht sich mit einem 4.900 Meter langen Platz konfrontiert. Deutlich sportlicher sind die 61er-Tees, die es auf 6.100 Meter bringen, und warum die Backtees 68 heißen, bedarf hoffentlich keiner Erläuterung. Dieses ebenso simple wie geniale Tee-System ermöglicht es allen erdenklichen Spielstärken vom Golfanfänger bis zum Profi, Spaß zu haben.

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2010 eröffnete mit dem Lakes Course dann der zweite Meisterschaftsplatz der Anlage. Optisch geprägt von zwei Wasserhindernissen und einem riesigen See, um den sich die Schlusslöcher beider Platzhälften schlängeln, bietet dieser Platz ein vollkommen anderes Golf-Erlebnis als sein unmittelbarer Nachbar. Auch die aufwendig modellierten Bunker-Landschaften, deren Gesamtfläche mehr als dreimal so groß ausfällt wie die des Links Course, stechen sofort ins Auge und warten nur darauf, sich auch auf der Scorekarte bemerkbar zu machen. Als die Nordea Masters 2014 zum ersten Mal im PGA Sweden National ausgetragen wurden, hatten die Betreiber daher eine harte Entscheidung zu treffen: Welcher der beiden Plätze sollte es denn bitte sein? Das Zeug, die besten Profis Europas zu testen, hatten schließlich beide. Man entschied sich für den Lakes Course - eine gute Wahl, nicht zuletzt wegen des spektakulären und im Fernsehen äußerst amerikanisch anmutenden Finishs. Im darauffolgenden Jahr schaute die European Tour erneut auf dem Lakes Course vorbei und es ist daher umso erstaunlicher, dass der Platzrekord nicht etwa von Henrik Stenson beziehungsweise den Siegern von 2014 und '15 Thongchai Jaidee oder Alexander Norén gehalten wird. Nein, im Clubhaus des PGA National hängt die Scorekarte eines gewissen Joakim Wikström aus dem Hills Golf Club bei Göteborg an der Wand, dem es 2020 im Rahmen der MoreGolf Mastercard Tour tatsächlich gelang, eine sagenhafte 61 zu spielen. Gustav Edberg, Marketingverantwortlicher im PGA Sweden National, kann sich noch gut an diesen heißen Sommertag erinnern: "Joakim lag vor der Finalrunde nicht ganz vorne auf dem Leaderboard. Der damals Führende spielte an diesem Tag acht unter Par und war sich sicher, gewonnen zu haben. Dazu sollte eine Runde von 8 schließlich reichen, oder? Wir mussten ihn dann aufklären, dass ein anderer Spieler tatsächlich 11 geschafft und ihn somit noch überholt hatte."

Selbstverständlich ist Joakim Wikström kein "normaler" Clubgolfer, sondern ebenfalls Profi auf der Ecco Tour. Die Tatsache, dass in Schweden Platzrekorde selbst auf Plätzen, die European-Tour-Austragungsort waren, von Spielern aus vermeintlich zweitklassigen Ligen gehalten werden, zeigt, wie breit die Leistungsspitze unserer Nachbarn im Norden ist.

Nicht nur Dänen, sondern auch deutsche Golfer schauten vor Corona gerne und zahlreich im PGA Sweden National vorbei. Dank der Öresundbrücke und der Fährverbindungen ab Rostock liegt die Anlage zumindest für Norddeutsche praktisch um die Ecke. Sobald sich das Virus endgültig verzogen hat, wird dem auch sicher wieder so sein. Jeder Golfer, der dann nach gespielten Runden im Clubhaus hoffentlich das Shrimps-Sandwich - uneingeschränkte Empfehlung - bestellt, sollte sich die Wartezeit aufs Essen damit vertreiben, Google zu konsultieren, ob Joakim Wikström bereits zu den eingangs erwähnten Massen an schwedischen Profisiegen bei getragen hat. Das Zeug dazu hat er ganz offensichtlich.

Golfplätze in der Region

LINKS COURSE

LINKS COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.835 Meter

Adresse
Klubbhuset
23040 Bara, Schweden
Tel. +46 406.355.100
www.pgaswedennational.se

Greenfee
56 bis 90 Euro (dynamische Preise je nach Saison)

Dieses 2010 ebenfalls von Kyle Phillips entworfene Layout gab den Startschuss im mittlerweile 45 Löcher umfassenden PGA Schweden National. Optisch in jeder Hinsicht vielen klassischen Links-Plätzen ebenbürtig spielt sich dieser Platz an heißen südschwedischen Sommertagen auch tatsächlich so hart und schnell wie seine schottischen Vorbilder. Puristen, die bei Links-Golf das Meer sehen wollen, können vom höchsten Punkt des Platzes einen Blick über den Hafen von Malmö erhaschen.

Killerloch
Die Par-3-Bahnen des Links Course sind allesamt lange Monster - mit Ausnahme des lediglich 120 Meter langen Lochs 5. Diese kleine Schönheit erfordert keine dicken Oberarme, sondern Köpfchen, ganz so wie seine berühmte Inspiration im Royal Troon Golf Club.
www.pgaswedennational.se

LAKES COURSE

LAKES COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.781 Meter

Greenfee
56 Euro bis 90 Euro (dynamische Preise je nach Saison)

Zweimal fanden auf dem waschechten Championship-Layout bereits die Nordea Masters statt und testeten die Pros der European Tour. Platzdesigner Kyle Phillips reihte hier ein Best-of seiner großartigsten Spielbahn-Layouts wie an einer Perlenkette aneinander und pflanzte so ein Stück amerikanisches Meisterschaftsgolf samt ausladenden Fairways, riesigen Bunkern und natürlich einem äußerst dramatischen Finish mit mehr Wasser als in Sawgrass in die Hügel Südschwedens.

Killerloch
Spätestens auf Loch 9 ist die Frage beantwortet, woher der Lakes Course seinen Namen hat. Entlang der gesamten rechten Seite dieses mit 435 Metern Länge ohnehin schon brutalen Par 4 lauert ein riesiger See, der bereits mehr Bälle gefressen hat als Donald Trump Cheeseburger.

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